bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Euer Filmtagebuch, Kommentare zu Filmen, Reviews

Moderator: jogiwan

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buxtebrawler
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Der Vampir von Notre Dame
Ein irrer Mörder metzelt sich durch die französische Metropole, seine Opfer werden völlig blutleer aus der Seine gefischt. Bald fürchtet sich ganz Paris vor dem "Vampir". Dies ist natürlich ein gefundenes Fressen für die Presse, und so heftet sich auch bald der kaltschnäuzige und clevere Reporter Pierre an die Spuren des unheimlichen Mörders. Dabei lernt er eine geheimnisvolle Gräfin kennen, die sich in ihn verliebt... (Quelle: http://www.filmtipps.at)
Das ist er also, der Pionier des italienischen Horrorfilms der Nachkriegszeit, entstanden im Jahre 1956 unter der Regie von Riccardo Freda und niemand Geringerem als Mario Bava, der ursprünglich lediglich für die Kameraarbeit zuständig war. Doch angeblich überwarf sich Freda wegen des Zeitdrucks, resultierend aus den nur zwölf angesetzten Drehtagen, während des Drehs mit der Produktionsfirma, weshalb es Bava zuteil wurde, in nur zwei Tagen den „Vampir von Notre Dame“ fertig stellen zu müssen. Bava nutzte seine Chance, um dem Film eine etwas andere Gewichtung zu geben und bewies bereits zum damaligen Zeitpunkt seine Fähigkeit zum effizienten Arbeiten, denn das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bava holt das Maximum aus den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Schwarzweiß-Photographie heraus, sein Genie ist bereits hier zu erkennen. Die gotischen Kulissen im Schloss der Gräfin sind detailverliebt und ausdrucksstark und die Verwandlungsszenen, in denen die Gräfin vor laufender Kamera ohne Schnitt altert bzw. sich verjüngt, faszinieren noch immer bzw. in einer Zeit der computergenerierten Tricktechniken vielleicht mehr denn je. Zudem gibt es einige an den Expressionismus erinnernde Schattenspiele, die den Liebhaber atmosphärischer Kameraarbeit ebenfalls mit der Zunge schnalzen lassen. Storytechnisch mutet „Der Vampir von Notre Dame“ allerdings etwas konfus an, was evtl. auch auf den Wechsel auf dem Regiestuhl und dem damit einhergehenden Zeitdruck zurückzuführen ist. Diese in einem „Kulissen-Paris“ spielende Melange aus Edgar-Wallace-artigen Kriminalfilm-Elementen, Mad-Scientist-Motiven à la „Frankenstein“, Vampirmythos, Reminiszenzen an die Legende der „Blutgräfin“ Bathory und Gothic-Stimmung ist einfach etwas zuviel des Guten. Bava hatte anscheinend den „Mad Scientist“-Anteil zugunsten der gotischen Bilder und Atmosphäre stark zurückgedrängt. Letztlich wirkt es fast wie eine Zeitreise, wenn die in der damaligen Gegenwart agierenden Protagonisten sich auf den Weg zum alten Schloss machen, denn urplötzlich wähnt man sich einem reinrassigen Gothic-Horrorstreifen. Wie so oft sind die Schauspieler hier, von „Miss Italien“ und Ehefrau Fredas Gianna Maria Canale einmal abgesehen, in erster Linie Mittel zum Zweck, Star des Films sind die von Bavas Kamera eingefangenen Bilder. Interessanterweise kann man sogar schon vereinzelt frühe Giallo-Elemente wie schwarzbehandschuhte Mörder junger Mädchen beobachten, die zu Obligatorien des später von Bava begründeten Genres zählen sollten. Unter schwierigen Umständen ist es Freda und Bava gelungen, einen nicht nur aus filmhistorischer Sicht interessanten Horrorfilm zu drehen, der den Reigen zahlreicher gelungener italienischer Genrefilme eröffnete. Essentiell!
