DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
KOMMISSAR X – IN DEN KLAUEN DES GOLDENEN DRACHEN
Originaltitel: Kommissar X – In den Klauen des goldenen Drachen
Land: Italien, Deutschland, Österreich, Jugoslawien
Jahr: 1966
Genre: Abenteuer, Action
Regie: Gianfranco Parolini
Handlung:
Ein Wissenschaftler (Ernst Fritz Fürbringer) hat in Singapur einen Superlaser entwickelt, den sich natürlich diverse Bösewichter unter den Nagel reißen wollen. Daher wurden Captain Rowland (Brad Harris) und sein Freund Joe Walker, genannt Kommissar X, (Tony Kandell) beauftragt den Professor und seine Tochter Sybille (Barbara Frey) zu beschützen…
Kritik:
„Kommissar X – In den Klauen des goldenen Drachen“ ist der dritte Film der Joe-Walker-Saga. Regie übernahm diesmal wieder Gianfranco Parolini, was auf der positiven Seite bedeutet, dass ich meiner Liste der gesehenen Parolini-Filme einen weiteren Titel hinzufügen kann , auf der negativen Seite allerdings heißt, dass wir statt einem netten spaßigen Abenteuer, so wie es uns Rudolf Zehetgruber im letzten Film bot, wieder zu dem „Jagd auf Unbekannt“-Schema zurückkehren, inklusive dumme Superbösewichter und schmerzhafter Sexismus, auch wenn beide Aspekte hier nicht ganz so krass sind wie in Parolinis erstem Beitrag zur Reihe.
Tony Kendall macht als Kommissar X seinem Titel als „bester Detektiv aller Zeiten“ (Zitat aus dem ersten Film) wieder mal alle Ehre: Er riskiert konstant eine Klage wegen sexueller Belästigung, weil er ununterbrochen alle unbekannten weiblichen Lebewesen, die ihm über den Weg laufen, küsst, weil er der Beste ist! Als sie einen Verbrecher als solchen entlarven und dieser flieht, überzeugt er Captain Rowland zuerst das Zimmer zu untersuchen und erst dann die Verfolgung des Mannes, der langsam aber sicher entkommt, aufzunehmen, weil er der Beste ist! Als ihn eine Frau zu Hilfe ruft, weil sie ihr Leben in Gefahr sieht, nimmt er sich die Zeit vorher noch mit einer zufälligen Bedienung zu flirten, weil er der Beste ist! Als er endlich zu der Hilfe suchenden Frau kommt wird sie nach einiger Zeit vor seinen Augen ermordet, weil er der Beste ist! Er befindet sich konstant in Lebensgefahr und muss ständig von Brad Harris oder Luisa Rivelli gerettet werden, weil er der Beste ist!
Und ehrlich gesagt, dadurch entsteht das größte Vergnügen, was dieser Film bescheren kann: Kommissar X ist so ein unfähiger, dummer, sexistischer, Macho-Idiot, der gar nichts auf die Reihe bringt, aber sämtliche Charaktere im Film plus Regisseur und Drehbuchautoren sind davon überzeugt, dass er irgendwie der großartigste Dude aller Zeiten ist, und das anzusehen ist einfach witzig. Plus wie schon an anderer Stelle beschrieben ist Tony Kendall eine sympathische Type und hat eine recht gute Chemie mit Brad Harris, der in diesem Film wieder mal die einzige Figur verkörpert, welche die Fähigkeit des logischen Denkens besitzt (und eine lustige Tanzszene hat).
Den Sieg können Joe Walker and Friends nur verbuchen, weil die Bösewichte schon wieder wesentlich dämlicher sind als sie. Anstatt endlich den Superlaser von Mr. Wissenschaftler zu stibitzen halten sich die Schurken damit auf, Anschläge auf Walker und Rowland zu verüben. Der Oberfiesling tötet irgendwann mehr oder weniger grundlos seine beste Mitarbeiterin, obwohl er genau weiß, dass dieser Zug seine zweitbeste Mitarbeiterin in Weißglut versetzen wird. Ein Spion der Fieslinge hat nicht die Geistesgegenwart seine Zimmertür abzuschließen, bevor er mit seinen Auftraggebern in Verbindung tritt und so weiter und so weiter. Wie haben es diese Hypereumel überhaupt geschafft eine riesige kriminelle Organisation aufzubauen? Da bleibe ich lieber bei den wenigen aber hochklassigen Fieslingen aus „Drei gelbe Katzen“.
Parolini schafft es offenbar nicht weibliche Rollen richtig zu inszenieren, das mag nicht schlimm sein, sofern er diese auf ein Minimum reduziert, wie beispielsweise in seinem exzellenten „Sartana – Bete um deinen Tod“, sobald jedoch der halbe Cast aus schlechten Schauspielerinnen besteht denen noch schlechtere Rollen gegeben werden, fällt es unangenehm auf. Wenigstens schafft er es diesmal den absoluten Tiefpunkt auf diesem Gebiet, Blondie McHirnlos (Zitat: „Uhhh, die Männer haben mich einen scharfen Zahn genannt, was heißt das denn, Kommissar X?“ ), nach der ersten Szene nicht mehr auftreten zu lassen. Dennoch ist was folgt nicht wirklich glorreich: Barbara Frey spielt irgendwie die weibliche Hauptrolle und als solche ist sie mit nur einer Charaktereigenschaft gesegnet, nämlich hübsch auszuschauen. Das schafft sie zwar aber ihre Figur ist deshalb nicht sonderlich interessant. Die restlichen Frauen die vorkommen sind nicht besonders helle und erliegen, zumindest die mit Sprechrollen und auch ein paar ohne, alle natürlich automatisch dem Charme von Kommissar X, egal auf welcher Seite sie anfangs standen. Die einzige wunderbare Ausnahme bietet dabei Gisela Hahn als skrupellose Schurkin Stella. Sie macht den Film über ziemlich viel Laune, bis sie von Kendall und Harris mittels Wasserschläuchen auf demütigende Weise besiegt wird und kurz darauf ganz aus dem Film gemordet wird.
Sämtliche Nebendarsteller beiderlei Geschlechter sind eher langweilig. Der Typ, der im ersten Film den Oberbösewicht spielte leistet zwar wieder eine spaßige Performance, aber er hat leider nur ein paar Sekunden Screentime.
Die Inszenierung selbst ist mittelmäßig. Sie hat recht viele Anschlussfehler und der Szenenwechsel wirkt manchmal ein wenig amateurhaft, aber wenigstens hat Parolini im letzten Jahr in Sachen Actionszenen etwas dazugelernt. Diese sind vielleicht manchmal zu kurz oder ein wenig verwirrend, aber zumindest existent und spaßig. Der Film ist zwar keineswegs so unterhaltsam, wie das, was uns Zehetgruber im selben Jahr bot, aber wesentlich kurzweiliger als „Jagd auf Unbekannt“.
Fazit: „Kommissar X – In den Klauen des gelben Drachens“ weist dieselben Probleme wie Parolinis erster Kommissar-X-Film auf, doch diesmal wurden sie wenigstens ein wenig abgeschwächt. Der Film hält zumindest bei Laune. 6/10
Originaltitel: Kommissar X – In den Klauen des goldenen Drachen
Land: Italien, Deutschland, Österreich, Jugoslawien
Jahr: 1966
Genre: Abenteuer, Action
Regie: Gianfranco Parolini
Handlung:
Ein Wissenschaftler (Ernst Fritz Fürbringer) hat in Singapur einen Superlaser entwickelt, den sich natürlich diverse Bösewichter unter den Nagel reißen wollen. Daher wurden Captain Rowland (Brad Harris) und sein Freund Joe Walker, genannt Kommissar X, (Tony Kandell) beauftragt den Professor und seine Tochter Sybille (Barbara Frey) zu beschützen…
Kritik:
„Kommissar X – In den Klauen des goldenen Drachen“ ist der dritte Film der Joe-Walker-Saga. Regie übernahm diesmal wieder Gianfranco Parolini, was auf der positiven Seite bedeutet, dass ich meiner Liste der gesehenen Parolini-Filme einen weiteren Titel hinzufügen kann , auf der negativen Seite allerdings heißt, dass wir statt einem netten spaßigen Abenteuer, so wie es uns Rudolf Zehetgruber im letzten Film bot, wieder zu dem „Jagd auf Unbekannt“-Schema zurückkehren, inklusive dumme Superbösewichter und schmerzhafter Sexismus, auch wenn beide Aspekte hier nicht ganz so krass sind wie in Parolinis erstem Beitrag zur Reihe.
Tony Kendall macht als Kommissar X seinem Titel als „bester Detektiv aller Zeiten“ (Zitat aus dem ersten Film) wieder mal alle Ehre: Er riskiert konstant eine Klage wegen sexueller Belästigung, weil er ununterbrochen alle unbekannten weiblichen Lebewesen, die ihm über den Weg laufen, küsst, weil er der Beste ist! Als sie einen Verbrecher als solchen entlarven und dieser flieht, überzeugt er Captain Rowland zuerst das Zimmer zu untersuchen und erst dann die Verfolgung des Mannes, der langsam aber sicher entkommt, aufzunehmen, weil er der Beste ist! Als ihn eine Frau zu Hilfe ruft, weil sie ihr Leben in Gefahr sieht, nimmt er sich die Zeit vorher noch mit einer zufälligen Bedienung zu flirten, weil er der Beste ist! Als er endlich zu der Hilfe suchenden Frau kommt wird sie nach einiger Zeit vor seinen Augen ermordet, weil er der Beste ist! Er befindet sich konstant in Lebensgefahr und muss ständig von Brad Harris oder Luisa Rivelli gerettet werden, weil er der Beste ist!
