Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc (1971)

Moderator: jogiwan

Antworten
Benutzeravatar
CamperVan.Helsing
Beiträge: 10905
Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40

Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc (1971)

Beitrag von CamperVan.Helsing »

Sonne, Sylt und kesse Krabben

Bild

Deutschland 1971

Regie: Jerzy Macc

D: Ingrid Steeger, Christine Schuberth, Achim Strietzel, Wolfgang Gruner, Monika Marc


Ich will zurück nach Westerland (Die Ärzte)


Schleswig-Holstein, Deutschlands nördlichstes Bundesland, gilt nicht unbedingt als bevorzugtes Ziel für Filmemacher. Gut, die „Buddenbrooks“ waren in Lübeck angesiedelt, doch handelt das ja in einer Zeit, in der die Lübschen noch eigenständig waren. Für das kommerzielle Kino gaben Kiel oder Flensburg kaum was her (auch wenn mich interessieren würde, ob „Die wilden Töchter von Glücksburg“ tatsächlich in jener Kurstadt an der Flensburger Förde spielt. Wer kann helfen?), auch wenn in jüngerer Zeit Regisseure aus S-H wie Detlev Buck oder Lars Jessen kamen und ihre Filme auch dort ansiedelten.

Auch die Urlaubsorte an Nord- und Ostsee erhielten eher wenig filmischen Zuspruch. Mit dem Deutz nach Scharbeutz? Nie gedreht! Hand in Hand am Timmendorfer Strand? Auch nicht. Eine Ausnahme freilich gab es, nämlich den nördlichsten Punkt Germaniens, also Sylt. Bereits in den 60ern galt Sylt als die Insel der Reichen und Schönen, was (leider) mehr als nur ein Klischee war bzw. ist. An der Buhne 16 in Kampen tummelte man sich shocking nackt und so entstand bereits 1967 Jerzy Maccs erster Sylt-Film, nämlich „Heißer Sand auf Sylt“ mit Rolf Eden (ach was) und Horst Tappert, den ich gerne mal sehen würde (Wink mit dem Zaunpfahl!). Ebenfalls noch in den späten 60ern schickte Erwin Dietrich den ausgefuxten Herbert über den Hindenburgdamm für „Die Neffen des Herrn General“ aka „Heiße Sonne auf Sylt“. 1971 kehrte Macc zurück für diesen Film, der dann die Reihe der Sylt-Filme auch bereits wieder beendete (Uschi Karnats Auftritt sehr viele Jahre später lassen wir mal generös unter den Tisch fallen…)

Der Film beginnt mit einem absolut furchtbaren Titelsong namens „Nackedi-nackedu-nackedei-dei-die“, der einem sicherlich mildernde Umstände bescheren dürfte, wenn man unmittelbar nach dem Anhören ein Totschlagsdelikt begeht. Dazu werden während der Credits entsprechend dem Lied bereits jede Menge nackter Menschen präsentiert. Nicht minder furchtbar ist auch ein weiteres Lied namens „Wer hat dem Hugo (NICHT Ugo!!!) den Schnorchel geklaut?“ Weiha!

In Berlin findet im Eden Playboy Club (klar, beim Rolf!) die Wahl zur „Miss Sylt“ statt. Um diesen Titel zu erhaschen, muss frau
a) oben ohne tanzen
b) intelligente Quizfragen von Wolfgang Gruner beantworten

Dabei gewinnen sowohl Ingrid (Steeger) als auch Katrin (Monica Marc) einen ersten Preis, der natürlich in einem Sylt-Urlaub besteht. Dorthin ist auch Generaldirektor Weber (Achim Strietzel) nebst seinem Chauffeur Markus in seinem Ami-Schlitten unterwegs, vorgeblich in geschäftlicher Mission, doch tatsächlich hat er anderes im Sinn („Fährt er wegen der Konserven oder der Büchsen?“), nämlich Damen in den Po zu beißen. Auch seine Tochter Sabine (Christine Schuberth) macht sich gen Sylt auf, schließlich ist sie eine „Party-Sanin“. Der Pinneberger Theologie-Student Edgar verbringt dort seine Sommerfrische mit seiner altjungferlichen Tante Cordula und verliebt sich natürlich.