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Der Mafiaboss – Sie töten wie Schakale
Machtkampf in der Mafia. New York contra Milano. Heroin im Wert von 3 Milliarden Lire ist spurlos verschwunden. Die italienische Mafia hat einen Sündenbock: Zuhälter und Kleinganove Luca Canali (Mario Adorf). Unschuldig wird er zum Freiwild erklärt. Freunde werden zu Verrätern. Profi-Killer jagen ihn. Sie töten seine Frau. Sie töten sein Kind. Allein auf sich gestellt, wird der Gejagte zum Jäger. Sein Ziel: Rache! - Rache an Don Vito Tressoldi (Adolfo Celi), dem MAFIABOSS… Quelle: dtm.at
Verdammt, dieser Fernando Di Leo weiß wirklich, wie man schwer unterhaltsame Mafia-Action inszeniert. „Der Mafiaboss“ aus dem Jahre 1973 ist der zweite Teil einer Trilogie des italienischen Regisseurs, die aus drei eigenständigen Filmen besteht. Die Mailändische Mafia sowie zwei Killer aus Übersee machen aufgrund einer Intrige Jagd auf den verhältnismäßig kleinen Zuhälter Luca Canali, überragend gespielt von Mario Adorf, der für diese Rolle eigentlich einen Oscar verdient hätte. Von klischeehaftem, edlem Mafiapathos ist hier nicht viel zu sehen, Di Leos Film ist dreckig, rau und ungeschliffen und so sind seine Charaktere. Die US-Killer werden dargestellt von Woody Strode und „Eisengesicht“ Henry Silva, wobei auch Strode diesmal mit nur einem Gesichtsausdruck auskommt, so dass neben ihm selbst Silva fast schon facettenreich wirkt, ähem… Mario Adorf verdient seinen Lebensunterhalt zwar, indem er junge Mädels auf den Strich schickt, nimmt aber die Rolle des gar nicht mal so unsympathischen, zu unrecht Verfolgten ein, der das Herz am rechten Fleck trägt. Das Netz zieht sich immer stärker um ihn zu; die Mafia hat überall und nirgends ihre Kontaktmänner und Handlanger sitzen, die Canali das Leben schwer machen, der bald niemandem mehr trauen kann. Dabei beginnt der Film eigentlich relativ harmlos: Mafiosi schüsseln in Kleinwagen durch Mailand und prügeln sich zu fetzigen 70er-Discoklängen, Adorf verteilt Kopfnüsse gegen Gegner und Gegenstände. Doch spätestens nach den ersten Toten ist der Spaß vorbei bzw. fängt er für den Zuschauer erst so richtig an. Di Leo setzt rasante Verfolgungsjagden in Szene, die dem Zuschauer den Atem stocken lassen. Adorf rennt, kämpft, schießt und durchschlägt auf der Motorhaube eines fahrendes Autos hangelnd die Windschutzscheibe mit seinem Schädel – bis es zu einem packenden Showdown auf dem Schrottplatz zwischen den letzten drei Überlebenden kommt. Hammerhart fiel auch die Szene aus, in der Canali dem Mailänder Mafiaboss begegnet, denn Gefangene werden auch hier nicht gemacht. Interessantes Detail übrigens, wie die Angestellten des Mafiaobermotzes ihre Zigaretten in dessen Wohnung zu entsorgen pflegen. Noch interessanter ist aber das Frauenbild, das hier präsentiert wird: Eine meiner Lieblingsszenen sind die um den mit Geldscheinen wedelnden Henry Silva wild umherspringenden Prostituierten, was natürlich kein gutes Ende nimmt. Überhaupt rutscht öfter mal die Hand gegen das feminine Geschlecht aus, während eine emanzipierte Revoluzzerin mit Che-Guevara-Bildern an den Zimmerwänden als Animierdame in einem Nachtclub arbeitet und mit Zuhälter Canali befreundet ist… Dass die Mädels auch für einen gewissen Erotikanteil sorgen, brauche ich wohl nicht extra erwähnen. Der größte Hingucker ist und bleibt aber Mario Adorf, der tatsächlich um sein Leben zu spielen scheint und eine große Palette menschlicher Emotionen fulminant abdeckt. „Der Mafiaboss“ ist ein großartiger Mafia-Action-Reißer mit hohem Tempo, wahnwitzigen Stunts, verdienten bis hervorragenden Darstellern und kruden Ideen, der zum Unterhaltsamsten gehört, was ich bisher aus diesem Bereich zu sehen bekam. Ich glaube übrigens, im gesamten Film war kein einziger Polizist zu sehen...
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St. Elmo’s Fire
Eine Gruppe von nicht vor allzu langer Zeit aus dem College entlassener Twentysomethings sieht sich mit den alltäglichen Problemen des Lebens konfrontiert, wie z.B. wie man seinen Job behält, seine Frau zurückgewinnt, die Erwartungen der Familie zufriedenstellt, eine Beziehung führt oder ganz einfach nicht durchdreht.
Die 1980er, das Jahrzehnt, in dem ich aufwuchs, waren einerseits die Dekade gepflegter angepasster Oberflächlichkeiten, neureicher Yuppies in Tennis-Clubs und spießigen Reihenhaussiedlungen, der Popper und des Reagan’schen Kalten Kriegs und daraus resultierender kultureller Harmlosigkeit, brachte aber auch sich dagegen wehrende Kritiker, Verweigerer und Außenseiter hervor, die die Pop-, Gegen- und Subkultur entscheidend mitgeprägt haben und mich bis heute mit ihren künstlerischen Ausdrucksformen erfreuen. Als ich nun kürzlich darüber gestolpert bin, dass der von mir für Werke wie „Flatliners“ und „8MM“ geschätzte US-Regisseur Joel Schumacher 1985 mit „St. Elmo’s Fire“ einen Film gedreht hat, der das Lebensgefühl einer jungen, aufstrebenden Generation jenes Zeitabschnitts eindrucksvoll zum Ausdruck bringen soll, der stellenweise sogar als eine Art inoffizieller Nachfolger des vielerorts und so auch bei mir Kultstatus besitzenden „Breakfast Club“ gehandelt wird und dessen Soundtrack zudem der Song „St. Elmo’s Fire (Man In Motion)“ von John Parr entsprang, ein Song, den ich wie kaum einen anderen mit den 80er-Jahren in Verbindung bringe, stellte sich mir die Frage, welcher der o.g. Aspekte wohl beleuchtet wurde. Neugierig besorgte ich mir „St. Elmo’s Fire“, legte die Scheibe gespannt in den Player und hoffte wenigstens auf reichlich Zeitkolorit. Der Film dreht sich um eine siebenköpfige Gruppe Collegeabsolventen, allesamt Anfang 20. Zunächst schienen sich meine Befürchtungen zu bestätigen, denn als sich einer der jungen Männer, Alec (Judd Nelson), als widerlicher Speichellecker entpuppt, der seine ehemals demokratischen Überzeugungen über Bord wirft, um als Arschkriecher eines republikanischen Abgeordneten mit seiner Politkarriere durchstarten zu können, wird dessen Antwort „Weil’s was einbringt“ auf die Frage nach seinen Beweggründen von seiner Clique hingenommen, als wäre es das Normalste der Welt. Er haust mit seiner Freundin Leslie (Ally Sheedy) in einem Luxusappartement (mit Anfang 20!) und erscheint wie die personifizierte Werbung für den „American Way Of Life“-Kapitalismus. Die Mädels scheinen nur „Shoppen“ und Mode im Kopf zu haben und von den interessanten „Breakfast Club“-Charakteren, mit deren Darstellerriege es zahlreiche Überschneidungen gibt, scheint kaum etwas übrig zu sein. Beim Aufsagen ihrer „Club-Parole“ (oder was auch immer das sein soll) wirken diese lachhaften Abziehbilder eher wie ein peinlicher möchtegern-elitärer Stundenbund denn wie eine verschworene Gemeinschaft, die sich gemeinsam den Irrungen des Lebens stellt. Doch glücklicherweise scheint das Drehbuch uns Zuschauer bis zu diesem Punkt absichtlich an der Nase herumgeführt zu haben, dann bald stellt sich heraus, dass der Speichellecker seine Freundin betrügt und trotzdem krampfhaft seinen spießbürgerlichen Willen durchzusetzen versucht, sie zu heiraten. Ein anderer (Kirby/Emilio Estevez) irrt ziellos durchs Leben und versucht sich in zahlreichen verschiedenen Betätigungsfeldern, bis er sich in eine hoffnungslose, einseitige Liebe stürzt, durch die er vermutlich Stabilität erhofft, der saxophonspielende Rockmusiker Billy (Rob Lowe) verliert einen Job nach dem anderen, verfällt dem Alkohol und rennt seiner jungen Familie hinterher, die sich von ihm abgewandt hat, die am oberflächlichsten und vergnügungssüchtigsten dargestellte Jules (Demi Moore in jungen Jahren und vor ihren OPs) entwickelt ein ernsthaftes Drogenproblem, Fräulein „Rühr mich nicht an“ Wendy (Mare Winningham) hat noch keinerlei sexuelle Erfahrungen gemacht, ist verklemmt und hat ihren weiteren Lebensweg bereits von ihrem die Luft zum Atmen raubenden Elternhaus vorgezeichnet bekommen, das ihr Engagement im sozialen Bereich nur müde belächelt usw. usf. Als es dann auch noch Streit um eine Frau, genauer: um Leslie gibt, scheint die Cliquen-Idylle endgültig passé. Um ein noch größeres Unglück abzuwenden, besinnen sich aber letztendlich alle wieder auf die Stärke ihres Zusammenhalts und wenden zumindest zunächst alles zum Guten. So richtig glaubwürdig wirkt das nicht und ich habe das Gefühl, dass man das Potential der Handlung, das eine ordentliche Portion Zündstoff birgt, absichtlich nicht voll ausgeschöpft hat, um es sich mit seinem Publikum nicht zu verderben. Für eine Absage an eine anpassungswillige, karrieregeile, materialistische Generation fiel „St. Elmo’s Fire“ zu zahnlos aus, für ein realistisches Porträt zu oberflächlich und klischeehaft und für ein Außenseiterdrama die Clique zu heterogen. Dennoch ist die Aussage, in entscheidenden Momenten das eigene Ego zurückstellen und solidarisch an einem Strang zu ziehen, positiv zu werten und der Blick in die chaotische Gefühlswelt junger, von Schule und College ins „wahre Leben“ entlassenen jungen Menschen in dieser abstrahierten Form ebenso leicht konsumierbar wie nachvollziehbar und für Verständnis für diejenigen, die der Leistungsgesellschaft nicht mir nichts, dir nichts gewachsen sind, werbend. Insofern habe ich hiermit tatsächlich einen interessanten, kritischen Blick auf die Protagonisten des eingangs beschriebenen Jahrzehnts kennengelernt, der mit seiner versöhnlichen Ausrichtung zwischen Baum und Borke steht und niemandem so richtig wehtut, aber dafür mit eben jener Atmosphäre, die im Nachhinein für einen verklärenden Wohlfühlfaktor sorgt, interessanter Starbesetzung und recht hohem Unterhaltungswert punktet. Oder in Kurzform: Trotz seines Versuchs der kritischen Auseinandersetzung ist „St. Elmo’s Fire“ eben doch ein typisches Kind des 80er-Mainstreams.

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Ginger Snaps III: Der Anfang
Kanada im 19. Jahrhundert: Ginger und ihre Schwester Brigitte flüchten in ein Fort, welches später aber von wilden Werwölfen heimgesucht wird. Ein indianischer Jäger will den beiden Mädchen helfen, doch eine von ihnen wurde schon gebissen und nun haben sie nur einander...
