Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Moderator: jogiwan

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dr. freudstein
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Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Beitrag von dr. freudstein »

Bild

Originaltitel: Kahlschlag

Herstellungsland: Deutschland 1993

Regie: Hanno Brühl

Darsteller: Boris Ciszewski, Willi Herren, Björn Jung, Martin Klempnow. Normann Matt.
Roman Rien. Miriam Rosenstiel. Natascha Bonnermann u.a.

Story:
Ärger mit seiner Mutter, Gewalt in der Schule, Langeweile in der Freizeit. Der Frust steht Robin bis zum Hals, als dann auch noch eine Bande junger Türken seine Tasche klaut ist es ihm genug. Er rasiert sich die Haare ab, macht den "Kahlschlag" und zieht fortan mit einer Gruppe Skinheads durch die Gegend.
Obwohl ihm das Gefühl in der Gruppe stark zu sein anfangs gut gefällt, kommt Robin schnell ins Grübeln. Als bei einem Überfall auf ein Jugendzentrum ein kleines türkisches Mädchen verletzt wird dämmert Robin endgültig worauf er sich da eigentlich eingelassen hat, er möchte seinen Fehler korrigieren und aussteigen.

Der Ausstieg aus der braunen Gemeinschaft ist jedoch nicht so einfach wie gedacht, die ehemaligen Kameraden wollen ihn nicht ziehen lassen, denn Aussteiger sind Verräter und Abtrünnige - und somit Gegner ...

http://www.ofdb.de/film/32510,Kahlschlag
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FarfallaInsanguinata
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Re: Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Den fand ich erstaunlicherweise etwas besser, als den sonstigen Dreck auf "Bild"-Niveau, der einem zum Thema "Skinheads" in den 80ern und 90ern so vorgesetzt wurde. Auch hatten die Verantwortlichen minimale Hintergrundrecherche betrieben, was sich immerhin darin zeigte, dass als Soundtrack eine "Skrewdriver"-Platte rauf und runter gespielt wurde. :lol:
Ist durchaus anschaubar, wenn ich das richtig erinnere.
Diktatur der Toleranz

Die Zeit listete den Film in einem Jahresrückblick als einen der schlechtesten des Kinojahres 2023. Besonders bemängelt wurden dabei die Sexszenen, die von der Rezensentin als „pornografisch“ und „lächerlich“ bezeichnet wurden.
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Tomaso Montanaro
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Re: Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Beitrag von Tomaso Montanaro »

Ich habe diesen Film schon zweimal gesehen.

Beim ersten mal fand ich ihn gut. Punkt.
(OK, das ist keine Rezension, aber ich kann mich wirklich nicht mehr genauer erinnern...)

Was ich bei der zweiten Sichtung an Schwachstellen ausmachen konnte:
Die arg bemühte Machart, als ob das Drehbuch von übereifrigen linken Sozialarbeitern konzipiert worden wäre. Der erhobene Zeigefinger. Die Skinheads sind einfach nur kahle und böse Menschenfänger, die ständig mit erigiertem rechtem Arm rumrennen und abends Anschläge auf Türken und andere Ausländer machen. Die Ursachen kommen zu kurz bzw. entsprechen den gängigen Klischees.
Dennoch sehenswert, zumindest zu Bildungszwecken für Jugendliche - und dafür wurde er wohl auch gemacht.
cirka 6/10 Punkten

Mein Lieblings-Skinhead-Film (darf man das haben?) ist übrigens "Skinhead Attitude", eine hochinteressante Dokumentation, die die ganze Geschichte der Bewegung erzählt.
Auch Rosa von Praunheims "Männer, Helden, schwule Nazis" sei noch erwähnt.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Tomaso Montanaro hat geschrieben:
Was ich bei der zweiten Sichtung an Schwachstellen ausmachen konnte:
Die arg bemühte Machart, als ob das Drehbuch von übereifrigen linken Sozialarbeitern konzipiert worden wäre. Der erhobene Zeigefinger. Die Skinheads sind einfach nur kahle und böse Menschenfänger, die ständig mit erigiertem rechtem Arm rumrennen und abends Anschläge auf Türken und andere Ausländer machen. Die Ursachen kommen zu kurz bzw. entsprechen den gängigen Klischees.
Dennoch sehenswert, zumindest zu Bildungszwecken für Jugendliche - und dafür wurde er wohl auch gemacht.
cirka 6/10 Punkten

