MASKS - Andreas Marschall (2011)

Moderator: jogiwan

purgatorio
Beiträge: 15637
Registriert: Mo 25. Apr 2011, 19:35
Wohnort: Dresden

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von purgatorio »

MASKS (MASKS, Deutschland 2011, Andreas Marschall)

Die gestrige Zweitsichtung bestätigte mich: Sicherlich, hier und dort gibt’s etwas zu meckern, insgesamt ist MASKS aber ein ziemlich guter Film. Und selbstredend ist Susen zum schmachten :mrgreen: :sabber: Ich bleibe bei 7/10
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40648
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von buxtebrawler »

Der Deutsche Andreas Marschall ist nicht nur Comiczeichner und Gestalter von Plattencovern beispielsweise für Bands wie „Blind Guardian“ und „Kreator“, hin und wieder strebt er auch nach (noch) Höherem und nimmt auf dem Regiestuhl platz. So inszenierte er 1990 für „Kreator“ den Musik-/Horrorfilm „Hallucinative Comas“, drehte 2004 schließlich seinen ersten eigenständigen Horrorfilm „Tears of Kali“ und acht Jahre später die Hommage an das italienische Genrekino der 1970er „Masks“, für den er auch das Drehbuch verfasste:

Die angehende Schauspielerin Stella (Susen Ermich) fiel wieder einmal durch die Aufnahmeprüfung einer Schauspielschule. Doch einer der Prüfer gibt ihr den vielversprechenden Hinweis auf eine spezielle Lehreinrichtung am Rande Berlins, der „Matteusz Gdula“-Schule, die nach ihrem Gründer benannt wurde. Dessen zweifelhafte Methoden kosteten in den 1970ern einige Schüler das Leben, woraufhin Gdula den Freitod gewählt haben soll. Stella wird aufgenommen, stößt jedoch bei ihren Mitschülern nicht sonderlich auf Gegenliebe. Eine Freundin findet sich lediglich in Cecile (Julita Witt). Zudem birgt die Schule ein düsteres Geheimnis, das Stella schließlich in Lebensgefahr bringt…

Vereinfacht ausgedrückt ist „Masks“ ein Horror-Giallo aus deutschen Landen. Er versteht sich als Ehrerbietung an die alten Italo-Meister Bava, Argento und Martino, die in längst vergangenen Jahrzehnten mit ihren Gialli und Horrorfilmen auf sich aufmerksam machten und stilistisch eigenständige Werke mit einer einzigartigen, unverkennbaren Ästhetik schufen. Marschall orientiert sich dabei weniger an klassischen Gialli, sondern vornehmlich an Argentos Farbenrausch „Suspiria“, der trotz vieler gialloesker Elemente vorrangig dem Horror-Genre zuzuordnen ist. Marschall geht gar so weit, aus „Masks“ ein Quasi-Remake zu machen, das von Freiburg nach Berlin umgesiedelt wurde und statt in einer Ballett- in einer Schauspielschule spielt. Das mag wenig originell erscheinen, wird von mir jedoch als durchaus spannende Ausgangssituation für eine solche Hommage aufgefasst – zumal die Handlung auch im Original eher nebensächlich war; stattdessen ging es um Bildgewalt, um Stimmungen, um die vielzitierte Atmosphäre.

Bei aller Orientierung am großen Vorbild begehen Marschall und sein Team nicht den Fehler, eine bavaeske bzw. argentoeske Farbästhetik/-dramaturgie 1:1 kopieren zu wollen. Man setzt eigene stilistische Akzente, ist in der Bildkomposition unschwer zu erkennen inspiriert und greift auf bekannte Charakteristika (wie den Zooms auf die Augenpartien) zurück, taucht „Masks“ jedoch weder in Neon-Farbfilter noch in absonderliche Illumination. Diese eher zurückhaltende, sich nicht überschätzende, dennoch eindeutige Akzente setzende und effektive Herangehensweise an die Kameraarbeit gefällt mir ausgesprochen gut und sollte positiv zu einem niederschwelligen Eintritt in diese spezielle Kinowelt gerade auch für Genreunerfahrene beitragen. Die sich ins Ohr schmeichelnde Titelmelodie wird auf der Gitarre gezupft und im weiteren Verlauf bescheren Sebastian Levermann und Nils Weise „Masks“ eine wohlklingende, von klassischen Italo-Kino-Komponisten nicht unbeeinflusste musikalische Untermalung, die zwar vielleicht nicht das Zeug zum Klassiker hat, jedoch hörbar liebevoll ausgewählt und arrangiert wurde. Besonders gelungen ist die punktgenau auf die Szenen abgestimmte und kreative Arbeit mit Klangeffekten.

