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buxtebrawler hat geschrieben:Interessanter sind Fälle, die auf gesellschaftliche Missstände hinweisen und Beiträge zu relevanten öffentlichen Diskussionen liefern, eben keine einfachen Lösungen anbieten und die Katharsis verwehren oder auch dieses Sujet komplett sprengen.
Dann müssten die Bremer Tatorte was für dich sein. Die haben sich ja gerade die gesellschaftlichen Themen auf die Fahne geschrieben.
buxtebrawler hat geschrieben:Neben den von mir noch nicht gesehenen Schimanskis, Dresdnern und Weimarern habe ich noch folgende auf meiner "Suchliste", u.a. den von dir genannten:
Happy Birthday, Sarah
Kartenhaus
Weil sie böse sind
Die Wahrheit
Es lebe der Tod
Waffenschwestern
Kälter als der Tod
Wenn jemand entsprechendes Material für mich hätte, gern Bescheid sagen.
Ich gucke mal nach, ob ich davon einen habe. Ich habe wie gesagt viel aus den Mediatheken und auf Platte gelagert, aber nie eine Liste gemacht. Der Berliner "Gegen den Kopf" von 2013 habe ich damals im TV gesehen und der hatte mich auch ziemlich beeindruckt.
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Arkadin hat geschrieben:Dann müssten die Bremer Tatorte was für dich sein. Die haben sich ja gerade die gesellschaftlichen Themen auf die Fahne geschrieben.
Ja, aber das Thema Pflege zuletzt war mir dann doch zu hart...
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Der elfte Fall des komödiantischen Münsteraner „Tatort“-Duos aus Hauptkommissar Frank Thiel (Axel Prahl) und Rechtsmediziner Dr. Karl-Friedrich Boerne (Jan Josef Liefers) war der vierte Beitrag des Regisseurs Manfred Stelzer („Irren ist sexy“) zur TV-Krimireihe und entstand nach einem Drehbuch Stefan Cantz‘ und Jan Hinters. Erstausgestrahlt wurde er am 18.03.2007.
Ein Unbekannter verschafft sich Zutritt zur Pathologie und drapiert Lilien auf den Leichen. Wie sich herausstellt, macht er dies in schöner Regelmäßigkeit, fotografiert sein Werk und stellt die Fotos in einem Internet-Blog online. Kommissar Thiel interessiert dies jedoch weniger, er will seinen Urlaub antreten und muss dringend zum Flughafen. Das Taxi seines Vaters jedoch erweist sich auf offener Strecke als fahruntüchtig, weshalb er sich im von Dr. Boerne gestoppten Leichenwagen chauffieren lässt – um dennoch seinen Flug zu verpassen. Kurz darauf segnet ein Bestatter das Zeitliche, sodass an Urlaub kaum noch zu denken ist. An Thiels Nerven zerrt jedoch zusätzlich der Umstand, dass er seine Wohnung für die Zeit seines Urlaubs an Boerne untervermietet hat, der nun auf Einhaltung der Absprache besteht – seine eigene Wohnung hat er dem aktuellen Objekt seiner Begierde (Marion Mitterhammer, „Callboys - Jede Lust hat ihren Preis“) zugesagt, einer österreichischen Kollegin, die aufgrund des Rechtsmediziner-Kongresses in der Studentenstadt weilt. Doch auch Boerne hat wenig Zeit für seinen großen Auftritt auf eben jenem, wo er zudem mit einem Preis ausgezeichnet werden soll, denn der undurchsichtige Mordfall verlangt auch seinen Einsatz. Die Spur führt zunächst zum Bruder des Toten, der Streit mit ihm hatte und, wie sich herausstellen wird, ein amouröses Verhältnis zu seiner Schwägerin pflegte. Oder haben doch die Anhänger der Gothic-Szene damit zu tun, zu denen die Ermittlungen die Leichendekorationen betreffend führen? Selbst Teil dieser Szene ist die Jugendliche Lucie (Alice Dwyer, „Baby“), Halbwaise und Tochter des sich in Afrika sozial engagierenden Dr. Wulfes (Hansa Czypionka, „Tatort: Kinderlieb“)…
Klar, Dr. Boerne ist eine überkonstruierte Figur unterschiedlicher Einflüsse und ihre Rolle als hautnah Ermittlungen unterstützender Rechtsmediziner in Deutschland in der Realität wohl kaum anzutreffen. Mich erinnert sie an eine Mischung aus Quincy, Monk, Dr. House und anderen sozial auffälligen Vorbildern aus internationalen Serien. Dennoch sorgen der Dialogwitz zwischen ihm und dem mürrischen, unterkühlten FC-St.-Pauli-Fan Thiel in Screwball-Manier für den einen oder anderen Lacher. Die Slapstick-Einlagen hingegen sind Standard bis überflüssig und Boernes Arroganz derart überspitzt, dass sie ständig Gefahr läuft, nicht mehr zu amüsieren, sondern regelrecht zu nerven – wenngleich Liefers offenbar voll in seiner Rolle aufgeht und sie mit viel Leidenschaft interpretiert.
