Die Präsenz - Daniele Grieco (2014)
Moderator: jogiwan
Die Präsenz - Daniele Grieco (2014)
Die Präsenz
Originaltitel: Die Präsenz
Herstellungsland: Deutschland / 2014
Regie: Daniele Grieco
Darsteller: Liv Lisa Fries, Matthias Dietrich, Henning Nöhren
Story:
Der Anthropologie-Student Markus beschäftigt sich in seinem Studium mit volkstümlichem Aberglauben und dem Poltergeist-Phänomen. Als sein Freund Lukas von einer entlegenen Burg hört, in der es spuken soll, will Markus die Chance nutzen, etwas Paranormales aufzuzeichnen – sie beschließen, eine Woche der bevorstehenden Ferien dort zu verbringen. Seine Freundin Rebecca wird erst eingeweiht, als die drei schon auf dem Weg sind. Die Studenten verschaffen sich unbefugt Zugang zu der düsteren Wasserburg und richten sich für die Nacht ein. Was am Anfang noch ein Spaß zu sein scheint, wird jedoch bald blutiger Ernst: Etwas Dämonisches scheint auf der Burg umzugehen, und die Ereignisse geraten außer Kontrolle. (quelle: Cover)
Originaltitel: Die Präsenz
Herstellungsland: Deutschland / 2014
Regie: Daniele Grieco
Darsteller: Liv Lisa Fries, Matthias Dietrich, Henning Nöhren
Story:
Der Anthropologie-Student Markus beschäftigt sich in seinem Studium mit volkstümlichem Aberglauben und dem Poltergeist-Phänomen. Als sein Freund Lukas von einer entlegenen Burg hört, in der es spuken soll, will Markus die Chance nutzen, etwas Paranormales aufzuzeichnen – sie beschließen, eine Woche der bevorstehenden Ferien dort zu verbringen. Seine Freundin Rebecca wird erst eingeweiht, als die drei schon auf dem Weg sind. Die Studenten verschaffen sich unbefugt Zugang zu der düsteren Wasserburg und richten sich für die Nacht ein. Was am Anfang noch ein Spaß zu sein scheint, wird jedoch bald blutiger Ernst: Etwas Dämonisches scheint auf der Burg umzugehen, und die Ereignisse geraten außer Kontrolle. (quelle: Cover)
it´s fun to stay at the YMCA!!!
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Re: Die Präsenz - Daniele Grieco (2014)
Deutscher Horrorfilm im Found-Footage-Stil, der sich sehr unverhohlen an „Blair Witch Project“ und „Paranormal Activity“ orientiert und so etwas wie Innovation oder Eigenständigkeit leider gänzlich vermissen lässt. Wie gerne würde man „Die Präsenz“ als deutsche Genre-Produktion und "Found-Footage"-Fan gut finden, aber das kostengünstig entstandene Werk besteht dann auch nur aus sogenannten „Jump-Scares“, was sich bei der Sichtung zunehmend als sehr nervig präsentiert und statt Spannung oder Atmosphäre zu erzeugen, wird der Zuschauer im Minutentakt (!) mit irgendwelchen Taschenspielertricks erschreckt. In „Die Präsenz“ darf man ja hauptsächlich Menschen im Schlaf beobachten und zwischendurch gibt es ein paar wilde Poltergeist-Phänomene in einer verlassenen und vorbelasteten Burg, die aber die jungen Leutchen aber nicht sonderlich in ihrer Nachtruhe zu stören scheinen. Die ganze Sache ist sonst auch eher harmlos, unglaubwürdig und bemüht und die FSK hat den Streifen auch mit 16 freigegeben, während die Blu-Ray-Disc und DVD mit 18er-Logo und scheinbar verkaufsfördernden „Uncut“-Stempel vertrieben wird. Alles in allem in der Trip ins Grauen leider ein ziemlich lahmes, gehaltloses und durchschaubares Vergnügen für Leutchen, die sich gerne inflationär erschrecken lassen – ich hingegen war froh, als der ganze Spuk mit seinem zu erwartenden Schluss dann endlich zu Ende war.
