Derrick: Folge 99 - Via Genua

Moderator: jogiwan

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untot
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Derrick: Folge 99 - Via Genua

Beitrag von untot »

Erstausstrahlung: 04.02.1983

Makaberer Fund im Aufzug eines Hotels, in einem Wäschewagen entdecken Gäste eine Leiche.
Es handelt sich - wie Derrick erfährt - um den Geschäftsmann John Lammers.
Achim Huber, der Geschäftspartner von Lammers gibt zu Protokoll, das Lammers mit einem gewissen Lusenke verabredet gewesen ist, scheinbar privat, denn besagter Lusenke sei ein Reiseschriftsteller.
Lusekne und Lammers hatten sich bei einem Urlaub in Nordafrika kennengerernt und angefreundet, die beiden hatten sich in eben diesem Hotel in München treffen wollen, zu diesem Treffen aber sei Lammers nicht erschienen und Lusekne habe vergeblich auf seinen alten Bekannten gewartet, so sagt er der Polizei...

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Mit:
Klaus Behrendt (Rudolf Lammers)
Michael Degen (Herr Lammers)
Eckhard Heise (Hans Lammers)
Wolf Roth (Achim Huber)
Siegfried Rauch (Lusenke)
Heide Keller (Helga Lupien)
Zohra Zondler (Aimée Lucienne)
Peter Chatel (Jean Lucienne)
Patrick Gammon (Amadu)
Kurt Raab (Lammers Diener)
Gert Wiedenhofen (Rezeptionist)
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dr. freudstein
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Re: Derrick: Folge 99 - Via Genua

Beitrag von dr. freudstein »

Thema: Waffenschmuggel

In diesem Fall wird auf politische Mißstände in Afrika hingewiesen und eine deutsche Firma beteiligt sich durch Waffenschmuggel daran. Insgesamt aber eine recht zahme Folge. Die Morde wenig spektakulär. Die Erben, der Bruder und der Neffe des Mordopfers staunen über den Reichtum und während der eine Gewissensbisse hat wegen der Waffengeschäfte, genießt der andere das neue Leben. Wenig mitreißend meiner Meinung nach.

6/10
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Blap
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Re: Derrick: Folge 99 - Via Genua

Beitrag von Blap »

Die Fortsetzung der "Mega-Derrick-Sause"

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Derrick Collectors Box 7 (Folge 91-105)


Folge 99 - Via Genua (Deutschland 1983)

Der wohlhabende Unternehmer Lammers (Michael Degen) ist zunehmend beunruhigt, seit einiger Zeit gehen ständig merkwürdige Anrufe bei ihm ein. Offenbar sorgt sich Lammers nicht ohne guten Grund, denn der Besuch in einem Hotel endet für ihn tödlich, seine Leiche wird in einem Wäschewagen aufgefunden, der Geschäftsmann wurde erstochen. Derrick und Klein nehmen die Ermittlungen auf, schnell stossen sie auf fragwürdige Vorfälle, die Firma des Opfers war vermutlich in Waffenschiebereien verwickelt, allerdings verlief vor wenigen Jahren ein entsprechendes Gerichtsverfahren im Sande. Welche Informationen hält Achim Huber (Wolf Roth) zurück, der als engster Mitarbeiter und Teilhaber an Lammers Betrieb, genaue Einblicke in die Geschäftspraktiken haben sollte? Doch nicht nur Huber gibt sich undurchsichtig, auch der Reiseschriftsteller Lusenke (Siegfried Rauch) erweist sich als wenig hilfreich, obschon er mit Lammers in dem besagten Hotel verabredet war. Derweil reist der Bruder des toten Firmenchefs an, Rudolf Lammers (Klaus Behrendt) und sein Sohn Hans (Eckhard Heise) wollen das eventuell zu erwartende Erbe antreten und sich um weitere Formalitäten kümmern. Tatsächlich kommt Rudolf in den Genuss der üppigen Hinterlassenschaft. Damit verbunden ist auch der Zugriff auf äusserst brisante Dokumente, die kein gutes Licht auf den Toten werfen, gleichzeitig für den zunehmend unter Druck geratenden Achim Huber lebenswichtig sind...

