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Darsteller: Karlheinz Böhm, Moira Shearer, Nigel Davenport, Anna Massey, Maxine Audley, Esmond Knight, Pamela Green, Brenda Bruce, Bartlett Mullins, Miles Malleson, Martin Miller u. A.
Als Kind musste Mark Lewis (Karlheinz Böhm) stets unter den Angstexperimenten seines Vaters leiden, der seinen Sohn als wissenschaftliches Versuchsobjekt missbrauchte. Das hat unheimliche Folgen, als Mark erwachsen ist. Neben seiner offiziellen Tätigkeit als Modelfotograf nimmt er nämlich junge Frauen mit in sein Atelier, um sie dort vor laufender Kamera zu ermorden und den Ausdruck des Entsetzens für alle Ewigkeit auf Film zu bannen. Ist die junge Helen Stephens (Anna Massey), mit der er sich anfreundet, vor ihm sicher oder wird sie sein nächstes Opfer?
Regisseur Michael Powell präsentierte den aus den „Sissi“-Filmen bekannten Karlheinz Böhm in seinem 1960 veröffentlichten, wegweisenden Thriller „Augen der Angst“ („Peeping Tom“) seinem Publikum als psychopathischen Serienkiller, schockierte es und sorgte für einen Skandal, der, darf man den Berichten glauben schenken, die Karriere von Regisseur und Hauptdarsteller ernsthaft gefährdete. Dabei war es sicherlich nicht die explizite Darstellung von Gewalttaten, über die sich brüskiert wurde, denn die gibt es hier nicht. Es dürfte viel mehr der Inhalt gewesen sein: Böhm alias Mark Lewis steht im Mittelpunkt der Handlung und man erlebt den Film nicht nur oft im wahrsten Sinne des Wortes aus seiner Sicht, sondern er wird mit seiner von Böhm hervorragend gespielten verunsicherten, unscheinbaren Art zur Identifikationsfigur für den Zuschauer, der ihn bisweilen fast schon mitleidig bei seinen Voyeurismen beobachtet. Und das ist quasi der Clou des Films: Man beobachtet einen Voyeur bei seinem Vorhaben, reale Todesangst zu dokumentierten und schlüpft sozusagen selbst in dessen Rolle. Dass die Ursprünge Marks Verhaltens in seiner Kindheit begründet liegen, als er selbst Gegenstand der Filmexperimente seines Vaters und damit zum Opfer wurde, war für die damalige Zeit anscheinend zu progressiv. Neben seiner ebenso progressiven Kameraarbeit begeistert „Peeping Tom“ mit einer dichten Atmosphäre sowie satirischen Seitenhieben aufs Filmbusiness inkl. typisch britischem, makabrem Humor. Die Spannung für den Zuschauer ergibt sich in erster Linie aus der Frage, ob Marks weibliche Bekanntschaft Helen, für die er eine gewisse Zuneigung empfindet, ebenfalls zum Opfer werden wird. Gerne erinnere ich mich auch an die Besessenheit Marks dem Medium Film gegenüber, der die Welt in einer seltsamen Mischung aus Angst und Leidenschaft am liebsten durch ein Kameraobjektiv betrachtet. Ein weiterer interessanter Kniff des Drehbuchs ist die Tatsache, dass in einem Film, in dem es so sehr um das Visuelle geht, ausgerechnet eine blinde Frau als einzige über genügend Durchblick zu verfügen scheint, um Mark Lewis richtig einordnen zu können. Derlei symbolbehaftete Momente bietet „Peeping Tom“ mehrere auf dem Weg zu einem wahnsinnigen Finale. Trotz fast völligen Verzichts auf Gewaltszenen ist „Peeping Tom“ ein hochklassiker, intelligenter Thriller, in dem nicht nur die Opfer den Spiegel vorgehalten bekommen… Er dürfte starken Einfluss auf spätere Produktionen gehabt haben und im Laufe der Jahre wurde ihm endlich die Anerkennung zuteil, die er bereits damals verdient gehabt hätte. 1960 war ein gutes Jahr für Thriller, denn auch ein gewisser „Psycho“ fand in ihm seinen Weg auf die Leinwände…
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Ein wichtiger Film und Klassiker der Thriller-Historie, aus Sicht dieses Forums natürlich auch im Hinblick auf seine Proto-Giallo-Aspekte! Morden mit der Kamera, das ist doch wunderbar giallesk.
Falls Böhms Karriere hierdurch wirklich Schaden genommen haben sollte, wäre das schon traurig.
Adalmar hat geschrieben:Ein wichtiger Film und Klassiker der Thriller-Historie, aus Sicht dieses Forums natürlich auch im Hinblick auf seine Proto-Giallo-Aspekte! Morden mit der Kamera, das ist doch wunderbar giallesk.
Falls Böhms Karriere hierdurch wirklich Schaden genommen haben sollte, wäre das schon traurig.
Viel mehr als Böhm, der schon vorher ein MGM-Vertrag in der Tasche hatte, und uin Europa wieder von Fassbinder engagiert wurde, hat es ja Powell über Jahre die Arbeit unmöglich gemacht, niemand wollte mit dem Skandalfilmer einen Film machen. Meines Wissens hat er nur noch einen gemacht und das 12 Jahre später.
Für ich eine der wichtigsten Filme Europas und hat Psycho sogar etwas voraus.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
Falls Böhms Karriere hierdurch wirklich Schaden genommen haben sollte, wäre das schon traurig.
Viel mehr als Böhm, der schon vorher ein MGM-Vertrag in der Tasche hatte, und uin Europa wieder von Fassbinder engagiert wurde, hat es ja Powell über Jahre die Arbeit unmöglich gemacht, niemand wollte mit dem Skandalfilmer einen Film machen. Meines Wissens hat er nur noch einen gemacht und das 12 Jahre später.
Das wusste ich nicht. Sehr unschöne Geschichte.
Der Wikipedia-Artikel zu "Augen der Angst" zitiert sowohl die hasserfüllte Erstbewertung als auch die modern-opportunistische Neubewertung des katholischen Filmdiensts (alias "Lexikon des Internationalen Films") ... wieder mal ein Beleg für die Unglaubwürdigkeit dieser Institution.
AUGEN DER ANGST (PEEPING TOM, Großbritannien 1960, Regie: Michael Powell)
Für den Regisseur Michael Powell, der in den 30er und 40er Jahren wegweisendes für den britischen Film leistete, und für den Deutschen Karlheinz Böhm war die Karriere nach diesem Film vorbei. Heute gilt er als Klassiker, damals als pervers. AUGEN DER ANGST ist ein Film über das Sehen, über das Kino, über Macher und Rezipienten, über Voyeurismus und Gewalt. Eindringlich und großartig, voller visueller Reize und Finessen, die dem Film auch jenseits der Geschichte die Aufmerksamkeit des Filmkenners sichern. Ganz fantastisch! 9/10
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht