D 1972
Viele Krankenschwestern sind ausgesprochen sexy. Aber sind sie wirklich auch so sexbetont, wie so viele glauben? Der Fall der OP-Schwester Beate, die ihre Stellung verlor, weil sie zu viel wusste, gibt Veranlassung dieser Frage nachzugehen. Mit den 16- bis 18-jährigen Lernschwestern, die für ein Taschengeld ein viel zu großes Arbeitspensum zu bewältigen haben, fängt es an: keine Freizeit, die Liebe findet im Krankenhaus statt. Ihre Partner sind meist die jungen Assistenzärzte, denen es in dieser Beziehung kaum besser geht. Trotzdem träumt jede Schwester von dem netten, jungen Arzt, den sie einmal heiraten möchte. (Backcover)
Hier handelt es sich um einen Klassiker der politischen Dokumentation, und daraus resultierend um eines DER Skandalwerke der 70er-Jahre. Ohne etwas zu beschönigen, werden die damals (und heute!) aktuellen Probleme in bundesdeutschen Krankenhäusern angesprochen: Sowohl bei den Ärzten als auch bei den Pflegerinnen ist jede 3. Planstelle unbesetzt, das vorhandene Personal schiebt dadurch massiv Überstunden vor sich her. Entsprechend sind gerade bei Arztgattinen und Ehemänner der Schwestern eine erhöhte Selbstmordrate und eine höhere Gefahr von Alkoholismus festzustellen. Krankenzimmer sind überbelegt, und müssen dann dennoch für lukrative Privatpatienten des Chefarztes geräumt werden. Die Lernschwestern leben kaserniert unter unwürdigen Umständen, weil sie sich von der mickrigen Vergütung nichts anderes leisten können und werden dabei noch bei Telefonaten vom Pförtner abgehört, während sich der Chefarzt als Halbgott fühlt. Kritische Krankenschwestern werden mit fadenscheinigen Begründungen entlassen.
Kein Wunder also, dass die Macher dieser Dokumentation versuchten, diese Mißstände aufzuzeigen, und dabei auch positives feststellten. Straßenumfragen zeigen, dass die Bürger Krankenschwestern für eine besonders idealistische Berufsgruppe halten, die in der Bevölkerung ein hohes Ansehen genießt. Auch ist positiv zu sehen, dass gerade die besonders belasteten Berufsgruppen, nämlich die Assistenzärzte und die Schwestern, sich gegenseitig solidarisieren und sich intensiv gegenseitig umeinander kümmern.
Gerade dies stieß den Klinikkonzernen und der Politik sauer auf. Der damalige bayerische Ministerpräsident Goppel forderte, den Film zurückzuziehen. Klinikleitungen organisierten tausende (!) von Strafanzeigen, selbst die Gewerkschaft protestierte gegen den Film. Kam der Film zunächst mit gerichtlichen Schnitten von knapp 90 Sekunden davon, scheint es danach noch weitere Maßnahmen gegeben zu haben, die bis heute geheim gehalten werden. Als Jahre später eine Videoveröffentlichung erschien, fehlte immerhin ein Viertel des Films! (http://www.ofdb.de/view.php?page=text&f ... rid=545659)
Erst seit einigen Jahren ist die Doku wieder in ihrer (vermutlich) vollständigen Form wieder verfügbar, ist aber immer noch für Jugendliche nicht freigegeben. Übermäßig verwunderlich ist das nicht, denn auch über 40 Jahre später sind die Probleme weiterhin vorhanden, ja, vermutlich schlimmer als vorher! Eine Wahrheit, die man Minderjährigen nicht zumuten kann. Unterdesssen schreitet die Konzentration im Gesundheitswesen zu privaten Krankenhauskonzernen immer weiter voran, die immer mehr unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten geführt werden, während die ärztliche Berufsethik auf der Strecke bleibt. In Hamburg z.B. wurde vor Jahren der Landesbetrieb Krankenhäuser unter Mißachtung eines Volksentscheides (!) zu 74,9% an den Asklepios-Konzern verkloppt.
Nie war der Krankenschwestern-Report so wertvoll wie in Zeiten wie diesen.
„Krankenschwester. Einer der notwendigsten Berufe überhaupt, einer der menschlichsten. Wir haben schonungslos seine Probleme aufgezeigt denn wie viele andere möchten auch wir, dass dieser Beruf in unserer veränderten Welt endlich die Würdigung erhält, die er verdient.“