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Re: Die Präsenz - Daniele Grieco (2014)
Hui, den hatten wir mal für den "Cinema Obscure"-Tag im Kommnalkino und dann auch für Weird Xperience ins Auge gefasst. Scheinbar ganz gut so, dass daraus nichts geworden ist.
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- Salvatore Baccaro
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Re: Die Präsenz - Daniele Grieco (2014)
Es gibt einige Dinge, die ich nicht verstehe. Zum Beispiel, dass bestimmte Menschen, die beim Autofahren plötzlich mit einer roten Ampel konfrontiert werden, automatisch zu fluchen anfangen. Sicher, das ist dann selten eine bewusste Entscheidung, und keiner wird denken: wenn ich ihr jetzt einen richtig schlimmen Fluch entgegenschleudere, dann wird die Ampel schon gleich wieder grün werden. Was ich aber nicht verstehe, ist genau das. Die Ampel wird doch, es sei denn natürlich, sie ist defekt, sowieso wieder umschalten. Das Rot ist kein Dauerzustand. Es ist nicht so wie ein gebrochenes Bein, das man ein paar Monate mit sich herumschleppen muss, oder eine erloschene Liebe, die einem ein ganzes Leben vergällen kann. Jeder Autofahrer weiß: in spätestens einer Minute, und allerallerspätestens zweien, kann ich weiterfahren. Wenn ich in ein Auto steige und am Straßenverkehr teilnehme, unterschreibe ich gewissermaßen einen Regelkatalog. Ich setze die Straßenschilder und Zebrastreifen und Ampeln als Autoritäten über meinen eigenen Willen. Zumindest im Idealfall und wenn ich meinen Führerschein nicht aufs Spiel setzen möchte. Zu diesem Regelkatalog gehört aber eben auch, anzuhalten, wenn eine Ampel rot wird. Das ist eine simple, klare Anweisung, die jedes Kind weiß. Seltsamerweise scheinen Fußgänger damit lockerer umgehen zu können. Ich habe schon viele Autofahrer gegen rote Ampeln wettern hören, aber wirklich noch nie einen Fußgänger.
Dabei sind die Fußgänger in dieser Sache eigentlich sogar die Benachteiligten. Ich bin mir sicher: würde man eine Studie anstellen, wie viel Zeit ein Auto in einer normalen deutschen Großstadt hat, um über Grün zu kommen, und wie viel Zeit einem Passanten für das gleiche Unterfangen bleibt, würden letztere definitiv schlechter abschneiden. Bei vielen Fußgängerampeln ist es offenbar der Regelfall, dass man es nicht mal bei Grün auf die gegenüberliegende Seite der Straße schafft, wenn man sofort losgeht, sobald die Ampel umgeschlagen hat. Jemand, der einfach nur schlendern möchte, wird wahrscheinlich schon auf halber Strecke vom Rot überrascht. Es ist doch ein herzerbarmendes Bild, wenn eine ältere Frau nicht mal die Chance hat, mit ihren Trippelschritten in der von der Ampel gegebenen Zeit eine Straße zu überqueren. Wenn die Rotphasen indes genauso kurz wären wie die grünen, könnte man ja immerhin noch von einer gewissen Harmonie sprechen. Dem ist aber nicht so. Fußgänger haben wesentlich länger Rot als Grün, während Autofahrer, schätze ich, ungefähr der gleiche rote und grüne Anteil bei ihren Ampeln beschieden ist. Besser könnte man mir eigentlich nicht unter die Nase reiben, dass die Technik in der heutigen Gesellschaft offenbar mehr Zuwendung erfährt als der Mensch, der diese ursprünglich einmal hervorgebracht hat. Manchmal stimmt es mich nachdenklich, an einer roten Ampel zu stehen und dem Strom an Fahrzeugen zuzuschauen. Glücklich wirken die Menschen in ihren Käfigen mit Rädern nicht auf mich. Oft kommen sie mir ziemlich traurig vor, fast so traurig wie die Ampeln, die wahrscheinlich nachts erleichtert aufatmen, wenn sie endlich mal ausbrechen können aus dem ewigen Wechsel von Rot zu Orange zu Grün und wieder zurück, weil man sie ausknipst. Ich hatte mir angewöhnt, Straßen ein Stück entfernt von Ampeln zu überqueren, dort, wo ich nicht sehen kann, ob sie gerade grün oder rot sind. Dann muss ich auf mich selbst vertrauen, auf meinen Instinkt, auf meine Vernunft. Dann bin ich der Ampel überlegen. Es kann sein, dass die ampeltreuen Passanten noch rot haben, und ich schon längst unversehrt über die Fahrbahn gehuscht bin, eben weil, was die Ampel nicht weiß, gerade kein Auto in Sicht ist, weder links noch rechts.
