Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Moderator: jogiwan

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Santini
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von Santini »

Interview mit Ralf Hüttner und Bericht zum Film:

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(Quelle: Film Illustrierte, Ausgabe Dezember 1988)
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buxtebrawler
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von buxtebrawler »

„Wer bist du? Du bist... du bist so kalt! Was ist das für ein Kind?!“

Der deutsche Regisseur Ralf Huettner ist mit Komödien wie „Texas – Doc Snyder hält die Welt in Atem“ (mit Helge Schneider) und „Voll normaaal“ (mit Tom Gerhardt) in den 1990ern populär geworden, hat jedoch bereits in den 1980ern seine Karriere begonnen. Nach „Das Mädchen mit den Feuerzeugen“ war „Der Fluch“ aus dem Jahre 1988 sein zweiter abendfüllender Spielfilm, ein weitestgehend in Vergessenheit geratener (weil auch nie fürs Heimkino ausgewerteter) Heimat-Mystery-Thriller, dessen Drehbuch Huettner zusammen mit Andy T. Hoetzel verfasst hatte.

Die achtjährige Melanie (Romina Nowack) ist augenscheinlich ein ganz normales Mädchen, das von seinen Eltern (Barbara May, „Ein Kaktus ist kein Lutschbonbon“ und Dominic Raacke, „Die Rache der Kannibalen“) zu einer Wanderung durch die Alpen mitgenommen wird. Doch nachdem sie abends mit ihrem Fahrrad durch eine geisterähnliche schemenhafte Gestalt hindurch gefahren ist und eine alte Frau (Ortrud Beginnen, „Einer von uns beiden“) in Entsetzen versetzt hat, scheint sie sich im Laufe des Ausflugs zu verändern: Heimlich lässt sie die Wanderkarte der Eltern verschwinden, sodass sie sich verirren und sich gezwungen sehen, in einer kleinen Kapelle, zu der Melanie sie auf mysteriöse Weise führt, die Nacht zu verbringen. Dort finden sie die Leiche eines Mädchens, das Melanie wie aus dem Gesicht geschnitten scheint. Den Eltern ist diese Kapelle wohlbekannt, einst verbrachten sie dort eine Liebesnacht... Ganz allein scheinen sie auch nicht zu sein, drei Kinder scheinen sich ebenfalls in den Bergen aufzuhalten und aus der Ferner ertönt rätselhafter Gesang. Am nächsten Tag wird die Leiche mithilfe der Bergwacht geborgen und während die Familie in einem Hotel untergekommen ist, beginnt Melanies Vater, auf eigene Faust den Ereignissen auf den Grund zu gehen – und wird mit einer Sage von vier Mädchen konfrontiert, die mit dem Teufel im Bunde gestanden hätten und nie aus den Bergen zurückgekehrt seien, in die man sie verschleppt habe. Melanie scheint in Verbindung mit dieser Sage zu stehen und reißt aus...

Jeder, der aus seiner cineastischen Thematisierung oder Verarbeitung der Alpen etwas anders als trutschigen Trachten-Trash macht, hat bei mir schon mal einen Stein im Brett. Huettner nutzt diese als Hintergrund und Panorama einer mysteriösen Schauermär, die das übermächtige, uralte Gebirge als verwunschenen Ort dunkler Geheimnisse in beeindruckenden Bildern in Szene setzt und seine ruhige, entschleunigte Erzählweise bar jeglicher Effekthascherei aufwendet, damit die von familiärer Entfremdung und Melancholie bestimmte Atmosphäre langsam, aber beständig die Wirbelsäule des Zuschauers hinaufkriecht und schließlich Gänsehaut verursacht. Ausgeleuchtet in den kühlen Blautönen eines Gebirgsbachs bedient sich „Der Fluch“ einer düsteren Poesie, deren Inhalt irreale kindliche Fantasie ist, die sich in beängstigender Weise manifestiert, ohne rational oder physikalisch greifbar zu werden und die der Welt der Erwachsenen verschlossen bleibt, wenngleich sie ihre Konsequenzen ohnmächtig tragen müssen: den schleichenden Verlust des eigenen Kinds, das stärkeren Banden ausgesetzt scheint als den eigenen familiären – wahrlich eine Horrorvorstellung nicht nur für Eltern, die sich immer wieder (scheinbar?) unbedarften Kinderfragen nach Übernatürlichem und Tod ausgesetzt sehen. Gleichzeitig fungiert „Der Fluch“ als eine metapherreiche Allegorie auf die abenteuerlustige, furchtlose, neugierige Sehnsucht und Spontaneität von Kindern, die, einmal beispielsweise durch einen Ortswechsel aus der Alltagstristesse heraus angeregt, ausbricht und neue, eigene Wege aufzeigt, die entscheidende Impulse im Prozess der Emanzipation von den Eltern setzen.

