Ein Sarg aus Hongkong - Manfred R. Köhler (1964)

Moderator: jogiwan

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horror1966
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Ein Sarg aus Hongkong - Manfred R. Köhler (1964)

Beitrag von horror1966 »

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Ein Sarg aus Hongkong
(Ein Sarg aus Hongkong)
mit Heinz Drache, Elga Andersen, Ralf Wolter, Sabine Sesselmann, Willy Birgel, Chien Yu, Tommy Ray, Monika John, Greta Chi, Angela Bo, Henri Guégan, Michael Bulmer, Pierre Richard, Kurt Beck, Amy Cheung
Regie: Manfred R. Köhler
Drehbuch: James Hadley Chase (Roman) / Manfred R. Köhler
Kamera: Klaus von Rautenfeld
Musik: Karl Barthel / Fred Strittmatter
FSK 16
Deutschland / 1964

Nachdem er die Leiche einer Chinesin in seiner Wohnung entdeckt hat, wird der Londoner Privatdetektiv Ryan von einem Industriellen beauftragt, in Hongkong den Tod von dessen Sohn zu untersuchen. In Begleitung seines Assistenten Bob Tooly begibt sich Ryan nach Asien, wo er Drogenschmugglern auf die Schliche kommt und herausfindet, dass der Sohn seines Auftraggebers vielleicht gar nicht so tot ist, wie es den Anschein hat.


Der deutsche Krimi wurde in den 60er Jahren insbesondere von den Edgar Wallace-und Dr. Mabuse Verfilmungen geprägt und so gab es auch immer wieder Filme, die eher unbeachtet eine Art Schattendasein fristen mussten. Dazu zählt bestimmt auch der eher unbekannte Titel "Ein Sarg aus Hongkong", der auf dem Roman "A Coffin from Hong Kong" von James Hadley Chase basiert und gleichzeitig das Regie-Debüt von Manfred R. Köhler darstellt. Dabei hätte die hier erzählte Geschichte durchaus ein wenig Aufmerksamkeit verdient, offenbart sich doch ein gut in Szene gesetzter Krimi mit Heinz Drache in der Hauptrolle, der zur damaligen Zeit ja ganz eindeutig zu den besten und bekanntesten deutschen Darstellern gezählt hat und auch in etlichen Wallace-Krimis mitwirkte. Aus heutiger Sicht mag der Film sicherlich ein wenig angestaubt und antiquiert erscheinen, doch gerade Fans des Genres und Nostalgiker dürften über die deutsche Erstveröffnetlichung auf DVD sehr erfreut sein.

Von Anfang an lässt sich ein gut aufgebauter Spannungsbogen erkennen der sich auch fast bis zum Ende hin aufrecht erhalten kann. Allerdings sollte man auch fairerweise anmerken, das vor allem der geneigte Krimi-Fan auch schon recht frühzeitig erkennen kann, in welche Richtung das gesamte Geschehen tendiert. Das ändert jedoch nichts an der Klasse eines Filmes der mit einer gesunden Mischung aus Spannung, Action, tollen Schauplätzen und einer Prise Humor daher kommt und so gut 90 Minuten beste Unterhaltung anbietet. Die humorige Note wird dabei hauptsächlich durch den kauzigen Ralf Wolter eingestreut, der den meisten sicherlich aus den Winnetou-Filmen bekannt sein dürfte und der hier den Assistenten von Heinz Drache mimt. Die beiden sind in Hongkong so einigen Gefahren ausgesetzt, als sie die Hintergründe eines mysteriösen Mordes aufklären wollen und dabei auf immer mehr Zusammenhänge stoßen, die den Fall in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.

