Toni Erdmann (Regie: Maren Ade)
Im Kino International in Berlin gesehen
Kurze Zusammenfassung:
Winfried Conradi ist Rentner und sieht sich selbst als Idealisten, der an das Gute glaubt. Seine öde Umwelt schockt er immer wieder gerne mit bizarren Späßen, so dass ihn andere eher als Sonderling sehen und sich gerne für ihn fremdschämen.
Ausgerechnet seine einzige Tochter Ines ist mittlerweile knallharte Business-Beraterin geworden, die in Rumänien einen Großkunden für ein Abwicklungsprojekt gewinnen soll. Da kommt es Ines natürlich mächtig gelegen, dass in Bukarest tatsächlich ihr Vater auftaucht, sein Look mit schlechter Perücke und schiefen Zähnen "verbessert" und sich ihrem Umfeld als "Toni Erdmann" vorstellt...
Wertung:
Da staunt der Trash-Film-Fan und der Arthaus-Experte wundert sich - ein Film ohne Haie, Außerirdische und Cheerleaders in dieser Rubrik? Quasi so ein richtiger Niveaubomber?
Die Schublade "Anspruch" stimmt hier jedoch nur bedingt und "Toni Erdmann" setzt sich öfters zwischen diversen Stühlen. So ist insbesondere der Humor des Streifens öfters ungefähr so gut wie meine Witze (sprich: platt und vorhersehbar) und die Optik ist meistens ziemlich billig (ok, kein Hammer-Argument - das ist bei den Dogma-Filmen natürlich auch der Fall). Hinzu kommt eine sehr lockere Erzählweise, die den Film leider auch extrem und unnötig in die Länge zieht (dass Regisseurin Maren Ade auch stringend und unlustig kann, hat sie übrigens mit dem hervorragenden Drama "Der Wald vor lauter Bäumen" deutlich bewiesen) und öfters für eine Gähnen sorgt.
Aber es gibt auch diverse Pluspunkte: Den Film gelingen einige wirklich bissige Szenen gegen den neoliberalen Turbokapitalismus und die ganze Darsteller-Riege (insbesondere natürlich Sandra Hüller und Peter Simonischek) überzeugt. Hinzu kommt ein für den deutschsprachigen Anspruchsfilm ziemlich lässiger Umgang in Sachen Nackheit und sogar ein klitzekleiner Splatterpart überrascht.
Und "Toni Erdmann" bietet einige Szenen, die wirklich brüllend komisch sind - eine Gesangseinlage von Ines (Sandra Hüller), die überhaupt keinen Bock aufs Singen hat, eine bizarr-lustige ...öhm... fast-Sex-Szene und natürlich der Höhepunkt des Films, ein völlig aus dem Ruder laufender Teamfindungsevent in Form eines Geburtstagsbrunches (inklusive einem recht haarigen Überraschungsbesuch).
Fazit:
Persönlich fand ich "Toni Erdmann" etwas überhyped, aber insbesondere diese doch immer mal wieder auftauchenden brüllend komischen Momente sorgen dann doch dafür, dass ich den Film eher positiv in Erinnerung behalte. 07/10