DER SCHWEIGENDE STERN / RAUMSCHIFF VENUS ANTWORTET NICHT (1960)
mit Yoko Tani, Oldrich Lukes, Michail N. Postnikow, Ignacy Machowski, Kurt Rackelmann,
Julius Ongewe, Günther Simon, Tang Hua-Ta, Lucina Wannicka, Ruth-Maria Kubitschek, u.a.
eine Gemeinschaftsproduktion der DEFA | Film Polski | im Verleih der Constantin
nach dem Roman "Planet des Todes" von Stanislaw Lem
ein Film von Kurt Maetzig
»Ist das nicht wieder so ein Untertassen-Märchen?«
Im Jahre 1908 wurde in der Wüste Gobi eine seltsame Spule entdeckt, deren Inhalt erst Jahrzehnte später als Nachricht entschlüsselt werden konnte. Nun, bereits im Jahr 1970 angekommen, soll ein bemanntes Raumschiff den Planeten erforschen, von dem die mysteriöse Nachricht stammt. Die japanische Ärztin Sumiko (Yoko Tani) unternimmt mit einer internationalen Besatzung von sieben weiteren Wissenschaftlern eine Expedition durch die Galaxie, um den Zielplaneten Venus zu erforschen. Wird man dort Leben finden? Auf dem beschwerlichen Flug dechiffriert der amerikanische Atomphysiker Hawling (Oldrich Lukes) die gespeicherte Nachricht, und man muss mit Entsetzen feststellen, dass es sich um eine unmissverständliche Kriegserklärung gegen die Erde handelt. Was die Expedition schließlich auf der Venus vorfindet, übersteigt die Vorstellungskraft der Raumschiff-Besatzung. Werden Sumiko und ihre Kollegen die Erde jemals wieder sehen..?
Kurt Maetzigs Science-Fiction-Beitrag stellte auch für mich gewissermaßen eine Expedition ins Ungewisse dar. Mit dem Produktionsjahr 1960, und vor allem der Beteiligung der Produktionsländer, erschien es eigentlich vollkommen ausgeschlossen, dass es sich um eine halbwegs überzeugende Inszenierung handeln könnte, und mir schwebte irgend etwas in Richtung der unfreiwillig komischen, wenn auch recht unterhaltsamen "Raumpatrouille Orion" vor. Nach wenigen Minuten Spielzeit stellt sich allerdings heraus, dass die Inszenierung gerade eben für Anfang 60er Verhältnisse erstaunlich aufwendig wirkt, und auch die Ausstattung erscheint alles andere als spartanisch oder plump zu sein, so dass man für das Produktionsjahr von einem kleinen Überraschungscoup sprechen darf, auf den man sich problemlos einlassen kann. Auf der Reise zur Venus glaubt man dann schließlich Untertöne mit fadem Beigeschmack aufspüren zu können, da potentielles Leben im All unbedingt als feindselig charakterisiert wird, was sich im Verlauf jedoch als Schlüssel für die tiefsinnige Intention dieser Geschichte herausstellen wird.
Das Leitmotiv der unermesslichen Gefahr durch nukleare Zerstörung wirkt ihrer Zeit voraus und weitsichtig, außerdem rechtfertigen die subtilen Elemente der Abhandlung mehrere Hinweise auf den Kernwaffeneinsatz in Hiroshima und eine damit verbundene, ernüchternde Geschichte für die Nebenhandlung, was glaubhaft über die Projektionsfläche Yoko Tani geschieht. Interessant zu sehen ist, dass man für den imaginären Flug zur Venus lediglich zehn Jahre weiter dachte. Ob man damals, nach dem Landen des ersten unbemannten Flugkörpers auf dem Mond wirklich glaubte, dass die Forschung und die damit verbundenen Möglichkeiten derartig rapide Schritte erleben würden? Jedenfalls ist Maetzigs Film damit ein charakteristisches Kind des Zeitgeistes geworden. Was im Rahmen der Geschichte wirklich überzeugend und denkwürdig zugleich erscheint ist, dass man selbst auf einem fremden Planeten mit massiven Ängsten konfrontiert wird, die ihren Ursprung auf der Erde haben, was im Klartext heißt, dass die Handlung gar nicht so wie vom anderen Stern wirkt, wie zunächst angenommen.
Darstellerisch bekommt man Angenehmes geboten, vor allem die zierliche Yoko Tani weiß zu überzeugen. Die Tricks und die Ideen sind für damalige Verhältnisse ansprechend umgesetzt worden, wobei man natürlich fast immer die liebevoll arrangierten Spielzeuglandschaften als solche erkennen kann. Aber das Alles wirkt schon irgendwie charmant und hat für meine Begriffe nichts mit Trash zu tun. Die wissenschaftlichen Erklärungen klingen glaubhaft, die scharfkantige Musik erzeugt immer wieder Spannung und man verspürt keine signifikanten Aussetzer. Insgesamt sieht man mit "Der schweigende Stern" einen global denkenden Film der nicht nur ausschließlich an Unterhaltungsleistung interessiert ist, und die latente Gefahr nicht primär irgendwo im Universum lauern sieht, sondern diese vor allem auf der Erde lokalisiert. Ein gelungener Überraschungsbeitrag!