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Darsteller: Phil Collins, Julie Walters, Larry Lamb, Stephanie Lawrence, Ellie Beaven, Michael Attwell, Ralph Brown, Christopher Ellison, Sheila Hancock, Martin Jarvis, Clive Wood, Anthony Quayle u. A.
Es war der größte Raubüberfall der Geschichte: Am 8. August 1963 wurde kurz vor London der Postzug der Royal Mail von unbewaffneten Männern überfallen, die insgesamt über 35 Mio. Dollar erbeuteten. Einer der Räuber war Buster Edwards (Phil Collins), der zusammen mit dem Drahtzieher Ronald Biggs (Ralph Brown) zum meistgesuchten Mann von Scotland Yard wird. Buster setzt sich nach Mexiko ab, wo er in Acapulco ein neues Leben beginnen möchte. Doch er vermisst seine Frau June (Julie Walters), die er bald nachkommen lässt. Aber June wird im heißen Mexiko nicht glücklich, sie vermisst die regnerischen Tage in London und kehrt Hals über Kopf dorthin zurück. Und mit ihr geht Busters Sinn fürs Leben. Er trifft eine folgenschwere Entscheidung.
„Dieses Verbrechen erschüttert die Grundfesten unserer Gesellschaftsordnung!“
Die nach der Komödie „Ein Ehemann dreht durch“ zweite Spielfilm-Regiearbeit des Briten David Green, „Buster“ aus dem Jahre 1988, setzt sich in einem biographischen Gangster-/Liebesfilm mit dem englischen Posträuber Buster Edwards auseinander, der von niemand Geringerem als von Musiker Phil Collins in seiner ersten Spielfilmrolle gemimt wird.
Zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer unbewaffneter Männer überfällt Buster Edwards am 8. August 1963 den Postzug der Royal Mail, erbeutet 2.631.684 Pfund und geht damit in die Geschichte ein: Es war der größte Raubüberfall Englands. Fortan stehen Buster und seine Freunde auf der Fahndungsliste Scotland Yards und müssen untertauchen. Als einer nach dem anderen verhaftet wird und auch Buster die Luft im heimischen England zu dünn wird, setzt er sich nach Acapulco in Mexiko ab. Seine Frau June (Julie Walters, „Mack the Knife“) und seine Kinder kommen kurze Zeit später nach, doch June bekommt Heimweh und wird nicht glücklich im Sonnenparadies…
Seit ich im zarten einstelligen Alter erstmals das Musik-Video „Land of Confusion“ von Genesis sah, mag ich ja Phil Collins irgendwie. Trotzdem war es mir seinerzeit nicht vergönnt, diesen Film (über den ich in der „Bravo“ las), im Kino zu sehen und irgendwann geriet er in Vergessenheit. Beim Aufstocken meiner Plattensammlung um die Collins-Solo-Alben aus den 1980ern stolperte ich dann aber über den Soundtrack zu diesem Film und mein Interesse entflammte erneut Also schnell die antiquarische DVD besorgt, allein schon um mal zu schauen, wann und wie die Songs des Soundtracks zum Einsatz kommen. Interessanterweise widmet sich der 1963 in England spielende Film nicht dem populärsten der legendären Posträuber, Sir Ronald „King of the Punks“ Biggs, sondern seinen Kompagnon Buster Edwards, einem Gelegenheitsdieb mit losem Mundwerk, einer Tochter und einer schwangeren Frau – man braucht Geld. So reift der Plan, den Postzug zu überfallen. Buster und seine Freunde werden über jugendlichen, spitzbübischen Charme verfügend gezeichnet, der Zuschauer entwickelt Empathie und Verständnis. Doch die große Enttäuschung folgt kurz darauf, als der eigentliche Coup reichlich unspektakulär inszeniert wird und lediglich einen Bruchteil des Films einnimmt. Denn „Buster“ ist kein Heist-Movie im engeren Sinn, sondern beschäftigt sich vor allem mit dem Danach in Bezug auf Buster Edwards. Dieser sieht mit seinem Schnurrbart zu Tarnzwecken ulkig aus, während zum Leidwesen der britischen Obrigkeit die Posträuber in der Öffentlichkeit zu modernen Robin Hoods stilisiert werden. Obwohl immer mehr Mitglieder der Diebesbande gefasst werden, ist Edwards der Polizei stets einen Schritt voraus. Scotland Yard fühlt sich schwer auf den Schlips getreten und drängt Verhaftete in Verhören zu Denunziationen. Die Sympathie des Zuschauers gilt eindeutig Edwards und seinen Freunden, die ermittelnden Behörden kommen nicht gut weg. Bis hierhin hat „Buster“ viel Charmant-Augenzwinkerndes bis Komödiantisches.
