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Darsteller: Tony Russel, Lisa Gastoni, Massimo Serato, Franco Nero, Carlo Giustini, Michel Lemoine u. A.
Im 21.Jahrhundert wird das Sonnensystem von Aliens angegriffen, die in Wolken- oder Lichtform auftreten und die Raumstationen der Erde entführen und ihre Besatzungen foltern oder töten. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie den Heimatplaneten der Menschen erreichen. Commander Mike Halstead (Tony Russel) und seine Crew tritt gegen sie an...
„Spaß muss sein, sonst geht keiner zur Beerdigung!“
Betrunken im Weltenraum
Das wäre evtl. ein passender Subtitel für Italo-Regisseur Antonio Margheritis unter dem Pseudonym „Antony Dawson“ gefilmtes Sci-Fi-Trash-Abenteuer aus dem Jahre 1965, denn nicht nur an Silvester in einer Raumstation wird gepichelt (und futuristisch getanzt...), sondern auch zwischendurch immer mal wieder gern, was in einer von mehreren Füllszenen zu geistig vernebeltem Herumgealbere im freien Raum an deutlich sichtbaren Fäden führt. Doch eigentlich geht es im zweiten Film aus Margheritis vierteiliger „Gamma 1“-Science-Fiction-Reihe um außerirdische Lebensformen, die in Gestalt des tödlichen Nebels des Grauens (huch?) Besitz über Menschen erlangen, die fortan irgendwie tuntig aussehen und im Dienste der Aliens die Menschheit zu unterjochen versuchen, indem sie sie zu emotionslosen Wesen machen. Oder so ähnlich jedenfalls.
Das erinnert natürlich nicht von ungefähr an sog. Paranoia-Kino der 50er und 60er, als außerirdische Invasoren mal mehr, mal weniger deutlich als Metaphern für drohende kommunistische Unterwanderungsversuche herhalten mussten. Jedoch ist Magheritis Film mehr ein müder Abklatsch davon, vermischt mit den typischen Weltraumabenteuern der damaligen, diesbzgl. recht naiven und dadurch heutzutage oftmals unfreiwillig komischen Zeit.
Doch „Tödliche Nebel“ ist regt die Lachmuskeln noch aus weiteren Gründen an, so z.B. das Verhalten der Besatzungen, die Frauen auch schon mal zu deren eigenen Sicherheit ohnmächtig schlagen, ihre häufig daneben liegenden Dialoge, ihre Miniaturflammenwerfer, mit denen sie gegen den Nebel in Ermangelung von Laserwaffen (oder Dunstabzugshauben) oder dergleichen vorzugehen versuchen sowie die Darsteller, unter ihnen übrigens ein früher Auftritt Franco Neros, die zuweilen mit bedeutungsschwangeren Zeitlupenbewegungen versuchen, ihren Rollen Abgebrühtheit und Coolness einzuhauchen und allerspätestens dann zum Schießen komisch aussehen, wenn sie den Zustand der Schwerelosigkeit imitieren, während um sie herum gemalte Kulissen und Miniaturmodelle den Eindruck von Raumfahrt und Science Fiction vermitteln sollen. Unvergesslich ist aber vermutlich das Ende, nachdem man es geschafft hat, mithilfe der Druckwelle nach der Detonation einer Nuklearbombe (!) vom feindlichen Planeten (stilecht: der Mars) zu entkommen: Die Frage nach dem Sinn der Vorkommnisse wird einfach mit einem „Ach, lass mich in Ruhe!“ hinfortgewischt. Großartig!
Es gibt aber auch durchaus andersartige Überraschungen, so z.B. die ungeahnte Härte des eigentlich harmlosen Filmchens, als plötzlich ein Mensch verbrennt und die Kamera draufhält oder die unerwartet einsetzende Ernsthaftigkeit und Überzeugung im Ausdruck des Commanders (oder Leutnants oder was auch immer), als er in einer tatsächlich spannenden Szene seine Bereitschaft zum Märtyrertod erklärt. Hierbei blitzt auch Margheritis Regietalent merklich durch.