Dieser Sieg der Technik über den Menschen ist ein so weites Feld, dass ich selten Lust habe, mich in ihm zu verlaufen. Aber manchmal, so wie jetzt, überkommt es mich dann doch, meine Meinung herauszuposaunen, selbst wenn sie niemand hören will. Schuld daran ist ein gewisser Grieco – Daniele, nicht Sergio – bzw. dessen Film DIE PRÄSENZ von 2014, den ich mir in einem Anflug von Leichtsinn oder Sadomasochismus gestern von der ersten bis zur letzten Sekunde angeschaut habe. Die Handlung lässt sich in einem Satz fassen, der weder besonders lang noch besonders schön ist: Drei junge Leute, zwei Herren und eine Dame, die mit einem der Herren liiert ist, ziehen für ein paar Tage in eine Spukburg – d.h. sie nisten sich dort widerrechtlich ein -, und versuchen, dem Geistertreiben mittels moderner Kameratechnik auf die Schliche zu kommen, worauf sie dann am Ende alle tot sind. Gefilmt ist diese hochinnovative Geschichte in der inzwischen wohl allmählich zum Mainstream hinfließenden found-footage-Optik, sprich: den gesamten Mummenschanz bekommen wir ausschließlich aus verwackelter Handkamerasicht zu sehen – oder eben nicht, denn verwackelte Handkamerabilder haben die Eigenschaft, dass man selten genau erkennen kann, was denn nun eigentlich auf ihnen zu sehen sein soll. Um unsere Helden zu irritieren, sind die üblichen Geisterbahntricks notwendig: Türen öffnen und schließen sich von unsichtbarer Hand, Lichter flackern, seltsame Geräusche toben auf dem Dachstuhl. Irgendwo kann man bestimmt lesen – vor allem in Pressenotizen, die zum Kauf des Films anregen sollen, und denen dabei jedes Mittel der Realitätsverleugnung recht ist -, DIE PRÄSENZ sei die deutsche Antwort auf THE BLAIR WITCH PROJECT oder PARANORMAL ACTIVITY. Mal abgesehen davon, dass THE BLAIR WITCH PROJECT gar keine Frage gestellt hat, die einer Antwort bedarf – es ist einfach nur ein seinerzeit recht innovativer, kreativer Versuch, aus einem Minimum an Mitteln ein Maximum an (kommerziellem) Erfolg zu schlagen -, muss man den Herren Myrick und Sánchez immerhin zugestehen, dass sie geschickt unter Einbeziehung des Internets und mittels des Konstruierens einer ausgiebigen Hintergrundlegende ihrem minimal-budgierten Hexenhorror zu einer Ebene verholfen haben, die weit über die bloße Bilderfolge des eigentlichen Films hinausreicht und BLAIT WITCH zu einem multimedialen Projekt machte. Dass man so etwas nicht endlos wiederholen kann, scheinen Regisseure wie Daniele Grieco oder Marcel Walz mit seiner unsäglichen RAW-Reihe genauso wenig zu begreifen wie ich es begreife, was junge, aufstrebende Regisseure dazu bewegt, ihre Zeit mit solchem Schwachsinn zu verschleudern.