Und ehrlich gesagt, dadurch entsteht das größte Vergnügen, was dieser Film bescheren kann: Kommissar X ist so ein unfähiger, dummer, sexistischer, Macho-Idiot, der gar nichts auf die Reihe bringt, aber sämtliche Charaktere im Film plus Regisseur und Drehbuchautoren sind davon überzeugt, dass er irgendwie der großartigste Dude aller Zeiten ist, und das anzusehen ist einfach witzig. Plus wie schon an anderer Stelle beschrieben ist Tony Kendall eine sympathische Type und hat eine recht gute Chemie mit Brad Harris, der in diesem Film wieder mal die einzige Figur verkörpert, welche die Fähigkeit des logischen Denkens besitzt (und eine lustige Tanzszene hat).
Den Sieg können Joe Walker and Friends nur verbuchen, weil die Bösewichte schon wieder wesentlich dämlicher sind als sie. Anstatt endlich den Superlaser von Mr. Wissenschaftler zu stibitzen halten sich die Schurken damit auf, Anschläge auf Walker und Rowland zu verüben. Der Oberfiesling tötet irgendwann mehr oder weniger grundlos seine beste Mitarbeiterin, obwohl er genau weiß, dass dieser Zug seine zweitbeste Mitarbeiterin in Weißglut versetzen wird. Ein Spion der Fieslinge hat nicht die Geistesgegenwart seine Zimmertür abzuschließen, bevor er mit seinen Auftraggebern in Verbindung tritt und so weiter und so weiter. Wie haben es diese Hypereumel überhaupt geschafft eine riesige kriminelle Organisation aufzubauen? Da bleibe ich lieber bei den wenigen aber hochklassigen Fieslingen aus „Drei gelbe Katzen“.
Parolini schafft es offenbar nicht weibliche Rollen richtig zu inszenieren, das mag nicht schlimm sein, sofern er diese auf ein Minimum reduziert, wie beispielsweise in seinem exzellenten „Sartana – Bete um deinen Tod“, sobald jedoch der halbe Cast aus schlechten Schauspielerinnen besteht denen noch schlechtere Rollen gegeben werden, fällt es unangenehm auf. Wenigstens schafft er es diesmal den absoluten Tiefpunkt auf diesem Gebiet, Blondie McHirnlos (Zitat: „Uhhh, die Männer haben mich einen scharfen Zahn genannt, was heißt das denn, Kommissar X?“ ), nach der ersten Szene nicht mehr auftreten zu lassen. Dennoch ist was folgt nicht wirklich glorreich: Barbara Frey spielt irgendwie die weibliche Hauptrolle und als solche ist sie mit nur einer Charaktereigenschaft gesegnet, nämlich hübsch auszuschauen. Das schafft sie zwar aber ihre Figur ist deshalb nicht sonderlich interessant. Die restlichen Frauen die vorkommen sind nicht besonders helle und erliegen, zumindest die mit Sprechrollen und auch ein paar ohne, alle natürlich automatisch dem Charme von Kommissar X, egal auf welcher Seite sie anfangs standen. Die einzige wunderbare Ausnahme bietet dabei Gisela Hahn als skrupellose Schurkin Stella. Sie macht den Film über ziemlich viel Laune, bis sie von Kendall und Harris mittels Wasserschläuchen auf demütigende Weise besiegt wird und kurz darauf ganz aus dem Film gemordet wird.
Sämtliche Nebendarsteller beiderlei Geschlechter sind eher langweilig. Der Typ, der im ersten Film den Oberbösewicht spielte leistet zwar wieder eine spaßige Performance, aber er hat leider nur ein paar Sekunden Screentime.
Die Inszenierung selbst ist mittelmäßig. Sie hat recht viele Anschlussfehler und der Szenenwechsel wirkt manchmal ein wenig amateurhaft, aber wenigstens hat Parolini im letzten Jahr in Sachen Actionszenen etwas dazugelernt. Diese sind vielleicht manchmal zu kurz oder ein wenig verwirrend, aber zumindest existent und spaßig. Der Film ist zwar keineswegs so unterhaltsam, wie das, was uns Zehetgruber im selben Jahr bot, aber wesentlich kurzweiliger als „Jagd auf Unbekannt“.
Fazit: „Kommissar X – In den Klauen des gelben Drachens“ weist dieselben Probleme wie Parolinis erster Kommissar-X-Film auf, doch diesmal wurden sie wenigstens ein wenig abgeschwächt. Der Film hält zumindest bei Laune. 6/10
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
SPICE WORLD – DER FILM
Originaltitel: Spice World – The Movie
Land: Großbritannien
Jahr: 1997
Genre: Komödie, Musical
Regie: Bob Spiers
Handlung:
Die Spice Girls stehen vor einem neuen Hoch in ihrer Karriere, einem Live-Konzert, doch ein skrupelloser Redakteur will Schlagzeilen auf kosten der Girls machen und setzt einen diabolischen Paparazzo auf sie an und…Aliens, was, Bombe? Hä, Nonnen, was? Hercule Poirot? Wo kommst du…Boote? Brücke? Themse?…
Kritik:
Als ich zum ersten Mal von der Existenz dieses Filmes hörte war ich schockiert: Da hat jemand tatsächlich einen Film über diese unsympathischen Gören gemacht, die mit „Don’t Cha“ einen musikalischen Egotrip produzierten, der mich trotz seines Ohrwurmcharakters jedes Mal in Rage versetzt, wenn ich ihn höre? Nach weiteren Recherchen stellte sich jedoch heraus, dass ich die Spice Girls da mit den Pussycat Dolls verwechselt hatte. Nach umfangreichen Nachforschungen (Wikipedia) stellte sich weiter heraus, dass die Spice Girls eine vollkommen andere britische Popgruppe sind, die jedoch an meiner Generation, oder zumindest an mir, so ziemlich vorrübergegangen ist.
OK, sie sind mir lieber als die Pussycat Dolls, aber warum sollte ich mir einen Film mit ihnen anschauen, ich meine welchen Aspekt könnte dieser Film möglicherweise haben, der mich ansprechen würde…Was sagst du da ofdb? Roger Moore spielt mit? Und Hugh Laurie? Also wenn auch noch Stephen Fry vorkommt, sehe ich mir das Teil an! Stephen Fry kommt vor?! Gut, du hast meine Neugier geweckt „Spice World – Der Film“, ich schau dich an!
Und ich wurde ehrlich gesagt angenehm überrascht: Der ganze Film erinnerte mich sehr stark an „A Hard Days Night“ und „Hi-Hi-Hilfe“ (Beides mit den Beatles) und dies in mehrfachen Sinne: Teilweise vom Aufbau her, dass ein Konzert im Mittelpunkt steht aber allerlei ulkige Subplots losgetreten werden, von der bloßen Tatsache, dass der Film in England spielt und viele der dortigen Schauspielergrößen vorkommen, vom obskuren Humor her und selbst von der Art wie die Musiknummern eingebracht wurden. Diese sind hier zwar zahlreich, aber nie überlang und die restliche Geschichte ist so ein Feuerwerk an abstrusen Zeugs, dass uns die ereignislosen Gesänge durchaus als kleine Entspannung zwischendurch willkommen sind. Mit der Musikrichtung selbst kann ich zwar weniger anfangen, aber ich muss zugeben die Texte scheinen nett zu sein und die Melodien gehen auch gut ins Ohr. Ich weiß nicht ob ich mir irgendeinen der Songs je wieder anhören werde, aber sie störten mich in dem Film überhaupt nicht.
Aber was sind schon Songs ohne Sängerinnen, betrachten wir also nun unsere fünf Protagonistinnen, die Spice Girls: Da haben wir zunächst Geri Halliwell als Schlaubi Spice, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit Bücherwissen zum Besten gibt. Im Gegensatz zu den Eigenheiten der anderen Ladies, wird ihr Tick jedoch am nüchternsten behandelt, wodurch Geri schon fast wie eine echte Person wirkt und sich daher als Sympathieträgerin besonders anbietet. Emma Bunton spielt Spiceine und verbucht mit ihrer aufgesetzten Naivität einige Lacher. Plus ihr gehört einer der besten Gags in welchem sie einem irritierten barbusigem Backgroundtänzer aufzählt welche Plüschtiere sich in ihrem Bett befinden, wie diese heißen und wahlweise wie viele Augen sie noch haben. Die dritte im Bunde ist Victoria Backham als Beauty Spice, die zwar unerhört eitel und übertrieben modebewusst ist, dies jedoch in einem liebenswerten Rahmen darstellt und auch für einige Lacher sorgt. Melanie Christholm als Hefti Spice hat keine sonderliche Ausstrahlung und fällt nicht wirklich auf und Melanie Brown als Muffi Spice war mir mit ihrer Aggressivität sogar unsympathisch, beide letztgenannten sind jedoch weder hassenswert noch nerven sie, weswegen ich sie nicht als sonderlichen Minuspunkt werte.
Diese fünf sahen sich mit der Kritik konfrontiert, dass sie in diesem Film eindimensionale Charaktere darstellen würden. Nun stellen sich zwei Fragen: Erstens: Tun sie das wirklich? Nun ja, ich habe sie grade erfolgreich mit Schlümpfen verglichen natürlich sind sie (auch wenn sich hier und da, besonders bei Geri, Anzeichen von weiteren Charaktereigenschaften bemerkbar machen) eindimensional. Zweitens: Ist das etwas Negativen? Nein! Und hier ist warum:
Die fünf zeigen sich uns immer als Gruppe. Ich erinnere mich an keine Szene, in welcher nur eine von ihnen zu sehen war, alles was sie erleben, erleben sie zusammen, keine hat einen individuellen Handlungsbogen, und daher ist ihre Gruppendynamik viel wichtiger als ihre einzelnen Charaktere. Und diese ist phantastisch: Erstens scheinen sie sich wirklich zu vertragen und Spaß miteinander zu haben, was natürlich auf das Publikum abfärbt, zweitens strahlen sie zu fünft eine ungeheure Energie aus und drittens ist es interessant zu sehen wie diese fünf grundverschiedenen Archetypen trotz (oder gerade wegen) ihrer Unterschiedlichkeit so gut miteinander auskommen. In „A Hard Days Night“ ist es wichtig, dass Ringo eine komplexe Figur ist, weil er sich während einiger Szenen von den Rest der Beatles trennt, hier ist das irrelevant, weil die Protagonistinnen immer als Einheit zu sehen sind. Merk dir das gefälligst, Roger Ebert, man muss Kritikpunkte immer in Kontexten sehen. Bitte beachte dies das nächste mal oder hör wenigstens auf gute Filme schlecht zu machen.
