Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Moderator: jogiwan
- Salvatore Baccaro
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Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Originaltitel: Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen
Produktionsland: Deutschland 2000
Regie: Andreas Bethmann
Darsteller: Renee Pornero, Natascha Wetzig, Alexandra, Laura, Radka, Andreas Bethmann
…und nun bin ich anscheinend tatsächlich am Bodensatz des Bethmann’schen Filmschaffens angelangt, denn, ehrlich gesagt, wüsste ich wirklich nicht, wie der Mann seine beiden VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN noch unterbieten könnte…
Eine junge Frau sitzt festgekettet in einem Keller. Ausgeliefert ist sie einem (aus unerfindlichen Gründen) rückwärts sprechenden (und deswegen zwangsläufig untertitelten) Herrn, von dem wir während der gesamten zwei Stunden Laufzeit niemals das Gesicht sehen. (Ob es möglicherweise Bethmann selbst ist, der hier, wie später in EXITUS INTERRUPTUS, den Bösewicht verkörpert? Dass er laut IMDB in dem Streifen mitspielt, legt diese Vermutung durchaus nahe.) Von ihrem Entführer bekommt die Dame nunmehr insgesamt fünf Videos vorgespielt, in denen zu sehen ist, was der Halunke mit früheren Opfern angestellt hat. Das Szenario ist immer dasselbe: Die jeweilige Frau sitzt entweder allein in ihrem heimischen Fitnessraum, steht unter ihrer Dusche, hat es sich in der Badewanne gemütlich gemacht, widmet sich aber in jeder dieser Konstellationen ausgiebig ihrem Geschlechtsteil. Da es sich bei VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN um einen reinen Hardcore-Porno handelt, sehen wir in aller Deutlichkeit (und teilweise über einen Zeitraum von zehn Minuten hinweg!), wie Klitoriden per Handstimulation in Wallung versetzt werden. Dann materialisiert sich stets völlig unvermittelt unser gesichtsloser Notzüchtiger in den jeweiligen Privaträumen. Wie er es jedes Mal schafft, in die Wohnungen einzudringen, hat uns nicht zu interessieren, - und auch Bethmanns Sexarbeiterinnen zeigen sich über das Auftauchen eines Manns mit erigiertem Penis und geladener Schusswaffe wenig entsetzt, höchstens gucken sie anfangs ein bisschen verdutzt, bevor sie sich wie selbstverständlich der Aufgabe widmen, dem Eindringling einen zu blasen, einen runterzuholen oder ihm Vagina und/oder Anus zur Penetration hinzustrecken. Gelohnt wird ihnen diese Fügsamkeit damit, dass ihr „Peiniger“ ihnen (ausnahmslos im Off) nach erfolgtem Orgasmus zum Dank eine Kugel in die Köpfe jagt. In Zwischensegmenten erfahren wir, dass seinem aktuellen Opfer parallel zur Präsentation dieser Videoaufnahmen, (von denen nie klar wird, wer die eigentlich gedreht haben soll: der Killer jedenfalls ganz bestimmt nicht, denn der hat alle Hände voll mit seinen Schandtaten zu tun), mehr und mehr Metallhaken in diverse Körperteile (Mund, Brüste, Vagina) getrieben wird. Irgendwann endet der Film dann genauso abrupt wie er angefangen hat. Wäre VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN ein Geschlechtsakt, dann einer mit gnadenlos ruiniertem Orgasmus, so unbefriedigt wie dieses nun wirklich erbärmliche Stück Film jeden Zuschauer mit einem Mindestmaß an Anspruch zurücklässt.