DIE PRÄSENZ ist ein Film, den im Prinzip jeder hätte drehen können. Sollte Kunst tatsächlich noch von Können kommen, hat DIE PRÄSENZ sich als Kunstwerk disqualifiziert. Man nehme drei unbegabte Laiendarsteller, drücke ihnen eine Kamera in die zitternden Hände und schicke sie in eine sogenannte Spukburg. Außer Herumschreien, wildes Umherlaufen, ängstliches Flüstern ist in den nächsten eineinhalb Stunden nichts von einem Film zu erwarten, der selbst seinen Zuschauern mit den allerniedrigsten Ansprüchen einen Korb verfaultes Gemüse über den Kopf schüttet. DIE PRÄSENZ ist wie eine weiße Wand, die ich anstarre. Dieser Film trägt nichts in sich, was es wert wäre, Worte darüber zu verlieren. Er ist inhaltsleer, und kaschiert diese Leere nicht einmal, sondern macht sie durch seine selbstgewählte Anti-Ästhetik nur noch offensichtlicher. Dabei bin ich der Letzte, der gegen Filme wettern würde, denen man ansieht, dass die Verantwortlichen sich die Produktionskosten offenbar vom Hungerlohn abgespart haben. Meiner Meinung nach sollte ein limitiertes Budget jedoch die Kreativität eher anstacheln statt sie vollends über den Haufen zu werfen. Die Filmgeschichte ist voller Beispiele von Regisseuren, die das Fehlen von Unsummen nutzten, um ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Sadie Benning hat ihr beeindruckendes Coming-Out-Drama JOLLIES mit einem Spielzeug (!) als Kamera gedreht. Dass ihm Geld an allen Ecken und Enden fehlte, hat nicht verhindert, dass Alberto Cavallone mit BLUE MOVIE dem subversiven Kino eins seiner Meisterwerke schenkte. Ein Blick in die Frühzeit des Films zeigt uns Pioniere wie Méliès, dem für seine Phantasiestücke eine Studiokulisse, eine Kiste voller Requisiten und Kostüme und eine statische Kamera zur Verfügung reichten. Es muss also nicht zwangsläufig heißen: wir haben nur Hartgeld in den Taschen, dann wird der Film eben beschissen. Im Gegenteil beweisen ernstzunehmende Künstler wie Benning, Cavallone und Méliès, dass es eher heißen sollte: wir brauchen uns um Geld keine Gedanken machen, denn wir haben keins, also wird der Film großartig. Die Frage dann ist aber: bin ich überhaupt gewillt, kreativ zu sein und mich für einen Film gleichsam aufzuopfern? Im Falle von Regisseuren wie Walz und Grieco schreit die größte rote Ampel aller Zeiten in meinem Kopf ihr „Nein!“. DIE PRÄSENZ wirkt wie ein Film, der selbst seinem Schöpfer sowas von egal ist. Er wirkt wie ein lieblos hingeklatschtes Produkt, von dem sein Schöpfer schon sicher ist: irgendwen wird für den Müll sein Erspartes ausgeben, wir müssen ihn nur richtig vermarkten. Das wäre dann ein weiteres Symptom unserer Zeit. Ich nenne es gerne die Prostitution der Kreativität. Man braucht sich nur umzuzuschauen: die Energie ist vorhanden, keine Frage, nur wird sie von den Menschen in Dinge investiert, die sie eigentlich überhaupt nicht benötigen. DIE PRÄSENZ gehört zu diesen Dingen. Ich bin mir hundertprozentig sicher: auf der Welt wird man keinen Menschen finden, der mir ehrlich ins Gesicht sagen kann, dass sein Leben durch DIE PRÄSENZ in irgendeiner Form bereichert worden ist. DIE PRÄSENZ kann nicht mal die Langeweile an einem verregneten Sonntagnachmittag vertreiben, da es sich bei ihr um die filmgewordene Langeweile handelt.