Anyway, wo der Film besonders glänzt ist in seinen Nebenrollen und Gaststars. Richard E. Grant bietet einen hinreißenden verzweifelten Manager nach bewährtem Schema F., die Bösewichter sind auf cartoonhafte Weise überzeichnet (als der Redakteur seinen fiesen Plan erörtert, grollt am helllichten Tag plötzlich der Donner, es blitzt und beginnt sogar in seinem Büro zu regnen) und Roger Moore ist klasse skurril als mysteriöser Papa Spice, der obskure Gewänder trägt, ununterbrochen diverse Kleintiere streichelt, nur in Metaphern spricht und gegen Ende sogar eine Tanzszene hat. Die kleine Black-Adder-Reunion bestehend aus Hugh Laurie und Stephen Fry tritt nur in Phantasie-Sequenzen auf, in diesen haben sie aber hinreißende Minirollen als Hercule Poirot (!) und ein griesgrämiger Richter.
Noch zu erwähnen ist ein Produzent, der einen Film über die Spice Girls machen will und einen Drehbuchschreiber beschäftigt, neben dessen entwürfen Claudio Fragassos Scripts wie Anwärter auf den Literaturnobelpreis wirken. Diese beiden Typen geben dem Film wunderbare Möglichkeiten zur Selbstreferenz, besonders beim finalen Höhepunkt, wo der Drehbuchschreiber wieder einige mehr als abstruse Ideen hat, die aber zufälligerweise gerade wirklich geschehen.
Der ganze Film vergeht wie im Flug, dies liegt aber nicht daran, dass die Gags jetzt so gut sind, die Geschichte so originell oder die Charaktere so interessant, alles drei trifft nicht auf diesen Film zu, aber es geschehen einfach so unfassbar viele wahnsinnige Verrücktheiten auf so kleinem Raum, dass dies zusammen mit dem Spiel mit den Stereotypen der einzelnen Girls ein nie enden wollendes Feuerwerk an faszinierendem Irgendwas bietet, sodass Langeweile im Keim erstickt wird. Das Publikum will Aliens? Warum nicht! Zwei alte Nonnen in einem kleinen Auto, die fast von einem Bus niedergeführt werden? Tut sie in den Film! Ein militärmäßiger Hindernisparcour samt Drill-Sergeant? Why not!
Abschließend ist noch zu sagen, dass der Film mit seinen in Freundschaft verbundenen Heldinnen, seinen überzeichneten Schurken und seinem selbstverständlichem Happy-End einen ziemlichen Feel-Good-Faktor hat. Etwa so wie „Mamma Mia!“ nur mit sympathischeren Hauptfiguren, weniger dummen Kitsch, Gags die tatsächlich witzig sind, ohne langweiligen Stellen, mehr Black-Adder Schauspielern bei gleichvielen James-Bond-Dartsellern und gänzlich ohne Brechreiz (ja, sorry, ich mag „Mamma Mia!“ nicht sonderlich ).
Fazit: Durch die fünf energiegeladenen Hauptdarstellerinnen, welche eine tolle Gruppendynamik aufweisen, ulkigen Nebencharaktere und einer nie enden wollenden Reihe an unsinnigem Zeugs hält der Film durchgehend bei Laune. 8/10 (Unterhaltungswert)
Nachdem mir der Film so gut gefallen hat, bin ich neugierig, was andere Kritiker dazu sagen. Roger Ebert mochte ihn ja nicht besonders, aber Roger Ebert ist sowieso ein egozentrischer Bastard, wegen dessen Ansichten zu „Caligula“ ich sowieso noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen habe. Was aber meint beispielsweise James Berardinelli dazu?
Originaltitel: Spice World – The Movie
Land: Großbritannien
Jahr: 1997
Genre: Komödie, Musical
Regie: Bob Spiers
Handlung:
Die Spice Girls stehen vor einem neuen Hoch in ihrer Karriere, einem Live-Konzert, doch ein skrupelloser Redakteur will Schlagzeilen auf kosten der Girls machen und setzt einen diabolischen Paparazzo auf sie an und…Aliens, was, Bombe? Hä, Nonnen, was? Hercule Poirot? Wo kommst du…Boote? Brücke? Themse?…
Kritik:
Als ich zum ersten Mal von der Existenz dieses Filmes hörte war ich schockiert: Da hat jemand tatsächlich einen Film über diese unsympathischen Gören gemacht, die mit „Don’t Cha“ einen musikalischen Egotrip produzierten, der mich trotz seines Ohrwurmcharakters jedes Mal in Rage versetzt, wenn ich ihn höre? Nach weiteren Recherchen stellte sich jedoch heraus, dass ich die Spice Girls da mit den Pussycat Dolls verwechselt hatte. Nach umfangreichen Nachforschungen (Wikipedia) stellte sich weiter heraus, dass die Spice Girls eine vollkommen andere britische Popgruppe sind, die jedoch an meiner Generation, oder zumindest an mir, so ziemlich vorrübergegangen ist.
OK, sie sind mir lieber als die Pussycat Dolls, aber warum sollte ich mir einen Film mit ihnen anschauen, ich meine welchen Aspekt könnte dieser Film möglicherweise haben, der mich ansprechen würde…Was sagst du da ofdb? Roger Moore spielt mit? Und Hugh Laurie? Also wenn auch noch Stephen Fry vorkommt, sehe ich mir das Teil an! Stephen Fry kommt vor?! Gut, du hast meine Neugier geweckt „Spice World – Der Film“, ich schau dich an!
Und ich wurde ehrlich gesagt angenehm überrascht: Der ganze Film erinnerte mich sehr stark an „A Hard Days Night“ und „Hi-Hi-Hilfe“ (Beides mit den Beatles) und dies in mehrfachen Sinne: Teilweise vom Aufbau her, dass ein Konzert im Mittelpunkt steht aber allerlei ulkige Subplots losgetreten werden, von der bloßen Tatsache, dass der Film in England spielt und viele der dortigen Schauspielergrößen vorkommen, vom obskuren Humor her und selbst von der Art wie die Musiknummern eingebracht wurden. Diese sind hier zwar zahlreich, aber nie überlang und die restliche Geschichte ist so ein Feuerwerk an abstrusen Zeugs, dass uns die ereignislosen Gesänge durchaus als kleine Entspannung zwischendurch willkommen sind. Mit der Musikrichtung selbst kann ich zwar weniger anfangen, aber ich muss zugeben die Texte scheinen nett zu sein und die Melodien gehen auch gut ins Ohr. Ich weiß nicht ob ich mir irgendeinen der Songs je wieder anhören werde, aber sie störten mich in dem Film überhaupt nicht.
Aber was sind schon Songs ohne Sängerinnen, betrachten wir also nun unsere fünf Protagonistinnen, die Spice Girls: Da haben wir zunächst Geri Halliwell als Schlaubi Spice, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit Bücherwissen zum Besten gibt. Im Gegensatz zu den Eigenheiten der anderen Ladies, wird ihr Tick jedoch am nüchternsten behandelt, wodurch Geri schon fast wie eine echte Person wirkt und sich daher als Sympathieträgerin besonders anbietet. Emma Bunton spielt Spiceine und verbucht mit ihrer aufgesetzten Naivität einige Lacher. Plus ihr gehört einer der besten Gags in welchem sie einem irritierten barbusigem Backgroundtänzer aufzählt welche Plüschtiere sich in ihrem Bett befinden, wie diese heißen und wahlweise wie viele Augen sie noch haben. Die dritte im Bunde ist Victoria Backham als Beauty Spice, die zwar unerhört eitel und übertrieben modebewusst ist, dies jedoch in einem liebenswerten Rahmen darstellt und auch für einige Lacher sorgt. Melanie Christholm als Hefti Spice hat keine sonderliche Ausstrahlung und fällt nicht wirklich auf und Melanie Brown als Muffi Spice war mir mit ihrer Aggressivität sogar unsympathisch, beide letztgenannten sind jedoch weder hassenswert noch nerven sie, weswegen ich sie nicht als sonderlichen Minuspunkt werte.
Diese fünf sahen sich mit der Kritik konfrontiert, dass sie in diesem Film eindimensionale Charaktere darstellen würden. Nun stellen sich zwei Fragen: Erstens: Tun sie das wirklich? Nun ja, ich habe sie grade erfolgreich mit Schlümpfen verglichen natürlich sind sie (auch wenn sich hier und da, besonders bei Geri, Anzeichen von weiteren Charaktereigenschaften bemerkbar machen) eindimensional. Zweitens: Ist das etwas Negativen? Nein! Und hier ist warum:
Die fünf zeigen sich uns immer als Gruppe. Ich erinnere mich an keine Szene, in welcher nur eine von ihnen zu sehen war, alles was sie erleben, erleben sie zusammen, keine hat einen individuellen Handlungsbogen, und daher ist ihre Gruppendynamik viel wichtiger als ihre einzelnen Charaktere. Und diese ist phantastisch: Erstens scheinen sie sich wirklich zu vertragen und Spaß miteinander zu haben, was natürlich auf das Publikum abfärbt, zweitens strahlen sie zu fünft eine ungeheure Energie aus und drittens ist es interessant zu sehen wie diese fünf grundverschiedenen Archetypen trotz (oder gerade wegen) ihrer Unterschiedlichkeit so gut miteinander auskommen. In „A Hard Days Night“ ist es wichtig, dass Ringo eine komplexe Figur ist, weil er sich während einiger Szenen von den Rest der Beatles trennt, hier ist das irrelevant, weil die Protagonistinnen immer als Einheit zu sehen sind. Merk dir das gefälligst, Roger Ebert, man muss Kritikpunkte immer in Kontexten sehen. Bitte beachte dies das nächste mal oder hör wenigstens auf gute Filme schlecht zu machen.