Mein Lieblings-Skinhead-Film (darf man das haben?) ist übrigens "Skinhead Attitude", eine hochinteressante Dokumentation, die die ganze Geschichte der Bewegung erzählt.
Auch Rosa von Praunheims "Männer, Helden, schwule Nazis" sei noch erwähnt.
Die Vermutung mit den übereifrigen linken Sozialarbeitern ist sicherlich richtig. :mrgreen:
Im Kontext zu anderen Machwerken sehe ich "Kahlschlag" aber immerhin im Mittelmaß. In etwa der Stellenwert, den "Made in Britain" mit dem später bekannt gewordenen Tim Roth als Hauptdarsteller 1983 in England einnahm. Wobei der letztere natürlich aus der Szene selbst mit Häme und Verachtung überschüttet wurde.
Nach Ansicht von völlig indiskutabler Scheiße wie der Tatort-Folge "Voll auf Hass", um nur ein Beispiel zu nennen, wird die Differenzierung aber vielleicht verständlich.
Wenn Außenstehende versuchen Subkulturen abzubilden, geht das zwangsläufig (fast) immer schief.

Mein persönlicher Lieblingsfim, falls ich überhaupt einen hätte, wäre wahrscheinlich "This is England", da ich den als erstaunlich authentisch empfinde. Allerdings nur im Originalton, die deutsche Synchro ist leider unter aller Sau und völlig entstellend.

P.S. "Skinhead Attitude" ist ja eine Dokumentation, von daher anderes Genre als der Namesgeber dieses Freds. ;)
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buxtebrawler
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Re: Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Beitrag von buxtebrawler »

„Wer hat dich denn die Treppe runtergestoßen?!“ – „Niemand – ich kann schon allein fallen!“

„Kahlschlag“ ist ein öffentlich-rechtlich produzierter Fernsehfilm aus dem Jahre 1993, der sich mit dem zunehmenden Rechtsradikalismus Jugendlicher in der Nach-Wende-Zeit auseinandersetzt. Regie führte der gebürtige Brasilianer Hanno Brühl, der damit nach „Sehnsucht“ seinen zweiten Spielfilm ablieferte.

Der Jugendliche Robin (Björn Jung, „Rembrandt“), Sohn von getrennt lebenden Eltern, der mit seiner Mutter (Angelika Zielcke, „Der Kommissar“) und seiner kleinen Schwester zusammenlebt und noch zur Schule geht, hat mit typischem Teenager-Frust zu kämpfen, ist ein pickliger Typ mit Scheißfrisur. Er beobachtet als Außenstehender, wie ein paar seiner Mitschüler (u.a. Willi Herren, „Lindenstraße“) sich dem Rechtsradikalismus verschreiben. Als er eines Tages von türkischstämmigen Jugendlichen abgezogen wird, vollzieht er einen folgenschweren Schritt: Er rasiert sich den Schädel kahl, glaubt, damit ein Skinhead zu sein und schließt sich den örtlichen Neo-Nazis an…

„Die türkische Übermacht!“

Als in den Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung der radikale Rechtsextremismus sprunghaft anstieg und immer mehr Jugendliche zu „Nazi-Skins“ mutierten, jener insbesondere durch ihre Gewalttätigkeit aufgefallenen Perversion der ursprünglichen Skinhead-Subkultur, gab es die verschiedensten Formen des Umgang mit diesem Phänomen seitens der Bildungsbürgerschaft, bis es schließlich auch in Form von TV-Spielfilmen aufgegriffen wurde – oft von Menschen, denen jeglicher Einblick in die Szene fehlte. Häufig übte man sich in einem Betroffenheitsspagat zwischen Verharmlosung und Dämonisierung, verarbeitete diverses Halbwissen und Klischees, die man aufgeschnappt hatte und bewies letztlich, dass man kaum Ahnung von der Materie hatte. Drehbuchautor Dieter Bongartz debütierte mit „Kahlschlag“ und lieferte zumindest einige gute Ansätze. So zeigt er zum einen die scheinbare Selbstverständlichkeit, mit der seinerzeit Nazi-Skins zum öffentlichen Bild in einigen deutschen Städten gehörten und mit der diese auf provokante Weise ihre Positionen vertraten. Auf diese Weise kommt Robin mit ihnen in Berührung, lernt sie als ein kultiviertes Außenseitertum kennen, mit deren Hilfe er sich aus seiner Opferrolle zu befreien erhofft und gleichzeitig auf sich aufmerksam machen, Eltern, Lehrer, Mitschüler etc. mit unreflektierter Ausländerfeindlichkeit provozieren und verstören kann – als Befreiungsschlag aus der Tristesse und durchaus mit Erfolg.