Sicher, ab und zu hilft Kommissar Zufall etwas sehr viel, wenn der spätere „Tatort“-Kommissar Raacke versucht, das Geheimnis zu ergründen, und für meinen persönlichen Geschmack bleibt nicht nur etwas zu viel nebulös, sondern wird auch Potential der Geschichte verschenkt, wenn die Hintergrundgeschichte mehr oder weniger lediglich erahnbar bleibt. Andererseits hatte man mit Romina Nowack für die Hauptrolle eine erstaunlich talentierte, ausdrucksstarke Kinderdarstellerin entdeckt, der die unheimliche Aura, mit der Huettner sie für diesen Film versah, wunderbar zu Gesicht steht, die jedoch unverständlicherweise leider – von einem Auftritt in einer TV-Serie einmal absehen – offenbar nie wieder vor einer Filmkamera stehen sollte. In Nebenrollen sind ferner ein junger Tobias Moretti („Kommissar Rex“) und Barbara Valentin („Die Insel der blutigen Plantage“) zu entdecken.

Nur ein Jahr später verfilmte der deutsche Regisseur Georg Tressler mit „Sukkubus – Den Teufel im Leib“ die schweizerische Alpensaga um das Sennentuntschi, das 2010 unter der Regie Michael Steiners ein Comeback feierte. „Der Fluch“ dürfte in dieser Troika des „etwas anderen Alpenheimatfilms“ der unbekannteste sein, hätte es gleichwohl aufgrund seiner Qualitativ und der generellen Seltenheit dieser Sorte Film verdient, (wieder-)entdeckt zu werden.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Arkadin
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von Arkadin »

Huettners nächster Spielfilm konnte erst drei Jahre später realisiert werden und ich empfehle auch hier mal einen Blick drauf zu werfen. "Babylon - Im Bett mit dem Teufel" fand ich sehr interessant. Und Dominic Raacke spielt auch hier eine (extrem schmierige) Hauptrolle und das wirklich sehr überzeugend.
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jogiwan
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von jogiwan »

*schockschwerenot*

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pidax.de hat geschrieben: Ab 16.08.19 bei uns!

Origineller Horrorfilm von Ralf Hüttner

Ein als idyllischer Ausflug geplanter Trip in die Berge wird für eine Familie zum Albtraum. Melanie, acht Jahre alt, hört eine unheimliche Kinderstimme und hat Visionen. Die Einwohner des Dorfs legen ein mysteriöses Verhalten an den Tag. Als die Familie in finsterer Nacht auch noch vom Weg abkommt, entdeckt das Mädchen eine Leiche. Es ist ein Schock für alle, als man feststellt, dass Melanie und das tote Mädchen absolut identisch aussehen. Ist alles ein Jahrhunderte alter Fluch?

Hintergrundinformationen:
Ralf Huettners „originelle Mischung aus Grusel- und Heimatfilm“ sorgt von Beginn an für Gänsehaut und Unwohlsein. Dem Regisseur ist mit dem mystischen Fluchfilm etwas gelungen, was in Deutschland Seltenheitswert hat: ein perfekter Gruselschocker. Cinema.de schrieb: „Unheimlich: ein guter deutscher Horrorfilm!“. Die Kultproduktion war lange gesucht und wird nun endlich erstmals auf DVD veröffentlicht.
quelle: https://www.pidax-film.de/Film-Klassike ... :1601.html
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buxtebrawler
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von buxtebrawler »

jogiwan hat geschrieben:*schockschwerenot*
:thup:
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Adalmar
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von Adalmar »