Anyway, wo der Film besonders glänzt ist in seinen Nebenrollen und Gaststars. Richard E. Grant bietet einen hinreißenden verzweifelten Manager nach bewährtem Schema F., die Bösewichter sind auf cartoonhafte Weise überzeichnet (als der Redakteur seinen fiesen Plan erörtert, grollt am helllichten Tag plötzlich der Donner, es blitzt und beginnt sogar in seinem Büro zu regnen) und Roger Moore ist klasse skurril als mysteriöser Papa Spice, der obskure Gewänder trägt, ununterbrochen diverse Kleintiere streichelt, nur in Metaphern spricht und gegen Ende sogar eine Tanzszene hat. Die kleine Black-Adder-Reunion bestehend aus Hugh Laurie und Stephen Fry tritt nur in Phantasie-Sequenzen auf, in diesen haben sie aber hinreißende Minirollen als Hercule Poirot (!) und ein griesgrämiger Richter.
Noch zu erwähnen ist ein Produzent, der einen Film über die Spice Girls machen will und einen Drehbuchschreiber beschäftigt, neben dessen entwürfen Claudio Fragassos Scripts wie Anwärter auf den Literaturnobelpreis wirken. Diese beiden Typen geben dem Film wunderbare Möglichkeiten zur Selbstreferenz, besonders beim finalen Höhepunkt, wo der Drehbuchschreiber wieder einige mehr als abstruse Ideen hat, die aber zufälligerweise gerade wirklich geschehen.
Der ganze Film vergeht wie im Flug, dies liegt aber nicht daran, dass die Gags jetzt so gut sind, die Geschichte so originell oder die Charaktere so interessant, alles drei trifft nicht auf diesen Film zu, aber es geschehen einfach so unfassbar viele wahnsinnige Verrücktheiten auf so kleinem Raum, dass dies zusammen mit dem Spiel mit den Stereotypen der einzelnen Girls ein nie enden wollendes Feuerwerk an faszinierendem Irgendwas bietet, sodass Langeweile im Keim erstickt wird. Das Publikum will Aliens? Warum nicht! Zwei alte Nonnen in einem kleinen Auto, die fast von einem Bus niedergeführt werden? Tut sie in den Film! Ein militärmäßiger Hindernisparcour samt Drill-Sergeant? Why not!
Abschließend ist noch zu sagen, dass der Film mit seinen in Freundschaft verbundenen Heldinnen, seinen überzeichneten Schurken und seinem selbstverständlichem Happy-End einen ziemlichen Feel-Good-Faktor hat. Etwa so wie „Mamma Mia!“ nur mit sympathischeren Hauptfiguren, weniger dummen Kitsch, Gags die tatsächlich witzig sind, ohne langweiligen Stellen, mehr Black-Adder Schauspielern bei gleichvielen James-Bond-Dartsellern und gänzlich ohne Brechreiz (ja, sorry, ich mag „Mamma Mia!“ nicht sonderlich ).
Fazit: Durch die fünf energiegeladenen Hauptdarstellerinnen, welche eine tolle Gruppendynamik aufweisen, ulkigen Nebencharaktere und einer nie enden wollenden Reihe an unsinnigem Zeugs hält der Film durchgehend bei Laune. 8/10 (Unterhaltungswert)
Nachdem mir der Film so gut gefallen hat, bin ich neugierig, was andere Kritiker dazu sagen. Roger Ebert mochte ihn ja nicht besonders, aber Roger Ebert ist sowieso ein egozentrischer Bastard, wegen dessen Ansichten zu „Caligula“ ich sowieso noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen habe. Was aber meint beispielsweise James Berardinelli dazu?
Harsch! Aber Ebert und Berardinelli sind Einzelpersonen, die können sich irren. Welche Note hat der Film denn in der Online Film-Datenbank? WAS??? Der Film rangiert in der Online Film-Datenbank mit einer durchschnittlichen Benotung von 2,81/10 als der drittschlechteste Film aller Zeiten??? Was zum Teufel, wie das??? OK, Leute, dies ist ein Aufruf an das gesamte Internet: Wenn ihr mir einen, nur EINEN Grund nennen könnt, warum „Spice World – Der Film“ schlechter sein soll als „Cannibal Terror“, dann werde ich mich sofort bei Roger Ebert und James Berardinelli entschuldigen!Wikipedia hat geschrieben:James Berardinelli bezeichnete den Film auf ReelViews als einen „Egotrip“, der die Sängerinnen im besten Licht zeigen und denen Gelegenheit zum Singen von „etwa 14 Songs“ bieten solle. Er sei schwach als eine Komödie, weil die Witze „zu offensichtlich“ und nicht besonders witzig seien. Als eine Satire sei er noch schwächer, weil die Parodien zu sanft, „dümmlich“ und leblos seien. Er sei nicht einmal ein besonders gutes Musical.
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
DIE SATANSWEIBER VON TITTFIELD
Originaltitel: Faster, Pussycat! Kill! Kill!
Land: USA
Jahr: 1965
Genre: Action, Drama, Roadmovie, irgendwas in der Richtung
Regie: Russ Meyer
Handlung:
Varla (Tura Satana), Rosie (Haji – Gesundheit) und Billie (Lori Williams) sind mit ihren Autos in der Wüste unterwegs, als ihnen ein junges Pärchen (Susan Bernard und Ray Barlow) begegnet. Mehr oder weniger grundlos tötet Varla den Mann und nimmt die Frau als Geisel gefangen. Ihr Weg führt sie zu einem Alten Mann (Stuart Lancaster), der mit seinen beiden Söhnen (Paul Trinka und Dennis Busch) eine einsame Ranch bewohnt um ihn um sein Erspartes zu bringen, doch dies stellt sich als schwieriger heraus als geplant…
Kritik:
Ich kann mir nicht helfen aber aus irgendeinem Grund (wahrscheinlich diabolische Antagonisten, Wüstensettings, junges Paar auf der Flucht,…) kommt mir, wenn ich über diesen Film nachdenke immer der vier Jahre später erschienene „Die Sadisten des Satans“ in den Sinn. Im Gegensatz zu dem Bikerfilm besitzt „Die Satansweiber von Tittfield“ allerdings eine spannendere Story, eine bildgewaltigere Inszenierung, interessantere Charaktere und coolere Darsteller und statt Anchor and Friends erwarten uns drei ebenso teuflische Grazien mit Proportionen, bei denen man sich fragt, wie so was überhaupt aufrecht stehen kann.
Tura Satana als Varla ist Anchor aus dem oben genannten Film ziemlich ähnlich, wenn nicht sogar noch einnehmender. Beide werden ganz am Anfang vom Publikum noch nicht hundertprozentig ernst genommen – sie weil sie eine Frau ist und er weil er ein albernes Hütchen aufhat – doch schon nach wenigen Minuten beweisen beide mit ihrem brutalen und skrupellosen Handeln, dass sowohl Frauen als auch Leute mit lustigen Hütchen ernst zu nehmende Oberschurken sein können. Beide legen eine grausame Art an den Tag, die wir nie erwartet hätten und spielen wirklich überzeugend Teufel in Menschengestalten.
Statt einer Bikergang stehen Varla ihre Freundinnen Billie und Rosie zur Seite. Lori Williams bietet als Billie mit ihrer lebenslustigen, naiven, wenn auch nicht weniger rücksichtslosen Art einen netten Kontrastcharakter zu der makellos unmenschlichen Varla. Haji (bürgerlich: Barbarella Catton – Warum man einen Künstlernamen brauch wenn man Barbarella heißt sei dahingestellt) als Rosie hat mir in diesem Film am meisten Spaß gemacht, einfach weil sie die Rolle so wunderbar lässig spielt. Meist lehnt sie mit eastwoodhafter Coolness irgendwo im Hintergrund herum und scheint immer Herrin der Lage zu sein. Stellenweise bricht allerdings ihr südländisches Temperament, von einem herrlichen Akzent unterlegt, durch und sie beteiligt sich auch aktiv am Geschehen.
Wir haben also drei wunderbare Schurkinnen, deren fabelhaften Charakteren es unter anderem zu verdanken ist, dass uns der Film so kurzweilig vorkommt. Das Problem bei so einnehmenden Antagonisten ist nur, dass wir geneigt sind zu ihnen zu halten, wenn uns keine wirklich guten Helden präsentiert werden. So war es zumindest in „Die Sadisten des Satans“, was darin resultierte, dass ich am Ende furchtbar enttäuscht war, als Anchor kein Sushi aus den beiden nervigen Protagonisten machte. Verfügt „Die Satansweiber von Tittfield“ über dasselbe Problem? Nein:
Susan Bernard beginnt als Linda zwar ein kleinwenig nervtötend mit ihrem Gekreische, dies tut ihrer Rolle als wehrlosem Opfer aber ziemlich gut. Während des Filmes schafft sie es dann jedoch es sich zu verdienen, dass das Publikum zu ihr hält, indem sie mutig versucht den Fängen der Ladies zu entkommen und am Ende sogar handgreiflich gegen Varla antritt. Paul Trinka als Kirk gibt einen genialen Helden ab, da wir bei ihm nie erwartet hätten, dass er zu einem solchen wird. Er beginnt nämlich ohne große Einführung einfach als einer der Ranchbewohner. Er ist nicht besonders helle, nicht besonders kräftig und schon gar nicht charismatisch, was uns zu der sicheren Vermutung verleitet, dass er nur existiert um den Bodycount höher zu halten. Während der Handlung jedoch erkennen wir, dass er ein mehrdimensionaler Charakter mit einem gutmütigen Wesen ist. Ihm gelingt es über seinen Schatten zu springen und es mit der wesentlich erhabeneren Varla aufzunehmen und dies bringt ihm unsere Sympathie ein.