Was ich trotzdem nicht verstehe, ist, wie niedrig die Eigenansprüche eines Menschen sein können, der die Möglichkeit hat, einen Film zu drehen. Na gut, bei DIE PRÄSENZ mag man von mir aus argumentieren, dass hinter dem Film ein Konzept steht, und dass dieses eben bedeutet, ausschließlich mit Handkameras und Laien zu drehen, um einen pseudo-realistischen, doku-mentarischen Eindruck zu erwecken. Selbst dann müssen aber die Ansprüche von Herrn Grieco derart unterhalb des Kartoffel-kellers liegen, dass er scheinbar überhaupt keine Anstalten macht, aus diesem Konzept zumindest herauszuholen, was es her-auszuholen gibt. Um einmal ein positives Beispiel zu nennen: Der US-amerikanische Thriller CYBERNATURAL, ebenfalls von 2014, spielt in Echtzeit während einer skype-Session von vier Highschool-Freunden und –Freundinnen. Die Kamera filmt starr und steif den Laptopbildschirm unserer Heldin, während wir sie und die übrigen Darsteller lediglich als kleine Gesichtsfenster-chen am unteren Bildrand sehen können. Obwohl die eigentliche Handlung, die sich um den rachsüchtigen Geist einer von der Viererbande mittels Cyber-Mobbing in den Suizid Getriebenen rankt, der unsere Unsympathen während besagter skype-Session nach und nach ins Totenreich mitnimmt, höchstens einen Preis für die unkreativste Drehbuchleistung gewinnen dürfte, ist die Art und Weise wie Regisseur Levan Gabriadze es versteht, in die enggeschnürten inhaltlichen und ästhetischen Grenzen seines Werks hineinzutun, was möglich ist, ohne das Konzept zu torpedieren, stellenweise schon beeindruckend. Zumal CYBERNA-TURAL für mich, vor allem gegen Ende, als die Kids lieber weiter vor ihren Notebooks hängen statt zu fliehen, schon mehr wie eine Satire daherkommt, die dem ungesunden Internetverhalten unserer Zeitgenossen süffisantes Paroli bietet. Beispielweise sehen wir wie Blaire, unsere Heldin, eine Nachricht an ihren Freund tippt, sie dann aber doch wieder löscht, eine neue beginnt, diese auch löscht usw. Das ist nun keine psychologisch tiefschürfende Szene, doch immerhin vermittelt Gabriadze uns damit eine ungefähre Vorstellung davon, was sich in Blaires Innern abspielt, ohne aus der selbstgewählten Ästhetik ausbrechen zu müssen. Solche Feinheiten braucht man bei DIE PRÄSENZ gar nicht erst zu suchen. Die Welt, die Grieco bebildert, ist seelenlos wie die Maschine, die sie für uns aufzeichnet. Weiter kann man die Entzauberung wohl kaum führen. Oder um mit meiner Anfangsmetapher zu sprechen: Wäre DIE PRÄSENZ eine rote Ampel, würde ich mich vielleicht doch zum Fluchen überreden lassen.
