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Originaltitel: Die Weihnachtsklempner
Herstellungsland: DDR / 1986
Regie: Helmut Krätzig
Darsteller(innen): Peter Bause, Petra Blossey, Barbara Dittus, Kaspar Eichel, Wolfgang Greese, Manja Göring, Janina Hartwig, Peter Kalisch, Daniel Minetti, Walfriede Schmitt, Ulrich Thein, Klaus Tilsner u. A.
Weihnachten unter'm Tannenbaum? Klempner Martin (Ulrich Thein) und sein jüngerer Kollege Frank (Daniel Minetti) haben ausgerechnet am Heiligen Abend Bereitschaftsdienst. Franks Freundin Regina (Janina Hartwig), die jeden Moment ihr erstes Baby erwartet, ist alles andere als begeistert. Doch es hilft nichts, Dienst ist Dienst. Ein Notruf reiht sich an den anderen, doch an diesem Abend warten nicht nur defekte Wasserrohre auf die beiden Klempner...
„Ich bin Klempner von Beruf, ein dreifach Hoch dem der dies gold'ne Handwerk schuf…“ (Reinhard Mey)
Die TV-Weihnachtskomödie „Die Weihnachtsklempner“ entstand nach einem Drehbuch Peter Graetz‘ und unter der Regie Helmut Krätzigs, erstausgestrahlt wurde sie am 23. Dezember 1986 im Fernsehen der DDR.
Die beiden Klempner Martin (Ulrich Thein, „Fünf Patronenhülsen“) und Frank (Daniel Minetti, „Martin Luther“) schieben ausgerechnet an Heiligabend Bereitschaft für den Reparatur-Schnelldienst der KWV Berlin-Mitte. Dem einsamen 45-jährigen Witwer Martin kommt dies ganz gelegen, so braucht er an Heiligabend nicht allein zu Hause zu sein. Sein jüngerer Kollege glaubt, dass er eine ruhige Kugel schieben könne, da niemand am 24. Dezember einen Klempner benötige, was seine hochschwangere Freundin Regina (Janina Hartwig, „Jugendweihe“) jedoch kritisch sieht. Und tatsächlich kommt es anders; schon bald ruft der erste von mehreren Einsätzen, sodass er Regina alleinlassen muss. In ihrem Barkas sind sie per Funk mit Schichtleiter Albert (Arno Wyzniewski, „Ernst Thälmann“) verbunden, der sie von Einsatz zu Einsatz lotst, während Frank mit der Situation hadert und in Gedanken bei Regina ist – bei der dann auch just die Wehen einsetzen…
Eigentlich trifft es „Dramödie“ eher, denn „Die Weihnachtsklempner“ hat mehrere dramatische Momente, dafür jedoch keinerlei Schenkelklopferhumor. Martin und Frank verschlägt es zu Familie Schieler (u.a. Heidrun Welskop, „Weiße Wolke Carolin“ und Wolfgang Greese, „Spuk unterm Riesenrad“), der ausgerechnet an Heiligabend einfällt, dass der schon länger defekte Spülkasten doch einmal repariert werden sollte. Frank, der viel lieber bei seiner Regina wäre, macht dies wütend, doch Martin reagiert ausgleichend und deeskalierend. Anschließend erfährt Frank, dass Regina mit dem Taxi ins Krankenhaus gefahren ist, wohin er ebenfalls eilt, jedoch nicht zu ihr gelassen wird. Franks Laune ist nun endgültig im Keller, als es ihn mit Martin zu Herrn und Frau Bartsch (Marianne Wünscher, „Zille und ick“ und Peter Kalisch, „Der Baulöwe“) verschlägt. Das seit 37 Jahren verheiratete Ehepaar hat einen Rohrbruch erlitten, was es jedoch nicht daran hindert, den Handwerkern Kaffee und Stollen zu kredenzen. Hier kann Frank zudem die eine oder inspirierende Weisheit über das Geheimnis langer glücklicher Ehen mit nach Hause nehmen, während Martin kurzerhand als Weihnachtsmann bei der Nachbarsfamilie einspringt und seinen Bereitschaftsdienst somit recht weit fasst.
Dass Albert Frank inzwischen ausrichten kann, dass er Vater geworden ist, hellt seine Stimmung auf; im Anschluss ist es Martin, der die Contenance zu verlieren droht: Er beobachtet einen Sturzbetrunkenen (Peter Bause, „Hälfte des Lebens“), der in ein Auto einsteigen will. Prompt fühlt sich Martin an den Tod seiner Frau erinnert, die von einem Betrunkenen im Straßenverkehr in einen tödlichen Unfall verwickelt wurde, und hält den Mann daher mit vollem Körpereinsatz von dessen Vorhaben ab. Letztlich stellt sich heraus, dass es sich um ein Missverständnis handelte; nichtsdestotrotz kennt das Publikum nun Martins Achillesferse und ist der Film um eine tragische Komponente reicher.
Das erlösende Schichtende um 22:00 Uhr naht, als es zur alleinerziehenden jungen Mutter Rita (Petra Blossey, „Front ohne Gnade“) geht, die mit ihrem Baby ziemlich improvisiert in einer noch nicht fertig ausgebauten Wohnung lebt – zu Franks Entsetzen. Rita sind jedoch keine Vorwürfe zu machen, denn fürs Baby ist gut gesorgt, wäre da nicht das sie zur Verzweiflung treibende überschwemmte Badezimmer, verursacht durch eine verstopfte Abwasserleitung, die die ignorante, garstige Nachbarin Frau Müller (Barbara Dittus, „Die Toten bleiben jung“) zu verantworten hat. Diese beansprucht auch mehr Kellerplatz, als ihr zusteht, wodurch sich Rita gezwungen sah, ihre Kohlen vors Hauptventil zu schaufeln. Frank winkt schon wieder ab und will erst wiederkommen, wenn Rita die Kohlen eigenhändig beiseitegeräumt habe. Der sensible, empathische Martin hingegen erkennt die schwierige Lage der überforderten Mutter und geht ihr schließlich zur Hand, während Frank das Baby hütet und somit schon einmal „üben“ kann.
Am Ende wendet sich alles zum Guten, was insbesondere Martins Herangehensweise an alle dieser Abend bietenden Herausforderungen zu verdanken ist. In Rita findet er sogar eine potenzielle neue Lebensgefährtin. Das liest sich jetzt vielleicht nach etwas zu viel des Guten, und, ja: Sicherlich wird hier relativ staatstragend ein Idealbild eines sozialistischen Arbeiters vermittelt. Dafür spart die Handlung jedoch nicht an real existierenden, konkreten Problemen, die benannt werden und für die Lösungswege aufgezeigt werden. In diesem Zuge werden universelle Werte hinsichtlich Partnerschaft, Menschlichkeit, Hilfsbereitschaft und Solidarität vermittelt, eingebettet in eine liebevoll gestaltete, herzliche Geschichte mit einem kitschfreien Happy End, die zudem ohne allzu große Unwahrscheinlichkeiten auskommt.
Das ist Balsam für die Seele nach einem arbeitsreichen Jahr und insbesondere durch Ulrich Theins schauspielerische Leistung als rau-charmantem, bodenständigem Berliner mit einem Herz aus Gold und scharfzüngigen Dialogen überaus gelungene, ermutigende Unterhaltung. Zurecht erhielt Thein hierfür 1987 den DDR-Filmpreis Goldener Lorbeer.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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