Das komabrutale Duell - Heiko Fipper (1999)
Moderator: jogiwan
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Das komabrutale Duell - Heiko Fipper (1999)
Originaltitel: Das komabrutalle Duell
Produktionsland: Deutschland 1999
Regie: Heiko Fipper
Cast: Heiko Fipper, Stefan Höft, Stephan Fipper, Mike Hoffmann, Andreio Fiore
Was man nicht alles beim Kellergang im mütterlichen Eigenheim findet: Eine DVD des Films DAS KOMABRUTALE DUELL zum Beispiel, inszeniert von Heiko Fipper im Jahre 1999, den mir vor vielen Jahren ein Freund hatte zukommen lassen, der damals bereits die 18er Marke geknackt hatte und sein Taschengeld in heikle Filmkost investierte, die aufgrund von Beschlagnahmebeschlüssen einzig als Österreich-Importe zu bekommen gewesen ist. Mir fällt auf, dass ich nicht die geringste Erinnerung mehr an diesen Streifen habe, und außerdem ist Sonntag und es riecht nach nahendem Gewitter, und Argumente, die dagegen sprächen, die DVD nicht spontan in den zugehörigen Player zu schieben, schmelzen dahin wie Eiswürfel in der Sonne – dabei wäre das beste Argument, die Finger von DAS KOMABRUTALE DUELL zu lassen, der Film selbst…
Ein Bonus-Feature auf der DVD fasst Fippers Opus ganz gut zusammen: Im Menü nämlich kann man einstellen, dass einem die einzelnen Szenen nicht in der Reihenfolge vorgespielt werden, wie Fippers finale Schnittfassung sie gruppiert, sondern völlig willkürlich nach dem Zufallsprinzip – und mit felsenfester Überzeugung behaupte ich, dass dabei mindestens eine genauso kohärente Version des Films herauskommt wie die, die der „Director’s Cut“ einem anbietet. Anders ausgedrückt: Auch wenn DAS KOMABRUTALE DUELL zumindest in den ersten Filmminuten den Anschein erweckt, er würde so etwas Ähnliches wie eine Geschichte erzählen, über unterscheidbare Figuren verfügen, die nachvollziehbare Dinge tun, dramaturgisch in irgendeine Richtung laufen, bedarf es eigentlich weniger als zehn Minuten, um zu begreifen, dass es Fippers Kernanliegen wohl eher gewesen zu sein scheint, der Filmgeschichte denjenigen Streifen aufzunötigen, der in seinen neunzig Minuten Laufzeit die meisten Liter Kunstblut (aka braune Bratensauce) vergießt…
Die Exposition ist bloße Steigbügelhalterin für die konfus montierten, inhaltlich zusammenhanglosen, völlig unmotiviert mit Zombies ergänzten Sudeleien, die uns für den Rest des Films begleiten werden: Ein gewisser Bandera sucht Kontakt zur sogenannten Achtlings-Mafia, (die so heißt, weil alle acht Mitglieder von ein und demselben Darsteller verkörpert werden!); diese soll ihm helfen, einen gewissen Eisentempler und dessen Familie und Freunde auszulöschen, da dieser wiederum im betrunkenen Zustand den Vater Banderas überfahren und damit ums Leben gebracht hat. Ist diese Konstellation erstmal etabliert – auf der einen Seite Bandera und die Mafiosi nebst diverser spontan aus dem Drehbuchhütchen gezauberter Auftragskiller; auf der andern Seite Eisentempler und seine beiden Stiefbrüder Mike und Stephan sowie diverse spontan aus dem Drehbuchzylinder gezauberte Auftragskiller -, beschränkt sich DAS KOMABRUTALE DUELL im Prinzip darauf, ein Over-the-Top-Gemetzel nach dem andern abzubrennen: Da werden Arme abgesägt, Gesichtshäute abgezogen, Köpfe halbiert, - und zwar auf derart technisch niedrigem Niveau, dass man meint, in einem handelsüblichen Bethmann-Vehikel sei Carlo Rambaldi zu Werke gegangen. Einen kopfloser Körper stellt man dar, indem der Schauspieler seine Rübe einfach unterm T-Shirt versteckt, (und dadurch natürlich ad hoc enorm an Körpergröße zulegt); an ein Holzkreuz genagelte Hände sind mit Bratensauce gefüllte Gummihandschuhe; im Einsatz befindliche Kettensägen werden niemals eingeschaltet und die Handfeuerwaffen wurden offensichtlich aus der Spielzeugabteilung des nächstbesten Kaufhofs akquiriert…
Kaum eine Szene in DAS KOMABRUTALE DUELL, die keine völlig überzogenen Gewalttätigkeiten zeigen würde: Einkaufswägen voller Bratensaucen müssen Fipper und sein Team gekauft haben, - womit das Budget des Films dann auch erschöpft gewesen sein dürfte. Gedreht wird mit Vorliebe dort, wo man keine Dreherlaubnis braucht: Im Wald, in Parks, in leerstehenden Barracken; die Schauspieler changieren, dass mich manchmal der Verdacht beschleicht, Fipper könne seinen Streifen gar als Genre-Parodie angelegt haben; sämtliche Figuren verfügen über Superheldenkräfte, die sie trotz heftigstem Blutverlust ungefällt auf zwei Beinen stehen lassen: Nein, keine fehlende Extremität, kein offener Wanst, keine Kugel im Kopf führt dazu, dass unsere „Helden“ zusammenklappen würden – und wenn sich doch einmal physische Erschöpfung einschleicht, greift man eben zur improvisierten Bluttransfusion, (sprich: man verleibt sich den Lebenssaft oral mittels Schläuchen ein), oder verpflanzt einfach Teile des eigenen Hirns in den toten Körper eines Waffengefährten, um diesen wiederzubeleben, (eine Szene, von der ich dann doch hoffe, dass Fipper sie nicht ernstgemeint hat); vervollständigt wird das Ganze von reichlich unmotivierten Visual Effects à la Lochblenden und Wischeffekten bei Szenenübergängen, als habe Fipper zeigen wolle, was für krasse Skills sein Videobearbeitungsprogramm so alles drauf hat.
