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Darsteller(innen): Ulli Philipp, Matthias Habich, Katja Riemann, Heino Ferch, Suzanne von Borsody, Mathias Gnädinger, Peter Ehrlich, Francis Fulton-Smith, Douglas Hudgins, Julia Brendler, David Ramsey, Fabian Busch, András Bálint, Jan Biczycki, Thomas Fabian, Elsa Grube-Deister, Juliane Kosarev u. A.
Mai 1945. Die Befreiung durch die Amerikaner bedeutet für Anna und ihre Tochter der Beginn eines neuen Lebens. Nazi Sternke hingegen läßt sich freiwillig in ein Internierungslager einweisen …
Tom Toelle, der die Nachkriegszeit aus eigener Erinnerung kennt, inszenierte diesen aufwändigen, dreiteiligen TV-Film mit Katja Riemann.
(Text: Prisma Online)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Der deutsche Fernsehfilmspezialist Tom Toelle („Das Millionenspiel“, „Der Trinker“) drehte Mitte der 1990er-Jahre den rund 290-minütigen Dreiteiler „Deutschlandlied“ fürs ZDF, ein Wiederaufbau-Drama, das, in der fiktionalen deutschen Kleinstadt Königsbruck (nicht zu verwechseln mit dem sächsischen Königsbrück) spielend, mit der Befreiung durch die Alliierten im Jahre 1945 einsetzt. Die drei Teile wurden im Jahre 1995 erstausgestrahlt.
„Deutschland braucht Möbel!“
Im Mai 1945 ist endlich Schluss mit Weltkrieg und Naziterror: Die US-Armee übernimmt die Kleinstadt Königsbruck, in der Anna Mahlmann (Ulli Philipp, „Monaco Franze – Der ewige Stenz“) auf die Rückkehr ihres Mannes hofft und ihre minderjährige Tochter Betty (Julia Brendler, „Nur über meine Leiche“) erzieht. Der schwarze GI George (David Ramsey, „Der Voodoo-Fluch“) hatte Anna das Leben gerettet, als sie während der letzten Kriegszuckungen zwischen die Fronten geraten war, und freundet sich mit ihr an. Der Sozialist Schuhbeck (Matthias Habich, „Jenseits der Stille“), den Anna während des Kriegs heimlich bei sich aufgenommen und versteckt hatte, wird kurzerhand als neuer Bürgermeister installiert. Der ehemalige Kreisleiter, Nazi Sternke (Mathias Gnädiger, „Der Untergang“), hingegen hält an den NS-Dogmen fest und wird verhaftet. Sternkes Sohn Paul (Fabian Busch, „Geisterstunde – Fahrstuhl ins Jenseits“) hält sich und die Familie derweil – wie so viele – mit Schwarzmarktgeschäften über Wasser. Lisa (Katja Riemann, „Der bewegte Mann“) wartet etwas weniger sehnsüchtig auf die Rückkehr ihres Mannes, denn sie geht eine Affäre mit ihrem Schwager Hanno (Heino Ferch, „Der Unhold“) ein und lässt sich sogar von ihm schwängern. Betty bekommt zunehmend Frühlingsgefühle für GI George, Neubürgermeister Schuhbeck hingegen das eine oder andere Problem und so hilfsbereit und freundlich viele US-Soldaten auch sein mögen – dies trifft nicht auf alle zu, was insbesondere George und Betty zu spüren bekommen…
„Du tust gerade so, als ob die Neger Juden wären!“
Diese und weitere sich überschneidende Geschichten aus dem frischen Nachkriegs-Königsbruck erzählt Toelle in seinem Dreiteiler, den er mit der Einführung der wohl sympathischsten Figur des Ensembles eröffnet: Anna gerät mit ihrem Fahrrad gegen Kriegsende in eine Brückensprengung, was sie nur knapp überlebt, dies aber lakonisch kommentiert. Anna ist, sofern es hier so etwas gibt, der Mittelpunkt der Handlung und klasse von Ulli Philipp gespielt, die ihre Rolle dezent komödiantisch anlegt. Während die US-Amerikaner anrücken, wird in der feinen führertreuen Familie des deutschen Soldaten, der gerade die Brücke in die Luft gejagt hat, Klavier gespielt und sich gefürchtet. Auf Kampfszenen und Zerstörung hin bilden sich mehrere parallel verlaufende Handlungsstränge heraus, wodurch „Deutschlandlied“ zunächst ziemlich unfokussiert und, nach eingetretenem Gewöhnungseffekt, eher soapig denn authentisch-dramatisch wirkt.
„Wenn uns nicht bleibt, so bleibt uns die Ehre!“
„Deutschlandlied“ dekliniert die typischen Themen jener Etappe anhand von Einzelschicksalen durch: Frauen in Verantwortung, weil die Männer gefangen, tot oder auf einem elendig langen Rückweg sind; eine sich schnell mit den Besatzern anfreundende Bevölkerung; reger Tauschhandel und florierender Schwarzmarkt; wirtschaftliche Aufbruchsstimmung besonders Geschäftstüchtiger; stockende bzw. ausgebliebene Entnazifizierung; schwarze Soldaten und Rassismus; Liebeleien zwischen Amis und Fräuleins… Das ist nicht frei von Klischees und visuell auf etwas zu ansehnlich getrimmt, die Gräuel des Kriegs bekommt man hier kaum vermittelt – es soll schließlich familientauglich bleiben. Durch diese für eine TV-Produktion verständliche, von mir jedoch nicht favorisierte Herangehensweise an einen Stoff wie diesen kriegt mich die Handlung lange Zeit nicht so recht an den Haken; das Dranbleiben lohnt sich aber für die zweite Hälfte, in der die Handlung mit der „heilen kaputten Welt“ bricht, Klischees aufbricht und in ein leider etwas arg melodramatisches Finale mündet.
Als gesellschaftliche Momentaufnahme und Sittenbild der porträtierten Zeit dürfte „Deutschlandlied“ meiner Kritik zum Trotz dennoch mit Abstrichen funktionieren, wenn auch unter anderem deshalb, weil Toelle und sein Autorenteam die großen politischen Themen konsequent aussparen (damit aber auch nicht Gefahr laufen, sich an ihnen zu verheben). Kleinstadtgeschichten, kleinstädtisch erzählt eben.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)