Wirklich tolle Ankündigung, mit der ich nicht gerechnet hätte. Jetzt sagt meine innere Nörgelstimme: "Ja aber, wenn Bildstörung oder Subkultur das übernommen hätten ..." Was soll's, ich freue mich sehr auf die DVD.
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sergio petroni
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von sergio petroni »

Da freue ich mich auch sehr darauf!
:thup:
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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sid.vicious
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von sid.vicious »

Ich habe einen TV-Rip von dem Film und kann die Freude auf diese Veröffentlichung bestätigen.
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jogiwan
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von jogiwan »

jogiwan hat geschrieben:Mit „Der Fluch“ hat Ralf Hüttner nicht nur einen für die Entstehungszeit unkonventionellen Mystery-Thriller geschaffen, sondern auch eine Perle des deutschen Genrne-Kinos abgeliefert, die leider weitgehend in Vergessenheit geraten ist und von der breiten Masse bislang nicht wahrgenommen wurde. Nach dem Kino-Einsatz und Free-TV-Ausstrahlungen im deutschen und österreichischen Fernsehen in den Neunzigern ist der interessante Streifen leider größtenteils von der Bildfläche verschwunden und harrt trotz größerer Fangemeinde seitdem einer anständigen Veröffentlichung. Warum dieser durchaus ungewöhnliche deutsche Streifen so stiefmütterlich behandelt wird kann ich mir persönlich ja nicht erklären und die Mischung aus unheilvoller Stimmung, abgründigen Heimatfilm und einem Hauch Tourismuskritik hat schon seinerzeit mächtig Eindruck hinterlassen. Auch die neuerliche Sichtung zeigt, dass Hüttner mit seinem Werk der Zeit voraus war und „Der Fluch“ erinnert mit seiner nicht ganz greifbaren Geschichte, dem nüchternen Look und der unheilvollen Grundstimmung, die gänzlich ohne plakative Effekte auskommt auch etwas an Versatzstücken von J-Horror-Filmen erinnert, die erst Jahrzehnte später Furore machen sollten und verbindet dieses mit Elementen des deutschen Heimatfilms, die jedoch wenig mit der üblichen Alpen-Idylle zu tun haben. Im Grunde setzt sich Ralf Hüttners Erstling aber zwischen die Stühle und Spannung und der Grusel entstehen hier eher beiläufig aus einem Grundszenario eines harmlosen Familienwandertags, sodass sich der Streifen auch eher an Personen richtet, die auch einen guten und zurückhaltend inszenierten Grusler zu schätzen wissen. Trotzdem ziehen einem die unheimlichen Ereignisse immer mehr in ihren Bann, ehe einem das Ende vollkommen unerwartet und umso überraschender an der Gurgel packt. Ein wunderbarer Film, der über die Jahre nichts von seiner Wirkung verloren hat und hoffentlich auch irgendwann die Beachtung bekommt, die dieser ungewöhnliche und empfehlenswerte Film eigentlich verdient hätte.
Nachdem gestern die neue Pidax-Scheibe im Briefkasten war, habe ich die Gelegenheit gleich genutzt um meine Gedanken aufzufrischen, an denen sich eigentlich nichts geändert hat. Toller Film mit unheimlicher Grundstimmung, der auf reißerische Elemente verzichtet und mit seinem Ende trotzdem nachhaltig in Erinnerung bleibt. Die DVD ist aber sicherlich keine Offenbarung und bietet den Film auch lediglich in durchschnittlicher Qualität mit teils etwas verwaschen wirkenden Farben. Schön, dass es den Streifen nun endlich offiziell zu kaufen gibt – schade, dass man sich bei der Präsentation nicht dennoch mehr Mühe gegeben hat.

Hier rasch ein paar Screenshots der Pidax-DVD:
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Arkadin
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Re: Der Fluch - Ralf Hüttner (1988)

Beitrag von Arkadin »

jogiwan hat geschrieben:Schön, dass es den Streifen nun endlich offiziell zu kaufen gibt – schade, dass man sich bei der Präsentation nicht dennoch mehr Mühe gegeben hat.
Haben sich Pidax oder Filmjuwelen jemals Mühe mit ihren Veröffentlichungen geben? Die nehmen das was sie bekommen und pressen das dann auf Scheibe. Fertig.
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