Zugegebenermaßen erscheint dabei nicht immer alles vollkommen logisch und diverse Abläufe wirken manchmal sogar etwas konstruiert, doch insgesamt gesehen ist das dem Unterhaltungswert des Szenarios in keinster Weise abträglich. Selbst die Vorhersehbarkeit gewisser Dinge kann man verzeihen, so muss man ganz sicher kein Abitur besitzen um frühzeitig zu erkennen, auf was die ganze Chose letztendlich hinaus läuft und wer hinter den ganzen Ereignissen steckt, mit denen die beiden Hauptfiguren hier konfrontiert werden. Köhler hat seiner Erzählung ein für die damalige Zeit ordentliches Tempo verliehen und in mehreren Passagen der Geschichte bekommt man sogar ganz gute Action zu sehen. Natürlich sollte man dabei nie die Entstehungszeit dieses Werkes außer acht lassen, denn gerade die Nahkämpfe in die Heinz Drache mehrmals verwickelt wird sind nicht an heutigen Maßstäben zu messen. Es sind aber genau diese Aspekte die diesem Film seinen ganz persönlichen Stempel aufdrücken und ihn nahezu unverwechselbar in die 60er Jahre einordnen, zudem entsteht dadurch dieser einzigartige Charme, der die Werke dieser Dekade so ganz besonders auszeichnet.

Und so sollte jeder Genre-Fan auf jeden Fall einen Blick riskieren, denn auch wenn "Ein Sarg aus Hongkong" sicherlich nicht zu den filmischen Meisterwerken zu zählen ist, bekommt man an dieser Stelle ein herrliches Kleinod serviert, das man sich auch heute immer noch sehr gut anschauen kann. Es ist sehr schön das sich ein Label wie Ascot Elite auch immer wieder solcher vergessener Perlen annimmt und diese in seiner "Cinema Treasure" Reihe veröffentlicht, denn so bekommen auch einmal die eher unbekannten deutschen Krimis die Chance, der breiten Masse zugänglich gemacht zu werden und erlangen so vielleicht endlich Aufmerksamkeit, die sie aufgrund der vorhandenen Klasse auf jeden Fall verdient haben.


Fazit:


Wer die alten deutschen Krimis zu schätzen weiß sollte sich diese kleine Perle auf jeden Fall in die Sammlung stellen, denn trotz einer gewissen Vorhersehbarkeit bietet "Ein Sarg aus Hongkong" erstklassige Filmkost. Mit einer Vorliebe für das Genre kommt man nicht an diesem Werk vorbei und Nostalgiker werden sicherlich schon aus Prinzip zugreifen.


7/10
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italostrikesback
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Re: Ein Sarg aus Hongkong - Manfred R. Köhler

Beitrag von italostrikesback »

Kurze Info.
Laut einem User auf http://www.edgarwallaceweb.de befindet sich auf der Ascot BD ein nachgebauter Vorspann, bzw. nicht die damalige Original Titelsequenz.
Ich habe bei Filmjuwelen nachgefragt.
Auf der Filmjuwelen Blu-ray befindet sich die vom Negativ abgetastete Version mit der Original Titelsequenz von 1964.
Es wird auch der neuabgetastete Originalkinotrailer enthalten sein + englischer Sprachversion.
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Arkadin
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Re: Ein Sarg aus Hongkong - Manfred R. Köhler

Beitrag von Arkadin »

Als der Privatdetektiv Nelson Ryan (Heinz Drache) eines Abends nach Hause kommt, wartet dort eine unangenehme Überraschung in Form einer attraktiven, aber toten asiatischen Frau auf ihn. Schon bald taucht der Schwiegervater der Dame mitsamt Sekretärin auf und bittet Ryan, die mysteriösen Umstände des Todes seines Sohnes zu untersuchen. Ryan sagt zu und macht sich mit seinem Kumpel Bob Tooly (Ralf Wolter) auf den Weg nach Hongkong, wo der Verstorbene zuletzt gelebt hat. Dort geraten beide prompt in tödliche Gefahr…

„Ein Sarg aus Hongkong“ ist eine Co-Produktion zwischen Erwin C. Dietrich und Wolf C. Hartwig. Dies ist von daher bemerkenswert, als die beiden nur wenige Jahre später die größten Konkurrenten auf dem sich explosionsartig entwickelnden Sexfilm-Markt werden sollten. Erwin C. Dietrich mit Filmen wie „Mädchen, die am Wege liegen“ oder „Blutjunge Verführerinnen“, Hartwig mit seinen Report-Filmen, die 1970 mit dem „Schulmädchen-Report“ begannen. In „Die Stewardessen“ hat Dietrich auch einen schönen Seitenhieb auf den Kollegen eingebaut (siehe in der Besprechung des Filmes hier). Ursprünglich sollte Dietrich den Film für die Constantin allein produzieren, kam aber vor Ort in Hongkong mit der Crew des Filmes gar nicht zurecht und wurde dann gegen Hartwig ausgetauscht, der bereits vorher mit dem Regisseur Manfred R. Köhler zusammengearbeitet hatte. Allerdings war Köhler zuvor nur als Syncho-Regisseur und Drehbuchautor aufgefallen. Und sieht man sein Regiedebüt „Ein Sarg aus Hongkong“, merkt man leider deutlich, dass der Regiestuhl nicht unbedingt das passenden Mobiliar für ihn war.