Schon der Prolog mit seiner fiesen Fingernagelszene hat mich gepackt und durch einen Stoß ins kalte Wasser auf die zu erwartenden Gemeinheiten eingestimmt. So kommt es dann auch erwartungsgemäß zu herben Schocks, unangenehmen Gewaltausbrüchen und sehr grafischen Morden – wohldosiert und schaurig-ästhetisch. Die Charakterisierung der Rollen konzentriert sich vornehmlich auf Stella und Cecile, wobei letztere geheimnisvoll und undurchsichtig bleibt, die Freundschaft Stellas zu ihr immer von einer gefahrvollen Aura umgeben, aber auch alternativlos bleibt. Innerhalb dieser faktischen Isolation, die erst auf den zweiten Blick als solche erkannt werden kann – immerhin ist Stella umgeben von Mitmenschen –, appelliert „Masks“ an mögliche leidvolle Erfahrungen, die der eine oder andere Zuschauer im Kindheitsalter auf Schulausflügen, Klassenfahrten oder unmittelbar in Internaten o.ä. gemacht haben und sich tief ins emotionale Unterbewusstsein eingespeichert haben könnten. In diesem Zusammenhang ist die Charakterzeichnung Stellas als besonders emanzipatorisch zu betrachten, da sie aus ihr eine ambitionierte, eigensinnige, neugierige, kämpferische Frau macht, statt sie zum Metzelfutter zu degradieren. Das Finale ist nicht nur für „Suspiria“-Kenner ein gutes Stück weit hervorsehbar, doch bleibt die Frage, wie eng man sich an ihm orientiert oder wie man es evtl. variiert – was ich hier nicht verrate. Doch auch ohne diesen Spannungseffekt ist der betont entschleunigt erzählte Film faszinierend anzuschauen, außer, wenn er gerade stellenweise zu langsam wird und trotz seines ‘70er-Tribut-Charakters Timing-Probleme bekommt. Die guten Leistungen der zum Teil direkt aus der echten Schauspielschule, in der „Masks“ spielt, verpflichteten Darsteller lassen diese Schwankungen schnell verzeihen, die morbide, konspirative Mystery-Stimmung bleibt konsequent erhalten und wird zum sicheren Begleiter bis zum Abspann, in dem Marschall wie dereinst Argento in „Opera“ und „Phenomena“ zum Heavy Metal greift und die Gruppe „Orden Ogan“, der Sebastian Levermann als Gitarrist, Keyboarder und Sänger vorsteht, das Stück „Winds of Vale“ darbieten lässt.

Neben „Suspiria“ fällt mir aber noch ein ganz anderer Vergleich ein, der sich zwar nicht so sehr aufdrängt, meines Erachtens aber nicht ganz von der Hand zu weisen ist: „Masks“ erinnert mich bisweilen, was seinen Härtegrad und die – wenn man so will – Aussage betrifft, an „Saw“, verquickt das Torture-Element geschickt mit seinem Retro-Stil. Bei allem Lob fühle ich mich aber genötigt, nicht unerwähnt zu lassen, dass „Masks“ keine epochale Pomp-Produktion ist, sondern sichtbar mit einem begrenzten Budget zu arbeiten hatte und man ihm diesen Umstand auch dann und wann ansieht. Diese Kenntnis beugt hoffentlich falschen Erwartungshaltungen vor, soll jedoch ausdrücklich nicht bedeuten, dass „Masks“ ein Amateurprodukt oder eine Fernsehkrimi-Produktion wäre. Nein, hier wurde ökonomisch gearbeitet, alle scheinen an einem Strang zu ziehen und das Ergebnis wirkt rundum gelungen. Mögliche Kritikpunkte wie dieser oder auch mangelnde Originalität, Überraschungsarmut etc. stören mich in diesem Falle kaum. Ich bin positiv beeindruckt von „Masks“, obwohl ich mich bisher an andere Giallo-Tribute nicht herangetraut habe – und Marschalls Film ohnehin eher als Verneigung vor gialloeskem Italo-Horror verstehe, was dann ja (glücklicherweise?) doch noch einmal etwas anderes ist. 7,5 von 10 von Nachwuchsschaupielerinnen opfere ich diesem Unterfangen gern!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 39405
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von jogiwan »

Schon sehr seltsam, dass dieser uninspirierte Genre-Quirks mit seinen Suspiria-Imitations-Szenen überall so gut ankommt. Muss wohl daran liegen, dass deutsche Genre-Produktionen ansonsten ja noch viel schlechter sind. Trotzdem maximal Durchschnitt mit Abzug für plumpe Kopieren...

PS: eine gute Geschichte braucht auch nicht unbedingt ein großes Budget, aber das ist gerade das, was "Masks" so offensichtlich fehlt!
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
Benutzeravatar
Reinifilm
Beiträge: 6241
Registriert: Mo 8. Feb 2010, 10:57
Wohnort: Bembeltown
Kontaktdaten:

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von Reinifilm »

jogiwan hat geschrieben:Schon sehr seltsam, dass dieser uninspirierte Genre-Quirks mit seinen Suspiria-Imitations-Szenen überall so gut ankommt. Muss wohl daran liegen, dass deutsche Genre-Produktionen ansonsten ja noch viel schlechter sind. Trotzdem maximal Durchschnitt mit Abzug für plumpe Kopieren...

PS: eine gute Geschichte braucht auch nicht unbedingt ein großes Budget, aber das ist gerade das, was "Masks" so offensichtlich fehlt!
Ähem... Der Hellraiser hat dich gerade nochmal gerettet, Freundschen... :mrgreen:
_______________________________________________________
http://www.reinifilm.blogspot.com / https://bfilmbasterds.de/
Benutzeravatar
Die Kroete
Beiträge: 1254
Registriert: So 2. Okt 2011, 11:08

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von Die Kroete »

Da hier alle, mit Ausnahme von Jogi und dem Onkel, begeistert scheinen, muß ich mir den wohl doch noch mal antun ?! :o
Benutzeravatar
horror1966
Beiträge: 5597
Registriert: Mo 7. Jun 2010, 01:46
Wohnort: Hildesheim

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von horror1966 »

Der jogi nörgelt doch schon allein aus Prinzip. :kicher:
Big Brother is watching you
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40648
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von buxtebrawler »

Reinifilm hat geschrieben:Ähem... Der Hellraiser hat dich gerade nochmal gerettet, Freundschen... :mrgreen:
Da geht anscheinend einfach wieder mal die Deutschen-Feindlichkeit mit unserem österreichischen Geschmacksdiktator durch ;)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
CamperVan.Helsing
Beiträge: 10905
Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

buxtebrawler hat geschrieben:
Doch einer der Prüfung gibt ihr den vielversprechenden Hinweis auf eine spezielle Lehreinrichtung am Rande Berlins,
:?
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40648
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von buxtebrawler »

ugo-piazza hat geschrieben:
buxtebrawler hat geschrieben:
Doch einer der Prüfung gibt ihr den vielversprechenden Hinweis auf eine spezielle Lehreinrichtung am Rande Berlins,
:?
Ah, jetzt, ja. Korrigiert - sollte natürlich "Prüfer" heißen.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
italostrikesback
Beiträge: 726
Registriert: Mi 23. Dez 2009, 18:53

Re: MASKS - Andreas Marschall (2011)

Beitrag von italostrikesback »

Bei mir klingt es ja immer gleich so schlimm aber ich kann einfach nicht verstehen was man an dem Film gut finden kann und ihn dann noch mit Argento zu vergleichen. Kopfschüttel.
Antworten