Inhaltlich lässt sich mehr eigentlich kaum sagen. Es gibt die üblichen amourösen Verwicklungen mit erhöhtem, aber harmlosen Nuditätenfaktor, sprich jeder Menge Möpse für das Blap und frei baumelnden Bananen, womit der Film sich wohl als Ahne der Lisa-Sunshine-Komödien der späten 70er erweist. Weber schmeißt auch noch eine Party, zu dem Chauffeur Markus in einem Anflug von Rache eine Gruppe Kommunarden einlädt („Ho-Ho-Ho-Chi-Minh, bei dem Weber sind wir in!“), Interessanterweise wird das damals geplante, aber nie umgesetzte monströse Atlantis-Bauprojekt (ein Hochhaus-Projekt, das Land Schleswig-Holstein soll angeblich daraufhin der Stadt Westerland die Befugnis entzogen haben, selbst Baugenehmigungen zu erteilen) in einer Szene angesprochen, in der ein Investor auf 48 Stockwerken besteht, eine Kommunalpolitikerin aber nur 13 zugestehen will, und das auch nur mit dem inseltypischen „Strohdach“ (was man eigentlich „Reetdach“ nennt). Gesellschaftskritik anyone?

Nach 75 Minuten jedenfalls ist alles vorbei und das Fazit lautet: Kein Muss, aber auch keine verschwendete Lebenszeit.

Unabhängig vom Film darf man sich wundern, dass es 40 Jahre später immer noch das „Pony“ und das „Gogärtchen“ gibt (Warum??). Sylt stellt zweifellos einen wunderschönen Flecken Erde dar, doch wird nirgendwo anders in diesem Land das Gebot der Sozialbindung des Eigentums so sehr mit Füßen getreten,

http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-73107841.html

was nun sogar das Hamburger Abendblatt (!) auf den Plan gerufen hat, freilich Jahrzehnte zu spät.

(Den Artikel konnte ich online nicht finden, dafür einen aus der Welt, ist ja auch Springer...)

http://www.welt.de/die-welt/wirtschaft/ ... -Sylt.html
Zuletzt geändert von CamperVan.Helsing am Mi 24. Aug 2011, 13:58, insgesamt 1-mal geändert.
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
Benutzeravatar
buxtebrawler
Forum Admin
Beiträge: 40653
Registriert: Mo 14. Dez 2009, 23:13
Wohnort: Wo der Hund mit dem Schwanz bellt.
Kontaktdaten:

Re: Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc

Beitrag von buxtebrawler »

ugo-piazza hat geschrieben:Der Pinneberger Theologie-Student Edgar verbringt dort seine Sommerfrische mit deiner altjungferlichen Tante Cordula und verliebt sich natürlich.
Ich hab gar keine Tante Cordula :? :lol:

Ansonsten danke für diese Filmvorstellung. Ich denke, auf eine Sichtung werde ich verzichten können. ;)
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
Benutzeravatar
CamperVan.Helsing
Beiträge: 10905
Registriert: Sa 26. Dez 2009, 12:40

Re: Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc

Beitrag von CamperVan.Helsing »

buxtebrawler hat geschrieben:
ugo-piazza hat geschrieben:Der Pinneberger Theologie-Student Edgar verbringt dort seine Sommerfrische mit deiner altjungferlichen Tante Cordula und verliebt sich natürlich.
Ich hab gar keine Tante Cordula :? :lol:
Stimmt, deine Tante heißt ja Trude. :D
My conscience is clear

(Fred Olen Ray)
Benutzeravatar
Nello Pazzafini
Beiträge: 4710
Registriert: Di 16. Feb 2010, 18:50
Wohnort: Roma
Kontaktdaten:

Re: Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc

Beitrag von Nello Pazzafini »

also bei der Hitze grad kriegt man richtig lust auf die kessen kraben.... :palm: :kicher: sehr schönes review, wahrscheinlich heisser als der film :D
Bild

"Ein Grab im K-Gebiet wünscht dir Dein Ugo"
Benutzeravatar
sid.vicious
Beiträge: 2370
Registriert: Sa 26. Jun 2010, 11:16
Wohnort: Bochum

Re: Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc

Beitrag von sid.vicious »

Der einzige Grund, sich den Film anzusehen, wäre Frau Steeger.
Bild
Benutzeravatar
Jeroen
Beiträge: 469
Registriert: Do 7. Okt 2010, 23:20
Wohnort: Hansestadt Brehm
Kontaktdaten:

Re: Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc

Beitrag von Jeroen »

Oh, den hab ich auch noch irgendwo in zweiter Reihe hinter "seriösen" DVDs gebunkert. Harmloses und seichtes FKK-Filmchen, aber wie von Ugo schon angesprochen mit einer Unmenge wippenden Brüsten und baumelnden Pillermännern ausgestattet. Warum kann ich bei solchen DVDs eigentlich nie Nein sagen? :oops:
Das Highlight sind wahrlich die genannten Songs "Nackedie, Nackedu, Nackedei-dei-dei" und "Wer hat dem hUgo den Schnorchel geklaut" - die hatte ich ja schon fast wieder vergessen :lol: Wer sich vor Ingrid Steeger und Christine Schuberth im Evakostüm ekelt, kann sich die Songs alternativ auch auf Tonträger besorgen, die sind von der Karnevalslegende Horst Muys.
Benutzeravatar
jogiwan
Beiträge: 39407
Registriert: So 13. Dez 2009, 10:19
Wohnort: graz / austria

Re: Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc

Beitrag von jogiwan »

Sommerlicher Streifen über lustige Ferienerlebnisse auf Sylt und Ode an die Freikörperkultur, das hier auch sehr hübsch und freizügig in Szene gesetzt wird. Vom zurückhaltenden Jüngling mit Aufpasserin, jungen Mädchen mit Textil-Allergie bis hin zum alternden Playboy, der auf dicke Hose machen möchte ist auch alles dabei und wird in dem Werk von dem mir gänzlich unbekannten Regisseur Jerzy Macc zu einem episodenhaften Cocktail vermengt. Dabei startet der Streifen auch recht amüsant und bietet ein paar nette Gags, aber flaut dann auch gemächlich ab und so etwas wie ein Handlungsbogen ist nicht wirklich auszumachen. So werden die unterschiedlichen Geschichten in bester Reportfilm-Manier aneinandergereiht und jeder läuft sich irgendwie einmal über den Weg oder landet gemeinsam in der Kiste, bis die 75 Minuten vorbei sind und der Film zu Ende ist. Wie Ugo richtig schreibt ist „Sonne, Sylt und kesse Krabben“ dabei sicher kein Highlight, aber auch weit davon entfernt den Zuschauer zu langweilen und irgendwie bekommt man dank vieler Außendrehs auch Lust, sich diesen Flecken Erde trotz seines Reizklimas irgendwann mal selbst anzusehen, womit der Streifen sein angepeiltes Ziel wohl auch erreicht hat.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



» Es gibt 1 weitere(n) Treffer aus dem Hardcore-Bereich (Weitere Informationen)
Benutzeravatar
Die Kroete
Beiträge: 1254
Registriert: So 2. Okt 2011, 11:08

Re: Sonne, Sylt und kesse Krabben - Jerzy Macc (1971)

Beitrag von Die Kroete »

Ich dachte erst zu lesen: Sonne, Sylt und kesse Knaben ..und war ein wenig erschrocken :shock:

Wäre aber sicher interessanter gewesen als dieser Langweiler hier! :kicher:
Antworten