Das wie auch der zweite Teil im Jahr 2004 erschienene Prequel zu den vorausgegangenen beiden guten bis sehr guten Teenager-Werwolf-Filmen siedelte man im Kanada des 19. Jahrhunderts an und betraute den Kanadier Grant Harvey mit der Regie. Dadurch schlägt „Ginger Snaps III“ andere Wege als die Vorgänger ein, denn der bisherige starke Realitäts- und Gegenwartsbezug, der die Identifikation mit den beiden mit dem Erwachsenwerden hadernden Außenseiterinnen erleichterte, fehlt hier natürlich. Doch das Grundgerüst der Geschichte – zwei Schwestern (die hier ebenfalls Ginger und Brigitte heißen und von denselben Schauspielerinnen gemimt werden), die gegen widrige äußere (und später auch innere…) Umstände zusammenhalten wie Pech und Schwefel – blieb erhalten und man verstand es ganz ausgezeichnet, diese in ein wundervoll ausgestattetes, keinesfalls altbacken wirkendes Gothic-Horror-Ambiente einzubetten, das mit seinen starken Bildern begeistert. Emily Perkins als Brigitte nahm diesmal nicht die Rolle des „hässlichen Entleins“ neben der schönen Katharine Isabelle ein, sondern wurde ihr gleichberechtigt zur Seite gestellt und sieht einfach großartig aus – ein Beweis für ihre Wandlungsfähigkeit. Das Spiel der beiden ist erneut ohne Tadel. Wie sie sich in einem Handelsfort gegenüber religiös verbrämten Frauenhassern und anderen von der Extremsituation aufgeriebenen Männern behaupten, sorgt für viel Sympathie und setzt die emanzipatorische Note der Filmreihe fort. Weiter verbessert und verfeinert hat man die Masken und diesmal recht blutig ausgefallenen Effekte, die sich mittlerweile auf hohem Niveau befinden und für harten grafischen Horror in einer von fatalistischer Endzeitromantik geprägten Story sorgen. Innerhalb dieser kommt ein Fluch zum Tragen, der die Geschwister befällt und eine Erklärung für die Ereignisse im ersten Teil liefert. Die Bewohner des Forts werden von zahlreichen Werwolfangriffen geplagt, bis es eben auch Ginger erwischt. Doch die Ratschläge der seherisch befähigten Indianer werden nur unzureichend befolgt, denn in Anbetracht der unwirtlichen, kalten Welt, in der man nur einander hat, besteht für Ginger und Brigitte wenig Anlass, ihren Schwur des ewigen Zusammenhalts aufzugeben… Der eigentliche Ursprung der Werwölfe wird zwar nicht gelüftet, doch auch vom Prequel geht eine starke Faszination aus. Die Wahl einer anderen Zeitepoche hat gut funktioniert und die kalte, pessimistische, dabei dennoch poetische Atmosphäre des Films verstärkt die wohlige Gruselstimmung, die hier das dominierende Stilelement im Gegensatz zu den metapherreichen, fast schon bösartig-satirischen Vorgängern einnimmt. Ein gewagtes Experiment, das als geglückt bezeichnet werden kann und einen würdigen Abschluss der Trilogie darstellt.
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Ring 2
In dieser Quasi-Fortsetzung zu "Ring" versucht die Freundin des getöteten Ryuji, Mai Takano, sich ebenfalls auf, um mehr über das geheimnisvolle Videoband herauszufinden, dessen Ansicht den Betrachter eine Woche später das Leben kostet. Sie findet die Spur des Geistes des Mädchen Sadako, das außergewöhnliche Kräfte entwickelte und nun eventuell hinter dem Fluch stecken könnte. Youichi, Ryujis Sohn, könnte in ihrem eigenen Wettlauf gegen den Tod zu einer entscheidenden Figur werden, denn er ist Sadako in einer mysteriösen Weise ähnlich...
Nachdem 1998 mit „Ring: Spiral“ die eigentliche, eng an die Literaturvorlage angelehnte Fortsetzung des verdammt gruseligen oder grandios in westlichen Hemisphären neuverfilmten Japan-Schockers „Ring“ zurecht gnadenlos floppte, entwickelte das Original-„Ring“-Team um Regisseur Hideo Nakata ein von der Vorlage losgelöstes Drehbuch und präsentierte die filmische Umsetzung 1999 der Öffentlichkeit. Um es vorwegzunehmen. „Ring 2“ ist um mindestens zwei Klassen besser als „Ring: Spiral“, aber auch um genau so viele Klasse schlechter als „Ring“. Um ehrlich zu sein fand ich diese Fortsetzung bei meiner Erstsichtung vor einiger Zeit sogar richtig mies, wollte ihr aber nun, nachdem ich zwischenzeitlich wesentlich mehr ostasiatische Horrorfilme gesehen habe, eine zweite Chance geben. Ganz so vernichtend fällt mein Urteil sodann auch tatsächlich nicht mehr aus, aber mit den kalt und hölzern wirkenden Darstellern, der kaum vorhandenen Atmosphäre und vor allem der konfusen Handlung, die sich in einem Netz aus viel zu vielen nur notdürftig eingeführten Charakteren und allerlei pseudowissenschaftlichem Unfug, der nicht so recht funktionieren mag und zudem völlig uninteressant ist, verfängt, habe ich noch immer schwer zu knabbern (so wie ihr vermutlich gerade an meinem Satzbau). Die weitestgehend fehlende musikalische Untermalung, lediglich unterbrochen durch einige Momente, in denen fast schon schwülstig anmutende Musikstücke eingespielt werden, macht es mir dabei auch nicht unbedingt leichter, so etwas wie emotionale Tiefe, Spannung oder Bedrohlichkeit auszumachen. Vielleicht habe auch einfach zu sehr vom japanischen Publikum abweichende Sehgewohnheiten, die es mir erschweren, einen roten Faden in diesem Wust aus zusammengeflickten Mystery-Passagen zu erkennen, so aber konnte ich mich lediglich an einigen geglückten Grusel- und Schockszenen erfreuen, nachdem ich durch die furchtbare Vorstellung, dass Sadako 28 Jahre lang lebendig im Brunnen eingeschlossen war und sich bei ihren Fluchtversuchen sämtliche Fingernägel abriss, zu Beginn des Films in eine verdammt unbehagliche Stimmung versetzt wurde. Interessant auch, wie man sich auf japanischen Inseln anscheinend unliebsamer Neugeborener entledigte. Doch auch das alles führt nicht wirklich dazu, das Phänomen um Sadako zu entmystifizieren, was glaube ich aber auch niemand wirklich gewollt haben kann. Wozu dann aber der ganze Popanz der Handlung? „Ring 2“ ist eine sehr halbgare Angelegenheit, mit der es sich aber anscheinend wie mit dem seltsamen Video, um das sich die Filmreihe dreht, verhält: Entgegen aller Vernunft muss ich sie mir einfach ansehen...
