EHEINSTITUT AURORA (1962)
mit Eva Bartok, Carlos Thompson, Ina Duscha, Hans Nielsen, Claus Holm, Rainer Brandt,
Rudolf Vogel, Albert Bessler, Ljuba Welitsch, Walter Gross und Elisabeth Flickenschildt
es singt Lorne Lesley
eine Kurt Ulrich Filmproduktion | im Nora Filmverleih
nach dem gleichnamigen HÖRZU-Roman von Hans-Ulrich Horster
ein Film von Wolfgang Schleif
»Sagen Sie nicht immer Chefin zu mir. Ich bin Baronin!«
Ein Film von Wolfgang Schleif... Das löst bei mir prinzipiell eine gewisse Skepsis aus, da ich ihn noch nie für einen besonders guten Regisseur gehalten habe. Langweilige Beiträge wie beispielsweise "Im Nest der gelben Viper" oder "Der rote Rausch" sorgten da eher für Ernüchterung. Auch bei "Eheinstitut Aurora" wird sich leider schnell herausstellen, dass er einfach kein Gespür für Spannungsaufbau hatte, geschweige denn dafür, kriminalistische Elemente in seinen Filmen adäquat zu präsentieren. Daher versagt dieser Film von 1962 im Rahmen seiner Haupthandlung über weite Strecken, und es ist die Nebenhandlung rund um das fragwürdige Institut, die für überzeugendere Unterhaltung sorgen muss, und glücklicherweise auch wird. Ich habe "Eheinstitut Aurora" aus unterschiedlichen Gründen schon immer sehr gerne gesehen, vor allem wegen einiger sagenhafter Leistungen in diesem Krimi von eher vagem Charakter. Aber diese dichten Interpretationen halten das Szenario letztlich auch zusammen, und täuschen über einige inszenatorische Minderleistungen hinweg. Der Fall bleibt wirr und wirkt nicht besonders ausgefeilt, einige Zusammenhänge werden nur unzureichend erklärt und das Finale erteilt der mühsam konstruierten Spannung der letzten 15 Minuten leider eine unmissverständliche Abfuhr, denn das Vorhergesehene nimmt ungeniert seinen Lauf. Dass der Film so unbekannt ist, ist dennoch sehr schade, denn im Rahmen der Interpretationen geschehen Dinge, die teils nur schwer für möglich zu halten gewesen sind, und vielleicht genießt der Film deswegen, bei seiner zu langen Laufzeit von 100 Minuten, schlussendlich doch einen überaus versöhnlichen Blick. Weniger Kriminalfilm aber mehr Schauspielerfilm; das ist für mich persönlich immer ein zufriedenstellender Deal gewesen!
Wie erwähnt, sind die Stärken der Produktion bei den schauspielerischen Aktivitäten, und dadurch auch in der Nebenhandlung um das Eheinstitut zu finden. Eva Bartok wirkt hier schön und geheimnisvoll wie selten, sie versucht mit allen Mitteln, den Hauch eines Verdachtes auf sich zu lenken. Offensichtlich synchronisiert von Beate Hasenau, kommt schon eine sehr überzeugende Aura auf, die hin und wieder von Verzweiflung, Misstrauen und Angst dominiert werden, jedoch kann auch eine überzeugende Darstellerin wie Eva Bartok nicht alle Lücken im Drehbuch wegspielen. Zu ihrem potentiellen Partner Carlos Thompson passt sie erstaunlich gut, und die beiden scheinen trotz aller Zweifel, die die Geschichte schürt, im Einklang zu stehen. Obligatorische Rollen interpretieren wie so oft Hans Nielsen, der hier als resoluter Anwalt wieder einmal deutliche Akzente setzen kann, auch Albert Bessler gibt die Rolle seines Lebens zum Besten, indem er den rätselhaften Butler mimt, Claus Holm bleibt wie so oft recht blass in einer unscheinbaren, folglich auch undankbaren Rolle, und der Rest ist angenehmerweise nicht Schweigen, sondern macht mit den humorvollen Darbietungen von Star-Sopranistin Ljuba Welitsch, Walter Gross und Rudolf Vogel sogar weitgehend Spaß. Am meisten überrascht hat mich die ansprechende Leistung der hübschen Österreicherin Ina Duscha, die man hier als aufgeschlossene und moderne Frau sieht, die voll in der Phase ihrer darstellerischen Emanzipation steckt. Wenn man so will, und die schauspielerischen Kompetenzen in "Eheinstitut Aurora" als überdurchschnittlich bezeichnen möchte, gibt es jedoch eine Dame, die nicht nur alle anderen Darbietungen in die zweite Reihe verweist, sondern sogar ihre eigenen Auftritte im zeitgenössischen Kriminalfilm um Längen schlägt: Elisabeth Flickenschildt.