Diese Charaktere, wie auch der alte Farmbesitzer und sein anderer Sohn, entstammen einem gekonnten Drehbuch von Jack Moran, der mit diesem Skript ein Paradebeispiel dafür liefert, dass wendungsreiche Geschichten mit Figuren, deren Charaktereigenschaften nur Stückchenweise offenbart werden, einfach die Spannendsten sind. Zudem ist der Aufbau einfach wunderbar: Der erste Mord kommt scheinbar aus dem Nichts geschieht ziemlich früh und dieser wird von Varla mit so einer Härte ausgeführt und von ihren Freundinnen mit so einer Gleichgültigkeit wahrgenommen, dass wir sofort wissen, dass dieser Film super serious ist. Dadurch können wir die nächste Stunde, die weniger der Action und mehr den Charakterstudien dient, in äußerster Anspannung verbringen, da wir wissen, dass die drei Damen jederzeit irgendwas unvorhersehbar Grausames machen könnten. Und am Ende überschlagen sich dann die Ereignisse und es kommt zu einem Massaker nachdem sich Quentin Tarantino alle Finger abschlecken würde.
Noch lobenswerter als das Drehbuch selbst ist jedoch die Art und Weise wie Russ Meyer dieses in filmische Bilder umsetzte. Die Kameraeinstellungen sind eine wahre Wucht. Statt gewöhnlichen Establishing Shot führt er lieber mit einer Fülle von Detailaufnahmen in neue Szenen ein, was den Zuseher gleich inmitten des Geschehens zieht. Die Satansweiber selbst filmt er gerne aus der Froschperspektive, wodurch ihre Überlegenheit gegenüber den anderen Figuren einen beeindruckenden visuellen Ausdruck findet. Auf Totale greift er auch gerne zurück um die verlierende Weite der Wüste meisterhaft einzufangen. Noch dazu ist jede Einstellung wunderbar durchkomponiert. Die Art und Weise wie Darsteller, Autos und Landschaft im Vor- und Hintergrund verteilt werden sucht ihresgleichen.
Wenn ich irgendetwas an diesem Film negativ kritisieren sollte, so wäre dies am ehesten der Soundtrack. Die swingenden Rock-Töne, die den Großteil der Filmmusik ausmachen passen zwar sowohl zum Geschehen und gehen auch gut ins Ohr, doch bei einigen anderen musikalischen Untermalungen hat der Komponist Igo Kantor meiner Meinung nach ein wenig übertrieben. Als Beispielsweise der ulkige Tankwart auftritt erklingt ein Thema, welches so über die Maßen pseudolustig ist, dass sie gleich Yakety Sax hätten einspielen können und wenn die Musik in dramatischen Momenten übertragisch wird, ist das in einem Film mit so nüchterner Brutalität auch nicht besser.
Fazit: Genialer Film: Wahrhaft teuflische, aber dennoch supercoole, Schurkinnen wollen den sympathischen Helden an den Kragen. Die genial aufgebaute Geschichte wird in unvergesslichen Bildern, welche die Filmkunst gekonnt zu nutzen wissen, präsentiert. 9/10
Originaltitel: Faster, Pussycat! Kill! Kill!
Land: USA
Jahr: 1965
Genre: Action, Drama, Roadmovie, irgendwas in der Richtung
Regie: Russ Meyer
Handlung:
Varla (Tura Satana), Rosie (Haji – Gesundheit) und Billie (Lori Williams) sind mit ihren Autos in der Wüste unterwegs, als ihnen ein junges Pärchen (Susan Bernard und Ray Barlow) begegnet. Mehr oder weniger grundlos tötet Varla den Mann und nimmt die Frau als Geisel gefangen. Ihr Weg führt sie zu einem Alten Mann (Stuart Lancaster), der mit seinen beiden Söhnen (Paul Trinka und Dennis Busch) eine einsame Ranch bewohnt um ihn um sein Erspartes zu bringen, doch dies stellt sich als schwieriger heraus als geplant…
Kritik:
Ich kann mir nicht helfen aber aus irgendeinem Grund (wahrscheinlich diabolische Antagonisten, Wüstensettings, junges Paar auf der Flucht,…) kommt mir, wenn ich über diesen Film nachdenke immer der vier Jahre später erschienene „Die Sadisten des Satans“ in den Sinn. Im Gegensatz zu dem Bikerfilm besitzt „Die Satansweiber von Tittfield“ allerdings eine spannendere Story, eine bildgewaltigere Inszenierung, interessantere Charaktere und coolere Darsteller und statt Anchor and Friends erwarten uns drei ebenso teuflische Grazien mit Proportionen, bei denen man sich fragt, wie so was überhaupt aufrecht stehen kann.
Tura Satana als Varla ist Anchor aus dem oben genannten Film ziemlich ähnlich, wenn nicht sogar noch einnehmender. Beide werden ganz am Anfang vom Publikum noch nicht hundertprozentig ernst genommen – sie weil sie eine Frau ist und er weil er ein albernes Hütchen aufhat – doch schon nach wenigen Minuten beweisen beide mit ihrem brutalen und skrupellosen Handeln, dass sowohl Frauen als auch Leute mit lustigen Hütchen ernst zu nehmende Oberschurken sein können. Beide legen eine grausame Art an den Tag, die wir nie erwartet hätten und spielen wirklich überzeugend Teufel in Menschengestalten.
Statt einer Bikergang stehen Varla ihre Freundinnen Billie und Rosie zur Seite. Lori Williams bietet als Billie mit ihrer lebenslustigen, naiven, wenn auch nicht weniger rücksichtslosen Art einen netten Kontrastcharakter zu der makellos unmenschlichen Varla. Haji (bürgerlich: Barbarella Catton – Warum man einen Künstlernamen brauch wenn man Barbarella heißt sei dahingestellt) als Rosie hat mir in diesem Film am meisten Spaß gemacht, einfach weil sie die Rolle so wunderbar lässig spielt. Meist lehnt sie mit eastwoodhafter Coolness irgendwo im Hintergrund herum und scheint immer Herrin der Lage zu sein. Stellenweise bricht allerdings ihr südländisches Temperament, von einem herrlichen Akzent unterlegt, durch und sie beteiligt sich auch aktiv am Geschehen.
Wir haben also drei wunderbare Schurkinnen, deren fabelhaften Charakteren es unter anderem zu verdanken ist, dass uns der Film so kurzweilig vorkommt. Das Problem bei so einnehmenden Antagonisten ist nur, dass wir geneigt sind zu ihnen zu halten, wenn uns keine wirklich guten Helden präsentiert werden. So war es zumindest in „Die Sadisten des Satans“, was darin resultierte, dass ich am Ende furchtbar enttäuscht war, als Anchor kein Sushi aus den beiden nervigen Protagonisten machte. Verfügt „Die Satansweiber von Tittfield“ über dasselbe Problem? Nein:
Susan Bernard beginnt als Linda zwar ein kleinwenig nervtötend mit ihrem Gekreische, dies tut ihrer Rolle als wehrlosem Opfer aber ziemlich gut. Während des Filmes schafft sie es dann jedoch es sich zu verdienen, dass das Publikum zu ihr hält, indem sie mutig versucht den Fängen der Ladies zu entkommen und am Ende sogar handgreiflich gegen Varla antritt. Paul Trinka als Kirk gibt einen genialen Helden ab, da wir bei ihm nie erwartet hätten, dass er zu einem solchen wird. Er beginnt nämlich ohne große Einführung einfach als einer der Ranchbewohner. Er ist nicht besonders helle, nicht besonders kräftig und schon gar nicht charismatisch, was uns zu der sicheren Vermutung verleitet, dass er nur existiert um den Bodycount höher zu halten. Während der Handlung jedoch erkennen wir, dass er ein mehrdimensionaler Charakter mit einem gutmütigen Wesen ist. Ihm gelingt es über seinen Schatten zu springen und es mit der wesentlich erhabeneren Varla aufzunehmen und dies bringt ihm unsere Sympathie ein.
Diese Charaktere, wie auch der alte Farmbesitzer und sein anderer Sohn, entstammen einem gekonnten Drehbuch von Jack Moran, der mit diesem Skript ein Paradebeispiel dafür liefert, dass wendungsreiche Geschichten mit Figuren, deren Charaktereigenschaften nur Stückchenweise offenbart werden, einfach die Spannendsten sind. Zudem ist der Aufbau einfach wunderbar: Der erste Mord kommt scheinbar aus dem Nichts geschieht ziemlich früh und dieser wird von Varla mit so einer Härte ausgeführt und von ihren Freundinnen mit so einer Gleichgültigkeit wahrgenommen, dass wir sofort wissen, dass dieser Film super serious ist. Dadurch können wir die nächste Stunde, die weniger der Action und mehr den Charakterstudien dient, in äußerster Anspannung verbringen, da wir wissen, dass die drei Damen jederzeit irgendwas unvorhersehbar Grausames machen könnten. Und am Ende überschlagen sich dann die Ereignisse und es kommt zu einem Massaker nachdem sich Quentin Tarantino alle Finger abschlecken würde.
Noch lobenswerter als das Drehbuch selbst ist jedoch die Art und Weise wie Russ Meyer dieses in filmische Bilder umsetzte. Die Kameraeinstellungen sind eine wahre Wucht. Statt gewöhnlichen Establishing Shot führt er lieber mit einer Fülle von Detailaufnahmen in neue Szenen ein, was den Zuseher gleich inmitten des Geschehens zieht. Die Satansweiber selbst filmt er gerne aus der Froschperspektive, wodurch ihre Überlegenheit gegenüber den anderen Figuren einen beeindruckenden visuellen Ausdruck findet. Auf Totale greift er auch gerne zurück um die verlierende Weite der Wüste meisterhaft einzufangen. Noch dazu ist jede Einstellung wunderbar durchkomponiert. Die Art und Weise wie Darsteller, Autos und Landschaft im Vor- und Hintergrund verteilt werden sucht ihresgleichen.
Wenn ich irgendetwas an diesem Film negativ kritisieren sollte, so wäre dies am ehesten der Soundtrack. Die swingenden Rock-Töne, die den Großteil der Filmmusik ausmachen passen zwar sowohl zum Geschehen und gehen auch gut ins Ohr, doch bei einigen anderen musikalischen Untermalungen hat der Komponist Igo Kantor meiner Meinung nach ein wenig übertrieben. Als Beispielsweise der ulkige Tankwart auftritt erklingt ein Thema, welches so über die Maßen pseudolustig ist, dass sie gleich Yakety Sax hätten einspielen können und wenn die Musik in dramatischen Momenten übertragisch wird, ist das in einem Film mit so nüchterner Brutalität auch nicht besser.