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

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Eigentlich für eine Online-Fanzine geschrieben, passt aber auch hier gut rein:

NORMAHL – JONG’R DVD + CD
(www.7us.de) / (www.normahl.de)

NORMAHL waren in ihrer mittlerweile (mit Unterbrechung) 30-jährigen Bandgeschichte für so manche Peinlichkeit gut – angefangen bei fragwürdigen Texten auf den frühen Schrammel-LPs über Funpunk auf einem Major-Label inkl. Matthias-Reim-Gedächtnisfrisuren bis hin zu erschreckend durchwachsenen Rock-Alben und Ausflügen in schmalzige Schlagergefilde. Doch trotz allem haben es die Schwaben um Energiebündel Lars Besa geschafft, eine ganze Reihe starker Songs, die eng mit meiner Punksozialisation verbunden sind, zu schreiben, die längst zurecht als Klassiker gelten – sowohl während der HC-Punk-Gehversuche als auch auf jüngeren, rockigeren Scheiben. Dabei hat man textlich nie ein Blatt vor den Mund genommen, starke, gesellschafts-, sozial- und politikkritische Songs kreiert und sich zum Sozialismus bekannt. Ein gutes Händchen bewies die Band oft bei Coverversionen, egal ob von alten Arbeiterliedern, Ennio-Morricone-Soundtracks oder gar Reinhard Mey („Diplomatenjagd“). Zum etwas verspäteten Jubiläum hatte man einen eigenen Spielfilm „von und mit NORMAHL“ (!) angekündigt und eigentlich hatte ich mich schon auf ein unfreiwilliges Trashvergnügen zum Fremdschämen eingestellt. Dieser Film liegt mir nun samt eigens von der Band eingespielten Soundtracks in einer Vorab-Promo-Version vor und ich bin positiv überrascht: Der Film ist nicht schlecht. Ja, wirklich.

Bei „Jong’r“ (schwäbisch für „Junge“) handelt es sich um eine Low-Budget-Produktion auf gehobenem Amateur-Niveau, die in 60 extrem kurzweiligen Minuten autobiographisch das Lebensgefühl einer Handvoll junger Punks in einer schwäbischen Kleinstadt Ende der 1970er Jahre nachzeichnet. Es geht um Ärger mit Eltern und anderen Spießern, Prolls, Lehrern etc., um Erfahrungen mit Drogen und Alkohol , unglückliche Liebschaften und natürlich auch Chaos und Spaß. Das Drehbuch stammt von Emanuel Brüssau und Sandro Lang, Letzterer führte auch Regie. Nun, diese Namen sagen mir genauso wenig wie die der Jungdarsteller Aaron Frederik Defant, Julian Trostorf, Hasan Dere u.a., aber die machen ihre Sache wirklich allesamt ziemlich gut, in jedem Falle besser als so mancher Seifenoper-Darsteller im TV. Und da es nicht umsonst hieß „von UND MIT“ spielen die Bandmitglieder im Film doch tatsächlich die Elterngeneration und - Achtung, jetzt kommt’s – es funktioniert! Dank gekonnter Masken- und Make-Up-Arbeit wurden sie glaubwürdig auf alt und spießig getrimmt und Lars Besa, der von den Bandmitgliedern die größte Rolle als Vater (!) des Hauptdarstellers einnimmt, geht darin so richtig auf. Die Szenen, in denen die Dorfgemeinschaft in der Kneipe zusammensitzt und alkoholgeschwängerte Stammtischreden in breitestem, zum Glück untertiteltem Schwäbisch schwingt, sind überaus gelungen und gleichzeitig urkomisch, wenn man Besa als alternden Elvis-Presley-Fan, alleinerziehenden Vater und verbitterten Spießbürger erlebt. Doch damit nicht genug, irgendwie hat man es auch noch hinbekommen, Vorzeigeschwabe Gotthilf Fischer (FISCHERCHÖRE) für einen Kurzauftritt zu gewinnen!? Ich kipp vom Stuhl... Das geringe Budget sieht man dem Film immer dann an, wenn auf absichtlich dilettantische Animationssequenzen zurückgegriffen wurde, um Vorgänge in die Handlung einzuflechten, die z.B. einen anderen Drehort erfordert hätten. Gleichzeitig dienen diese Szenen aber auch als Zeitraffer, um den Film kompakt zu halten. Richtig kurios wird es allerdings, wenn die Punks Ende der ’70er ein NORMAHL-Konzert besuchen und Songs zu hören bekommen, die erst viele Jahre später geschrieben wurden, haha. Inwieweit „Jong’r“ authentisch ist, kann ich schlecht beurteilen, da ich die Zeit damals nicht miterlebt habe, aber Lebensgefühl und -umstände kommen gut rüber und die (diesmal freiwillige) Komik bleibt auch nicht auf der Strecke. Überhaupt tut es sehr gut, dass sich „Jong’r“ selbst nicht bierernst nimmt. Dass das Drehbuch nun sicherlich keinen Preis in Sachen Dramaturgie gewinnen wird und es kein typisches Ende mit einem richtigen Höhepunkt, einer Moral oder Ähnlichem gibt, kann ich dabei verschmerzen. Ich muss zugeben, dass ich das den NORMAHLos in dieser Form nicht mehr zugetraut hätte.