Bongartz und Brühl verwenden „Skinhead“ wie so viele damals als Synonym für Neo-Nazis mit kurzen Haaren und einem bestimmten Dresscode, vermutlich ohne es selbst besser gewusst zu haben. Dass Robin den modischen Fauxpas begeht, seine Hose gleich doppelt mit Gürtel und Hosenträgern zu sichern und darüber hinaus so überhaupt keine Ahnung vom Kult, dessen Musik etc. hat, liefert jedoch ein gar nicht einmal unrealistisches Bild von damaligen Szeneeinsteigern. Robin geht es ums Schockieren mittels Radikalität, um die totale Provokation. Mit seinen „Kameraden“ zieht er nun selbst Leute ab, sie beschmieren Wände mit Parolen, saufen Hansa-Pils aus Dosen – und lassen sich bereitwillig von älteren Nazi-Kadern infiltrieren und rekrutieren, die sich ob solcher noch formbarer junger Menschen diebisch die Hände reiben. So gerät Robin neben Partys, auf denen Pogo zur Naziband „Skrewdriver“ getanzt wird, in die Fänge der Scheitelnazis Bernd und Fritz, die ihn und seine Kumpel ideologisch indoktrinieren, zum Wehrsport treiben und mit Waffen ausstatten. Robins Freundin Claudia (Miriam Rosenstiel) hat sich von ihm abgewandt, er bändelt nun mit Mascha (Natascha Bonnermann, „Dr. Mad – Halbtot in weiß“), einem Mädchen aus der Nazi-Szene, an. Nachdem eine Prügelei mit Türken verlorenging (was der Film leider nicht zeigt), bläst man mit der ganzen Bande zum Überfall auf ein Jugendzentrum, „Oi! Oi! Skinhead, get your hair cut!“ skandierend (was ziemlicher Blödsinn ist, stammt das Zitat doch von der eindeutig nichtfaschistischen Band The Last Resort) und Mollies werfend. Eine Massenschlägerei mit den Besuchern des JUZ entbrennt, u.a. mit einer weiblichen Judo-Gruppe (!), die Bullen rücken an und stellen sich dazwischen, die Glatzen hauen ab.