Erneut versammelte sich ein illustres Ensemble vor der Kamera, herausragend einmal mehr die Leistung von Klaus Behrendt. In der Folge "Am Abgrund" (80) war Behrendt als völlig fertiger Alkoholiker zu sehen, in "Der Spitzel" (49) gab er einen schleimigen Zuträger. Nun stellt er einen pflichtbewussten Grundschullehrer dar, hinter dessen gutbürgerlicher Fassade sich ein erschreckender Verfall von Anstand und Wertvorstellungen ausmachen lässt. Behrendt unterstreicht sein großartiges Können und seine Wandlungsfähigkeit. Der eher unscheinbare Eckhard Heise nimmt als Sohn des Erben die Position der "moralischen Notbremse" ein, mit seiner ruhigen und sachlichen Darstellung fungiert er auf den Punkt genau als Gegenpol zu seinem Filmvater. Wolf Roth versucht verzweifelt seinen Hintern zu retten, die bezaubernde Heide Keller ist bemüht ihn nach Kräften zu unterstützen, kommt aber kaum über den Status "hübsche Dekoration" hinaus. Siegfried Rauch gefällt mir diesmal nicht ganz so gut, sein Auftritt ist mir eine Spur zu gestelzt, bemüht und verquast. Sicher könnte man zu seinen Gunsten ins Feld führen, dass die Hintergrundgeschichte zu dieser Folge (sowie die ins Spiel gebrachten Lebenserfahrungen des Schriftstellers), eine entsprechende Anlage der Figur Lusenke nachvollziehbar und glaubwürdig machen, dennoch habe ich Rauch schon weitaus stärker erleben dürfen. Kurt Raab sorgt als Hausangestellter des Opfers für ein paar Schmunzler, bleibt undurchsichtig und herrlich verschroben, grandios! Diverse dunkelhäutige Damen und Herren bleiben leider auf kleine Nebenrollen beschränkt, werden lediglich als Aufhänger für die Story genutzt. Schade, aber die knapp einstündige Laufzeit gibt schlicht nicht mehr Raum her.

Damit sind wird beim "Problem" von "Via Genua" angekommen. Der Kriminalfall ist nicht schwer durchschaubar, schnell ahnt der Zuschauer, dass der Unternehmer seine Finger in schmutzigen Geschäften hatte. Nun unternimmt das Drehbuch den Versuch, möglichst viel Handlung und relevante Charaktere in das zeitlich knapp bemessene Korsett zu pressen. Im Ergebnis führt dieses Vorhaben zu einem oberflächlich abgehandelten Thema, dessen Ernsthaftigkeit und Tragweite eine intensivere Betrachtung verdient hätten. Gewissermaßen wird die Ausbeutung Afrikas angeprangert, gleichzeitig gewährt der Stoff den anwesenden Afrikanern (bzw. den entsprechenden Darstellern), lediglich eine schmale Nische, Derrick goes Afrikasploitation. Zusätzlich degradiert die grandiose Darbietung von Klaus Behrendt die kritischen Töne in den Staub, denn der brave Grundschullehrer wird zur tragenden Unperson, zum Hassobjekt der Folge. Jahrelang bestand kein Kontakt zum Bruder, nun wird das Erbe mit freudiger Erregung eingesackt, später gar mir überschäumender Gier verteidigt. Voller Entsetzen stellen sich die Nackenhaare des Betrachters auf, ein Moralkrüppel dieser Kategorie soll Kinder lehren? Immerhin bleibt die tröstende Vorstellung, dass der liebenswerte Herr seinen Dienst eventuell nicht mehr antritt, sofern die Bankkonten in der Schweiz nicht eingefroren werden. Doch bevor meine Phantasie ausser Kontrolle gerät, will ich diesen Kurzkommentar lieber sanft ausklingen lassen. Zu Beginn sorgte die gute Kameraarbeit für wohlige Momente, ich fühlte mich fast an einen Polizei-/Gangsterfilm aus Italien erinnert, später gesellen sich kleine Schlampereien hinzu (Schatten des Mirkofons). Musikalisch greift man das Thema Afrika auf, nicht packend, aber durchaus solide. Eine undankbare Aufgabe für Helmuth Ashley, der eine überladene (und gleichzeitig unterernährte) Geschichte in das übliche Format pressen musste. Fazit: Gute Ansätze, toller Klaus Behrendt, insgesamt schwer zu bewerten.

6,5/10 (oberste Mittelklasse)
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