DAS KOMABRUTALE DUELL ist aber nicht nur der mit Abstand brutalste Film, den ich jemals gesehen habe, (freilich rein quantitativ betrachtet; natürlich ist jeder Film von, sagen wir, Michael Haneke verstörender als die plakative Plumpheit, die wir hier geboten bekommen), sondern auch einer der ermüdendsten Streifen, die ich kenne: Schlag-Gegenschlag; Schuss-Gegenschuss; Fippers Drehbuch ruht sich komplett darauf aus, dass Bandera und seine Leute einen Angriff auf Eisentempler und seine Leute unternehmen, dass anschließend Eisentempler und seine Leute zur Revanche blasen und ihrerseits wiederum Bandera und seinen Leuten auflauern, und dass die Spirale der Rache dann erfordert, dass Bandera und seine Leute ausreiten, um Eisentempler und seinen Leuten die Leviten zu lesen. Dass zwischendurch auch noch Zombies auftauchen, (woher? wieso? auf wessen Seite stehen die Untoten überhaupt!?), und wahllos irgendwelche Folterkellersequenzen eingefügt sind, in denen außerhalb der eigentlichen „Handlung“ stehende Menschen von irgendwelchen Hobby-Medizinern fragwürdigen Experimenten unterzogen werden, rettet das Skript natürlich nicht, sondern legt die dramaturgischen Defizite nur noch deutlicher offen.
Leider macht Fipper aber nicht dabei Halt, uns eineinhalb Stunden dabei zusehen zu lassen, wie seine Freunde und Bekannte über und über mit Bratensauce bekleckert Schlagstock, Machete, Kettensäge schwingen. In zwei Instanzen muss der Gute leider auch noch Zeugnis von seinen derangierten Phantasien bezüglich des weiblichen Geschlechts ablegen, - konkret: gegenüber schwangeren Frauen. Sowohl Banderas wie Eisentemplers Freundin trägt ein Kind unter ihrem Herzen, - und beide werden von der jeweils gegnerischen Partei auf höchst brutale Weise ihrer Leibesfrucht entbunden: Natürlich ist das effekttechnisch zum Fremdschämen umgesetzt, wenn eine der Dame nach endlosen Tritten in ihren Schambereich ihren Embryo erbricht (!), und wenn die andere Frau bei lebendigem Leib ihren Säugling (aka eine Baby-Puppe aus der Spielzeugabteilung des nächstbesten Kaufhofs) herausgeschnitten bekommt, doch manchmal zählt eben nicht die Qualität, sondern das, was sich der Autor dabei gedacht hat, - und das sind offenkundig keine schönen Dinge, die da in Fippers Gehirn umherschwirren.
Fast wäre ich ja geneigt, DAS KOMABRUTALE DUELL ob seiner Verweigerungshaltung gegenüber den zartesten Ansätzen einer kohärenten Narration sowie den Rudimenten technisch-ästhetischen Handwerks für ein faszinierendes Artefakt zu halten, dessen Trumpf eben genau dieser konsequente Stilwille ist, nichts weiter zu wollen als das Abfilmen von literweise Bratensaucenfontänen, aber, puh, nein, am Ende dieses Textes sollte doch besser die Warnung stehen: Falls ihr diesen Film in einer Kiste im Keller eurer Mutter findet, dann werft ihm besser den unliebsamen Nachbarn in den Postkasten…
Und, ach ja, herzallerliebst ist es doch auch, dass Fipper keinen blassen Schimmer gehabt zu haben scheint, was denn eigentlich ein "Duell" ist. Von den hier bebilderten Massakern jedenfalls fällt kaum ein Scharmützel in die Kategorie "Zweikampf". "Komabrutal" trifft es dafür schon umso besser: In dem Begriff ist doch beides vereint,was dieses Machwerk auszeichnet - Splatter und Schlaf, Gore und Gähnen, Metzeleien und müdes Wegdriften...
Re: Das komabrutale Duell - Heiko Fipper (1999)
Danke für den Beitrag, den ich als Warnung verstehe.
Das Blap™ behandelt Filme wie Frauen