Hier installiert „Kahlschlag“ nun den Punkt, an dem Robin umzudenken beginnt, denn beim Angriff wurde ein kleines Mädchen von Leuchtmunition getroffen. Robin bekommt Gewissensbisse, möchte wissen, wie es dem Opfer geht und bricht schließlich mit seinen „Kameraden“ – was zur Folge hat, dass sie nach seiner körperlichen Unversehrtheit trachten, sogar als er nach einem Verkehrsunfall auf einem geklauten Motorrad, bei dem unklar bleibt, ob es sich um einen Selbstmordversuch handelte, schwerverletzt im Krankenhaus landet. So zeichnet „Kahlschlag“ einen sicherlich nicht gänzlich an den Haaren herbeigezogenen Ein- und Ausstieg aus der Naziszene nach, die anfänglichen Bilder eines als unbefriedigend und trist empfundenen Alltags erzeugen durchaus eine gewisse Wirkung und die Familiensituation – alleinerziehende Mutter, getrennt lebender Bonzen-Vater (Wolfgang Kraßnitzer, „Unter Wölfen“), der seine Kinder nicht bei sich haben möchte – ist sicherlich eine alles andere als einfache und Geborgenheit spendende. Wenngleich die Darstellung der Faschisten bestimmt nicht ohne Überzeichnung auskommt, weist sie dennoch ausreichende Parallelen zur Realität auf. Offenbar hatte man sich diesbzgl. einige Informationen eingeholt; Nazi-Fritz als trotz seiner Ideologie Homosexuellen zu zeigen, der die Anwesenheit junger Knaben genießt, dürfte inspiriert worden sein von Michael Kühnen oder anderen schwulen Nazis. Das Happy End wurde sogar mit einem nachdenklichen, fast melancholischen Moment versehen. Die Glaubwürdigkeit der exemplarisch konstruierten Handlung leidet jedoch unter den mitunter laienhaften Darstellern. „Kahlschlag“ verzichtet derweil interessanterweise auf jegliche Erklärungsversuche, weshalb die Nazi-Ideologie so hanebüchen und hirnrissig ist, scheint in erster Linie lediglich die körperliche Gewalt zu verurteilen. Alternative, wirkliche Subkultur wie den wahren Skinhead-Kult, (Oi!-)Punk oder meinetwegen auch ganz etwas anderes bietet der Film zudem überhaupt nicht an, was indes kaum ein solcher Film tut und ich auch nicht erwartet habe, da dies vermutlich über den Horizont der Filmemacher hinausgegangen wäre. Inwieweit „Kahlschlag“ eine pädagogische Wirkung bei gefährdeten Jugendlichen oder bereits in die Szene eingetauchten Mitläufern zu erzielen in der Lage ist, sei daher einmal dahingestellt. Unterm Strich also lediglich ein durchschnittlicher Film, der sich wenigstens an seiner Thematik nicht gänzlich die Finger verbrennt. Für die Filmmusik zeichnet übrigens Piet Klocke verantwortlich, aber, nein, er hat keine RAC-Songs komponiert...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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FarfallaInsanguinata
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Re: Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Beitrag von FarfallaInsanguinata »

Eine erfreulich differenzierte Besprechung, lieber bux. :thup:
Du hast dir zwar wesentlich mehr Mühe gegeben als ich mit meinen beiden hingerotzten Kommentaren, unser Fazit scheint mir aber trotzdem relativ deckungsgleich.
Das es auch noch dümmer und Klischee-behafteter geht, zeigt dieses Beispiel ("Hass im Kopf") aus der selben Zeit. Alleine bei den Frisuren (Ulrike Panse ist der Brüller ... :palm: ) weiß ich nicht, ob ich mich totlachen oder vor Verzweiflung aus dem Fenster springen soll. Erstaunlicherweise lief der Film sogar auf Arte, einem Sender, der ansonsten ja eigentlich für ein Mindestmaß an Differenziertheit und Qualität bürgt.

[BBvideo][/BBvideo]

P.S. Um mal eine grundlegende Idee zu vermitteln, wie dilletantisch und bar jeglicher Wahrnehmung für die Realität derartige Fernsehfilme produziert wurden, will ich noch ein wenig über die bereits von mir erwähnte "Tatort" Episode "Voll auf Hass" berichten, da ich das Glück hatte, einen der dort auftretenden Komparsen persönlich kennenzulernen.
Nach seinen Erzählungen kam ein Teil der "Skinhead"-Darsteller aus dem damaligen Umfeld der Hafenstraße, die zu Zeiten der Dreharbeiten Skins ja eher verallgemeinernd als generelles Feindbild betrachtete, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Der andere Teil bestand aus Leuten aus Lübeck, die sich selbst wohl tatsächlich als Skins sahen, deswegen aber kaum authentischer rüberkamen. Mario Irrek war ja immerhin ein semi-bekannter Jungdarsteller, der aus der Punkszene stammte, selbst aber natürlich kein Skinhead war.
Die Drehbuchschreiber hatten meinem Bekannten zufolge keinen Schimmer vom Thema, ebenso wenig wie der Ausstattungs- und Kostümbereich. Deshalb kam das Filmteam immer wieder mit Ideen und Gegenständen, worauf die Darsteller ihnen jedes mal erklären mussten, dass Skinheads so etwas eigentlich gar nicht tun oder tragen, Turnschuhe anstatt Doc's, falsche Jacken etc.
Muss tatsächlich sogar recht amüsant für die teilnehmenden Komparsen gewesen sein. Bloß blöd, wenn dabei ein Film rauskommt, der eine gesamte Jugendkultur durch den Dreck zieht, nach dessen Genuss Otto-Normalbürger dann aber meint, er wüsste nun, was "Skinheads" sind und wie die denken und sich verhalten.

