Täter gesucht - Carl Heinz Wolff (1931)

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Maulwurf
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Täter gesucht - Carl Heinz Wolff (1931)

Beitrag von Maulwurf »

 
Täter gesucht
Deutschland 1931
Regie: Carl Heinz Wolff
Karl Ludwig Diehl, Harry Frank, Harry Hardt, Paul Henckels, Julius E. Herrmann, Friedrich Kayßler, Gerda Maurus, Fritz Odemar, Fritz Schroeter, Rosa Valetti


Täter gesucht.jpg
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Der Diener Dorner wird dabei erwischt, wie er sich am Kassenschrank des Herrn Konsul Lychner bedient. Lychners Tochter Vera gibt Dorner die Chance mit einem blauen Auge aus der Sache heraus zu kommen, wenn das Geld bis 10 Uhr abends wieder da ist. Dorner hat das Geld aber seiner Geliebten Lilly gegeben, und die wiederum hat es nicht nur für schöne Kleider rausgeschmissen, sondern auch, um ihrem steckbrieflich gesuchten Ehemann die Flucht nach Amerika zu ermöglichen. Und weil Lilly eine ganz Durchtriebene ist, schafft sie es sogar noch, Dorner den Ausweis abzuluchsen und das Bild ihres Mannes dort einzukleben.
Szenenwechsel: Vera ist schwer verliebt in den Herausgeber der Zeitung Tribunal, Dr. Gregor, der vehement gegen den Indizienbeweis als Grundlage der Todesstrafe wettert, und sich damit viele Feinde macht. Als der eher konservative Konsul Lychner Dr. Gregor kennenlernt, ist er sehr angetan von dessen Theorien und ist bereit, diesem die Hand seiner Tochter zu geben. Allerdings sitzt im Obergeschoss des Hauses gerade ohne Wissen anderer ein sturzbetrunkener Dorner, der die Kleidung Lychners angezogen hat, und sich jetzt mit dessen Pistole erschießt. Mitten ins Gesicht, von dem nichts mehr übrig ist. Als Lychner in seiner Panik Hilfe holen will wird er von einem Auto angefahren und verliert das Bewusstsein. Und Dr. Gregor – Wird dringend der Tat verdächtigt. Kommissar Wittenhagen mag ein guter Polizist sein, aber seine Fantasie reicht nur bis zur nächsten Straßenecke, und an seiner Theorie, dass Dr. Gregor den Konsul Lychner ermordet hat, lässt er nicht rütteln. Denn Lychner bleibt verschwunden, muss also der Tote im Obergeschoss sein, und Dr. Gregors Lügenmärchen bleiben unglaubwürdig …

Das klingt jetzt alles ganz furchtbar kompliziert, ist es aber nicht. In gerade mal 68 Minuten schafft Regisseur Carl Heinz Wolff es völlig mühelos, eine Liebesgeschichte aufzubauen, einen Krimi abzuspulen, so ganz nebenbei noch ein Gerichtsdrama aufzuführen, dabei niemals die Handlung aus dem Blickfeld zu verlieren, und als Grundlage des Showdowns ein wuchtiges Statement gegen den Indizienbeweis als Grundlage eines Todesurteils zu schmettern. Und auch wenn das Ende ein wenig arg generisch daherkommt und sicher keine große Überraschung darstellt, so ist TÄTER GESUCHT tatsächlich über weite Strecken ausgesprochen spannend geraten. Ein Mann, der unschuldig in die Mühlen der Justiz gerät und seine Unschuld nicht beweisen kann, während der Zuschauer genau weiß dass der Mann unschuldig ist, das ist immer wieder ein erstklassiges Sujet. So auch hier, wenn wir dem Kommissar von Indiz zu Indiz folgen, und dessen Theorie als Schlussfolgerung aus diesen Indizien lückenlos erscheint, bis auf eine Ausnahme – Die Ausgangssituation ist anders, als vom Kommissar angenommen. Und während Dr. Gregor zunehmend verfällt und zum seelischen Wrack wird, obwohl er bei seiner Verhaftung noch selbstsicher ist wegen seiner klaren Unschuld, und am Ende sich sogar die Verlobte von ihm abwendet, da fragt man sich bei dieser großartigen Darstellung Karl Ludwig Diehls unweigerlich, wie oft dies wohl in der Realität auch heute noch stattfindet. Und man erinnert sich an so viele Meldungen in der Presse, dass ein Todesurteil (oder, auch nicht besser, ein Urteil über lebenslänglich) aufgehoben wurde, weil es sich nach Jahrzehnten als falsch herausgestellt hat.

Die Schauspieler sprechen im Jahre 1931 alle etwas hölzern und artikulieren sehr theatralisch, aber das ist natürlich dem frühen Tonfilm geschuldet. Umso höher ist es dem Regisseur anzurechnen, dass er trotzdem sogar den modernen Zuschauer mit sich ziehen kann in diesen Alptraum aus Anklage und drohendem Tod. TÄTER GESUCHT ist auch heute noch spannend und überzeugend, wegen seines Themas, aber auch wegen der guten Schauspieler und der dichten Atmosphäre. Ein Film der dringend wieder entdeckt gehört.

7/10
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