Außerdem enthalten ist eine 30-minütige Bandfeaturette mit Interviews mit den aktuellen Mitgliedern, die natürlich für eine umfassende Aufarbeitung der Bandhistorie viel zu kurz ist, einem aber die Musiker etwas näher bringt. Gespickt mit alten Fernsehaufnahmen und Videoclips wird u.a. auf die Kampagne „Kein Hass im wilden Süden“ eingegangen, die NORMAHL in den 1990er als Zeichen gegen Fremdenhass initiierten, nachdem in Deutschland reihenweise Wohnheime und Wohnungen von Immigranten brannten und Menschen durch feige Anschläge sinnlose Tode starben. NORMAHL haben damals die Öffentlichkeit gesucht und mit Mainstream-Künstlern zusammengearbeitet, was etwas seltsame Blüten trieb und im Nachhinein auch kritisch von der Band gesehen wird. Die Interviewszenen an sich wirken aber ziemlich unkritisch und etwas selbstverliebt und einige Aussagen kann ich so ganz sicher nicht unterschreiben. Lars Besa kommt aber sehr enthusiastisch und hochmotiviert rüber und scheint auch nach all den Jahren noch voller Elan dabei zu sein. Was die Frage nach der zwischenzeitlichen Bandauflösung betrifft, nimmt man es mit der Wahrheit nicht ganz so genau und erzählt augenzwinkernd eine abstruse Geschichte, die hoffentlich niemand glaubt.

Zusätzlich zur DVD wird eine CD mit dem Soundtrack mitgeliefert, der satte 19 von NORMAHL gespielte Songs umfasst inkl. nur zweier kurzer Instrumentalstücke und Coverversionen von ELVIS’ „Suspicious Minds“ (!) und „Holidays In The Sun“ von den SEX PISTOLS, die speziell für den Film angefertigt wurden und sich zu meiner erneuten Überraschung wirklich vernünftig anhören. Neben einer Live-Version von „Deutsche Waffen“ gibt es zwei brandneue Stücke und eine Art ganz kleinen „Best Of“-Querschnitt durch das Schaffen der Band, wobei alle Songs neu eingespielt wurden – darunter uralte Heuler wie „Rockabilly Jimmy“ oder „Verarschung total“ sowie eine LENNONS-Coverversion („Claudia“), und auch das kann sich wirklich hören lassen. Vermutlich stammen einige Neueinspielungen vom unbescheiden betitelten „Das ist Punk“-Album, das entzieht sich gerade meiner genaueren Kenntnis. Ein echter Lacher ist aber die bisher unveröffentlichte Neuaufnahme von „Durst“ im Bierzelt-Musikantenstadl-Sound. Die CD ist auch einzeln erhältlich.

Fazit: Gelungenes Jubiläumspaket, mit dem sich NORMAHL aus meiner Sicht tatsächlich einen Gefallen getan haben.
