Pippi Langstrumpf:
Pippis Weihnachtsfest + Pippi und der Spunk
Die auf den Romanen der schwedischen Schriftstellerin Astrid Lindgren basierenden Abenteuer der neunjährigen altruistischen Villenbesitzerin, Anarchistin, Stilikone und Punk-Prototypin Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz Efraimstochter Langstrumpf wurden u.a. als 13-teilige Fernsehserie in schwedisch-deutscher Koproduktion verfilmt, die 1969 erstausgestrahlt wurde. Die Regie führte der Spezialist für Lindgren-Verfilmungen Olle Hellbom.
Die erstmals seit seligen Kindheitstagen erfolgte Neusichtung der achten Episode „Pippis Weihnachtsfest“ aus aktuellem Anlass entpuppte sich nicht nur als herrlich nostalgisches Vergnügen, sondern ließ auch oder gerade aus heutiger Sicht über die schauspielerischen Qualitäten und die pure Spielfreude der Pippi-Darstellerin Inger Nilsson staunen. In ihrer Rolle treibt sie Tante Prysselius (Margot Trooger, „Das Rasthaus der grausamen Puppen“), die Pippi einmal mehr ins Kinderheim verfrachten möchte, erneut ebenso zur Verzweiflung wie die trotteligen beiden Dorfpolizisten, denen die dabei stets freundlich und gut aufgelegt bleibend schlicht überlegen ist. Statt sich also ins Heim zu begeben und sich zwangskollektivieren und bevormunden zu lassen, backt sie lieber reichlich Weihnachtskekse. An Heiligabend schwindet ihre gute Laune dann doch ein wenig, so ganz allein mit ihren Tieren – immerhin hat sie den Baum vor ihrer Tür mit reichlich Geschenken für alle anderen Kinder geschmückt. Pippis Freunde Tommy (Pär Sundberg) und Annika (Maria Persson) haben jedoch konspirativ alle zusammengetrommelt, sodass es nach den Feierlichkeiten im Rahmen der Familien zu einem Sturm auf Pippis Geschenkebaum kommt und Pippi wieder fröhlich ist.
Diese Episode zeigt nicht nur, dass Pippi wieder einmal Recht behält und außerhalb des Kinderheims wesentlich besser aufgehoben ist, sondern bietet auch Einblicke in traditionelle schwedische Weihnachtsgepflogenheiten, die von Pippis Herangehensweise konterkariert werden, sich jedoch ideal ergänzen.
Die im Anschluss ausgestrahlte neunte Episode „Pippi und der Spunk“ wiederum hat mit Weihnachten nichts zu tun, ist dafür in anderer Hinsicht interessant: Pippi hat sich das Wort „Spunk“ ausgedacht und nimmt nun Erkundungen vor, um herauszufinden, wozu das Wort passen würde. Ihre „Recherchen“ führen sie in Bonbon- und Eisenwarenläden und sogar zum Arzt, von dem sie sich auf „Spunk“ hin untersuchen lässt. Pippis Vorgehensweise ist im Sinne der Etymologie und Wortsemantik bedeutsam, Betätigungs- und Forschungsfeldern der Linguistik, und somit für Sprachforscherinnen und -forscher besonders unterhaltsam. Ironischerweise gab es das Wort jedoch bereits im Englischen und ist ein vulgärer Ausdruck für Ejakulat. Hierzulande ist „Spunk“ als Markenname dänischen Salzlakritzes und Weingummis bekannt.
Unabhängig davon macht die Sichtung beider Folgen Lust darauf, sich die gesamte Serie noch einmal anzusehen – zumal Pippis Reichtum und ihre übermenschlichen Kräfte in beiden Folgen lediglich eine wenn überhaupt untergeordnete Rolle spielen. Es ist nämlich immer schade, wenn Pippi nicht ohne diese beiden Eigenschaften auskommt. Die Königsdisziplin wäre gewesen, eine Figur zu entwerfen, der es auch weitestgehend mittellos und ohne herausragende Muskelkraft gelingt, ein ähnlich anarchistisches, erfülltes und glückliches Leben zu führen.