Weit weniger lustig soll indes der eigentliche Fall sein. Für diesen greift man ganz tief in die Klischeeschublade, indem man eine Clique „Grufties“ sich auf dem Friedhof versammeln und Gedichte rezitieren lässt. Mind. einer von ihnen hat dann auch schwerer einen an der Waffel, er ist der – ansonsten harmlose – Lilien-Fotograf und -Blogger, der bereits in der Klapse saß. Und extrem doof scheint er auch zu sein, denn obwohl die Polizei nichts gegen jemanden in der Hand hat, als sie die traute Literaturrunde auf dem Friedhof stört, ergreift er plötzlich die Flucht. Ein Schelm, wer dabei denkt, dies diene lediglich einer dann doch wieder komödiantischen Verfolgungsjagd über den Friedhof, bei der Boerne als Pointe in ein ausgehobenes Grab stürzt…
Auch abgesehen von der Darstellung der Gothic-Szene taugt die Handlung leider nicht viel: Das Drehbuch schlägt eine Kapriole nach der anderen, als versuche es, sich ständig selbst in unglaubwürdigen Entwicklungen zu übertrumpfen: Da werden ein falscher Obduktionsbericht ausgestellt, Dr. Boerne von der Staatsanwältin (Mechthild Großmann) umgeboxt (ohne dass dies irgendein Nachspiel hätte, von komplett ausbleibender Selbstkritik der kettenrauchenden Dame ganz zu schweigen), eine Leiche entführt, ein leerer Sarg verbrannt und Boerne unter Waffengewalt zum erneuten Besuch auf dem Friedhof gezwungen. Das Motiv des Täters bleibt unterdessen vollkommen auf der Strecke, spielte fürs Drehbuch offenbar keinerlei Rolle. Diese Abfolge hanebüchenen, an den Haaren herbeigezogenen Unsinns ist der Todesstoß für diesen „Tatort“, der einmal mehr neben dem idiotischen Drehbuch daran scheitert, eine ernste Handlung in einen komödiantischen Rahmen voller Running Gags pressen zu wollen.
Immerhin „darf“ sich die oft zu kurz kommende Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) diesmal stärker in die Ermittlungen einbringen, wird jedoch auf fragwürdige Weise zum verliebten SMS-süchtigen Teenager degradiert. Positiv aus dem Ensemble heraus sticht Alice Dwyer, der der übertriebene Gothic-Look nicht nur recht gut steht, sondern die ihre Rolle zwischen aufmüpfigem Backfisch und todtrauriger Halbwaise mittels schauspielerischen Talents sensibel und sympathisch ausfüllt.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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buxtebrawler hat geschrieben:Immerhin „darf“ sich die oft zu kurz kommende Nadeshda Krusenstern (Friederike Kempter) diesmal stärker in die Ermittlungen einbringen
das finde ich bei den Münsteranern auch schade, Friederike Kempter ist eine tolle Schauspielerin und Nadeshda war anfangs eine interessante Rolle, die im Laufe immer mehr in den Hintergrund rückt, um für komödiantische Anteile mit dem Vater Thiels oder der Assistentin von Boerne Platz zu machen....