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Ring: Spiral
Der Pathologe Mitsuo Ando begegnet eines Tages seinen alten Schulfreund Ryuji Takayama wieder - auf dem Obduktionstisch. Er entdeckt eine pockenartige Pustel in Ryujis Nacken und findet in seinem Magen eine unverdaute Nachricht vor. Er schlussfolgert, dass das "Sadako-Video" seine Opfer mit dem Pockenvirus infiziert, das sie nach 7 Tagen umbringt…
„Ring: Spiral“ vom japanischen Regisseur Jouji Iida war 1998 die ursprüngliche Fortsetzung von „Ring“, dem starken und einflussreichen Grusel-Schocker um die videoaffine Sadako, die als Kind unliebsame Bekanntschaft mit einem Brunnen machen musste, und zwar von innen. Dabei hielt man sich anscheinend eng an die (mir unbekannte) Literaturvorlage und schuf damit leider ein perfektes Beispiel dafür, warum man oftmals besser damit fährt, Romanvorlage einfach Romanvorlage sein zu lassen und im wahrsten Sinne „sein eigenes Ding zu drehen“. Denn vom spannungsgeladenen, pointierten Horror des Originals verabschiedete man sich hier nahezu völlig zugunsten an den langen Haaren Sadakos herbeigezogenen medizinischen Erklärungsversuchen des Fluchs gepaart mit übersinnlichen Erscheinungen und Visionen der Protagonisten, die im krassen Gegensatz zur angestrebten Enträtselung des „Ring“-Fluchs stehen. Einerseits pseudowissenschaftliche Sezierungen des Phänomens, andererseits viel Hokuspokusschnickschnack? Ganz schlechte Idee. Zusammen mit den neuen Impulsen, die man der Geschichte hier verleihen möchte, z.B. die mögliche Verbreitung des Fluchs nicht nur durch das Video, sondern auch durch das Lesen bestimmter Aufzeichnungen, gerät „Ring: Spiral“ dann endgültig unlogisch hoch zehn und nicht nur lächerlich, sondern auch ziemlich dialoglastig und langweilig. Andere Elemente, wie z.B. das Klingeln das Telefons nach Ansicht des Schauervideos, wurden komplett weggelassen, ebenso wie die „Ring“-typischen Schreckmomente. Dem Vogel setzt dem Ganzen dann letztlich die Reinkarnation Sadakos als normal aussehende Frau auf, die angeblich genau das aus ihrer unwirtlichen Situation heraus geplant hat. Unfassbar. Mit viel Wohlwollen könnte man dem Ende noch so etwas wie melancholische Endzeitstimmung attestieren, aber das war es dann auch schon mit den Qualitäten dieser hoffnungslos unpassenden Fortsetzung, die mehr wie ein Mysteryfilmchen (das Wort „Thriller“ wäre in Verbindung mit diesem Film unangebracht) wirkt, der sich schändlicherweise die Entmystifizierung Sadakos auf die Fahne geschrieben hat und ihr nun wirklich jeden Horror nimmt. Schade, denn mit seiner wesentlich stärker an meine Sehgewohnheiten angepassten Umsetzung mit Schauspielern, die auch wie welche wirken und mitunter recht stimmungsvoller musikalischer Untermalung etc. war „Ring: Spiral“ für mich leichter konsumierbar als manch anderer Teil der Reihe. Trotzdem sollte man diese missglückte Fortsetzung zu Ehren Sadakos ganz tief im nächsten Brunnen versenken...
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Der Dämon und die Jungfrau
Als Christian Menliff, Sohn eines todkranken Grafen, seine Geliebte Nevenka heiratet, erscheint zum ersten Mal seit langer Zeit sein Bruder Kurt auf dem Anwesen. Doch weder Familie noch Bedienstete sind ihm wohlgesonnen, weil sich einst eine Magd wegen ihm das Leben genommen hatte. Kurt fühlt sich nach all den Jahren immer noch zu Nevenka hingezogen, mit der er damals ein Verhältnis hatte. Ihre masochistische Ader bricht durch und sie lässt sich von Kurt am Strand mit einer Peitsche verdreschen. Am nächsten Morgen ist Kurt tot, offenbar ermordet. Doch er kann nicht ruhen, er muss Nevenka besitzen und geht im Schloss um...
Die Liebe ist stärker als der Tod. So zumindest in Mario Bavas 1963er Gothic-Horror-Beitrag mit „Dracula“-Darsteller Christopher Lee und der attraktiven Daliah Lavi in den Hauptrollen, in dem dieser hoffnungsvolle Spruch auch auf eine von dominanten und devoten Verhaltensmustern basierenden Beziehung, die in sado-masochistischen sexuellen Obsessionen ihren Höhepunkt findet, übertragbar ist. Szenen, in denen Lee die Lavi kräftig auspeitscht und diese dabei auch noch Lust zu empfinden scheint, mögen damals für Aufregung gesorgt haben, haben in ihrer Schockwirkung im Laufe der Jahrzehnte aber natürlich kräftig eingebüßt. Kaum etwas von seinem Glanze verloren aber haben Bavas farbenprächtige, ausdrucksstarke Gothic-Horror-Kulissen und –Bilder, die sämtliche Register ziehen und erneut überaus kunstvoll ausfielen. Das Drehbuch um eine aristokratische Familie in desolatem Zustand und von Intrigen durch- und bald zersetzt, scheint deutlich von Roger Cormans Edgar-Allan-Poe-Verfilmungen inspiriert zu sein. Ein kleiner, aber feiner Erotikanteil unterscheidet neben Bavas unverkennbarer Regie den Film von US-amerikanischen und britischen Genreproduktion des Zeitabschnitts. Ins Auge stechen darüber hinaus auch die expliziten Bilder einer skelettierten, verwesten Leiche; der romantische Score hingegen ist ein wahrer Ohrenschmaus. „Der Dämon und die Jungfrau“, eine Schauerromanze um eine zum Scheitern verurteilte, unglückliche Liebe, lädt in seinem Gothic-Horror-Gewand zum Zurücklehnen und Genießen ein und ist für Gruselkost der alten Schule im Allgemeinen und Bava-Fans im Speziellen eine Empfehlung wert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

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Der Killer von Wien
Wien zittert vor einem Rasiermessermörder, der es auf junge Frauen abgesehen hat. Auch Julie Wardh (Edwige Fenech), Frau eines wohlhabenden Geschäftsmannes, wird von dem Killer bedroht. Julie hat einen Verdacht: Könnte es sich bei dem Gesuchten um ihren früheren Geliebten Jean (Ivan Rassimov) handeln, dem sie einst in masochistischer Zuneigung zugetan war?
