Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste - I. Suba (2013)

Moderator: jogiwan

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Salvatore Baccaro
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Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste - I. Suba (2013)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

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Originaltitel: Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste

Produktionsland: Deutschland 2013

Regie: Isabell Suba

Darsteller: Anne Haug, Matthias Weidenhöfer, Eva Bay
Die Prämisse, die wir im Abspann, nach ein bisschen mehr als siebzig Minuten verraten bekommen, lautet wie folgt: „2012 wurde die ,echte‘ Isabell Suba mit ihrem Kurzfilm CHICA XX MUJER nach Cannes eingeladen. Auf dem Festival akkreditierte sie sich als Filmstudentin Anne Woelky. Ihre Identität gab sie an Schauspielerin Anne Haug ab. Dieser Film entstand ohne Gagen in fünf Drehtagen.“ Frau Haug schlüpft nun also in die Rolle von Frau Suba, und während Frau Suba die, zumeist desaströsten, Erlebnisse ihres alter egos auf dem Filmfestival als vermeintliche Filmstudentin mit der Kamera begleitet, verkörpert Matthias Weidenhöfer, der tatsächliche Produzent Frau Subas, ebenfalls Frau Haugs bzw. Frau Subas Produzent in der Fiktion. Dabei besteht MÄNNER ZEIGEN FILME UND FRAUEN IHRE BRÜSTE logischerweise zu einem gewissen Teil aus Szenen, in denen beispielweise Frau Haug in ihrer Rolle als Frau Suba dieser zugedachte Preise und Ehrungen entgegennimmt, aus Aufnahmen vom roten Teppich, wo Frau Suba in ihrer Rolle als Frau Woelky die glitzernden, ewig grinsenden Sterne und Sternchen einfängt, aus kurzen Interviewschnipseln von Filmfestspielgästen, darunter ein ebenfalls junger, aufstrebender Produzent, der Binsenweisheiten darüber vom Stapel lässt wie es ist, seinen Traum zu leben, - und sich dabei mit einer Hummel vergleicht, jedoch genauso aus reinen Spielszenen, in denen Frau Haug und Herr Weidenhöfer als höchst explosives Kunstschaffensgespann sich unaufhörlich in den Haaren liegen und von einer unangenehmen Situation in die nächste schlittern. Tatsächlich machen letztere Sequenzen den Großteil von MÄNNER ZEIGEN FILME UND FRAUEN IHRE BRÜSTE aus. Obgleich die Prämisse sich, zumindest für mich, auf dem Papier ausgesprochen interessant angehört: wirklich ausgearbeitet hat Isabell Suba ihre Idee nicht, sodass sich der dokumentarische Anteil ihres ersten Spielfilms auf ein Minimum beschränkt. Die meisten Möglichkeiten, die sich für einen kritischen Blick auf eine Veranstaltung wie Cannes durch den Rollentausch zwischen Regisseurin und Schauspielerin geboten hätten, bleiben ungenutzt liegen, sodass MÄNNER ZEIGEN FILME UND FRAUEN IHRE BRÜSTE im Großen und Ganzen, einmal abgesehen von seinem gewollt unprofessionellem Look, funktioniert wie ein herkömmlicher Spielfilm, der eine, wenn auch nicht klassische und wenn auch nicht dramaturgisch besonders ausgefeilte, Geschichte erzählt.

Diese Geschichte nun lautet aber wie folgt: Isabell Suba und Matthias Weidenhöfer haben große Pläne für ihre gemeinsame Zukunft. Nachdem ihr Kurzfilm CHICA XX MUJER es immerhin bis nach Cannes geschafft hat, soll dort ihr nächstes Projekt, ein Neunzigminüter namens DEAR SHERIFF, beworben werden. Konfliktpotential besteht indes von Anfang an zwischen unseren beiden Helden. Mit Suba, lesbisch, feministisch, verbissen, sorgenvoll, und Weidenhöfer, verheiratet, promiskuitiv, selbstverliebt und sorglos, prallen zwei Welten aufeinander, von denen es einem sich vorzustellen schwerfällt, dass sie überhaupt jemals in irgendeiner Form miteinander harmoniert haben sollen. Während Matthias seine Zeit in Cannes wohl vor allem für Frauen und Partys nutzen möchte und Isabell jedweden beruflichen Misserfolg fürchtet wie einen Weltuntergang, verschwitzt man in schöner Regelmäßigkeit wichtige Termine, streitet sich bei Interviews vor namhaften Journalisten, versucht sich gegenseitig weibliche Sexualpartner auszuspannen, und führt vor allem schier endlose Diskussionen über das Verhältnis der Geschlechter, die Benachteiligung von Frauen im Filmbusiness und darüber, ob man überhaupt noch zusammenarbeiten möchte - und wenn, wie. Als dann auch noch eine Ex-Freundin Isabells auftaucht, die, erneut, beide scharffinden, weshalb sie sie kurzerhand in ihrem sowieso schon vollbesetzten Appartement einquartieren, verkompliziert das die Situation zunächst mehr als dass es sie lockert…