Einmal abgesehen davon, dass jeder Sexualkontakt nach exakt dem gleichen Muster abläuft und Bethmann den Streifen völlig uninspiriert nach dem kleinen ABC rein funktionalen Filmemachens runtergekurbelt hat, gelingt es Maestro Bertucci zu keinem Zeitpunkt, mich entweder a) erotisch für seine ermüdenden Szenarien einzunehmen oder mich b) angesichts des Konnexes von Eros und Thanatos nachhaltig zu verstören. Als Stimulationsmittel dient VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN genauso wenig wie als nachhaltig erschütternder Nachfolger solcher Sexualität und Gewalt verknüpfender 70er Exploiter wie FORCED ENTRY oder BREAKING POINT. Dass die Frauen völlig emotionslos dazu übergehen, unserem Antagonisten zu Willen zu sein, trägt daran ebenso viel Schuld wie die repetitive Inszenierung Bethmanns, der scheinbar glaubt, es reicht aus, eine dildoversiegelte Vagina zu zeigen, um Frühlingsgefühle in seinem Publikum zu wecken. Die implizite Botschaft, Frauen seien prinzipiell dauergeile Nymphomaninnen, die im Grunde nur darauf warten, dass sie ein brutaler Lüstling überfällt, stößt mich dabei genauso sehr ab wie die seelenlose Mise en Scene, die endlos ausgespielten Zeitlupenaufnahmen von spritzendem Sperma, die Art und Weise, wie die Kamera sich an Haken zwischen Schamlippen weidet, oder der artifizielle Anstrich, den Bethmann seinem Film nachträglich in Gestalt eines Vintage-Schwarzweißfilters übergestülpt hat, sodass Artefakten überall im Bild rauschen und knistern, als würden wir irgendeine alte Filmrolle in Augenschein nehmen, (was aber eben nie anders aussieht als der klägliche Versuch, einen digital geschossenen Streifen auf oldschool zu trimmen.) Wenn ich an VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN irgendetwas lobend herausstreichen müsste, wäre das wohl der Soundtrack, der stellenweise stimmungsvollen Dark Ambient aufbietet, - doch selbst der kratzt gestreckt auf eine Dauer von hundertzwanzig (!) Minuten mit seinen ständig wiederholten Leitmotiven irgendwann gehörig am Nervenfell.
Ich will gar nicht wissen, für was ein Klientel Bethmann dieses Machwerk, (das er auf seinem X-Rated-Label gar als "Erotik-Klassiker" vermarketete!), konzipiert haben mag. Gibt es wirklich eine nennenswerte Kundschaft, denen es als Wichsvorlage reicht, in eintönigen Vignetten und versehen mit einer verkrampften Arthouse-Optik dargeboten zu bekommen, wie Frauen saugen und rubbeln, während ihnen ein Pistolenlauf gegen die Schläfe tippt?
Aber wenn ich schon mal dabei bin, kann ich ja auch gleich VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN PART 2 abhandeln, bei dem es sich nicht, wie der Titel vermuten ließe, um ein Sequel handelt, sondern vielmehr um ein 1:1-Remake des Vorgängers, - nur diesmal ohne B&W-Arthousefilter, dafür mit einer einleitenden Texttafel, die erklärt, dass im Großraum Hannover ein sogenannter „Balkonmörder“ sein Unwesen treibe, der es primär auf Vegetarierinnen abgesehen habe, (wobei wir freilich bis zum Ende von Teil 2 weder etwas über die Motive dieses Killers erfahren noch darüber, weshalb ihn die Kripo Hannover überhaupt den „Balkonmörder“ nennt: Weil er vorzugsweise über Balkone in die Wohnungen seiner Opfer einsteigt, oder was?)
Renee Pornero, die schon im Vorgänger eins der Opfer verkörperte und die sich in der Folge zu Bethmanns Muse mausern sollte, und immerhin noch bis zu seinem derzeit letzten Werk TERROR CREEK regelmäßig Hauptrollen in seinen Filmen übernommen hat, streift durch eine karge Industrielandschaft, zieht sich aus, befriedigt sich selbst, wird von unheilvollen POV-Shots beäugt, schließlich verschleppt, schafft es aber, sich zu befreien und ihrerseits den Balkonmörder zur Strecke zu bringen, (indem sie ihm fulci-esque einen Stahlbolzen durch den Hinterkopf treibt, dass er aus seinem Mund wieder austritt.) Novum ist, dass der Killer diesmal eine Rentnermaske trägt, - ansonsten bleibt alles beim Alten: Kaum hat irgendeine Frau die Finger zu ihren Schamlippen gleiten lassen, betritt der Killer den Schauplatz, lässt sich von ihr verwöhnen und befördert sie per Pistolenschuss anschließend ins Jenseits. Dabei verwendet Bethmann nicht nur rücksichtslos den Score aus Teil Eins, auch die einzelnen Segmente sind völlig austauschbar und derart beschaffen, dass ich mich weigere, noch irgendwelche Worte über diesen misogynen Mist zu verlieren. Wenn ich an VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN 2 irgendetwas lobend erwähnen müsste, wäre das die Simpsons-Bettwäsche im Schlafzimmer eins der Opfer…
Noch einen dritten und vierten Teil schiebt Bethmann hinterher, nur heißen die EXITUS INTERRUPTUS, (der quasi direkt an das Ende des zweiten VEGETARIERINNEN-Films anknüpft), sowie EXITUS 2, (der wiederum nahtlos aus EXITUS 1 hervorgeht), - und obwohl ich diese beiden Werke eher kritisch seziert habe, sind sie im Vergleich zu dem nur im Schnelldurchlauf erträglichen Grausen vorliegender Streifen sowohl narrativ wie technisch-ästhetisch und inszenatorisch eine wahre Wohltat. Ernsthaft, ich habe schon viel Schlechtes in meinem Leben gesehen, doch viel tiefer als mit VEGETARIERINNEN ZUR FLEISCHESLUST GEZWUNGEN kann man innerhalb der Filmgeschichte ganz gewiss nicht sinken, - weshalb ich versucht bin, dieses in jedweder Hinsicht zum Speien zwingendes Dipytchon als nicht nur handwerklichen, ästhetischen, inhaltlichen Endpunkt meiner kleinen Bethmann-Retrospektive zu wählen, sondern dieselbe hiermit auch ruhmlos ausklingen zu lassen: Pfui Teufel!
Re: Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Wahrscheinlich deswegen: https://www.spiegel.de/panorama/balkonm ... 39341.htmlSalvatore Baccaro hat geschrieben: ↑Di 31. Aug 2021, 21:04 dafür mit einer einleitenden Texttafel, die erklärt, dass im Großraum Hannover ein sogenannter „Balkonmörder“ sein Unwesen treibe, der es primär auf Vegetarierinnen abgesehen habe, (wobei wir freilich bis zum Ende von Teil 2 weder etwas über die Motive dieses Killers erfahren noch darüber, weshalb ihn die Kripo Hannover überhaupt den „Balkonmörder“ nennt: Weil er vorzugsweise über Balkone in die Wohnungen seiner Opfer einsteigt, oder was?)
An die Geschichte erinnere ich mich sehr gut und die fand ich damals extrem verstörend.
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Re: Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Andreas hatte doch mal mit MATERIALSCHLACHT einen Song namens (SIE IST?) KALT gespielt. Geht es da nicht auch um einen Serienmörder?
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Re: Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Bethmanns abtörnende Pornos sind wahrlich ein Graus.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Du hast dir die angesehen?buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mi 1. Sep 2021, 08:43 Bethmanns abtörnende Pornos sind wahrlich ein Graus.
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Re: Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Ein, zwei habe ich mal durchgespult. Was man im Laufe der Jahre nicht so alles in die Finger kriegt...
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: Vegetarierinnen zur Fleischeslust gezwungen - Andreas Bethmann (2000)
Oh Mann, und somit ist der Umstand, dass Bethmann sich auch noch auf einen realen Serienvergewaltigungsfall beruft bzw. wohl eher: ihn für seine Porno-Ergüsse missbraucht, dann das allerletzte Tröpfchen, das es noch bedarf, um mich diese VEGETARIERINNEN (also die Filme, nicht die Opfer) wirklich zum Hochbogen-Speien finden zu lassen... Nichts dagegen, wenn reale Verbrechen die Blaupause für Spielfilme abliefern - siehe PSYCHO oder SILENCE OF THE LAMBS oder, von mir aus, auch Marian Doras CANNIBAL, aber was einem hier geboten wird, Himmelgrundgütiger...Arkadin hat geschrieben: ↑Di 31. Aug 2021, 21:29Wahrscheinlich deswegen: https://www.spiegel.de/panorama/balkonm ... 39341.htmlSalvatore Baccaro hat geschrieben: ↑Di 31. Aug 2021, 21:04 dafür mit einer einleitenden Texttafel, die erklärt, dass im Großraum Hannover ein sogenannter „Balkonmörder“ sein Unwesen treibe, der es primär auf Vegetarierinnen abgesehen habe, (wobei wir freilich bis zum Ende von Teil 2 weder etwas über die Motive dieses Killers erfahren noch darüber, weshalb ihn die Kripo Hannover überhaupt den „Balkonmörder“ nennt: Weil er vorzugsweise über Balkone in die Wohnungen seiner Opfer einsteigt, oder was?)
An die Geschichte erinnere ich mich sehr gut und die fand ich damals extrem verstörend.
Endlich outet sich der Bux! Dann hat mein ganzes Geschreibsel ja doch investigativen Charakter...buxtebrawler hat geschrieben: ↑Mi 1. Sep 2021, 10:21Ein, zwei habe ich mal durchgespult. Was man im Laufe der Jahre nicht so alles in die Finger kriegt...