Dabei sind die Fußgänger in dieser Sache eigentlich sogar die Benachteiligten. Ich bin mir sicher: würde man eine Studie anstellen, wie viel Zeit ein Auto in einer normalen deutschen Großstadt hat, um über Grün zu kommen, und wie viel Zeit einem Passanten für das gleiche Unterfangen bleibt, würden letztere definitiv schlechter abschneiden. Bei vielen Fußgängerampeln ist es offenbar der Regelfall, dass man es nicht mal bei Grün auf die gegenüberliegende Seite der Straße schafft, wenn man sofort losgeht, sobald die Ampel umgeschlagen hat. Jemand, der einfach nur schlendern möchte, wird wahrscheinlich schon auf halber Strecke vom Rot überrascht. Es ist doch ein herzerbarmendes Bild, wenn eine ältere Frau nicht mal die Chance hat, mit ihren Trippelschritten in der von der Ampel gegebenen Zeit eine Straße zu überqueren. Wenn die Rotphasen indes genauso kurz wären wie die grünen, könnte man ja immerhin noch von einer gewissen Harmonie sprechen. Dem ist aber nicht so. Fußgänger haben wesentlich länger Rot als Grün, während Autofahrer, schätze ich, ungefähr der gleiche rote und grüne Anteil bei ihren Ampeln beschieden ist. Besser könnte man mir eigentlich nicht unter die Nase reiben, dass die Technik in der heutigen Gesellschaft offenbar mehr Zuwendung erfährt als der Mensch, der diese ursprünglich einmal hervorgebracht hat. Manchmal stimmt es mich nachdenklich, an einer roten Ampel zu stehen und dem Strom an Fahrzeugen zuzuschauen. Glücklich wirken die Menschen in ihren Käfigen mit Rädern nicht auf mich. Oft kommen sie mir ziemlich traurig vor, fast so traurig wie die Ampeln, die wahrscheinlich nachts erleichtert aufatmen, wenn sie endlich mal ausbrechen können aus dem ewigen Wechsel von Rot zu Orange zu Grün und wieder zurück, weil man sie ausknipst. Ich hatte mir angewöhnt, Straßen ein Stück entfernt von Ampeln zu überqueren, dort, wo ich nicht sehen kann, ob sie gerade grün oder rot sind. Dann muss ich auf mich selbst vertrauen, auf meinen Instinkt, auf meine Vernunft. Dann bin ich der Ampel überlegen. Es kann sein, dass die ampeltreuen Passanten noch rot haben, und ich schon längst unversehrt über die Fahrbahn gehuscht bin, eben weil, was die Ampel nicht weiß, gerade kein Auto in Sicht ist, weder links noch rechts.
Dieser Sieg der Technik über den Menschen ist ein so weites Feld, dass ich selten Lust habe, mich in ihm zu verlaufen. Aber manchmal, so wie jetzt, überkommt es mich dann doch, meine Meinung herauszuposaunen, selbst wenn sie niemand hören will. Schuld daran ist ein gewisser Grieco – Daniele, nicht Sergio – bzw. dessen Film DIE PRÄSENZ von 2014, den ich mir in einem Anflug von Leichtsinn oder Sadomasochismus gestern von der ersten bis zur letzten Sekunde angeschaut habe. Die Handlung lässt sich in einem Satz fassen, der weder besonders lang noch besonders schön ist: Drei junge Leute, zwei Herren und eine Dame, die mit einem der Herren liiert ist, ziehen für ein paar Tage in eine Spukburg – d.h. sie nisten sich dort widerrechtlich ein -, und versuchen, dem Geistertreiben mittels moderner Kameratechnik auf die Schliche zu kommen, worauf sie dann am Ende alle tot sind. Gefilmt ist diese hochinnovative Geschichte in der inzwischen wohl allmählich zum Mainstream hinfließenden found-footage-Optik, sprich: den gesamten Mummenschanz bekommen wir ausschließlich aus verwackelter Handkamerasicht zu sehen – oder eben nicht, denn verwackelte Handkamerabilder haben die Eigenschaft, dass man selten genau erkennen kann, was denn nun eigentlich auf ihnen zu sehen sein soll. Um unsere Helden zu irritieren, sind die üblichen Geisterbahntricks notwendig: Türen öffnen und schließen sich von unsichtbarer Hand, Lichter flackern, seltsame Geräusche toben auf dem Dachstuhl. Irgendwo kann man bestimmt lesen – vor allem in Pressenotizen, die zum Kauf des Films anregen sollen, und denen dabei jedes Mittel der Realitätsverleugnung recht ist -, DIE PRÄSENZ sei die deutsche Antwort auf THE BLAIR WITCH PROJECT oder PARANORMAL ACTIVITY. Mal abgesehen davon, dass THE BLAIR WITCH PROJECT gar keine Frage gestellt hat, die einer Antwort bedarf – es ist einfach nur ein seinerzeit recht innovativer, kreativer Versuch, aus einem Minimum an Mitteln ein Maximum an (kommerziellem) Erfolg zu schlagen -, muss man den Herren Myrick und Sánchez immerhin zugestehen, dass sie geschickt unter Einbeziehung des Internets und mittels des Konstruierens einer ausgiebigen Hintergrundlegende ihrem minimal-budgierten Hexenhorror zu einer Ebene verholfen haben, die weit über die bloße Bilderfolge des eigentlichen Films hinausreicht und BLAIT WITCH zu einem multimedialen Projekt machte. Dass man so etwas nicht endlos wiederholen kann, scheinen Regisseure wie Daniele Grieco oder Marcel Walz mit seiner unsäglichen RAW-Reihe genauso wenig zu begreifen wie ich es begreife, was junge, aufstrebende Regisseure dazu bewegt, ihre Zeit mit solchem Schwachsinn zu verschleudern.
DIE PRÄSENZ ist ein Film, den im Prinzip jeder hätte drehen können. Sollte Kunst tatsächlich noch von Können kommen, hat DIE PRÄSENZ sich als Kunstwerk disqualifiziert. Man nehme drei unbegabte Laiendarsteller, drücke ihnen eine Kamera in die zitternden Hände und schicke sie in eine sogenannte Spukburg. Außer Herumschreien, wildes Umherlaufen, ängstliches Flüstern ist in den nächsten eineinhalb Stunden nichts von einem Film zu erwarten, der selbst seinen Zuschauern mit den allerniedrigsten Ansprüchen einen Korb verfaultes Gemüse über den Kopf schüttet. DIE PRÄSENZ ist wie eine weiße Wand, die ich anstarre. Dieser Film trägt nichts in sich, was es wert wäre, Worte darüber zu verlieren. Er ist inhaltsleer, und kaschiert diese Leere nicht einmal, sondern macht sie durch seine selbstgewählte Anti-Ästhetik nur noch offensichtlicher. Dabei bin ich der Letzte, der gegen Filme wettern würde, denen man ansieht, dass die Verantwortlichen sich die Produktionskosten offenbar vom Hungerlohn abgespart haben. Meiner Meinung nach sollte ein limitiertes Budget jedoch die Kreativität eher anstacheln statt sie vollends über den Haufen zu werfen. Die Filmgeschichte ist voller Beispiele von Regisseuren, die das Fehlen von Unsummen nutzten, um ihrer Phantasie freien Lauf zu lassen. Sadie Benning hat ihr beeindruckendes Coming-Out-Drama JOLLIES mit einem Spielzeug (!) als Kamera gedreht. Dass ihm Geld an allen Ecken und Enden fehlte, hat nicht verhindert, dass Alberto Cavallone mit BLUE MOVIE dem subversiven Kino eins seiner Meisterwerke schenkte. Ein Blick in die Frühzeit des Films zeigt uns Pioniere wie Méliès, dem für seine Phantasiestücke eine Studiokulisse, eine Kiste voller Requisiten und Kostüme und eine statische Kamera zur Verfügung reichten. Es muss also nicht zwangsläufig heißen: wir haben nur Hartgeld in den Taschen, dann wird der Film eben beschissen. Im Gegenteil beweisen ernstzunehmende Künstler wie Benning, Cavallone und Méliès, dass es eher heißen sollte: wir brauchen uns um Geld keine Gedanken machen, denn wir haben keins, also wird der Film großartig. Die Frage dann ist aber: bin ich überhaupt gewillt, kreativ zu sein und mich für einen Film gleichsam aufzuopfern? Im Falle von Regisseuren wie Walz und Grieco schreit die größte rote Ampel aller Zeiten in meinem Kopf ihr „Nein!“. DIE PRÄSENZ wirkt wie ein Film, der selbst seinem Schöpfer sowas von egal ist. Er wirkt wie ein lieblos hingeklatschtes Produkt, von dem sein Schöpfer schon sicher ist: irgendwen wird für den Müll sein Erspartes ausgeben, wir müssen ihn nur richtig vermarkten. Das wäre dann ein weiteres Symptom unserer Zeit. Ich nenne es gerne die Prostitution der Kreativität. Man braucht sich nur umzuzuschauen: die Energie ist vorhanden, keine Frage, nur wird sie von den Menschen in Dinge investiert, die sie eigentlich überhaupt nicht benötigen. DIE PRÄSENZ gehört zu diesen Dingen. Ich bin mir hundertprozentig sicher: auf der Welt wird man keinen Menschen finden, der mir ehrlich ins Gesicht sagen kann, dass sein Leben durch DIE PRÄSENZ in irgendeiner Form bereichert worden ist. DIE PRÄSENZ kann nicht mal die Langeweile an einem verregneten Sonntagnachmittag vertreiben, da es sich bei ihr um die filmgewordene Langeweile handelt.