Der Titel deutet es bereits an: Isabell Suba verfolgt mit ihrem Film eine durchaus politische Agenda. Ihrer Meinung nach sind weibliche Regisseure nicht nur innerhalb der Kinogeschichte deutlich unterpräsentiert – eine Liste der imdb, die sie in einem youtube-Video für ein Gleichstellungsprojekt in der Filmbranche vorführt und die die angeblich wichtigsten, besten Filmemacher aufführt, nennt die erste Frau erst auf Platz 191 -, sondern auch in der unmittelbaren Gegenwart noch benachteiligt, konkret was Gagen und Aufträge betrifft. Niemals wird MÄNNER ZEIGEN FILME UND FRAUEN IHRE BRÜSTE jedoch in irgendeiner Weise zum Ausdruck eines kämpferischen Gleichstellungsauftags, stattdessen schafft es Suba - was ihr mit der Rollentauschgeschichte zwischen Frau Haug und ihr selbst nicht sonderlich geglückt ist - ihr Anliegen geschickt in die Narration einzubauen, und immer mal wieder, quasi beiläufig, auf es zu verweisen. Hilfreich hierfür ist es, dass ihre beiden Hauptdarsteller, deren schauspielerische Leistungen, meiner Meinung nach, tadellos sind, so etwas wie zwei völlig entgegengesetzte Pole verkörpern, ohne dass sie zu bloßen Karikaturen verkommen würden. Beide, der eher chauvinistische Weidenhöfer wie die eher feministische Suba, haben ihre liebenswerten, zerbrechlichen Personenanteile, können einem, und einander, aber genauso oft und gerne einfach nur auf die Nerven gehen.

Das mit den Nerven, auf denen MÄNNER ZEIGEN FILME UND FRAUEN IHRE BRÜSTE bei vollem Bewusstsein herumtrampelt, ist übrigens wörtlich zu verstehen. Es kann durchaus anstrengend werden, wenn Regisseurin und Produzent sich zum hundertsten Mal an die Hälse gehen, und sich im Grunde damit immer mehr die Möglichkeit verbauen, in Cannes an Geldgeber für zukünftige Projekte zu kommen – zumal vorliegender Film zu neunzig Prozent aus nichts anderem besteht als genau solchen Streitszenen. Dennoch – oder gerade deswegen – war Subas Film eine regelrechte Erfrischung für mich. Auch wenn die Grundidee, wie gesagt, über eine bloße Skizze nicht herauskommt und auch wenn der Film letztlich auf nichts wirklich hinausläuft und sein Ende recht zufällig gesetzt ist: MÄNNER ZEIGEN FILME UND FRAUEN IHRE BRÜSTE hat mich nicht nur nicht schlecht unterhalten, sondern zugleich meiner Geduld einem interessanten Test unterzogen: wie lange kann man Menschen zuschauen, die sich gegenseitig ankotzen, ohne dass man selbst davon angekotzt wird?
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Onkel Joe
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Re: Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste - I. Suba (2013)

Beitrag von Onkel Joe »

Hahaha...ein Geiler Titel, wenn das mal nicht zu uns passt: "Männer zeigen Filme und Frauen ihre Brüste!

Das muss als Logo auf das nächste Shirt :lol:
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
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Salvatore Baccaro
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Re: Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste - I. Suba (2013)

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Onkel Joe hat geschrieben:Das muss als Logo auf das nächste Shirt :lol:
Jetzt, wo Du es sagst... ;-)
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McBrewer
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Re: Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste - I. Suba (2013)

Beitrag von McBrewer »

Salvatore Baccaro hat geschrieben:
Onkel Joe hat geschrieben:Das muss als Logo auf das nächste Shirt :lol:
Jetzt, wo Du es sagst... ;-)
*dafür*
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purgatorio
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Re: Männer zeigen Filme & Frauen ihre Brüste - I. Suba (2013)

Beitrag von purgatorio »

wie konnte eine so großartige Headline nur unbemerkt an diesem Forum vorbeigehen? Danke Salvatore, dass du solch Zeugs ausgräbst! 8-)
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
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