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
buxtebrawler hat geschrieben:
Happy Birthday, Sarah
Kartenhaus
Weil sie böse sind
Die Wahrheit
Es lebe der Tod
Waffenschwestern
Kälter als der Tod
Wenn jemand entsprechendes Material für mich hätte, gern Bescheid sagen.
"Es lebe der Tod" hätte ich. Und mit Murlot noch "Schwindelfrei" und "Wer bin ich?".
"Das Dorf" soll auch super sein, den suche ich aber auch noch. allein schon für diese Szene: "Erneut erleidet er eine Halluzination, bei der sich Bemerings Mutter zu den Kessler-Zwillingen verdoppelt und anfängt zu tanzen."
Und von Graf habe ich noch "Aus der Tiefe der Zeit" und "Der rote Schatten".
Aus der Reihe "Polizeiruf 110" hätte ich noch die hochgelobten Beiträge von Christian Petzold mit Matthias Brandt.
Und "Smoke On the Water" wieder von Graf.
Ach ja.. aber alles noch nicht geguckt.
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Arkadin hat geschrieben:"Es lebe der Tod" hätte ich. Und mit Murlot noch "Schwindelfrei" und "Wer bin ich?".
"Das Dorf" soll auch super sein, den suche ich aber auch noch. allein schon für diese Szene: "Erneut erleidet er eine Halluzination, bei der sich Bemerings Mutter zu den Kessler-Zwillingen verdoppelt und anfängt zu tanzen."
Und von Graf habe ich noch "Aus der Tiefe der Zeit" und "Der rote Schatten".
Aus der Reihe "Polizeiruf 110" hätte ich noch die hochgelobten Beiträge von Christian Petzold mit Matthias Brandt.
Und "Smoke On the Water" wieder von Graf.
Ach ja.. aber alles noch nicht geguckt.
"Es lebe der Tod" und "Smoke on the Water" würden mich zunächst einmal interessieren!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
buxtebrawler hat geschrieben:Neben den von mir noch nicht gesehenen Schimanskis, Dresdnern und Weimarern habe ich noch folgende auf meiner "Suchliste", u.a. den von dir genannten:
Happy Birthday, Sarah
Kartenhaus Weil sie böse sind
Die Wahrheit
Es lebe der Tod
Waffenschwestern
Kälter als der Tod
Wenn jemand entsprechendes Material für mich hätte, gern Bescheid sagen.
Falls noch Interesse besteht:
WEIL SIE BÖSE SIND läuft morgen 1.05. um 21:45 Uhr im HR.
In seinem dritten Fall ermittelt das Dresdner Duo Sieland/Gorniak nach Drehbuchvorlage Richard Kropfs unter der Regie Gregor Schnitzlers („Was tun, wenn’s brennt?“) im Milieu von YouTube-Kiddies, die selbstgedrehte Streiche, sog. Pranks, erzeugen und onlinestellen. Schnitzler hatte zuvor bereits bei drei „Tatorten“ die Regie übernommen, u.a. für den komödiantischen Weimarer Beitrag „Der treue Roy“. Die „Level X“-Erstausstrahlung erfolgte am 11.06.2017.