Fazit: Genialer Film: Wahrhaft teuflische, aber dennoch supercoole, Schurkinnen wollen den sympathischen Helden an den Kragen. Die genial aufgebaute Geschichte wird in unvergesslichen Bildern, welche die Filmkunst gekonnt zu nutzen wissen, präsentiert. 9/10
- DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
DIE HERAUSFORDERUNG DES HERKULES
Originaltitel: La sfida dei giganti
Land: Italien
Jahr: 1965
Genre: Peplum
Regie: Maurizio Lucidi
Handlung:
Königin Leda (Gia Sandri) von ich-glaube-Syrakus ist Witwe geworden, worauf sich diverse ledige Herrscher in ihrem Palast einfinden um sie zur Frau zu nehmen. Das will sie aber nicht wirklich und befragt ein Orakel, welches ihr prophezeit, dass der sagenumwobene Herkules (Reg Park) den ganzen Konflikt schon lösen wird. Also macht sie sich auf um diesen zu suchen, er ist aber andernorts beschäftigt und Leda trifft nur auf Herkules’ Rivalen Anteo (Giovanni Cianfriglia), der sich als Herkules ausgibt, Ledas Freier verjagt, sie heiratet und fortan als Tyrann über ich-glaube-Syrakus herrscht, doch damit ist Herkules ganz und gar nicht einverstanden…
Kritik:
Der Film überfordert den Zuseher anfangs mit zwei völlig unterschiedlichen Plots, die deswegen so verwirrend rüberkommen, da wir keine Ahnung haben, ob sie irgendwas miteinander zu tun haben. Es beginnt mit einem Odysseus Rip-Off von Leda und ihren Freiern, welches über keine sonderlichen Actionszenen verfügt, aber einen interessanten Charakter, nämlich Leda, beinhaltet. Diesem Plot folgen wir eine Weile bis plötzlich Herkules’ Sohn auf der Jagd nach Archivmaterial von einem Typen mit Löwenperücke attackiert wird und seinen Verstand verliert, woraufhin sein Vater sich in irgendein magisches Land begibt um den Verstand seines Sprösslings zu finden, ein Plot welcher einige nette Actionszenen hat aber einen Protagonisten der so interessant ist wie ein leeres Wasserglas. Zwar bedingt schlussendlich eine der beiden Handlungen in gewisser Weise die andere, vollkommen verbunden werden sie jedoch nur lose, beispielsweise treten Herkules und Leda nie in der selben Szene auf.
Noch schlimmer als die Persönlichkeit des Herkules ist der Schauspieler, der ihn verkörpert, was übrigens mein Hauptproblem mit diesem Film ist: Ich weiß nicht, wie der gute Reg Park so in anderen Filmen ist, ich habe ihn bis jetzt nur in diesem gesehen, aber hier hat er das Charisma einer Streichholzschachtel. Ahnungs- und Ausdruckslos stolpert er den ganzen Film durchs Bild, manchmal kämpft er, oft wirft er Steine irgendwohin und häufig ist er mit der Lage überfordert und bittet Papa Zeus um Hilfe, die ihm auch prompt gewährt wird. Diese Umstände machen ihn als Charakter uninteressant und als Helden lahm.
Gia Sandri als Leda ist da eine wesentlich gelungenere Figur. Sie zeigt es nicht offen, dass sie von den lästigen Freiern überfordert ist, sondern begegnet ihnen mit Stolz und Witz und sie scheut keine gefährlichen Reisen um an ihr Ziel zu gelangen. Dann begegnet ihr jedoch, Anteo, dem sie eindeutig unterlegen ist, weswegen sie eine Hassliebe zu ihm entwickelt. Einerseits ekelt sie sein erschreckendes Verhalten an, andererseits scheint sie ihm doch verfallen, was eine wesentlich interessantere Figurenzeichnung ist als das wandelnde Stück Holz, welches sich Protagonist schimpft.
Giovanni Cianfriglia hat als Anteo die erinnerungswürdigste Rolle, dies nicht weil er so ein guter Schauspieler ist, er hat zwar mehr Ausstrahlung als Reg Park aber was heißt das schon, sondern weil er als Oberschurke so richtig fiese Dinge machen darf. Und damit meine ich richtig fiese Dinge, wie mit Speeren auf fliehende Frauen zielen, ein Mädchen an ihren Haaren aufhängen und so. Der Film ist vielleicht kein „Cannibal Holocaust“ oder „New York Ripper“ aber bedenkt man seine Zeit und besonders sein Genre ist der Härtegrad, der hier an den Tag gelegt wird, schon beachtlich.
Der gelungensten Aspekte des Filmes gehen sicherlich auf das Konto seines Regisseurs, Maurizio Lucidi, welchem wir Jahre später den superben „Der Todesengel“ zu verdanken haben werden. Besonders gefallen hat mir die Art, wie er die mythische Unwelt in Szene setzt, in welcher Herkules den Verstand seines Sohnes sucht: Er überzeugt uns davon, dass es eine Welt voller Gefahren ist, in welcher jederzeit alles geschehen kann. Das Set hierfür ist sehr nett ausgeleuchtet mit viel Dunkelheit und einigen Streifen buntem Licht hier und da.
Zwei Szenen fand ich von der Inszenierung besonders gelungen: Zum einen einige Einstellungen, in welchem Zombies aus ihren Särgen steigen, die sich nicht mal hinter einem Fulci zu verstecken haben; und zum anderen der finale Kampf des Herkules gegen Anteo. Dem ganzen Kampf liegt die nette Prämisse zugrunde, dass Anteo an Stärke gewinnt, sobald er Erde (seine Mutter ist die Göttin derselben) berührt. Herkules muss ihn also während des Ringens ständig in der Luft halten. Diesen Gimmick lässt Lucidi äußerst gekonnt einfließen, sodass der Kampf zwar lange aber nicht langweilig wird.
Trotz Lucidis Engagement ist „Die Herausforderung des Herkules“ weit davon entfernt ein „guter“ Film zu sein, dafür gibt es zu viele alberne Stellen, wie der erwähnte Kampf von Herkules Sohn gegen Archivmaterial/Mann in Kostüm oder die Tatsache, dass ich-glaube-Syrakus gleich wie Sodom und Gomorrah geahndet wird, nur weil mal ein Tyrann an der Macht ist.
Die Dialoge sind auch der Wahnsinn, als Beispiel sei hier eine kleine Konversation zwischen Leda und Anteo über rebellierende Bauern in ungefährem Wortlaut wiedergegeben: A: „Ich werde sie alle töten lassen.“ L: „Und über wen sollen wir dann herrschen.“ A: „Ach ja, das hatte ich ganz vergessen“ – sowas ist für Trashfans natürlich ein gefundenes Fressen, ebenso wie solch mehr als genialen Floskeln wie "Du bist Schatzmeister und kein Schwatzmeister." - hahaha
Für weitere unfreiwillige Komik sorgt die Dummheit einiger Charaktere, wie die von Herkules bestem Freund Teseo (gespielt von Gianni Solaro). Während Herkules auf der Suche nach dem Verstand seines Sohnes ist, erfährt Teseo von Reisenden, dass in ich-glaube-Syrakus ein grausamer Mann namens Herkules an die Macht gekommen ist. Was schließt Sherlock Teseo daraus? Kombiniert er, dass sich irgendein Typ fälschlicherweise „Herkules“ genannt hat? Nein! Kombiniert er, dass ein anderer Typ mit zufällig demselben Namen gemeint ist? Nein! Kombiniert er, dass Herkules, als er den Verstand seines Sohnes suchte, sein eigener Verstand geraubt wurde, weswegen ihn der Wahnsinn gepackt hat und er zu einem tyrannischen Herrscher wurde? Ja, das tut er! Und dann kommt’s noch besser: Als plötzlich Herkules, ahnungslos wie immer, in der Türe steht, fordert ihn sein jahrelanger Freund Sherlock Teseo sofort zum Kampf auf, nur weil ihm irgendein Typ gesagt hat, dass irgendwo, irgendwer herrscht, der sich aus irgendeinem Grund Herkules nennt. Teseo, du bist der Beste!
Oh verdammt, die Kritik ist zuende und ich habe noch nicht erwähnt, dass einer von Ledas Freiern von Franco Ressel gespielt wird. Hoffentlich geht sich das noch aus: Einer von Ledas Freiern wird von Fran…Fazit: Obwohl der Film streckenweise wirklich gekonnt in Szene gesetzt wurde und eine beachtliche Härte an den Tag legt, wird er wegen seinem uncharismatischen Hauptdarsteller grade mal durchschnittlich. Für Trashfans hält er allerdings einige Nettigkeiten parat. 6/10
Originaltitel: La sfida dei giganti
Land: Italien
Jahr: 1965
Genre: Peplum
Regie: Maurizio Lucidi
Handlung:
Königin Leda (Gia Sandri) von ich-glaube-Syrakus ist Witwe geworden, worauf sich diverse ledige Herrscher in ihrem Palast einfinden um sie zur Frau zu nehmen. Das will sie aber nicht wirklich und befragt ein Orakel, welches ihr prophezeit, dass der sagenumwobene Herkules (Reg Park) den ganzen Konflikt schon lösen wird. Also macht sie sich auf um diesen zu suchen, er ist aber andernorts beschäftigt und Leda trifft nur auf Herkules’ Rivalen Anteo (Giovanni Cianfriglia), der sich als Herkules ausgibt, Ledas Freier verjagt, sie heiratet und fortan als Tyrann über ich-glaube-Syrakus herrscht, doch damit ist Herkules ganz und gar nicht einverstanden…
Kritik:
Der Film überfordert den Zuseher anfangs mit zwei völlig unterschiedlichen Plots, die deswegen so verwirrend rüberkommen, da wir keine Ahnung haben, ob sie irgendwas miteinander zu tun haben. Es beginnt mit einem Odysseus Rip-Off von Leda und ihren Freiern, welches über keine sonderlichen Actionszenen verfügt, aber einen interessanten Charakter, nämlich Leda, beinhaltet. Diesem Plot folgen wir eine Weile bis plötzlich Herkules’ Sohn auf der Jagd nach Archivmaterial von einem Typen mit Löwenperücke attackiert wird und seinen Verstand verliert, woraufhin sein Vater sich in irgendein magisches Land begibt um den Verstand seines Sprösslings zu finden, ein Plot welcher einige nette Actionszenen hat aber einen Protagonisten der so interessant ist wie ein leeres Wasserglas. Zwar bedingt schlussendlich eine der beiden Handlungen in gewisser Weise die andere, vollkommen verbunden werden sie jedoch nur lose, beispielsweise treten Herkules und Leda nie in der selben Szene auf.
