DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN KOFFER (1962)
mit Joachim Hansen, Senta Berger, Hans Reiser, Leonard Steckel, Helga Sommerfeld, Stanislav Ledinek
sowie Chris Howland und Peter Carsten
eine Produktion der CCC Filmkunst | im Verleih der Gloria
nach Motiven von Bryan Edgar Wallace
ein Film von Werner Klingler
»Wie es einem so geht wenn man im Leichenschauhaus liegt!«
Eine beunruhigende Mordserie hält London in Atem. Ein Serienkiller geht stets nach dem gleichen Strickmuster vor, indem er seine Ofper warnt, und deren Koffer packt. Sein Markenzeichen ist ein exotisches Wurfmesser, das er mit hoher Präzision bedient, und den Todeskandidaten genau ins Herz trifft. Die Polizei tappt im Dunkeln da es zwischen den Toten keine Gemeinsamkeiten zu geben scheint, und die Zusammenhänge fehlen. Inspektor Finch (Joachim Hansen) arbeitet sich in Kleinstarbeit durch den mysteriösen Londoner Nebel und gelangt langsam aber sicher zu wichtigen Erkenntnissen. Hinter der Mordserie scheint die synthetische Droge Meskadrin zu stehen, die ihn zu dem undurchsichtigen Arzt Dr. Bransby (Leonhard Steckel) führt. Hat dieser tatsächlich mit den Verbrechen zu tun, oder befindet sich Finch auf einer vollig falschen Fährte..?
Man darf es ja sagen wie es ist. Zwar ist der Grundstein mit "Das Geheimnis der schwarzen Koffer" ein richtiggehend langweiliges Kapitel für die Bryan Edgar Wallace-Reihe, und entstanden ist ein durch und durch unspektakulärer Film, aber es kam ja glücklicherweise zu deutlichen Steigerungen, die nicht lange auf sich warten lassen mussten. Egal wie es Artur Brauner im Endeffekt auch machte, der Impuls zu Kritisieren startet immer wieder gerne ein Überholmanöver. Einerseits kam es oft zu dem Vorwurf, man würde die echte Wallace-Reihe nur kopieren, ließ man diesen Aspekt außen vor und kam mit einem eigenständigen Konzept daher, war es nicht gut. Ich schätze seine Experimentierfreudigkeit zwar sehr, muss aber dennoch zugeben, dass ich mir in diesem Fall eine hemmungslose Kopie lieber gewünscht hätte, vor allem in Sachen Darsteller und Regie. Als direktes Konkurrenzprodukt, aber auch als eigenständige Version, ist Werner Klinglers Arbeit jedenfalls nahezu unbrauchbar, da es trotz neuer Impulse keine wirklichen Inspirationen gibt, und man im Rahmen des Aufwindes offensichtlich ein, zwei Schritte zurück ging, um wesentlich altmodischer und noch zäher zu inszenieren, als es oft zur Entstehungszeit noch üblich war. Aber Werner Klingler lieferte ja bereits mehrere Expertisen dieser Art ab, oder es kamen noch weitere hinzu. Es ist mehr als erstaunlich, dass dieser Plot, den ich für einen der interessantesten Varianten dieser Reihe halte, eine so unterdurchschnittliche Bearbeitung, und ein so schwaches Ergebnis erfahren musste, denn Kapazitäten wurden hier am laufenden Band liegen gelassen, oder erst gar nicht registriert.
Umstritten bleibt die Liste der beteiligten Darsteller, die für meinen persönlichen Geschmack kaum erbauliche Leistungen präsentiert. Unter Werner Klinglers Regie glaubte ich diesbezüglich immer wieder einen besonders fatalen Fall von entgleistem in Szene setzen seiner Protagonisten zu verspüren, besonders was die Darstellerinnen anbelangt. In diesem mehr als wichtigen Bereich fehlte ihm offensichtlich komplett das Gespür, denn die meisten Frauenrollen wirken wie biedere Karikaturen aus einer Zeit, die dem Vernehmen nach doch längst vorbei gewesen sein sollte. Als Bestätigung der Regel sind hier unbedingt seine Versionen von "Das Testament des Dr. Mabuse" (1962) oder die völlig misslungene Verfilmung von "Lebensborn" (1961) zu nennen, die sowohl Senta Berger erneut, als auch beispielsweise Maria Perschy oder Marisa Mell absolut uninteressant präsentieren. Die weibliche Hauptrolle mit Senta Berger wirkt hier jedenfalls beinahe uninteressant, und hätte meines Erachtens von Kollegin Helga Sommerfeld ebenso gut interpretiert werden können. Es ist nicht nachzuvollziehen dass man die Möglichkeiten einer Senta Berger, die ohne jeden Zweifel eine der interessantesten und ansprechendsten Darstellerinnen dieser Zeit war, einfach nicht wahrnimmt. Dass ihre mutmaßliche Liaison in diesem Film nicht im Geringsten funktioniert, möchte ich gar nicht einmal Partner Joachim Hansen in die Schuhe schieben, es liegt einfach an einer der uninteressantesten Frauenrollen, die ich von Berger, oder womöglich überhaupt gesehen habe.