Als Hortense Baronin von Padula zeigt sie sich in einer exzellenten Spiellaune und ihre Auftritte, in denen sie von Raum zu Raum schwebt, werden zur demonstrativen Lehrstunde. Keine Zweite verstand es so überzeugend, Damenhaftes mit Proletarischem zu vereinen, und der Zuschauer wird in jeder Sekunde in ihren Bann gezogen denn sie überzeugt einmal mehr als Meisterin der Rhetorik. Permanent ist die Baronin damit beschäftigt, ihre Kunden auszupressen wie Zitronen, um an genügend Geld für ihren Sohn zu kommen, der sich gerne in Spielhöllen herumtreibt und das gesamte Kapital durchbringt. Dieser wird von Rainer Brandt dargestellt, den ich auch nie mehr so überzeugend gesehen habe, und genau das ist der springende Punkt in einem Film, in dem Elisabeth Flickenschildt auftritt. Dem Empfinden nach kann konnte sie sogar Kollegen neben ihr dazu animieren, zu Höchstleistungen aufzulaufen. Die Szenen zwischen ihr und Filmsohn Brandt sind klasse. Er hält ihr stets vor, dass sie es schließlich war, die ihn zum Aristokraten erzogen habe, der keine ausreichenden finanziellen Mittel zur Verfügung habe, und dass sie bei allem majestätischen Gehabe nur eine geborene Frau Kutschke bleibe. Sie hingegen schießt eindrucksvoll zurück und klagt ihn an, er habe sie zur Betrügerin gemacht, bis sie sich aufgrund ihres schlechten Gewissens immer wieder aufs Neue einwickeln lässt. Man braucht in diesem Film erst gar nicht auf den kriminalistischen Showdown der Geschichte zu warten, diese Szenen (und generell die von Elisabeth Flickenschildt) entschädigen für alles, was inszenatorisch und dramaturgisch liegen gelassen wurde. Daher bleibe ich dabei und sage erneut, dass ich noch nie eine bessere und mitreißendere Flickenschildt gesehen habe.
Kommt "Eheinstitut Aurora" also im Endeffekt nur so positiv bei meiner Bewertung weg, weil die Darsteller die Minderleistungen des Films an die Wand spielen? Und wenn schon, ja! Jeden anderen Krimi hätte ich vermutlich stark kritisiert, aber hier wirkt trotz allem Vieles sehr ausgeglichen und Elisabeth Flickenschildt ist eine Wucht. Weitere Schwachpunkte in der weitgehend angestaubt wirkenden Inszenierung lassen sich im musikalischen Bereich finden, außerdem ist es ein kompletter Studio-Film, der kaum eine Außenaufnahme besitzt, wobei allerdings auch keine Isolation durch die einheitlichen Settings aufkommt. Ohne die Kriminal-Komponente wäre "Eheinstitut Aurora" ein wesentlich stärkerer Film geworden, so viel ist jedenfalls sicher. Das Tempo ist wirklich als gemütlich zu bezeichnen und spannende Momente sind rar gesät. Ein netter Twist hier oder dort hätte in diesem Bereich sicherlich Wunder gewirkt, aber unterm Strich ist und bleibt es eben ein Film, der die unverkennbare Handschrift des Regisseurs Wolfgang Schleif trägt. Wie dem auch sei: Kurt Ulrichs Experimente, wie beispielsweise auch der Konkurrenz-Wallace "Der Rächer", haben, wenn man sie rein objektiv betrachtet, vergleichsweise oft das Nachsehen, aber letztlich kann man froh sein, dass es sie mit ihrem eigentümlichen Flair überhaupt gibt. Insgesamt bleibt mit dieser Produktion also ein durchschnittlicher und nicht immer ganz logischer Krimi mit Aufsehen erregender Parallel-Handlung, der als überragender Schauspieler-Film jedoch wesentlich deutlichere Akzente setzen kann. Daher: Sehenswert!