Alles ist Liebe - Markus Goller (2014)

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Alles ist Liebe - Markus Goller (2014)

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Originaltitel: Alles ist Liebe

Herstellungsland: Deutschland / 2014

Regie: Markus Goller

Darsteller(innen): Nora Tschirner, Tom Beck, Heike Makatsch, Wotan Wilke Möhring, Katharina Schüttler, Fahri Yardim, Christian Ulmen, Friedrich Mücke, Inez Bjørg David, Elmar Wepper, Ivan Shvedoff, Steven Gätjen u. A.
Frankfurt in der Vorweihnachtszeit: 5 Paare kämpfen mit allerlei Liebes- und Beziehungsproblemen, wobei sich deren Wege immer wieder auf die eine oder andere Weise kreuzen. Hannes (Wilke Wotan Möhring) hat seine Frau Clara (Heike Makatsch) mit der Grundschullehrerin seines Sohnes betrogen und möchte nun ihr Herz zurück gewinnen. Auf der Suche nach dem Richtigen ist noch Kiki (Nora Tschirner), die nun auf Jan trifft, der ihr zunächst unsympathisch ist. Klaus und Viktor (Christian Ulmen) planen zu heiraten, doch Klaus bekommt nun kalte Füße. Martin, der generell Bindungsprobleme hat, geht Alice aus dem Weg, obwohl er sie eigentlich liebt. Kerem führt eigentlich ein glückliches Familienleben mit Simone und Kindern, doch sorgen enorme finanzielle Probleme für Spannungen.
Quelle: www.ofdb.de

Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Alles ist Liebe - Markus Goller (2014)

Beitrag von buxtebrawler »

„Der Weihnachtsmann ist tot!“

Richard Curtis’ Weihnachtsliebesfilm/-dramödie „Tatsächlich… Liebe“ aus dem Jahre 2003 war nicht nur überaus erfolgreich, sondern beeinflusste auch andere Filmemacher. Die Struktur miteinander verwobener Liebesepisödchen wurde für den niederländischen „Alles is liefde“ aus dem Jahre 2007 übernommen, der 2010 das belgische Remake „Zot van A.“ erfuhr. Die Letztgenannten sind mir unbekannt, denn gesehen habe ich das deutsche Remake „Alles ist Liebe“ von Regisseur Markus Goller („Simpel“), das auf das Jahr 2014 datiert.

„Sag mal, Herr Engel, ist dein Pimmel auch aus Gold?“

Vorweihnachtszeit in Frankfurt am Main: Am Mainufer soll anlässlich des Jubiläums einer großen Kaufhauskette eine großangelegte Weihnachtsrevue stattfinden, die vom lokalen TV-Sender Skyline TV übertragen wird und in deren Rahmen auch Hollywood-Star Jan Silber (Tom Beck, „Ausgerechnet Sex!“) auftreten soll. Dieser war einst mit Kiki (Nora Tschirner, „Tatort“ Weimar) liiert und trifft sie nun nach langer Zeit erstmals wieder, nachdem sie sich gerade in ein ausladendes Geschenkkostüm gezwängt hat. Die anfängliche Antipathie verfliegt bald und man nähert sich wieder einander an…Bei Kerem (Fahri Yardim, „Almanya – Willkommen in Deutschland“) will keine rechte Weihnachtsstimmung aufkommen, denn er hat kürzlich seine Arbeitsstelle verloren und muss dringend an Geld kommen, um seiner schwangeren Frau Simone (Katharina Schüttler, „Zeit der Kannibalen“) und seinen beiden Kindern Weihnachtsgeschenke kaufen zu können – seine Familie weiß noch gar nichts von seiner Arbeitslosigkeit und dem drohenden Verlust der Wohnung… Hannes (Wilke Wotan Möhring, „Hardcover“) hat ganz andere Sorgen, denn seit er seine Frau Clara (Heike Makatsch, „Tatsächlich… Liebe“) mit der Lehrerin des gemeinsamen Sohns Boris betrogen hat, will sie sich scheiden lassen – und wird vom Jüngling David (Jannis Niewöhner, „4 Könige“) becirct… Viktor (Christian Ulmen, „Herr Lehmann“) ist Vollstreckungsbeamter und Kikis Bruder – und plant, seinen Lebensgefährten, den Bestatter Klaus (Friedrich Mücke, „Russendisko“), zu ehelichen, der sich seiner Sache jedoch nicht mehr so sicher ist… Und nachdem ausgerechnet der Weihnachtsmanndarsteller Tom von Loessel (Bernd Herzsprung, „Das fliegende Klassenzimmer“) unvermittelt das Zeitliche gesegnet hat, soll der nach 30 Jahren just an den Main zurückgekehrte Martin (Elmar Wepper, „Zwei Brüder“) für ihn einspringen…

