Obszön - Der Fall Peter Herzl - Hans-Christof Stenzel
Moderator: jogiwan
Obszön - Der Fall Peter Herzl - Hans-Christof Stenzel
Originaltitel: Obszön - Der Fall Peter Herzl
Herstellungsland: Deutschland/Österreich/1981
Regie: Hans-Christof Stenzel
Darsteller: Volker Spengler, Lydia Kreibohm, Karina Fallenstein, Heinz Schubert, Hanno Pöschl, Monica Bleibtreu
und Dorothea Moritz.
STORY:
Der Deutsche Peter Herzl wird auf der Autobahn Richtung Wien von zwei dilettantischen Terroristen überfallen und gerät prompt ins Visier des ominösen „Amtes für antidemokratische Umtriebe“, das ihn zum Staatsfeind Nr.1 hochstilisiert. Kathi, eine Wiener Prostituierte, versteckt Herzl in ihrer Wohnung. In der festungsartigen Gemeindewohnanlage des Wiener Karl Marx-Hofes hat er alles, was er braucht: Unterschlupf, Schutz und eine Quartiergeberin, die sich aufopferungsvoll um seine sexuellen Bedürfnisse kümmert. Wenn da nicht die minderjährige Tochter der Prostituierten wäre, die das ausgelassene Treiben mit Argusaugen beobachtet und auch gerne mitmachen würde. Und Kathis Zuhälter wittert das große Geld, wenn er Herzl an die Behörden verrät. Wenn das nur mal gut geht …
Text by: www.Filmtipps.at
Demnächst erhältlich als DVD von CMV !
Wer tanzen will, muss die Musik bezahlen!
Re: Obszön - Der Fall Peter Herzl - Hans-Christof Stenzel
Der arbeitslose Diplom-Soziologe Peter Herzl (Volker Spengler) fährt mit seiner 2CV-Ente vom Urlaub in Jugoslawien zurück in die BRD. Kurz nach dem Grenzübergang nimmt der Linkssympathisant zwei Autostopper mit, die ihm jedoch schon nach kurzer Zeit eine Pistole an den Kopf halten. Herzl lenkt sein Auto in den Graben und wird dennoch von den beiden Mitgliedern einer terroristischen Vereinigung überfallen und ausgeraubt. Durch eine Verkettung unglücklicher Umstände nimmt die Polizei jedoch bereits kurze Zeit später an, dass es sich bei Herzl um den Kopf der terroristischen Vereinigung handelt, die hinter einer Entführung stecken und startet eine medienwirksame Kampagne.
Herzl ist unterdessen nach Wien geflüchtet und taucht bei der gutmütigen Prostituierten Kathi (Lydia Kreibaum) unter, die mit ihrer frühreifen Tochter Edeltraut (Karina Fallenstein) in einem heruntergekommenen Sozialbau lebt. Kathi hat eine inzestuöse Beziehung zu ihrer Tochter, die über den Neuzugang in der Familie natürlich wenig begeistert ist. Doch schon wenig später wendet sich das Blatt und Edeltraut zeigt zunehmend sexuelles Interesse an dem neuen Freund der Mutter. Als die Suche nach Peter verstärkt wird und auch eine Prämie für die Ergreifung des mutmaßlichen Terroristen ausgesetzt wird, wittert Joe (Hanno Pöschl) - der Zuhälter von Kathi - das schnelle Geld und verpfeift Herzl bei der Polizei, die auch sogleich mit Sondereinsatztruppe und Kamerateam zur Stelle sind, um Herzl medienwirksam zu verhaften oder gleich zu erschießen…
Es ist ja immer wieder verwunderlich, welche deutschsprachigen Filme im Laufe der Zeit nun wieder ausgegraben werden, über die jahrzehntelang der Mantel des Schweigens gehüllt wurde. „Obszön – der Fall Peter Herzl“ von Regisseur Hans-Christof Stenzel ist wohl einer dieser Filme, die trotz österreichischer Filmförderung und unter Mitwirkung doch einiger sehr bekannter Schauspieler wohl niemals in einem öffentlich-rechtlichen Sender laufen würden. Die mit bislang gänzlich unbekannte und bissige Satire über Polizeiarbeit, linker Terrorismus und Prostitution ist auch ein ziemlich obskures Werk, wie es wohl auch nur aus Österreich kommen kann und als Mischung aus Ulrich Seidls „Hundtage“ und der Kultserie „Kottan ermittelt“ auch keinen Fan der eben genannte Filme und Serien enttäuschen wird.