Alles in allem ist „Tödliche Nebel“ aber in erster Linie ein unfreiwilliger, bunter Trash-Spaß, der am besten mit Gleichgesinnten in heiterer Runde funktioniert und mit all seinen Ungereimtheiten und hilflos-albernen Streckmitteln keinesfalls ein ernstzunehmender Beitrag zum Science-Fiction-Genre. Also rein in die Raumkapsel, die nicht nur aussieht wie eine ausstaffierte Blechtonne, sondern sich bei Schließen der Luke auch genauso anhört, und mit „Super-Space-Geschwindigkeit“ auf zum nächsten Abenteuer in den unendlichen Weiten des... Low-Budget-Science-Fiction-Films.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Bei Lektüre des Titels habe ich zunächst an etwas in Richtung Bava - Planet der Vampire gedacht, aber das Stichwort Trash durchzieht deine Rezension doch recht konsequent. Bei Bava finde ich es (wieder mal!) erstaunlich, wie er bei sicher geringem Budget doch durchgehend den Film so überzeugend und niemals auch nur ein bisschen billig aussehen lässt. Das dürfte sich dann bei Margheriti anders verhalten. Wie dem auch sei, danke für die Besprechung. Vielleicht begegnet mir der Film ja mal.
Adalmar hat geschrieben:Bei Lektüre des Titels habe ich zunächst an etwas in Richtung Bava - Planet der Vampire gedacht, aber das Stichwort Trash durchzieht deine Rezension doch recht konsequent. Bei Bava finde ich es (wieder mal!) erstaunlich, wie er bei sicher geringem Budget doch durchgehend den Film so überzeugend und niemals auch nur ein bisschen billig aussehen lässt. Das dürfte sich dann bei Margheriti anders verhalten. Wie dem auch sei, danke für die Besprechung. Vielleicht begegnet mir der Film ja mal.
Wenn man beide Filme sieht und sich vor Augen führt, dass sie aus dem gleichen Jahr stammen, weiß man Bavas Arbeit vielleicht sogar noch ein bisschen mehr zu schätzen
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Bavas Arbeitet weiß man ja eh viel mehr zu schätzen (PLANET DER VAMPIRE ist ja punktemäßig eh schon sehr weit oben angesiedelt).
Aber die Idee mit den materielosen Wesen, deren Geist ein neues Zuhause sucht findet man ja in PLANET DER VAMPIRE und ähnlich auch in Episoden der RAUMPATROUILLE ORION. Vielleicht aus Bequemlichkeit, da man sich in damaliger Zeit noch nicht richtig vorstellen konnte, wie Aliens aussehen könnten oder es war so einfach nur billiger umzusetzen. Den ganzen Nonsens, in der Schwerelosigkeit Ringeltanz etc. aufzuführen ohne Sicherung (die sichtbaren Fäden hier dienten ja einem anderen Zweck) möge man verzeihen. Die Weltraumforschung stand ja noch ganz am Anfang und der bemannte Flug zum Mond wurde noch ein paar Jahre aufgeschoben, wirklich praktische Erfahrungen hat ja noch keiner gemacht (doch, ich glaube ein Hund und Affe waren derzeit schon im All), aber das macht ja den Zeitgeist und den ganzen Spaß aus. Allein zuhause auf kleinerem Bildschirm funktioniert der sicher nicht so gut wie auf der Riesenleinwand in geselliger Runde, aber der Film wurde ja fürs Kino gemacht. Interessant jedenfalls zu sehen, was ein MARGERITI in früheren Jahren fabriziert hatte und einige bekannte Darsteller finden sich hier auch wieder.
buxtebrawler hat geschrieben:
Alles in allem ist „Tödliche Nebel“ aber in erster Linie ein unfreiwilliger, bunter Trash-Spaß, der am besten mit Gleichgesinnten in heiterer Runde funktioniert und mit all seinen Ungereimtheiten und hilflos-albernen Streckmitteln keinesfalls ein ernstzunehmender Beitrag zum Science-Fiction-Genre.
Das letztere würde ich gar nicht mal unbedingt sooo sehen. Klar ist das aus heutiger Sicht trashig, aber B-Pictures jener Zeit waren storymäßig ja nie so richtig ernstzunehmen. Für mich wirkte das ganze eher zeitgenössisch naiv, auch wenn das heute die Leute eher zu Lachsalven animieren mag (wie ich vor ein paar Wochen bei "Raumschiff Alpha" im Alabama feststellen durfte, wo ich das Gelächter doch häufig als unpassend empfand). Für wirklichen Italo-SF-Trash empfehle ich, bei "Al Bradley" nachzuschlagen.
ugo-piazza hat geschrieben:Das letztere würde ich gar nicht mal unbedingt sooo sehen. Klar ist das aus heutiger Sicht trashig, aber B-Pictures jener Zeit waren storymäßig ja nie so richtig ernstzunehmen.
Na, sag ich doch
ugo-piazza hat geschrieben:Für mich wirkte das ganze eher zeitgenössisch naiv(...)
"(...) vermischt mit den typischen Weltraumabenteuern der damaligen, diesbzgl. recht naiven und dadurch heutzutage oftmals unfreiwillig komischen Zeit."
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)