Mit „Ein Sarg aus Hongkong“ versuchten die Macher gleich zwei populäre Wellen des deutschen Unterhaltungskinos der frühen 60er abzugreifen. Einmal natürlich die zu diesem Zeitpunkt immens erfolgreichen Edgar-Wallace-Filme und andererseits die Abenteuer- und Spionagefilme, die im exotischen Asien – gerne auch in Hongkong – spielten. Gerade Wolf C. Hartwig hatte bereits eine ganze Reihe dieser „Asien-Reißer“ erstellt, wie „Heißer Hafen Hongkong“, „Weiße Fracht für Hongkong“ oder „Die Diamantenhölle am Mekong“. Wie bei den Wallace-Filmen wurde auch bei „Ein Sarg aus Hongkong“ ein populärer Autor prominent auf dem Filmplakat erwähnt. In diesem Falle James Hadley Chase, ein britischer Autor, der es auf fast 100 Romane brachte. Hauptdarsteller Heinz Drache ist der offensichtlichste Bezug zur Wallace-Reihe. Hatte er doch dort bereits die Hauptrolle in „Das indische Tuch“ und „Der Hexer“ gespielt. In „Ein Sarg als Hongkong“ ist er allerdings ein Schwachpunkt. Vielleicht liegt es nur an einer unvorteilhaften Ausleuchtung, aber er wirkt hier wächsern und aufgequollen. So gar nicht der smarte und fesche Hans Dampf, wie ihn das Drehbuch vorgibt. Hinzu kommt, dass Drache als Nelson Ryan nicht gerade sympathisch wirkt. Eher arrogant und ein Tick zu selbstverliebt.

Erstaunlich – oder in Hinblick auf die beiden Produzenten vielleicht auch gerade nicht – ist der für 1964 recht offene Umgang mit Sex und Prostitution. Während in den Wallace-Filmen die Prostituierten erst einmal als Bar-Damen bezeichnet werden, ist hier völlig klar, dass sie Sex gegen Geld anbieten. Höhepunkt dürfte eine Speisekarte sein, aus der die Herren die passende Dame auswählen können. Aber der Film spielt ja auch in Hongkong und nicht in London, und dort ist alles etwas exotischer, bedrohlicher und „unzivilisierter“. Denn wie so oft, werden auch hier wieder alle rassistischen Klischees vom verschlagenen Asiaten und seinen „merkwürdigen“ Gebräuchen hervorgeholt, denen die überlegenen und „zivilisierten“ Westeuropäer gegenüberstehen. So stellte man sich in Deutschland eben den unbekannten – und damit auch ein wenig bedrohlichen – asiatischen Raum vor und dies wurde dann auch – illustriert von bunten Urlaubsbildern – bedient. Mit dem netten Nebeneffekt, dass man auch die sittlichen Grenzen etwas verschieben konnte.

Manfred R. Köhler hat zu „Ein Sarg in Hongkong“ auch das Drehbuch geschrieben. Leider ist dieses ebenso unbefriedigend, wie seine Inszenierung. Für das Drehbuch wurde viele mittlerweile aus den Wallace-Filmen und ihren Epigonen bekannte Situationen variiert. Der maskierte Bösewicht, der lustige Sidekick des coolen Helden, die exotischen Tötungsmethoden. Dazwischen gelingt es Köhler aber nicht, eine halbwegs spannende Handlung zu bauen. Vielmehr springt diese recht unmotiviert von einem Ort zu anderen, und schert sich dabei nur wenig um einen gelungenen Spannungsbogen. Die Londoner Geschichte mit der Leiche in Ryans Wohnung wird nicht wieder aufgegriffen und alle dort auftauchenden Figuren verschwinden auf Nimmerwiedersehen aus der Handlung. Noch schlimmer: Die Auflösung der Londoner Episode wird am Ende recht lustlos und vollkommen unfilmisch erzählt, aber nicht gezeigt. Ähnlich sieht es mit der Lee-Lai-Episode aus. Nachdem Lee Lai – die immerhin als „love interest“ des Helden aufgebaut wird – verschwunden ist, gibt es auf einmal ein riesiges Loch in der Geschichte, welches weder gefüllt und erklärt wird. Plötzlich fährt Ryan mit Stella durch die Gegend, ohne dass darauf Bezug genommen wird, wie sie sich kennengelernt haben. Die Szene, in der sie ihn auf einen Berg lockt, wo zwei Killer auf ihn warten, ist auch ebenso sinnlos und überflüssig. Da sie zwar etwas Action zeigt, aber keinerlei Konsequenzen für die Handlung hat.

Immerhin ist der Film tatsächlich vor Ort gedreht worden, was durch schöne authentische Bilder aus dem Hongkong der frühen 60er Jahre belegt wird, in denen sich die deutschen Hauptdarsteller tummeln dürfen. Neben diesen Schauwerten hat der Film aber leider nicht sonderlich viel zu bieten. Alles wirkt hölzern und wenig enthusiastisch. Als hätten die Beteiligten so gänzlich die Lust an dem Film verloren. Selbst die Musik von Karl Barthel und Fred Strittmatter, die immer wieder mit lauten Fanfaren vermeintliche Höhepunkte unterstreicht, wirkt aufdringlich und wenig einfallsreich. Die Identität des Schurken dürfte der erprobte Krimi-Gucker eh schon erraten haben, bevor die Figur überhaupt das erste Mal auftritt. Da helfen auch Ralf Wolters müde Sprüche nicht mehr weiter. Immerhin bieten die attraktiven Damen – allen voran Elga Andersen – und der fesche Pierre Richard dem männlichen, wie weiblichen Zuschauer etwas für’s Auge. Und die Filmnerds können neben dem deutliche gealterten Willy Birgel, noch den Namen Walter Boos in den Credits entdecken, der hier für den Schnitt verantwortlich war und in den 70ern dann für Wolf C. Hartwig einig Schulmädchen-Episoden, sowie später auch die deutschen “Exzorzist”-Variante “Magdalena, vom Teufel besessen” inszenierte.

„Ein Sarg aus Hongkong“ ist leider eine Edgar-Wallace-Rip-Off der schnarchigen Art, welches zu gleichen Teilen unter einem formelhaften, wenige aufregenden und vor allem lückenhaftem Drehbuch, wie einer uninspiriert-hölzernen Regie leidet. Schade, besonders wenn man bedenkt, dass die beiden legendären Produzenten des Filmes auch für ganz andere, aufregendere Filme verantwortlich waren.

Screenshots: http://www.filmforum-bremen.de/2014/11/ ... -hongkong/
Früher war mehr Lametta
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Onkel Joe
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Re: Ein Sarg aus Hongkong - Manfred R. Köhler (1964)

Beitrag von Onkel Joe »

Schöne Schauplätze / Locations aber der Rest, aaaaaaah wie langweilig.
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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buxtebrawler
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Re: Ein Sarg aus Hongkong - Manfred R. Köhler (1964)

Beitrag von buxtebrawler »

Erscheint voraussichtlich am 15.12.2021 bei Fokus Media auf Blu-ray in großer Hartbox, limitiert auf 50 Exemplare:

Bild

Extras:
Trailer
Bildergalerie
Plakate Urania Film
Mädchen, Machos und Moneten (PDF)
Interview Erwin C Dietrich (PDF)

Quelle: https://www.ofdb.de/view.php?page=fassu ... vid=114404
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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sergio petroni
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Re: Ein Sarg aus Hongkong - Manfred R. Köhler (1964)

Beitrag von sergio petroni »

Ganze 50 Exemplare! :shock:
DrDjangoMD hat geschrieben:„Wohl steht das Haus gezimmert und gefügt, doch ach – es wankt der Grund auf dem wir bauten.“
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