„Vergebungstechnisch ist ja schon so Hauptsaison…“

Joachim Kerzel eröffnet aus dem Off im Stile eines Märchenerzählers diese romantische Weihnachtskomödie, womit er deren Lesart gewissermaßen vorgibt: Nur nicht zu ernstnehmen und bitte nicht auf Authentizität und Plausibilität abklopfen. Goller möchte „Alles ist Liebe“ demnach als eine Art modernes Großstadtmärchen verstanden wissen, womit die unwahrscheinlichen Überschneidungen der Figuren und wie sich die Ereignisse mitunter überschlagen legitimiert wären. Der Film vereint viele gerngesehene deutsche Schauspielerinnen und Schauspieler in einem Handlungsgerüst, das, verglichen mit dem halbgaren „Tatsächlich… Liebe“, eine sehr eigenständige Variation darstellt. Kleinere und größere Dramen werden komödiantisch aufbereitet und führen zu einem guten Ende.

„Die sind alle Champagner – ich bin mehr so die Fraktion Dosenravioli!“

Die Mainmetropole Frankfurt bietet eine im komödiantischen Rahmen selten eingesetzte und auch deshalb reizvolle Kulisse der Ereignisse, die zwar vor dem Hintergrund von Weihnachtskitsch, Bombast und Konsumrausch – symbolisiert durch die Kaufhauskette und ihr Weihnachtsspektakel – stattfinden, letztlich aber individuelle, persönliche Gefühle zum Inhalt haben. Es scheint, als wolle der Film aussagen, dass demonstrativer Weihnachtswahn und Konsum zwar durchaus geeignet seien, Menschen zusammenzuführen, doch was dann wirklich zähle nicht mehr viel mit derlei Oberflächlichkeiten zu tun habe. Die Aufgekratztheit und Hektik der Protagonistinnen und Protagonisten versinnbildlichen den Vorweihnachtsstress, die intimen Glücksmomente, in die die Episoden am Ende kulminieren, hingegen den liebevollen wahren Geist des Fests.

Der Weg dorthin ist gespickt mit schnippischen Dialogen, die man insbesondere Tschirner in den Mund legte (wenngleich ich nicht mit ihrer Beleidigung der Madonna-Coverversion von „American Pie“ einverstanden bin, immerhin handelt es sich um eine gelungene Modernisierung), mit einem GAU vorm Traualtar und der von Heike Makatsch, die bereits in „Tatsächlich… Liebe“ eine Rolle bekleidete, gespielten Clara, die die Untreue ihres Mannes mittels sexueller Initiation eines 18-Jährigen ausgleicht. Die soziale Komponente ist am stärksten in Kerems Kampf gegen die Zwangsräumung vertreten, während die Episode um Martin für etwas mehr Tiefgang und Nachdenklichkeit steht. Auf selbstverständlich anmutende Weise gelingt es bei der Figurenzeichnung generell, auf bodenständige, aus dem Leben gegriffene Charaktere zu setzen, die tatsächlich einen guten (wenn auch stilisierten) Teil deutscher Lebenswirklichkeit widerspiegeln. Köstlich und charmant ist es, wie sich Kiki und Jan ihre Liebe über Songtitel beschreiben und er sie schließlich eine „gelungene Coverversion“ nennt. Überhaupt ist „Alles ist Liebe“ mit zahlreichen schönen Metaphern versehen und der Tonfall mal augenzwinkernd, auch mal etwas offensiver, aber stets sympathisch. Timing und Tempo stimmen, die Narration ist präzise, kurzweilig und musikalisch angenehm untermalt – Kompositionen Annette Focks‘ treffen auf gut ausgewählte internationale Popmusik.

Dass es pünktlich eine weiße Weihnacht gibt, ist natürlich dem Gebiet der Märchen zuzuordnen, ebenso der Umstand, dass kaum jemand hessischen Dialekt spricht – schade, den höre ich gern. Vielleicht größter Schwachpunkt des Films ist jedoch Christian Ulmens Unterforderung. Von seinem Humor kann er nicht viel einbringen; sein Mitwirken weckt eine gewisse Erwartungshaltung, die kaum erfüllt wird, er wirkt regelrecht verschenkt. Das ist schade, denn wie sehr die Chemie gerade zwischen ihm, Tschirner und Yardim stimmt, ist längst bekannt. Die Extraportion Rührseligkeit des Finales ist bei einem Weihnachtsfilm aus dem romantischen Bereich wohl unumgänglich und saisonal gestattet. Sein volles Potential hat „Alles ist Liebe“ nicht ausgeschöpft, aber ich fühlte mich im erweiterten Familienkreis angenehm unterhalten – nicht zuletzt, da er einen insgesamt wesentlich stimmigeren Eindruck macht als der zu überbewertete „Tatsächlich… Liebe“.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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