Die Geschichte des Links-Sympathisanten, der durch Zufall auf der Gastarbeiterroute von zwei Anarchisten ausgeraubt wird und darauf selbst zur Zielscheibe polizeilicher Ermittlungen wird, ist ja schon etwas grotesk ausgefallen. Doch Herzl kümmert sich wenig darum, dass er gesucht wird, und gibt sich lieber fleischlichen Genüssen mit Mutter und Tochter hin. Als wenig später klar wird, dass es sich bei dem Gesuchten jedoch um einen harmlosen Diplom-Soziologen aus Wupptertal handelt, ist das der Polizei jedoch ebenfalls herzlich egal, da diese dringend einen Täter für Rundfunkt, Print und Fernsehen benötigen. Und so wird Herzl kurzerhand zum Ziel einer medialen Hetzkampagne, die letztendlich auch in einem dubiosen Polizei- Zugriff samt sensationsgeilem Mob in der Karl-Marx-Siedlung in Wien endet, der seinesgleichen in der Filmgeschichte sucht.
Es gibt wohl wenig, dass Regisseur Hans-Christof Stenzel in seinem 1981 gedrehten Rundumschlaf auf sensationsgeile Medien, korrupte und unfähige Polizisten, linken Terroristen, Politiker und Prostituierte ausgelassen hat. Die Geschichte mit den Autostoppern ist eindeutig an die RAF und deren Entführung des deutschen Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer im Jahre 1977 angelehnt. Allerdings ist dieses nur der Aufhänger um in bester „Kottan-Manier“ den Polizeiapparat und seine teils seltsamen Ermittlungsmethoden kritisch zu hinterfragen und bissig zu kommentieren. Den rasch wird klar, dass es sich bei Peter Herzl um einen harmlosen deutschen Staatsbürger handelt, der zwar seltsame Ansichten hat, aber ansonsten keiner Fliege etwas zuleide tun könnte. Doch der Fall hat zu diesem Zeitpunkt bereits derart weite Kreise gezogen, dass Polizei und Politik dringend einen Schuldigen benötigen, um die breite Masse zu beruhigen.
„Obszön“ steckt voller poltischer Andeutungen, die aus heutiger Sicht vielleicht aber nicht mehr ganz so präsent sind. So sind mir die austromarxistischen Traditionen überhaupt nicht geläufig und linker Terrorismus hat in der Geschichte Österreichs nicht wirklich eine gravierende Rolle gespielt. Doch auch abseits aller politischen Beweggründe funktioniert die bissige Satire natürlich hervorragend, dass in bester österreichischer Tradition, dem Zuschauer sprichwörtlich „mit dem Arsch ins Gesicht“ gefahren wird. Inzest, Pädophilie und sogar eine handfeste Sadomaso-Show sind ja Themen, die in dem 1981 gedrehten Streifen wenig subtil behandelt werden. Dass der Film jedenfalls seinerzeit kein großes Glück an den Kinokassen beschert war, mag angesichts des Endproduktes ja wenig verwundern.
Peter Herzl als linker Antiheld und eigentlich unsympathischer Mensch labert sich um Kopf und Kragen und das Drehbuch überrascht mit seltsamen Dialogen und Feststellungen wie z.B. „Bruck an der Mur, Fut an der Schnur, am Sack kein Haar – Prosit Neujahr“. Und wenn Hanno Pöschl einem sterbenden Zuhälter-Kollegen noch ein „wennst den Jesus triffst, hau eam ane in die Goschn“ auf den Weg in Jenseits mitgibt, dann weiß man, dass man mit einem zutiefst österreichischen Film zu tun hat. Zartbesaitet sollte man jedenfalls nicht unbedingt sein und auch wenn der Film über jede Menge humorvolle Szenen verfügt, so sind einige Dinge wiederum genauso grenzwertig und schwer verdaulich. Man will ja auch gar nicht zu viel verraten, aber „Obszön“ lehnt sich schon sehr weit aus dem Fenster heraus und liefert einige Szenen, die in der derartigen Form wohl heute nicht mehr realisierbar wären, ohne dass gleich ein paar Organisationen auf die Barrikaden steigen würden.