Robin Kahle alias Simson (Merlin Rose, „Als wir träumten“) ist bei der entsprechenden Zielgruppe beliebt für seine live ins Internet gestreamten Streiche. Als der 17-Jährige jedoch eine Rockerbande mit einer Drohne filmt – u.a. beim Stuhlgang –, wird er von den aufgebrachten Bikern durch die Stadt gehetzt – und vor laufender Kamera erschossen. Der Täter ist jedoch nicht im Bild. Kommissariatsleiter Schnabel (Martin Brambach) betraut die Hauptkommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und Henni Sieland (Alwara Höfels) mit dem Fall, dessen Spuren sowohl zum Chef der Agentur führen, für die Simson gearbeitet hat, den arroganten Schaumschläger Magnus Cord (Daniel Wagner), als auch zu Simsons ehemaligem Verbündeten Scoopy (Wilson Gonzalez Ochsenknecht, „Die wilden Kerle“) sowie zu Dr. Frantzen (Ulrich Friedrich Brandhoff, „Aus dem Nichts“), der illegal mit Medikamenten handelt. In Emilia Kohn (Caroline Hartig, „Tod eines Mädchens“) hingegen hatte Simson eine Verehrerin. Welche Rolle spielt sie in diesem Mordfall?
Ein „altes“, etabliertes Medium wie der öffentlich-rechtliche „Tatort“ möchte sich also kritisch mit einem „neuen“ Medium auseinandersetzen – klar, warum nicht. Aber muss das in einem ernstgemeinten Krimi wie diesem auf derart klischeehafte Weise geschehen? Man könnte meinen, Dresden bestehe hauptsächlich aus jungen Menschen, die permanent dieselben livestreamenden Selbstdarsteller kollektiv auf ihren Smartphones verfolgen und denen moralische Skrupel dabei ebenso fremd sind wie ihren fragwürdigen „Helden“ – oder auch deren Chefs: Magnus Cord soll ein hipper, doch wenig empathischer, arroganter Jungunternehmer sein, der in schlimmstem Geschäfts- bzw. „Marketing“-Denglisch hohle Phrasen absondert, wurde jedoch derart übertrieben überzeichnet und zudem sagenhaft schlecht von Daniel Wagner geschauspielert, dass die Fremdscham überwiegt.
Schnabel versteht natürlich nichts vom Internet und haut ein paar technologie- und fortschrittsfeindliche Floskeln heraus, wird zudem von Polizei-ITler Mommsen der privaten Nutzung des WWW an seinem Arbeitsrechner überführt – was Anlass für ein paar recht gelungene Gags und Dialoge auf Kosten des gewohnt karikierend von Brambach ausgelegten Kommissariatsleiters ist. Einige Einblicke ins Privatleben der Kommissarinnen, die – Achtung, Parallele zu Schnabel – sich beide gerade in keiner glücklichen Partnerschaft befinden, bekommt der Zuschauer ebenso geboten wie deren Jagd auf die roten Heringe. Dass man damit jedoch auf Dauer die Handlung zu keinem sinnvollen Ende bringen kann, ist anscheinend auch Autor Kropf aufgefallen, sodass letztlich doch eine gänzlich altmodische Vergewaltigung ins Spiel gebracht werden und als neuer Aufhänger herhalten muss. Ein dramatisches Finale versucht dann den Schulterschluss mit der „Generation Internet“, wenn diese bei der Suche nach einer Selbstmordgefährdeten behilflich sein kann und schließlich der Kripo ihren Respekt bekundet.
Glaubwürdiger macht das diesen Fall jedoch kaum, sodass auch am Ende der Eindruck überwiegt, der Autor sei mit der Thematik entweder überfordert gewesen oder hatte Anweisungen, jeglichen Realismus zugunsten einer möglichst reißerischen Handlung zu vernachlässigen. Das Ergebnis jedenfalls ist doch arg halbgar – netten Stilmitteln wie aufs Bild gelegten Tweets zum Trotz. Am stärksten ist dieser leider ziemlich misslungene „Tatort“ in seinen rar gesäten leisen, melancholischen Momenten, die ein Gefühl der Einsamkeit trotz ständiger Verbundenheit mit „sozialen Netzwerken“ vermitteln sowie immer dann, wenn er Raum zur Entfaltung seiner beiden Hauptdarstellerinnen findet.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)