Passt nur bedingt in diesen Fred, ich weiß, aber thematisch sehr wohl. Außerdem fand ich das zu interessant, um es euch vorzuenthalten.
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Re: Kahlschlag - Hanno Brühl (1993)

Beitrag von buxtebrawler »

FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Eine erfreulich differenzierte Besprechung, lieber bux. :thup:
Vielen Dank.
FarfallaInsanguinata hat geschrieben:Du hast dir zwar wesentlich mehr Mühe gegeben als ich mit meinen beiden hingerotzten Kommentaren, unser Fazit scheint mir aber trotzdem relativ deckungsgleich.
Das es auch noch dümmer und Klischee-behafteter geht, zeigt dieses Beispiel ("Hass im Kopf") aus der selben Zeit. Alleine bei den Frisuren (Ulrike Panse ist der Brüller ... :palm: ) weiß ich nicht, ob ich mich totlachen oder vor Verzweiflung aus dem Fenster springen soll. Erstaunlicherweise lief der Film sogar auf Arte, einem Sender, der ansonsten ja eigentlich für ein Mindestmaß an Differenziertheit und Qualität bürgt.

[BBvideo][/BBvideo]

P.S. Um mal eine grundlegende Idee zu vermitteln, wie dilletantisch und bar jeglicher Wahrnehmung für die Realität derartige Fernsehfilme produziert wurden, will ich noch ein wenig über die bereits von mir erwähnte "Tatort" Episode "Voll auf Hass" berichten, da ich das Glück hatte, einen der dort auftretenden Komparsen persönlich kennenzulernen.
Nach seinen Erzählungen kam ein Teil der "Skinhead"-Darsteller aus dem damaligen Umfeld der Hafenstraße, die zu Zeiten der Dreharbeiten Skins ja eher verallgemeinernd als generelles Feindbild betrachtete, was durchaus auf Gegenseitigkeit beruhte. Der andere Teil bestand aus Leuten aus Lübeck, die sich selbst wohl tatsächlich als Skins sahen, deswegen aber kaum authentischer rüberkamen. Mario Irrek war ja immerhin ein semi-bekannter Jungdarsteller, der aus der Punkszene stammte, selbst aber natürlich kein Skinhead war.
Die Drehbuchschreiber hatten meinem Bekannten zufolge keinen Schimmer vom Thema, ebenso wenig wie der Ausstattungs- und Kostümbereich. Deshalb kam das Filmteam immer wieder mit Ideen und Gegenständen, worauf die Darsteller ihnen jedes mal erklären mussten, dass Skinheads so etwas eigentlich gar nicht tun oder tragen, Turnschuhe anstatt Doc's, falsche Jacken etc.
Muss tatsächlich sogar recht amüsant für die teilnehmenden Komparsen gewesen sein. Bloß blöd, wenn dabei ein Film rauskommt, der eine gesamte Jugendkultur durch den Dreck zieht, nach dessen Genuss Otto-Normalbürger dann aber meint, er wüsste nun, was "Skinheads" sind und wie die denken und sich verhalten.

Passt nur bedingt in diesen Fred, ich weiß, aber thematisch sehr wohl. Außerdem fand ich das zu interessant, um es euch vorzuenthalten.
Interessante Ausführungen und Einblicke, danke. Ich weiß gar nicht genau, welche Filme dieses Kalibers ich damals alle gesehen habe. Dass "Hass im Kopf" komplett bei YouTube verfügbar ist, ist ja klasse, werd ich mir mal anschauen!

Ich glaube, die ganze Form der Berichterstattung damals inkl. solcher Filme sorgte für eine Wechselwirkung mit der Neonazi-Szene: Irgendwelche dummen Kids betrachteten Filme wie diesen als Vorlage oder "Anleitung", wodurch diese Filme dann trotz aller Klischeehaftigkeit wiederum auch eine gewisse Authentizität aufwiesen, wenn sie eben solche Doofis porträtierten.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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