Die Flucht nach Acapulco geht einher mit Fernweh weckenden Bildern, doch nach kurzem Good Life wird „Buster“ richtiggehend zu einem Familiendrama. Fernab der Heimat verfolgen Edwards und sein Komplize Bruce Reynolds (Larry Lamb, „Superman III - Der stählerne Blitz“), den es ebenfalls dorthin verschlug, das berüchtigte Wembley-Spiel der Fußball-WM 1966 und lassen ihrem ungebrochenen Patriotismus freien Lauf, während June im vermeintlichen Urlaubsparadies leidet. Es kommt zu einem schönen Kontrast der Bilder: das sonnige Acapulco auf der einen, ein nebliges London auf der anderen Seite. Und wieder schlägt „Buster“ Genre-Haken und wird zu einer rührenden Liebesschnulze, wenn Edwards aus Liebe zu seiner Frau nach England zurückkehrt, wo er sich rund fünf Jahre Knast ausgerechnet hat: „Das mit den 30 Jahren läuft heut‘ nicht mehr!“ Doch da hat er die Rechnung ohne die nachtragenden, beleidigten Hüter des britischen Kapitalismus gemacht, denn diese statuieren ein Exempel und verurteilen den armen Tropf zur Höchststrafe. Wenn dann Collins‘ speziell für diesen Film geschriebenes Stück „Groovy Kind of Love“ erklingt, darf man schon mal feuchte Äuglein ob der berührenden Szene kriegen. Leider versäumt es der Film an dieser Stelle, das ungerechte System entsprechend anzuklagen. Nüchtern berichten eine Texttafel und ein Sprecher aus dem Off, dass Edwards satte 15 Jahre absitzen musste. Und statt damit zu schließen, folgt ein optimistischer Epilog, der einen lächelnden, glücklichen Edwards, nach seiner Entlassung als Blumenhändler arbeitend, mit seiner ihm treu gebliebenen Frau zeigt; zum Abspann ertönt der ebenfalls eigens für den Film komponierte Collins-Hit „Two Hearts“. Von Hass und Verbitterung, die wohl eher angebracht wären, keine Spur. Inwieweit diese Szenen Edwards‘ tatsächlichen Umgang mit seinem Schicksal widerspiegeln, ist mir nicht bekannt. 1994 wurde er im Alter von 63 Jahren erhängt in einer Garage aufgefunden.
Wie dem auch sei, Phil Collins stellt ein überraschendes Schauspieltalent unter Beweis und trägt den Film so gut, dass man durchaus vergessen könnte, dass man eigentlich einen Musiker vor sich hat. Einen besonderen Stellenwert nimmt der Soundtrack ein. Die enthaltenen ‘60er-Hits (unvermeidlich: „I Got You, Babe“) laufen innerhalb der Handlung meist nebenbei im Radio. Die beiden erwähnten Collins-Songs avancierten zu großen Hits und konnten sich beispielsweise auf Platz 1 der US-Single-Charts platzieren. „Two Hearts“ wurde darüber hinaus 1989 für den Oscar des besten Songs nominiert. Auch der großartige Soul-Smasher „Loco in Acapulco“ der Four Tops wurde von Collins mitgeschrieben. Dessen Melodie greift Anne Dudley für ihren Instrumental-Soundtrack immer wieder auf angenehme Weise auf. Trotz seiner irritierenden Genre-Wechsel, seiner Vernachlässigung des großen Coups und der seichten, um Versöhnlichkeit bemühten Moral ist „Buster“ ein vielleicht nicht durchgehend vorbehaltlos guter, dennoch sehenswerter Film nicht nur für Phil-Collins-Fans, der Collins‘ nicht unsympathischen Wertkonservatismus und seinen gern besungenen, sentimentalen Traum vom ewigen Zusammensein unterstreicht, einmal mehr eine Lanze für die Gentleman-Räuber und damit die Underdogs der Gesellschaft bricht und stimmungsvolle Bilder aus zwei kontrastierenden Welten bietet. Und, ja, es ist einfach ein irgendwie… schöner Film, der ans Herz geht.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Erscheint voraussichtlich am 02.10.2020 bei Hansesound als Blu-ray/DVD-Kombination im Mediabook:
Extras:
- 24-seitiges Booklet
- Die 103 minütige englische uncut-Kinofassung im Original-Tonformat!
Bemerkungen:
- Limitiertes Mediabook (Blu-ray + DVD)
- Erstmals auf DVD und Blu-ray [Anm. bux: Stimmt nicht, DVD-Fassungen existierten bereits.]
- Blu-ray mit neuer HD-Abtastung
- DVD digital remastered
- Für Fans: Alle Songs sind über ein Extramenü im Film separat anwählbar!