Hardy Krüger Elisabeth Müller in
GESTEHEN SIE, DR. CORDA (1958)
mit Hans Nielsen, Lucie Mannheim, Fritz Tillmann, Siegfried Lowitz, Eva Pflug, Paul Edwin Roth, Alfred Balthoff,
Werner Buttler, Albert Bessler, Reinhard Kolldehoff, Lore Hartling, Jochen Blume und Rudolf Fernau
ein Produktion der CCC Filmkunst | im Europa Filmverleih
ein Film von Josef von Báky
»Die Wahrheit ist es ja gerade, die gegen mich spricht!«
Bereits die sehr düster wirkende Europa-Verleihmarke und die beinahe schwermütig wirkende Musik läuten gleich zu Beginn die beachtliche Atmosphäre und den eindeutigen Charakter von Josef von Bákys Kriminal-Drama ein und es bleibt insgesamt zu betonen, dass sich das hohe Niveau der Produktion in allen Bereichen auf einem konstant hohen Level abspielen wird. Der Titel lässt im Vorfeld viele Schlüsse auf den Verlauf zu und die Geschichte orientiert sich zwar deutlich in eine ganz bestimmte Richtung, lässt dabei aber viel Spielraum für alternative Inhalte, die jeweils eine geschickte Verstrickung mit dem Hauptthema erfahren. Die angesprochene Atmosphäre offenbart sich dem Zuschauer als genau so kalt wie der Operationssaal in dem man Dr. Corda bei der Arbeit sehen kann. Auch der Mord selbst, die bedrohten Existenzen, die erdrückenden Rahmenbedingungen, die facettenreichen Zeichnungen der Beteiligten und der feste Würgegriff der Polizei, wirken in ihren Schilderungen prosaisch und sehr authentisch. Von Báky erreicht mit subtilen Mitteln einen angemessenen Spannungsaufbau, der spielend ohne Whodunit auskommt und sich glücklicherweise nicht allzu vieler Schablonen bedient. Auch die empfundene Vorhersehbarkeit kann durchaus als Baustein dieser Arbeit angesehen werden, denn es kommt auf andere Komponenten an. Die zur Verfügung stehende Besetzung ist hochkarätig und staffiert "Gestehen Sie, Dr. Corda" präzise und nahezu spektakulär aus, insbesondere die auffällige Abgrenzungstaktik von Regie und Drehbuch bezüglich der Charaktere untereinander erweist sich als Aushängeschild der Produktion.
Hardy Krüger beschert dem Zuschauer in der Titelrolle besonders glaubhafte Momente, da die zu interpretierende Figur und sein Wesen miteinander übereinzustimmen scheinen. Das Fehlen von Emotion und Temperament bestätigt das allgemein bestehende Bild des Arztes, der selbst im Umgang mit seiner Geliebten medizinisch-sachlich wirkt. Von seinem Chef und den Kollegen wird er geschätzt, doch die Solidarität ihm gegenüber wird auf eine Zerreißprobe gestellt. Hardy Krüger macht seine Sache jedenfalls hervorragend, genau wie seine Film-Ehefrau Elisabeth Müller, die überraschend präzise und überzeugend zu sehen ist. Gerade sie wurde seinerzeit gerne für biedere und temperamentlose Frauenrollen gebucht und wirkte im Rahmen des Geforderten oftmals blass. Hier sieht man eine sehr ausgewogene Leistung der Schweizerin, die den Gemütszustand einer Frau in dieser Situation glaubhaft und vielleicht sogar exemplarisch darstellt. Die gehörnte Ehefrau hält zu ihrem Mann, da sie ihn von allen Beteiligten am besten kennt und an die gemeinsame Tochter denkt. Doch langsam aber sicher schlägt ihre Stabilität in Labilität um, denn sie hält der Schar von Freunden, die zu Feinden werden und der gesellschaftlichen Vorverurteilungen nur noch schwer Stand. In diesem Zusammenhang sieht man eine ähnlich angelegte Rolle von Lucie Mannheim, die zahlreiche Gesichter des mentalen Verfalls in dieser unerträglichen Situation ebenso sicher heraus arbeitet. Des Weiteren gibt es hervorragende Leistungen aus Dr. Cordas Kollegium, wie beispielsweise von Rudolf Fernau als väterlichen Vorgesetzten, oder von Eva Pflug als mittlerweile desillusionierte Frau, die die zweite Rolle in seinem Leben nicht länger spielen kann. Die Vertreter von Justiz und Gerechtigkeit fanden mit Fritz Tillmann und Siegfried Lowitz sehr glückliche Besetzungen und inszenieren eine Hexenjagd par excellence.
Da es sich nicht um den ersten Mord dieser Art handelt, sitzt den ausführenden Armen der Gerechtigkeit nicht nur die übergeordnete Stelle im Nacken, sondern vor allem die Öffentlichkeit verlangt, dass so schnell wie möglich ein Täter präsentiert wird. Mit Dr. Corda ist schließlich der geeignete Kandidat gefunden, den man den Leuten bedingungslos zum Fraß vorwerfen kann und dabei ist der Angeklagte so lange schuldig, bis zum Beweis seiner Unschuld. Diese umgekehrten Voraussetzungen und die eindringlich geschilderten Machenschaften der Polizei werden unter ein recht kritisches Licht gestellt, man braucht einen Schuldigen und wenn er es eben selber nicht zugibt, muss mit außerordentlichen Mitteln nachgeholfen werden. Hierbei glänzen Fritz Tillmann und insbesondere Siegfried Lowitz in hervorragender Schauspiellaune und sie kreieren dabei beinahe abstoßende Steigbügelhalter der Ungerechtigkeit. Als Kontrast dazu sieht man Hans Nielsen als Dr. Cordas Anwalt, der nicht lange herum fackelt und sich hervorragend mit seinen Pflichten auskennt, aber eben noch besser mit seinen Rechten und denjenigen seines Mandanten. Er reagiert ungeduldig, verschwendet keine Zeit an unnötige Diskussionen und unangebrachte Höflichkeiten, aber hält dennoch immer wieder zum Durchhalten an. Eine optimale Besetzung, die bis in die Kleinstrollen überzeugend wirkt. In "Gestehen Sie, Dr. Corda" wurde ein guter Weg zwischen kritischer Abhandlung und Unterhaltungsfilm eingeschlagen. Die solide Spannung entsteht durch ein straffes Zeitdiktat, in dem man suggeriert bekommt, dass der Angeklagte trotz seiner Unschuld jederzeit gestehen, oder schuldig gesprochen werden könnte, weil ihn die Polizei immer härter anfasst, sich die Zahl seiner Unterstützer immer schneller dezimiert und er einfach vor dem Ende seiner Kräfte steht. Auch die Gestaltung der Rahmenbedingungen wirkt sehr authentisch, viele Ortswechsel begünstigen das Tempo, die Musik arbeitet positiv ins Negative hinein und schließlich wird die Frage zufriedenstellend geklärt, was passieren muss, wenn Justitias Augenbinde mal wieder etwas zu straff sitzt. Insgesamt weiß Josef van Bákys Kriminal-Drama aufgrund seiner Ausgewogenheit, aber auch wegen der nachdenklichen Tendenzen sehr gut zu unterhalten.