● DIE NYLONSCHLINGE (D|1963)
mit Dietmar Schönherr, Helga Sommerfeld, Ernst Schröder, Ady Berber, Laya Raki, Gustav Knuth, Kurt Beck und Denis Seiler
eine Produktion der Monachia Folmproduktion | Urania Film | im Europa Filmring
ein Film von Rudolf Zehetgruber
»Bei mir hat der Erpresser kein Glück ich bin nämlich Schotte!«
In einem Londoner Nachtclub geschieht ein Verbrechen. Während einer Striptease-Nummer wird ein Gast hinterrücks mit einer Nylonschlinge ermordet. Es stellt sich heraus, dass es sich bei dem Opfer um einen Polizisten gehandelt hat. Inspektor Harvey (Dietmar Schönherr) von Scotland-Yard steht nun vor der schwierigen Aufgabe diesen mysteriösen Fall zu lösen, doch die Hintergründe und das Motiv liegen bislang im Dunkeln. Mit seinem Assistenten Masters (Denis Seiler) begibt er sich auf die Suche nach dem Phantom mit der Nylonschlinge und stößt auf eine Gruppe von Herrschaften, die offenbar vom gleichen Täter erpresst werden, und wer nicht zahlt muss sterben. Als der Mörder Inspektor Harvey bei dessen Ermittlungen attackiert, wird ihm klar, dass er auf der richtigen Spur ist. Doch die Zeit drängt, denn das Phantom schlägt erneut zu...
Auf diesen Beitrag von 1963 war ich ziemlich gespannt, allerdings hielten sich Vorfreude und Skepsis eher die Waage. Vorfreude deswegen, weil ich diesen Film noch nicht gesehen hatte und weil ich mir eine deutliche Wallace-Anlehnung erhofft hatte, und ein bisschen Skepsis rief die Tatsache vor, dass Rudolf Zehetgruber am Werk gewesen ist, den ich als eher durchschnittlichen Vertreter seines Fachs kennengelernt habe. Der Einstieg in den Film verläuft sehr angenehm, da eine sehr ansprechende Atmosphäre aufkommt, die glücklicherweise über die gesamte Spielzeit immer wieder recht eingängig auftauchen wird. Nette Schauplätze und viele klassische Stilmittel sowie ein mysteriöses Phantom mit einer doch sehr perfiden Mordwaffe appellieren an die Aufmerksamkeit und das Interesse des Zuschauers, auch die vielen bekannten Gesichter des gängigen Kriminalfilms sorgen für einen hohen Wiedererkennungswert. Mit fortlaufender Zeit stellt sich dann jedoch die Frage, worum es bei dieser Geschichte eigentlich so richtig geht und man fühlt sich von Regie und Drehbuch des Öfteren richtiggehend alleine gelassen.
Um es ganz deutlich zu sagen, die Geschichte ist im Großen und Ganzen ziemlich verworren, der Kriminalfall ist leider nur durchschnittlich. Vielleicht sollte man die Produktion erst gar nicht so vielen kritischen Vergleichen mit der Konkurrenz aussetzen, denn unterhaltsam ist "Die Nylonschlinge" ganz bestimmt, wie das auch bei fast allen anderen Beiträgen dieses Genres der Fall ist, aber ein eigenständiger oder gar revolutionärer Coup ist hier keinesfalls gelandet worden. Vieles wirkt tatsächlich kopiert und eher zweitklassig, da helfen ein paar neue Ideen oder etliche spannende Sequenzen mit Tiefenatmosphäre auch nicht wirklich weiter. Gewagt und eigenartig zugleich wirken die Strip-Nummern von Laya Raki, die es im kompletten Film in gleich dreifach geben wird, und somit wirkt die Szenerie doch arg gestreckt. Die Besetzung sorgt in großen Teilen für Wiedersehensfreude, wobei man im Rahmen der kleineren Rollen wohl ordentlich gespart hat.
Dietmar Schönherr als Hüter des Gesetzes halte ich ja generell für eine deutliche Fehlbesetzung, womit ich dem ambitionierten Darsteller vielleicht sogar Unrecht tue. Doch es waren vor allem seine alternativen Rollen, die mehr Glaubwürdigkeit garantierten und bei mir persönlich eher für Zustimmung sorgten als diese, hier ziemlich undifferenziert und spröde wirkende Interpretation eines Inspektors ohne Wiedererkennungswert. Helga Sommerfeld, eine der besten Damen aus dem Bereich der zweiten Garnitur, punktet vor allem durch ihre aparte Erscheinung und ihrer immer wieder erstaunlichen Wandlungsfähigkeit. Das Ganze versieht sie wie üblich mit einem Hauch zu erahnender Erotik und neben ihr sieht selbst Laya Raki ziemlich unscheinbar aus. Wiedersehen macht vor allem immer mit Ernst Schröder und Gustav Knuth Freude, wobei deren Rollen eigentlich etwas nebulös im Gesamtgeschehen wirken. Ady Berber spielt einmal mehr die Rolle seines Lebens als bedrohlich wirkender Unheimlicher und Denis Seiler als Assistent von Inspektor Harvey (übrigens in seinem ersten und letzten Film) stellt für den Verlauf nicht unbedingt eine Bereicherung dar, weil er immer mal wieder gerne nervt.
Gut, die meisten Darsteller geben also ihr Bestes und stemmen sich mit aller Gewalt, teils auch Erfolg gegen schwächere Passagen des Films, doch der Verlauf hat insgesamt ein schwerwiegendes Problem. Die Haupthandlung um Erpressung und Mord wird nicht ausreichend erklärt oder transparent geschildert, so dass sie hauptsächlich uninteressant wirkt. Als dann plötzlich noch eine krude Nebenhandlung im Geschehen auftaucht, die vollkommen aus der Kohärenz fällt, weiß man als Zuschauer dass es keine weiteren Offenbarungen geben wird. Glücklicherweise kann die handwerkliche Inszenierung zum Ende hin noch für mehrere gute Momente sorgen und auch die Spannung kommt nicht zu kurz. Musikalisch erlebt man ein Wechselbad der Qualität. Das Titelthema ist altmodisch und kaum eingängig, wo hingegen man beispielsweise in den Mordszenen wieder forcierende Klänge vernehmen darf. Insgesamt gesehen, bekommt man mit "Die Nylonschlinge" dann doch einen recht typischen Zehetgruber-Beitrag serviert, der wie gesagt zwar seine Momente besitzt (besonders zum Ende hin), dem aber viele Ungereimtheiten, der Leerlauf im Mittelteil, oder beispielsweise die schwache Ausleuchtung und die schlechte Akustik schon schwer zusetzen. Durchschnittlich, wenn auch weitgehend unterhaltsam.