Noch schlimmer als die Persönlichkeit des Herkules ist der Schauspieler, der ihn verkörpert, was übrigens mein Hauptproblem mit diesem Film ist: Ich weiß nicht, wie der gute Reg Park so in anderen Filmen ist, ich habe ihn bis jetzt nur in diesem gesehen, aber hier hat er das Charisma einer Streichholzschachtel. Ahnungs- und Ausdruckslos stolpert er den ganzen Film durchs Bild, manchmal kämpft er, oft wirft er Steine irgendwohin und häufig ist er mit der Lage überfordert und bittet Papa Zeus um Hilfe, die ihm auch prompt gewährt wird. Diese Umstände machen ihn als Charakter uninteressant und als Helden lahm.
Gia Sandri als Leda ist da eine wesentlich gelungenere Figur. Sie zeigt es nicht offen, dass sie von den lästigen Freiern überfordert ist, sondern begegnet ihnen mit Stolz und Witz und sie scheut keine gefährlichen Reisen um an ihr Ziel zu gelangen. Dann begegnet ihr jedoch, Anteo, dem sie eindeutig unterlegen ist, weswegen sie eine Hassliebe zu ihm entwickelt. Einerseits ekelt sie sein erschreckendes Verhalten an, andererseits scheint sie ihm doch verfallen, was eine wesentlich interessantere Figurenzeichnung ist als das wandelnde Stück Holz, welches sich Protagonist schimpft.
Giovanni Cianfriglia hat als Anteo die erinnerungswürdigste Rolle, dies nicht weil er so ein guter Schauspieler ist, er hat zwar mehr Ausstrahlung als Reg Park aber was heißt das schon, sondern weil er als Oberschurke so richtig fiese Dinge machen darf. Und damit meine ich richtig fiese Dinge, wie mit Speeren auf fliehende Frauen zielen, ein Mädchen an ihren Haaren aufhängen und so. Der Film ist vielleicht kein „Cannibal Holocaust“ oder „New York Ripper“ aber bedenkt man seine Zeit und besonders sein Genre ist der Härtegrad, der hier an den Tag gelegt wird, schon beachtlich.
Der gelungensten Aspekte des Filmes gehen sicherlich auf das Konto seines Regisseurs, Maurizio Lucidi, welchem wir Jahre später den superben „Der Todesengel“ zu verdanken haben werden. Besonders gefallen hat mir die Art, wie er die mythische Unwelt in Szene setzt, in welcher Herkules den Verstand seines Sohnes sucht: Er überzeugt uns davon, dass es eine Welt voller Gefahren ist, in welcher jederzeit alles geschehen kann. Das Set hierfür ist sehr nett ausgeleuchtet mit viel Dunkelheit und einigen Streifen buntem Licht hier und da.
Zwei Szenen fand ich von der Inszenierung besonders gelungen: Zum einen einige Einstellungen, in welchem Zombies aus ihren Särgen steigen, die sich nicht mal hinter einem Fulci zu verstecken haben; und zum anderen der finale Kampf des Herkules gegen Anteo. Dem ganzen Kampf liegt die nette Prämisse zugrunde, dass Anteo an Stärke gewinnt, sobald er Erde (seine Mutter ist die Göttin derselben) berührt. Herkules muss ihn also während des Ringens ständig in der Luft halten. Diesen Gimmick lässt Lucidi äußerst gekonnt einfließen, sodass der Kampf zwar lange aber nicht langweilig wird.
Trotz Lucidis Engagement ist „Die Herausforderung des Herkules“ weit davon entfernt ein „guter“ Film zu sein, dafür gibt es zu viele alberne Stellen, wie der erwähnte Kampf von Herkules Sohn gegen Archivmaterial/Mann in Kostüm oder die Tatsache, dass ich-glaube-Syrakus gleich wie Sodom und Gomorrah geahndet wird, nur weil mal ein Tyrann an der Macht ist.
Die Dialoge sind auch der Wahnsinn, als Beispiel sei hier eine kleine Konversation zwischen Leda und Anteo über rebellierende Bauern in ungefährem Wortlaut wiedergegeben: A: „Ich werde sie alle töten lassen.“ L: „Und über wen sollen wir dann herrschen.“ A: „Ach ja, das hatte ich ganz vergessen“ – sowas ist für Trashfans natürlich ein gefundenes Fressen, ebenso wie solch mehr als genialen Floskeln wie "Du bist Schatzmeister und kein Schwatzmeister." - hahaha
Für weitere unfreiwillige Komik sorgt die Dummheit einiger Charaktere, wie die von Herkules bestem Freund Teseo (gespielt von Gianni Solaro). Während Herkules auf der Suche nach dem Verstand seines Sohnes ist, erfährt Teseo von Reisenden, dass in ich-glaube-Syrakus ein grausamer Mann namens Herkules an die Macht gekommen ist. Was schließt Sherlock Teseo daraus? Kombiniert er, dass sich irgendein Typ fälschlicherweise „Herkules“ genannt hat? Nein! Kombiniert er, dass ein anderer Typ mit zufällig demselben Namen gemeint ist? Nein! Kombiniert er, dass Herkules, als er den Verstand seines Sohnes suchte, sein eigener Verstand geraubt wurde, weswegen ihn der Wahnsinn gepackt hat und er zu einem tyrannischen Herrscher wurde? Ja, das tut er! Und dann kommt’s noch besser: Als plötzlich Herkules, ahnungslos wie immer, in der Türe steht, fordert ihn sein jahrelanger Freund Sherlock Teseo sofort zum Kampf auf, nur weil ihm irgendein Typ gesagt hat, dass irgendwo, irgendwer herrscht, der sich aus irgendeinem Grund Herkules nennt. Teseo, du bist der Beste!
Oh verdammt, die Kritik ist zuende und ich habe noch nicht erwähnt, dass einer von Ledas Freiern von Franco Ressel gespielt wird. Hoffentlich geht sich das noch aus: Einer von Ledas Freiern wird von Fran…Fazit: Obwohl der Film streckenweise wirklich gekonnt in Szene gesetzt wurde und eine beachtliche Härte an den Tag legt, wird er wegen seinem uncharismatischen Hauptdarsteller grade mal durchschnittlich. Für Trashfans hält er allerdings einige Nettigkeiten parat. 6/10
- DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
GRETA – HAUS OHNE MÄNNER
Originaltitel: Ilsa, the Wicked Warden
Land: Schweiz, Deutschland, USA
Jahr: 1977
Genre: Frauengefängnis
Regie: Jess Franco
Handlung:
Mitten im Urwald leitet die sadistische Greta (Dyanne Thorne) eine Heilanstalt für geistig kranke Straftäterinnen. Eines Tages versucht eine junge Frau auszubrechen, wird jedoch von Greta und ihren Schergen eingefangen und verschwindet spurlos. Ihre Schwester Abbie (Tania Busselier) wird in die Klinik eingeschleust um den Verbleib ihrer Schwester zu ermitteln. Dort erwartet sie jedoch das Grauen…
Kritik:
Hm…Es ist 21:30, ich sollte bald schlafen gehen, bin aber noch nicht sonderlich müde…ich könnte mir noch einen Film ansehen…am besten irgendwas spaßiges, leicht verdauliches, bei dem ich nicht sonderlich viel nachdenken muss und nachdem ich eine gute Nachtruhe habe…was ist denn das? „Greta – Haus ohne Männer“ ? Produziert von Erwin C. Dietrich, dem wir „Geheimncode Wildgänse“ zu verdanken haben, den Söldnerspaß mit Lee Van Cleef und Klaus Kinski. Regie führte Jess Franco, den man von unterhaltsamen Abenteuerstreifen wie „Der Todeskuss des Fu Man Chu“ oder Trashgranaten wie „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ kennt. Oh, und Dyanne Thorne spielt mit, die mir in dem herrlich überdrehten „Ilsa – Haremswärterin des Ölscheichs“ viele vergnügliche Momente bescherte. Ja, das klingt wirklich wie ein netter nicht allzu anspruchsvoller Film, den schau ich mir vor dem Schlafengehen an.
95 Minuten später:
Dieser Film hat kein Recht, so verdammt gut zu sein, wie er ist. Ich meine, lest euch mal eine detaillierte Handlungsangabe durch, der Plot ist nichts anderes, als eine Entschuldigung für Franco möglichst viele nackte Frauen auf möglichst engem Raum zusammenzuführen; die Kostüme der Patientinnen sind absurd (Spoiler: Sie haben keine ) und gekrönt wird das ganze von abstrus grotesken Krankengeschichten wie „Ich habe eine Geschlechtsumwandlung gemacht, um den Mann meiner Träume zu heiraten. Als ich merkte, dass er schwul war, habe ich ihn kastriert.“
Wer würde einen Film mit diesen Vorraussetzungen ernst nehmen? Ich will euch sagen wer: Die gesamte Cast und Crew: Die Schauspieler sind wundervoll, kein overacting, kein underacting, alle spielen ihre Parts absolut perfekt: Tania Busselier ist grandios; Dyanne Thorne als Ilsa Ilsa Ilsa Ilsa Ilsa Greta ist wie immer überzeugend; Jess Franco, der auch eine kleine Rolle übernahm, ist superb; sämtliche Nebenrollen sind makellos und Lina Romay als eine Patientin, die sich gut mit Greta steht hat sowieso die interessanteste Figur, welche sie mit Bravur darstellt.
