Tag der Idioten - Werner Schroeter (1981)
Moderator: jogiwan
Tag der Idioten - Werner Schroeter (1981)
Tag der Idioten
Deutschland 1981
Regie: Werner Schroeter
Buch: Dana Horáková, Werner Schroeter
Darsteller: Carole Bouquet, Ida di Benedetto, Ingrid Caven, Marie Luise Marjan, Christine Kaufmann, Ellen Umlauf u. a.
Kamera: Ivan Šlapeta
Musik: Peer Raben
Inhalt: Weil sie draußen in einer gleichgültigen Gesellschaft nicht überleben kann, denunziert Carol (Carole Bouquet) junge Frauen als Terroristinnen. Da sich herausstellt, dass die Beschuldigungen ohne Grundlage sind, wird Carol letztlich in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Hier trifft sie auf viele verzweifelte Frauen, doch trotz der grauen Tristesse innerhalb der Anstalt möchte Carol nicht mehr weg.
Zuletzt geändert von Adalmar am Sa 7. Mai 2016, 14:30, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Tag der Idioten - Werner Schroeter (1981)
(Anlässlich meines Rundposts wollte ich mal was substantielleres als sonst beitragen und einen Film vorstellen ... Tag der Idioten ist nun sicher keiner meiner Lieblingsfilme, ist aber sehenswert und es würde mich sehr interessieren, was andere User wie z. B. Salvatore Baccaro dazu zu sagen hätten!)
Zunächst mal halte ich es für eine relativ banale Erkenntnis, die dieser Film vermittelt, aber trotzdem nicht ganz unwichtig, dass Schönheit (immerhin wird die Protagonistin von Carole Bouquet gespielt ...!) und finanzielle Sicherheit kein erfülltes Leben garantieren (wie auch Schroeter selbst in zum Film anmerkt). Die innere Leere der Hauptfigur ist paradoxerweise mit Händen zu greifen und sie versucht ihr Leben mit befremdlichen Aktionen zu füllen. Dass sie ein paar Frauen als Terroristinnen denunziert, passt natürlich zur Entstehungszeit. Laut der Wikipedia-Inhaltsangabe verdächtigt Carol die Frauen übrigens tatsächlich des Terrorismus - ich dachte eher, dass sie sie absichtlich fälschlich denunziert, um schließlich in die geschlossene Anstalt zu kommen, wo unter anderem Ida di Benedetto als religiöse Krankenpflegerin (mit Marie-Luise Marjan - die Lindenstraße gab es noch nicht - als mürrisch-sachlichem Gegenentwurf) am Wirken ist. Di Benedettos Figur Elisabet erscheint mir hier schon als etwas religionskritisch konzipierte Figur, da sie mehr auf ihre eigenen Visionen als auf die Patientinnen konzentriert ist und diesen vermutlich mitunter mehr schadet als hilft. Auch Schroeters Stammdarstellerinnen Christine Kaufmann und Maria Montezuma sind mit von der Partie.
Das ganze Szenario erinnert mich mitunter an Jess Francos Frauengefängnisfilme, wo es ja auch immer ein paar delirante Figuren gibt, die anscheinend mitunter ihren Text einfach improvisieren. Und letzteren Eindruck habe ich auch bei "Tag der Idioten". "Red/Sing einfach irgendein Zeug, du bist ja schließlich irre" - so wird es Schroeter wahrscheinlich nicht ausgedrückt haben. Aber die mitunter etwas zähen Sequenzen mit Figuren, die nebeneinanderher dem jeweils eigenen Wahn frönen, lassen bei mir ab und an doch einen derartigen Eindruck aufkommen. Das Schönste an dem Film ist aus meiner Sicht die düstere, farbkräftige und mitunter fast bavaeske (aber auch nicht knallbunte, sondern eher von dunklen Blau- und Rottönen gekennzeichnete) Optik, für die Ivan Šlapeta verantwortlich zeichnet (der ansonsten vor allem in der Tschechoslowakei, aber auch bei der TV-Serie "Fabrik der Offiziere" die Kamera führte). Die immer wieder auftauchende Riege von nahezu gleich aussehenden und quasi identisch agierenden Tanzpaaren (zu einer Xylophon-Musik, die an Zirkusvorführungen mit dressierten Tieren erinnert), steht aus meiner Sicht für die Normierung der Gesellschaft, die Carol zu Beginn noch durch auffälliges Verhalten wie das tierhafte Essen in einem Café mit verschmierten Make-up zu durchbrechen versucht - was aber daran scheitert, dass ihr Tun niemanden interessiert.
Der Film wurde vom Filmmuseum München auf DVD veröffentlicht - mit einer Freigabe ab 18, was mir wenig verständlich scheint. Das Bild ist ziemlich gut. Außerdem ist noch Schroeters älterer Film "Willow Springs" enthalten, den ich ehrlich gesagt als noch zähere Kost empfunden habe ...