Joachim Hansen hat schon viel Kritik einstecken müssen, was für mich allerdings kein Grund ist, nicht genau dort weiter zu machen. Der Eindruck der Erst-Ansicht bleibt leider bestehen, denn die Inspektor-Figur ist ihm einfach nur sehr schwer abzunehmen. Dass er inkompetenterweise einen Fall nach Zufallsprinzip lösen kann, ist dabei gar nicht so schlimm, denn diese Variante hat es ja in derartigen Produktionen dutzendfach gegeben. Nein, es liegt tatsächlich und ausschließlich an seiner Ausstrahlung, die quasi nicht vorhanden ist. Er hat nicht den Charme, eine Senta Berger zu beeindrucken, die es jedoch nach Drehbuch vorgaukeln muss, er besitzt nicht den Witz und transportiert keine wache Kombinationsgabe, um einen schwierigen Fall zu lösen, kurz und schlecht, er liefert keinerlei Identifikationspotential für den Zuschauer. Aber genau so verhängnisvoll geht es mit den übrigen Darstellern weiter. Die oft gelobten Hans Reiser und Leonard Steckel wirken auf mich so, als seien sie direkt einer angestaubten Theater-Mottenkiste entsprungen, sie bedienen die Vorhersehbarkeit und passen sich einem überaus altmodisch wirkenden Gesamtbild nahezu perfekt an. Auch Peter Carstens Schlüsselrolle wirkt leider belanglos, und Chris Howland als "Tonjäger" hinterlässt einen schrecklich Nerven aufreibenden Eindruck. Als Expertin für eine Horror-Darbietung aus dem Schreckenskabinett erweist sich neben ihm jedoch Elfriede Irral als diesbezügliche, ungekrönte Königin, und ihre Show konnte sich auch nach all den Jahren nicht beruhigend setzen. Stanislav Ledinek ist einer der wenigen, der hier mit einer zwar dick aufgetragenen, aber interessanten Leistung für etwas Freude sorgen kann, doch die insgesamt konservative Besetzung sorgt bei Weitem nicht für Freudensprünge und wirkt schlussendlich ermüdend und in vielen Fällen sogar austauschbar. Lediglich bei den kleineren Nebenrollen gibt es durchweg ganz annehmbare Leistungen.
Schön, dass es kaum Filme gibt, die nicht auch positive Aspekte zu Tage bringen. Die Musik von Raimund Rosenberger unterstützt die wirklich gelungene Bildgestaltung mit ihren schweren Klängen, die bei einsetzendem Spinett sogar leicht hysterische Formen annimmt, sehr gut, und bestärkt das Gezeigte durchaus adäquat, obwohl man es sicherlich nicht mit einem Ohrwurm zu tun bekommt. Überhaupt kam es in dieser Produktion zu einigen Veranschaulichungen, die Zeit bezogen nicht unbedingt Alltäglichkeit vermitteln, wie etwa der Club mit passender erotischer Nummer, auch das Laboratorium stellt einen adäquaten Kontrast zu den oftmals spartanischen Innen-Schauplätzen dar, die Verfolgungssequenz durch den nebligen Park vermittelt vertiginöse Zustände, die gepackten Koffer und die damit verbundene Warnung des Mörders zelebrieren eine bemerkenswerte Atmosphäre. Auch das aufblitzende Messer des zunächst Unbekannten sorgt für Kopfnicken, wobei die Ausarbeitung der Todesszenen ebenso einen Tribut an den Trash darstellt, wie die fast zehn Jahre später entstandene Version des Spaniers Jess Franco. Als bescheiden zu bezeichnen sind hingegen die aufgesetzt wirkenden Dialoge, die weder eine Note von Situationskomik, noch doppeltem Boden vermitteln können, auch, oder vor allem der Umgang der Personen miteinander, bleibt schrecklich oberflächlich. Als sich beispielsweise die Tänzerin aus dem Fenster stürzt, hört man eine unbeteiligt wirkende Helga Sommerfeld lediglich sagen: »Sie hat sich aus dem Fenster gestürzt!« Man geht wieder in die Garderobe und diskutiert zügellos über die eigenen Probleme weiter. Die Droge, die aus dem halluzinogenen Alkaloid Mescalin gewonnen wird, ist mal etwas anderes als die üblichen Stoffe aus dem Substanzen-Karussell, zeigt aber keinen der Süchtigen wirklich authentisch in gewissen Zuständen, und man glaubt eher, alle hätten lediglich starke Schlafmittel eingenommen. Brauners fortschrittliche Geschäftsideen in einem rückständigen Film, das passt (wie man in dieser holprigen Premiere leider erfahren muss), definitiv nicht zusammen! Jess Francos Alternative mit "Der Todesrächer von Soho" werde ich dieser Version jedenfalls stets vorziehen. Die in vielen Teilen zwar schlampige Inszenierung wirkt nämlich für meinen Geschmack wenigstens nicht wie ein Schlafmittel aus der Hausapotheke. Möglicherweise wurde dieser interessante Stoff auch nur noch einmal neu verfilmt, um eine adäquate Unterhaltungsversion zu präsentieren!