Italo-Regisseur Sergio Martino, der mir in der Vergangenheit in erster Linie als Exploitation-Horror-Filmer ein Begriff war, drehte mit „Der Killer von Wien“, der ungefähr ein Jahr, nachdem Dario Argento mit „Das Geheimnis der schwarzen Handschuhe“ das Genre so richtig ins Rollen brachte entstand, einen lupenreinen Giallo, der unter Freunden des reißerischen italienischen Thrillers bis heute als großer Klassiker gilt. Das kann ich sehr gut nachvollziehen, denn auch ich wurde von der Aura der wunderschönen Edwige Fenech (und ihren originaltitelgebenden seltsamen Lastern) ergriffen, die an den Drehorten Wien und Spanien um ihr Leben bangen muss. Ihre Rolle, die US-Businessman-Gattin Julie Wardh, gerät in einen fiesen Strudel aus Intrigen, Psychospielchen und Morden, den Martino überaus stilvoll zu inszenieren wusste. „Der Killer von Wien“ ist erotisch, ohne billig bzw. „sleazig“ zu sein, das Drehbuch ist bis auf einige denkwürdige Dialoge wirklich gut und erzeugt Spannung und die Atmosphäre des Films mitsamt des bemerkenswerten Scores von Nora Orlandi sorgt für eine wohlig-unwohlige Stimmung beim Zuschauer, während dieser sich an der guten Besetzung erfreut und neben Edwige Fenech, die hier wirklich zum Verlieben ist, George Hilton als Playboy/Gigolo und Ivan Rassimov als raubeinigen Stalker bei ihrem Treiben zusieht und darauf wartet, dass sich die einzelnen Puzzlestücke zu einem großen Ganzen zusammensetzen – ohne dabei am Ende, wie in einigen anderen Gialli leider der Fall, enttäuscht zu werden. Die typischen Giallo-Charakteristika werden dabei geschickt variiert. Die teilweise faszinierende Kameraarbeit versucht sich – vermutlich inspiriert von Argento – an vielen kreativen Einstellungen und Details und liefert schöne Bilder mit Tiefe und Lokal-/Zeitkolorit. Die Gewaltszenen wurden wohldosiert eingesetzt, ohne es zu übertreiben. Einzig die x-te Wendung im Finale hätte man sich meines Erachtens besser gespart, um es bei einem bösartigen Schlussstrich zu belassen. Die in Giallo-Form dargebrachte Geschichte um ein egozentrisches, über Leichen gehendes Männerkonglomerat aus der Oberschicht schnürte Martino zu einem überaus überzeugenden, stilsicheren Gesamtpaket, das beispielsweise einen „Torso“ vom gleichen Regisseur und aus dem gleichen Genre um Klassen abfallen lässt. Es würde mich nicht wundern, wenn es sich bei „Der Killer von Wien“ um Sergio Martinos beste Regiearbeit handeln sollte.
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Re: bux t. brawler - Sein Filmtagebuch war der Colt

Beitrag von buxtebrawler »

Let Them Know – The Story Of Youth Brigade and BYO Records

Dieser Dokumentarfilm, den ich im Vorprogramm eines Youth-Brigade-Konzerts sehen durfte, zeichnet die Entwicklung der einflussreichen kalifornischen Hardcore-Punkband Youth Brigade und ihres Plattenlabels, BYO Records, aus Sicht der Stern-Brüder nach, die für beides verantwortlich zeichnen. Chronologisch wird in Interviews mit den Protagonisten der Weg der enthusiastischen Brüder nachgezeichnet, von ihren Anfängen als junge Skins über immer mehr Verantwortung für die Szene übernehmende D.I.Y.’ler, die sich mit der „Better Youth Organization“ (BYO) bemühen, Kräfte zu bündeln, Freiräume zu erschaffen, Auftrittsmöglichkeiten auch für andere Bands zu bieten und schließlich erst ihre Platten und dann die der anderen zu veröffentlichen, bis hin zu sich enttäuscht von der Szene abwendenden Musikern, die sich kurzzeitig in anderen musikalischen Ausdrucksformen versuchten. Von ehemaligen und gegenwärtigen Weggefährten von Bands wie NOFX, Minor Threat, 7 Seconds, Bouncing Souls etc. wird das alles kräftig kommentiert und die verschiedenen Typen haben natürlich reichlich Anekdoten parat. Der Humor kommt dabei nicht zu kurz und eigentlich alle Beteiligten wirken sympathisch und aufgeweckt. Besonders interessant fand ich dabei die Schilderungen und Bilder des faschistoiden Bullenterrors, die die Punk- und Hardcore-Szene seinerzeit in Los Angeles über sich ergehen lassen musste, aber auch die kritische Auseinandersetzung mit der hohen Gewalttätigkeit innerhalb der eigenen Szene ab Mitte der 1980er. Die frühen BYO-Veröffentlichungen lässt man ebenso Revue passieren wie Tourneen durch Europa, Besetzungswechsel etc. Lediglich die Betrachtung der jüngeren Youth-Brigade-Platten kam mir etwas zu kurz, aber dafür hat die Doku Lust auf selbige und natürlich auch auf das folgende Konzert gemacht, dem ich beiwohnte und das über jeden Zweifel erhaben war. Dieser Teil des riesigen, weltweiten Punk-Subkultur-Netzwerks hatte einen Film wie diesen, mit Attitüde und engagierten D.I.Y.-Geist atmend, längst verdient und wer sich so etwas gern anschaut, macht hiermit ganz bestimmt nicht das Geringste falsch. Schade nur, dass die deutsche Untertitelung von einem Legastheniker durchgeführt wurde...
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