Zunächst mal halte ich es für eine relativ banale Erkenntnis, die dieser Film vermittelt, aber trotzdem nicht ganz unwichtig, dass Schönheit (immerhin wird die Protagonistin von Carole Bouquet gespielt ...!) und finanzielle Sicherheit kein erfülltes Leben garantieren (wie auch Schroeter selbst in zum Film anmerkt). Die innere Leere der Hauptfigur ist paradoxerweise mit Händen zu greifen und sie versucht ihr Leben mit befremdlichen Aktionen zu füllen. Dass sie ein paar Frauen als Terroristinnen denunziert, passt natürlich zur Entstehungszeit. Laut der Wikipedia-Inhaltsangabe verdächtigt Carol die Frauen übrigens tatsächlich des Terrorismus - ich dachte eher, dass sie sie absichtlich fälschlich denunziert, um schließlich in die geschlossene Anstalt zu kommen, wo unter anderem Ida di Benedetto als religiöse Krankenpflegerin (mit Marie-Luise Marjan - die Lindenstraße gab es noch nicht - als mürrisch-sachlichem Gegenentwurf) am Wirken ist. Di Benedettos Figur Elisabet erscheint mir hier schon als etwas religionskritisch konzipierte Figur, da sie mehr auf ihre eigenen Visionen als auf die Patientinnen konzentriert ist und diesen vermutlich mitunter mehr schadet als hilft. Auch Schroeters Stammdarstellerinnen Christine Kaufmann und Maria Montezuma sind mit von der Partie.
Das ganze Szenario erinnert mich mitunter an Jess Francos Frauengefängnisfilme, wo es ja auch immer ein paar delirante Figuren gibt, die anscheinend mitunter ihren Text einfach improvisieren. Und letzteren Eindruck habe ich auch bei "Tag der Idioten". "Red/Sing einfach irgendein Zeug, du bist ja schließlich irre" - so wird es Schroeter wahrscheinlich nicht ausgedrückt haben. Aber die mitunter etwas zähen Sequenzen mit Figuren, die nebeneinanderher dem jeweils eigenen Wahn frönen, lassen bei mir ab und an doch einen derartigen Eindruck aufkommen. Das Schönste an dem Film ist aus meiner Sicht die düstere, farbkräftige und mitunter fast bavaeske (aber auch nicht knallbunte, sondern eher von dunklen Blau- und Rottönen gekennzeichnete) Optik, für die Ivan Šlapeta verantwortlich zeichnet (der ansonsten vor allem in der Tschechoslowakei, aber auch bei der TV-Serie "Fabrik der Offiziere" die Kamera führte). Die immer wieder auftauchende Riege von nahezu gleich aussehenden und quasi identisch agierenden Tanzpaaren (zu einer Xylophon-Musik, die an Zirkusvorführungen mit dressierten Tieren erinnert), steht aus meiner Sicht für die Normierung der Gesellschaft, die Carol zu Beginn noch durch auffälliges Verhalten wie das tierhafte Essen in einem Café mit verschmierten Make-up zu durchbrechen versucht - was aber daran scheitert, dass ihr Tun niemanden interessiert.
Der Film wurde vom Filmmuseum München auf DVD veröffentlicht - mit einer Freigabe ab 18, was mir wenig verständlich scheint. Das Bild ist ziemlich gut. Außerdem ist noch Schroeters älterer Film "Willow Springs" enthalten, den ich ehrlich gesagt als noch zähere Kost empfunden habe ...
Re: Tag der Idioten - Werner Schroeter (1981)
An Schroeter habe ich mich bisher noch nicht rangetraut. Ich kenne ihn nur aus seinem merkwürdigen Auftritt in Fassbinders "Warnung vor einer heiligen Nutte" und einigen Dokus anlässlich seines Todes. Als ich 2010 in Paris war, lief aber im Centre Pompidou gerade eine große Schroeter-Retrospektive. Was wohl zeigt, dass er im Ausland sehr viel bekannter und angesehener ist als in seiner Heimat.
Früher war mehr Lametta
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- Salvatore Baccaro
- Beiträge: 3072
- Registriert: Fr 24. Sep 2010, 20:10
Re: Tag der Idioten - Werner Schroeter (1981)
Adalmar hat geschrieben: es würde mich sehr interessieren, was andere User wie z. B. Salvatore Baccaro dazu zu sagen hätten!
Ich werde mir den Film vormerken...
Mit Werner Schroeter bin ich allerdings noch nicht auf allzu vertrautem Fuß und kenne bislang einzig den bereits von Arkadin erwähnten Auftritt in Fassbinders WARNUNG VOR EINER HEILIGEN NUTTE und als eigenständige Regiearbeiten den völlig überorchestrierten TOD DER MARIA MALIBRAN sowie seinen letzten Film, NUIT DE CHIEN...
Mit Werner Schroeter bin ich allerdings noch nicht auf allzu vertrautem Fuß und kenne bislang einzig den bereits von Arkadin erwähnten Auftritt in Fassbinders WARNUNG VOR EINER HEILIGEN NUTTE und als eigenständige Regiearbeiten den völlig überorchestrierten TOD DER MARIA MALIBRAN sowie seinen letzten Film, NUIT DE CHIEN...
Zuletzt geändert von Salvatore Baccaro am Di 10. Mai 2016, 22:51, insgesamt 1-mal geändert.
Re: Tag der Idioten - Werner Schroeter (1981)
Davon habe ich zumindest ein paar Screenshots gesehen, die mir sehr gefallen haben! Die Malibran möchte ich also auch bei Gelegenheit noch sehen. Kann aber sein, dass ich es damit dann bewenden lasse.Salvatore Baccaro hat geschrieben:als eigenständige Regiearbeiten den völlig überorchestrierten TOD DER MARIA MALIBRAN