Darstellerisch darf man sich zwar auch aufgrund der beabsichtigten Widerlichkeiten keine Glanzleistungen erwarten, trotzdem sind nahezu alle Darsteller mit vollem Körpereinsatz bei der Sache. Hauptdarsteller Volker Spengler hat jedenfalls keine Scheu, seinen „keinen Spengler“ gleich mehrmals in die Kamera zu halten. Heinz Schubert alias „Ekel Alfred“ gibt es in einer Rolle als Politiker Dieter Flake, an dessen Stuhl fleißig gesäbelt wird und der bekannte österreichische Darsteller Hanno Pöschl glänzt wieder einmal in seiner Paraderolle als Zuhälter. Auch ein gewisser Udo Proksch ist in einer kleinen Nebenrolle als Polizeipräsident zu sehen, der als ehemaliges Liebkind der österreichischen Society als Mehrfachmörder im „Fall Lucona“ ein unrühmliches Ende genommen hat.
Die deutsch-österreichische Co-Produktion aus dem Jahre 1981 ist in Österreich selbst eher unbekannt und die einzige Möglichkeit den Streifen zu sehen, bestand bisher neben dem deutschen UFA-Tape mit einer österreichischen VHS und ein paar sporadischen Kino-Eisätzen im Rahmen von Festivals. Dass der Streifen jetzt wieder unter die Leute gebracht wird, verdanken wir unseren Berliner Lieblingslabel „CMV-Laservision“, die sich diesem obskuren Werk angenommen haben. Würde das Ganze nicht unter dem Etikett „Kunstfilm-Satire“ laufen - man hätte sich wohl mit einer Freigabe schwer getan. Die Juristenkommission hatte jedoch keine strafrechtlichen Bedenken und so gibt es den Streifen nun in durchschnittlicher Bild- und Tonqualität auf Silberling. Eine aufwendige Bildbearbeitung würde sich bei einem derartigen Film wohl ohnehin nicht rentieren und die paar Laufstreifen und Bildfehler passen auch irgendwie ganz gut zur dreckigen und rohen Thematik des Films.
Und so bleibt unterm Strich ein mehr als seltsames Werk aus Österreich, dass mit Inzest, Prostitution, linker Terrorismus und Pädophilie gleich mehrere heiße Eisen anfasst und diese zu einer kurzweiligen Satire vermengt, wie sie wohl auch nur aus dem Alpenland im Herzen Europas kommen kann. Denn wo andere Länder vielleicht einen Hauch Selbstironie zeigen, hat der österreichische Regisseur Hans-Christof-Stenzel keinerlei Scham seine Landsleute als hoffnungslos unsympathisch, korrupt und moralisch degeneriert darzustellen und auch gleich noch die deutschen Nachbarn ordentlich durch den Kakao zu ziehen. Wenn der kuriose, kurzweilige, freizügige und durchaus politische Streifen erst einmal die Runde macht, wird das Prädikat "Kultfilm" wohl nicht mehr lange auf sich warten lassen. Ein selbst für österreichische Verhältnisse mehrfach ungewöhnlicher, radikaler und einfach unglaublicher Film!
Zuletzt geändert von jogiwan am Di 18. Mai 2010, 17:51, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Obszön - Der Fall Peter Herzl - Hans-Christof Stenzel
Proksch als Polizeipräsident? Na, das passt doch!
Klingt in der Tat sehr interessant, da ich den Film bisher nicht kenne, nur kurz der Hinweis, dass es auch eine deutsche VHS gibt (UFA).
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Re: Obszön - Der Fall Peter Herzl - Hans-Christof Stenzel
@ ugo: danke für die Info - habs auch schon ergänzt!
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Re: Obszön - Der Fall Peter Herzl - Hans-Christof Stenzel
So, nun hab ich den Film auch gesehen, doch auch als Freund Adolf Kottans konnte ich dem Film letztlich nicht übermäßig viel abgewinnen. Sicher ist, dass man sich heute nicht mehr trauen würde, den Film so zu drehen, aber überzeugend fand ich den Film von vorne bis hinten nicht. Die Szene, in der Herzl mit seiner Ente von der Straße abkommt, wirkt nur dilettantisch. Und Satire darf zwar alles, aber eine nervige Satire taugt nichts. Auch wenn mir der Pöschl wieder sehr gefällt, Heinz Schubert mit einer Gummipuppe rummachen darf und man sich manchmal fragt "Habe ich das gerade wirklich gesehen", so bleibt mir doch der Eindruck: Kann man sich mal ansehen, muss man aber nicht.
Allerdings: Udo Proksch als Polizeipräsident (!) zu erleben, ist natürlich nicht mit Geld und Gold aufzuwiegen. Wahrscheinlich der beste Grund, sich das Scheiberl zuzulegen...
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