hier eine unangemessene Kritik zu einem Film, den man eigentlich nur mit Lobeshymnen beschütten kann. Absätze waren vom Verfasser nicht vorgesehen.
DAS GEHEIMNIS DER SCHWARZEN HANDSCHUHE - 6/10 (immerhin)
buxtebrawler hat geschrieben:Manchmal kommt es einfach vor, dass ich mit einem vielgerühmten Klassiker nicht soviel anfangen kann und selbst dann nicht so recht mit ihm warm werden, wenn ein sonst von mir sehr geschätzter Regisseur am Werke war. „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“, Dario Argentos Regie-Debüt, ist so ein Fall. Dem von Mario Bava ins Leben gerufenen Giallo-Genre verlieh die lose auf dem Roman „The Screaming Mimi“ (dt. „Die schwarze Statue“) von Fredric Brown basierende und in Deutschland als Teil der Edgar-Wallace-Reihe vermarktete Verfilmung Argentos neue Impulse und einen ungeheuren Popularitätsschub. Dass Argento bei Kameragenie Bava gelernt hat, merkt man der kreativen Kinematographie des Films an. Argento experimentiert mit Perspektiven, Zooms, Zeitlupen und Stills etc., eindeutige Hinweise auf sein Talent, das er mit späteren Filmen zur vollen Entfaltung bringen und ausreizen sollte. Mit Tony Musante verfügt man über einen recht charismatischen Hauptdarsteller, Nebenrollen wurden mit Namen wie Mario Adorf und Suzy Kendall ansprechend besetzt. Für den Score zeichnet niemand Geringerer als Maestro Ennio Morricone verantwortlich. Optimale Ausgangsbedingungen also. Doch was gibt es denn nun zu meckern? Zunächst einmal: Mir gefällt das Ambiente, die Ästhetik des Films überhaupt nicht. Während ich in anderen Gialli in wunderbare Landschafts-, Städteaufnahmen und/oder Gebäudeaufnahmen voller Zeit- und Lokalkolorit oder eben rätselhaft verfremdet geradezu eintauchen kann, verhindert das irgendwie Klinische, Sterile dieses Films ganz entschieden jedweden Wohlfühlfaktor. Das mag bewusst als Stilelement eingesetzt worden sein, lässt mich aber auf unangenehme Weise erschaudern. Dann wäre da natürlich die erzählte Geschichte: Dalmas beobachtet einen Mordversuch, gerät ins Visier der Polizei, meint, sich an ein wichtiges Detail erinnern zu können, auf das er aber nicht mehr kommt und stellt auf eigene Faust Ermittlungen an. Dabei führt er sich immer und immer wieder den Vorfall vors geistige Auge, wobei ihm eine morbide, geheimnisvolle Zeichnung hilft. In den Momenten der Rekapitulation hat der ansonsten verglichen mit anderen Werken Argentos fast schon nüchtern wirkende „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ seine stärksten Momente inne, Dalmas’ Erinnerungen umgibt geradezu etwas Mystisches. Da jenes wichtige Detail für den Zuschauer, obwohl er das gleiche gesehen hat wie Dalmas, nicht sichtbar war, lässt es sich nur sehr bedingt miträtseln, dafür wartet man aber gespannt auf die Auflösung. Klar, diese fällt im Giallo nicht unbedingt nahe liegend und in sich schlüssig aus, doch was man dem Zuschauer hier als Motiv(e) präsentiert, ist so dermaßen an den Haaren herbeigezogen und wird in Rekordgeschwindigkeit kurz vor Einsetzen des Abspanns heruntergerattert, dass ich als jemand, der „Style over substance“ generell eher abgeneigt ist, einfach nicht darüber hinwegsehen kann und mich etwas für dumm verkauft fühle. Ich bin mir darüber im Klaren, dass derartige „Schwächen“ für viele Genrefans gar keine sind und maßgeblich zum Sehvergnügen beitragen. Doch gerade in Anbetracht Argentos späterer Filme, deren Wendungen zwar auch gerne mal so richtig abgefahren sind, sich aber stets als sehr gut zur vorausgegangenen Handlung passend entpuppen, weiß ich, dass es anders und besser geht. Die stärker als andere Gialli an den Kriminalfilm angelehnte Handlung mit all ihren Ermittlungen hätte einen befriedigenderen Schlusspunkt benötigt. Einem Bava hätte ich zugetraut, eine Auflösung wie diese als Persiflage auf die möglicherweise ähnlich gestrickten, reißerischen Groschenromane, denen das Genre seinen Namen verdankt, inszeniert zu haben, im Falle Argentos bin ich mir da aber unschlüssig. Ich möchte mich diesbzgl. aber auch nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, da ich weder die Literaturvorlage noch überhaupt jemals eines der berüchtigten gelben Heftchen gelesen habe. „Der Weg ist das Ziel!“, mag da manch italophiler Cineast energisch konstatieren, doch betrachte ich diesen und subtrahiere bereits eingangs erwähnte Stärken, fällt vor allem eines auf: Unglaublich unpassender, alberner, unlustiger Humor und dümmliche Schießbudencharaktere. Wohlgemerkt beziehe ich mich mit meinen ketzerischen Zeilen auf die deutsche Synchronfassung, die evtl. nachträglich „klamaukisiert“ wurde, zugegeben. Wie dem auch sei, diese zahlreichen Szenen zielen leider weit an meinem Humorempfinden vorbei und sind der Entwicklung einer gelungenen Atmosphäre und spannungsgeladenen Stimmung mehr als abträglich. Hinzu kommt der fehlende Tiefgang der Charaktere: Weder Dalmas noch den bzw. die Täter lernt man näher kennen, was insbesondere bei letzteren dazu führt, ihr Verhalten noch weniger nachvollziehbar erscheinen zu lassen, als es ohnehin schon ist. Grafisch explizite Brutalität in Form blutiger Szenen ist hier noch recht rar gesät, hätte aber auch nicht so wirklich in den Film gepasst. „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ ist keinesfalls ein schlechter Film, durchaus unterhaltsam und goutierbar, für mein Empfinden aber eben noch an ganzes Stück weit von Argentos wahrem Talent entfernt.