MitGift (Deutschland 1975, Originaltitel: MitGift)
Senta und Mario giften sich an
Alice (Senta Berger) will sich das Vermögen ihres Ehegatten unten den Nagel reissen, mit Hilfe von Edgar (Mario Adorf) gelingt das Unterfangen ohne grössere Probleme. Inzwischen sind Alice und Edgar verheiratet, doch die Ehe ist alles andere als glücklich. Längst vergnügt sich Alice mit einem neuem Liebhaber, dem gebildeten und zuvorkommenden Dr. Kurt Jahn (Ron Ely). Edgar fühlt sich gedemütigt, schamlos setzt ihm seine Frau immer wieder Hörner auf, bringt ihren Lover sogar mit nach Hause. In Edgar reift ein teuflischer Plan, der ihn von Alice befreien soll, allerdings ist auch Alice keineswegs untätig...
Regisseur Michael Verhoeven besetzte die weibliche Hauptrolle mit seiner Ehefrau Senta Berger. Das harmonische Paar gründete bereits 1965 die Sentana Film GmbH, unter deren Banner auch "MitGift" produziert wurde. "MitGift" kommt als Mix aus Krimi und Drama daher, Schwarzer Humor verpasst dem Streifen zusätzliche Würze. Ohne Umschweife wird der Zuschauer in die Handlung geworfen. So werden wir zunächst Zeuge des Mordes am lästigen Ehemann, wenig später sind Alice und Edgar bereits als unzufriedenes Ehepaar zu sehen. Verhoeven verlässt sich weitgehend auf die Qualität der Erzählung, sowie die Klasse seiner Schauspieler, wildes Gegeifer und/oder Ausbrüche von Gewalt spielen nur eine untergeordnete Rolle. Teils greift der Regisseur zu einer sehr offensichtlichen "Holzhammer-Symbolik", wie z.B. den Geräuschen eines verstimmten Klaviers während des gemeinsamen Frühstücks von Alice und Edgar. Noch dicker wird beim Dinner aufgetragen, als ein kräftiges Gewitter das Fenster des Esszimmers aufreisst, während sich Ehefrau, Ehemann und Geliebter gegenseitig am Speisetisch belauern. Dem Unterhaltungswert tun diese Momente freilich keinen Abbruch, zumal Verhoeven nie in wirklich verquaste Strukturen abdriftet.
Es macht jede Menge Freude dabei zuzusehen, wie sich Senta Berger und Mario Adorf wie Raubtiere auf dem Sprung umkreisen. Senta Berger kann -einmal mehr- eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass sie viel mehr als ein hübsches Gesicht zu bieten hat. Als Alice schaltet sie unvermittelt zwischen leidenschaftlicher Frau und eiskaltem Miststück um, fügt dem Charakter aber auch zarte und verletzliche Seiten hinzu. Mario Adorf macht sich als fauler Taugenichts einen schönen Tag, die Gattin zückt bei Bedarf das Scheckbuch. Doch die Eifersucht nagt, die eigene Nutzlosigkeit mündet in wilder Verzweiflung. Die beiden Hauptfiguren glänzen in jeder Hinsicht, aber auch die Nebenrollen sind hochklassig besetzt. Ron Ely gibt den aalglatten Gegenpol zu Mario Adorf, der kultivierte Wissenschaftler trifft auf den polternden Proleten. Bei genauer Betrachtung muss jedoch auch Ron Ely als Dr. Jahn Federn lassen, schon ein Blick auf seine berufliche Tätigkeit sorgt für unterschwelliges Unbehagen, dient nicht nur als geschickte Vorlage für den weiteren Verlauf der Ereignisse. Später soll sogar der smarte Doktortitel-Träger die Contenance verlieren, Alice bringt jeden Mann aus der Fassung. Elisabeth Flickenschildt hat in "MitGift" einen ihrer letzten Auftritte, die 1977 verstorbene Schauspielerin sehen wir als Mutter des zunehmend zerbrechenden Edgar. Flickenschildt umgibt -wie so oft- eine regelrecht unheimliche Aura, der man sich kaum zu entziehen vermag. Helmut Qualtinger und Friedrich von Thun sind als Polizisten am Start, Qualtinger gibt den behaarlichen Spürhund, von Thun das unbeholfene Helferlein. Zum Finale verlagert sich die Handlung mehr und mehr nach Italien, der Fan des italienischen Kinos darf sich auf ein Wiedersehen mit Luigi Pistilli und Silvano Tranquilli freuen. Pistilli hat als knarziger Gesetzeshüter nicht allzu viele Szenen, spielt diese aber wie üblich erstklassig.
"MitGift" mag kein grandioser Überflieger sein, bietet dem Filmfreund jedoch sehr ansprechende Unterhaltung. Eventuelle Kritikpunkte dämpfen die Freude nur unerheblich, das Ende ist konsequent, gleichzeitig recht vorhersehbar. Der Film wurde sehr ansprechend fotographiert, der Score setzt in erster Linie auf klassische Musik, mutet aber glücklicherweise nie nach kitschigem und abgenudeltem Orchester-/Streichergeschleim an.
Seit einigen Monaten ist "MitGift" auf DVD erhältlich. Die Scheibe taucht auch ab und an als "Supermarktware" auf, dementsprechend ist sie in diesen Fällen für wenig Geld erhältlich. Qualitätsfetischisten werden sich nicht mit dieser Auswertung anfreunden können, insgesamt kann man mit dem gebotenen Bild leben. Leider führt die DVD keinerlei Boni im Gepäck, selbst auf ein halbwegs ansprechend gestaltetes Menü wurde verzichtet. Lieber eine mittelprächtige DVD, als gar keine DVD. Dennoch hätte dieser feine Film eine liebevollere Aufbereitung verdient. Für Filmfreunde gibt es eine Empfehlung, für Pixelzähler ist der Silberling nicht geeignet.
7/10 (gut)
Lieblingszitat:
"Ohrensausen und Magenschmerzen"