Kombat Sechzehn - Mirko Borscht (2005)
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Kombat Sechzehn - Mirko Borscht (2005)
Kombat Sechzehn
(Kombat Sechzehn)
mit Florian Bartholomäi, Falk Rockstroh, Ludwig Trepte, Christine Diensberg, Ali Hassan, Errol Shaker, Isabelle Mbarga, Adrian Topol, Tim Morten Uhlenbrock, Christoph Gerber, Petra Hartung, Max Mauff
Regie: Mirko Borscht
Drehbuch: Mirko Borscht / Jana Erdmann
Kamera: Alexander Fischerkoesen
Musik: Alexander Istschenko
FSK 16
Deutschland / 2005
Weil sein Vater sich beruflich verändert, muss Georg mit ihm von Frankfurt/Main nach Frankfurt/Oder umziehen. Dabei verliert der 16-Jährige nicht nur seinen Freundeskreis, er kann auch seine Hoffnungen auf den Gewinn des hessischen Landesmeistertitels im Taekwondo begraben. Am neuen Wohnort gerät er an Thomas, den Anführer einer rechtsradikalen Clique, der ihn mit dem Angebot eines Taekwondo-Trainingsraum ködert. Nach und nach lässt sich Georg immer mehr von den Neonazis vereinnahmen.
"Kombat Sechzehn" ist der erste und bisher leider einzige Spielfilm des Regisseurs Mirko Borscht und widmet sich der immer brisanten Thematik der rechten Szene, wobei diese in vorliegendem Fall eher etwas hintergründig beleuchtet wird. Im Mittelpunkt steht nämlich der junge Georg, der durch den Umzug in den Osten des Landes immer mehr die Kontrolle über sein noch junges Leben verliert und sich so ziemlich schnell in den falschen Kreisen bewegt. Manch einer mag eventuell andere Erwartungen an diesen Film gehabt haben, wird hier doch nicht die Nazi-Szene an sich unter die Lupe genommen, sondern vielmehr an einem Einzel-Schicksal eindrucksvoll dargestellt, wie schnell man doch den Parolen einer Gruppierung erliegen kann, die lediglich rassistische Äußerungen und falsche Versprechungen benutzt, um die Gutgläubigkeit zielloser Jugendlicher auszunutzen. Georg ist dabei zunächst überhaupt nicht für die rechte Gesinnung zu begeistern und setzt sich sogar sehr robust gegen Mitschüler Thomas und seine Freunde durch, die in der Schule das Sagen haben und sämtliche Mitschüler unterdrücken. Gleichzeitig gehören sie auch einer rechten Gruppierung an, die in der Folge zwar immer wieder einmal gezeigt wird, aber zu keiner Zeit das Hauptaugenmerk des Zuschauers auf sich lenkt.
Man bekommt stattdessen eine tiefer gehende Beleuchtung des Charakters von Georg geboten und kann dabei ziemlich hilflos mit ansehen, wie dem eigentlich starken Jungen immer mehr sein Leben aus den Händen gleitet, da der Umzug von Frankfurt/Main nach Frankfurt/Oder ihm förmlich den Boden unter den Füßen weg zieht. Florian Bartholomäi liefert in der Hauptrolle eine erstklassige darstellerische Leistung ab und mimt den jungen Mann mit einer Ausdrucksstärke, die man ohne Übertreibung als sehr beeindruckend bezeichnen kann. Diesem Aspekt ist es dann auch zu verdanken, das die Abläufe durchgehend einen extrem glaubwürdigen Eindruck hinterlassen und man sich als Betrachter unglaublich gut in die Person des Georg hinein versetzen kann. Immer wenn der Junge sich anscheinend mit dem neuen Leben zu arrangieren scheint erfolgt ein neuerlicher Schlag ins Kontor, denn nicht nur der Verlust seiner Freunde und seines geliebten Kampfsports beschäftigen die junge Seele, im Laufe der Ereignisse muss er auch noch feststellen, das auch seine Freundin sich schon längst über ihn hinweg getröstet hat. Das danach immer stärker eintretende Abdriften in die rechte Szene kann man nun zwar nicht unbedingt als logische Folge ansehen, doch steht die sogenannte Kameradschaft doch als Symbol für Halt und Festigkeit im Leben eines Heranwachsenden, der die wahre Orientierung längst aus den Augen verloren hat.
Wer nun auf explizite Gewaltdarstellungen oder andersartige Aktionen der Faschos hofft sieht sich enttäuscht, denn bis auf kleinere Ausnahmen unter den Schülern gibt es in dieser Beziehung nichts zu sehen. Die Geschichte konzentriert sich weiterhin auf den seelischen und körperlichen Verfall und rückt auch immer stärker die zweite Hauptfigur Thomas (Ludwig Trepte) in den Fokus. Trotz unzähliger Unterschiede zwischen den beiden jungen Männern entwickelt sich immer mehr eine Art Freundschaft und zum Ende hin muss insbesondere Thomas sich entscheiden, welchen Weg er nun letztendlich einschlagen will. "Kombat Sechzehn" ist also nicht einer der ansonsten üblichen Genre-Vertreter in denen das Thema Rechtsradikalismus thematisiert wird, hier stehen vielmehr Einzelschicksale im Mittelpunkt und die Nazi-Seite dient lediglich als eine Auffangstation für orientierungslose Jugendliche, die zudem auch noch durch seelischen Schmerz leicht zu manipulieren sind. Dennoch wird die Gefahr von der rechten Seite jederzeit bedrohlich in Szene gesetzt, denn allein schon die Zustände an der Schule lassen nichts Gutes erwarten, haben dort doch ganz augenscheinlich diverse Schüler das Zepter übernommen.
Die teils negativen Kritiken zu diesem schon 2005 erschienenen Werk kann ich ehrlich gesagt nicht so ganz nachvollziehen, wahrscheinlich wird aber so manch einer mit einer falschen Erwartungshaltung an den Film heran gegangen sein. Mirko Borscht hat aber meiner Meinung nach alles richtig gemacht und zeigt eine Geschichte, die einerseits Platz für emotionale Momente lässt, auf der anderen Seite aber auch ganz klar aufzeigt, wie schnell man doich der rechten Versuchung erliegen kann, wenn einem durch gewisse Umstände der Boden unter den Füßen weg gezogen wird.
Fazit:
"Kombat Sechzehn" ist ein starkes Stück deutscher Film, der sich einmal nicht so intensiv mit der rechten Szene an sich auseinandersetzt, sondern vielmehr an einem Einzelschicksal eindrucksvoll aufzeigt, wie schnell man doch in diese abrutschen kann. Stark bebildert entfacht das Werk ein Höchstmaß an Intensität, die sich ganz unweigerlich auch auf den Zuschauer überträgt.
8/10
Big Brother is watching you