Was ich trotzdem nicht verstehe, ist, wie niedrig die Eigenansprüche eines Menschen sein können, der die Möglichkeit hat, einen Film zu drehen. Na gut, bei DIE PRÄSENZ mag man von mir aus argumentieren, dass hinter dem Film ein Konzept steht, und dass dieses eben bedeutet, ausschließlich mit Handkameras und Laien zu drehen, um einen pseudo-realistischen, doku-mentarischen Eindruck zu erwecken. Selbst dann müssen aber die Ansprüche von Herrn Grieco derart unterhalb des Kartoffel-kellers liegen, dass er scheinbar überhaupt keine Anstalten macht, aus diesem Konzept zumindest herauszuholen, was es her-auszuholen gibt. Um einmal ein positives Beispiel zu nennen: Der US-amerikanische Thriller CYBERNATURAL, ebenfalls von 2014, spielt in Echtzeit während einer skype-Session von vier Highschool-Freunden und –Freundinnen. Die Kamera filmt starr und steif den Laptopbildschirm unserer Heldin, während wir sie und die übrigen Darsteller lediglich als kleine Gesichtsfenster-chen am unteren Bildrand sehen können. Obwohl die eigentliche Handlung, die sich um den rachsüchtigen Geist einer von der Viererbande mittels Cyber-Mobbing in den Suizid Getriebenen rankt, der unsere Unsympathen während besagter skype-Session nach und nach ins Totenreich mitnimmt, höchstens einen Preis für die unkreativste Drehbuchleistung gewinnen dürfte, ist die Art und Weise wie Regisseur Levan Gabriadze es versteht, in die enggeschnürten inhaltlichen und ästhetischen Grenzen seines Werks hineinzutun, was möglich ist, ohne das Konzept zu torpedieren, stellenweise schon beeindruckend. Zumal CYBERNA-TURAL für mich, vor allem gegen Ende, als die Kids lieber weiter vor ihren Notebooks hängen statt zu fliehen, schon mehr wie eine Satire daherkommt, die dem ungesunden Internetverhalten unserer Zeitgenossen süffisantes Paroli bietet. Beispielweise sehen wir wie Blaire, unsere Heldin, eine Nachricht an ihren Freund tippt, sie dann aber doch wieder löscht, eine neue beginnt, diese auch löscht usw. Das ist nun keine psychologisch tiefschürfende Szene, doch immerhin vermittelt Gabriadze uns damit eine ungefähre Vorstellung davon, was sich in Blaires Innern abspielt, ohne aus der selbstgewählten Ästhetik ausbrechen zu müssen. Solche Feinheiten braucht man bei DIE PRÄSENZ gar nicht erst zu suchen. Die Welt, die Grieco bebildert, ist seelenlos wie die Maschine, die sie für uns aufzeichnet. Weiter kann man die Entzauberung wohl kaum führen. Oder um mit meiner Anfangsmetapher zu sprechen: Wäre DIE PRÄSENZ eine rote Ampel, würde ich mich vielleicht doch zum Fluchen überreden lassen.