Die Inszenierung ist ein Traum: Die Klinik wird durch Kameraführung und Beleuchtung in einen schmuddeligen klaustrophobischen Ort verwandelt. Franco spielt sich gekonnt mit Licht und Schatten, besonders beeindruckend in der Szene, in welcher Dr. Namevergessen ermordet wird. Bei dem Finale greift er sogar auf die Assoziationsmontage zurück. Dabei handelt es sich um ein von Eisenstein entwickeltes filmisches Verfahren, bei welchem zwei Szenen, die nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun haben, zusammengeschnitten werden, um bei dem Zuschauer eine Assoziation zwischen den beiden Geschehen auszulösen, Eisenstein schnitt beispielsweise in eine Szene der Niederschlagung eines Streiks Aufnahmen von einer Rinderschlachtung. Hollywood verweigert sich großteils diesem äußerst emotional mitreißenden Montageprinzip, da die amerikanische Filmwirtschaft eine unsichtbare Montage bevorzugt. Franco jedoch sagt: „Zum Teufel mit Hollywood, ich habe Archivmaterial von Raubkatzen, die ihre Beute zerfleischen, also nutze ich diese auch.“ Und damit wurde die letzte Sequenz von „Greta – Haus ohne Männer“ zu einer Horrorvision, die durch Mark und Bein geht.
Der Film wirkt auch deshalb so erschreckend, weil er (relativ!) harmlos beginnt: Abbie findet sich halt eine zeitlang in der Klinik zu recht, freundet sich mit ein paar der Patientinnen mehr an, mit ein paar weniger. Wir erfahren sogar, dass ihre Schwester noch am Leben ist – super! Dann wird der Film hart, und härter. Franco vernichtet konstant sämtliche Hoffnungen, welche die Heldin möglicherweise noch haben könnte, macht seinen Film im letzten Akt von Minute zu Minute immer düsterer und düsterer, bis er schließlich in Bildern der kompletten Verzweiflung endet, ohne einen netten kleinen Epilog anzuhängen oder so. Er zeigt das grausige Finale und aus, schwarze Leinwand, Ende, die Welt ist grausam, gute Nacht.
Nun stellt sich die Frage: Mochte ich den Film? Jein: Auf der einen Seite gehören Frauengefängnisfilme zu den wenigen Genres, denen ich absolut gar nichts abgewinnen kann, ich mag die Dinger einfach nicht. „Greta – Haus ohne Männer“ werde ich mir wohl auch so schnell nicht mehr ansehen, das Trauma von der Erstsichtung muss ich erst mal überstehen. Auf der anderen Seite haben es Franco und sein Team geschafft aus einem Film, der allerhöchstens ein wenig sleazige Unterhaltung verspricht, eine wirklich mitreißende, verstörende, durch und durch desillusionierende Tragödie zu machen und dafür zolle ich ihnen Respekt.
Fazit: Es beginnt recht harmlos, wird jedoch gegen Ende zu einem unglaublich düsteren Schauermär ohne die geringste Spur eines Silberstreifens irgendwo. Die glaubhaften Leistungen der Darsteller und die fabelhafte Inszenierung Francos tragen das ihrige dazu bei. 8/10
Originaltitel: Ilsa, the Wicked Warden
Land: Schweiz, Deutschland, USA
Jahr: 1977
Genre: Frauengefängnis
Regie: Jess Franco
Handlung:
Mitten im Urwald leitet die sadistische Greta (Dyanne Thorne) eine Heilanstalt für geistig kranke Straftäterinnen. Eines Tages versucht eine junge Frau auszubrechen, wird jedoch von Greta und ihren Schergen eingefangen und verschwindet spurlos. Ihre Schwester Abbie (Tania Busselier) wird in die Klinik eingeschleust um den Verbleib ihrer Schwester zu ermitteln. Dort erwartet sie jedoch das Grauen…
Kritik:
Hm…Es ist 21:30, ich sollte bald schlafen gehen, bin aber noch nicht sonderlich müde…ich könnte mir noch einen Film ansehen…am besten irgendwas spaßiges, leicht verdauliches, bei dem ich nicht sonderlich viel nachdenken muss und nachdem ich eine gute Nachtruhe habe…was ist denn das? „Greta – Haus ohne Männer“ ? Produziert von Erwin C. Dietrich, dem wir „Geheimncode Wildgänse“ zu verdanken haben, den Söldnerspaß mit Lee Van Cleef und Klaus Kinski. Regie führte Jess Franco, den man von unterhaltsamen Abenteuerstreifen wie „Der Todeskuss des Fu Man Chu“ oder Trashgranaten wie „Eine Jungfrau in den Krallen von Frankenstein“ kennt. Oh, und Dyanne Thorne spielt mit, die mir in dem herrlich überdrehten „Ilsa – Haremswärterin des Ölscheichs“ viele vergnügliche Momente bescherte. Ja, das klingt wirklich wie ein netter nicht allzu anspruchsvoller Film, den schau ich mir vor dem Schlafengehen an.
95 Minuten später:
Dieser Film hat kein Recht, so verdammt gut zu sein, wie er ist. Ich meine, lest euch mal eine detaillierte Handlungsangabe durch, der Plot ist nichts anderes, als eine Entschuldigung für Franco möglichst viele nackte Frauen auf möglichst engem Raum zusammenzuführen; die Kostüme der Patientinnen sind absurd (Spoiler: Sie haben keine ) und gekrönt wird das ganze von abstrus grotesken Krankengeschichten wie „Ich habe eine Geschlechtsumwandlung gemacht, um den Mann meiner Träume zu heiraten. Als ich merkte, dass er schwul war, habe ich ihn kastriert.“
Wer würde einen Film mit diesen Vorraussetzungen ernst nehmen? Ich will euch sagen wer: Die gesamte Cast und Crew: Die Schauspieler sind wundervoll, kein overacting, kein underacting, alle spielen ihre Parts absolut perfekt: Tania Busselier ist grandios; Dyanne Thorne als Ilsa Ilsa Ilsa Ilsa Ilsa Greta ist wie immer überzeugend; Jess Franco, der auch eine kleine Rolle übernahm, ist superb; sämtliche Nebenrollen sind makellos und Lina Romay als eine Patientin, die sich gut mit Greta steht hat sowieso die interessanteste Figur, welche sie mit Bravur darstellt.
Die Inszenierung ist ein Traum: Die Klinik wird durch Kameraführung und Beleuchtung in einen schmuddeligen klaustrophobischen Ort verwandelt. Franco spielt sich gekonnt mit Licht und Schatten, besonders beeindruckend in der Szene, in welcher Dr. Namevergessen ermordet wird. Bei dem Finale greift er sogar auf die Assoziationsmontage zurück. Dabei handelt es sich um ein von Eisenstein entwickeltes filmisches Verfahren, bei welchem zwei Szenen, die nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun haben, zusammengeschnitten werden, um bei dem Zuschauer eine Assoziation zwischen den beiden Geschehen auszulösen, Eisenstein schnitt beispielsweise in eine Szene der Niederschlagung eines Streiks Aufnahmen von einer Rinderschlachtung. Hollywood verweigert sich großteils diesem äußerst emotional mitreißenden Montageprinzip, da die amerikanische Filmwirtschaft eine unsichtbare Montage bevorzugt. Franco jedoch sagt: „Zum Teufel mit Hollywood, ich habe Archivmaterial von Raubkatzen, die ihre Beute zerfleischen, also nutze ich diese auch.“ Und damit wurde die letzte Sequenz von „Greta – Haus ohne Männer“ zu einer Horrorvision, die durch Mark und Bein geht.
Der Film wirkt auch deshalb so erschreckend, weil er (relativ!) harmlos beginnt: Abbie findet sich halt eine zeitlang in der Klinik zu recht, freundet sich mit ein paar der Patientinnen mehr an, mit ein paar weniger. Wir erfahren sogar, dass ihre Schwester noch am Leben ist – super! Dann wird der Film hart, und härter. Franco vernichtet konstant sämtliche Hoffnungen, welche die Heldin möglicherweise noch haben könnte, macht seinen Film im letzten Akt von Minute zu Minute immer düsterer und düsterer, bis er schließlich in Bildern der kompletten Verzweiflung endet, ohne einen netten kleinen Epilog anzuhängen oder so. Er zeigt das grausige Finale und aus, schwarze Leinwand, Ende, die Welt ist grausam, gute Nacht.
Nun stellt sich die Frage: Mochte ich den Film? Jein: Auf der einen Seite gehören Frauengefängnisfilme zu den wenigen Genres, denen ich absolut gar nichts abgewinnen kann, ich mag die Dinger einfach nicht. „Greta – Haus ohne Männer“ werde ich mir wohl auch so schnell nicht mehr ansehen, das Trauma von der Erstsichtung muss ich erst mal überstehen. Auf der anderen Seite haben es Franco und sein Team geschafft aus einem Film, der allerhöchstens ein wenig sleazige Unterhaltung verspricht, eine wirklich mitreißende, verstörende, durch und durch desillusionierende Tragödie zu machen und dafür zolle ich ihnen Respekt.
Fazit: Es beginnt recht harmlos, wird jedoch gegen Ende zu einem unglaublich düsteren Schauermär ohne die geringste Spur eines Silberstreifens irgendwo. Die glaubhaften Leistungen der Darsteller und die fabelhafte Inszenierung Francos tragen das ihrige dazu bei. 8/10
- DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
DENN SIE KENNEN KEIN ERBARMEN – DER ITALOWESTERN
Originaltitel: Denn sie kennen kein Erbarmen – Der Italowestern
Land: Deutschland
Jahr: 2006
Genre: Dokumentation
Regie: Hans-Jürgen Panitz, Peter Dollinger
Kritik:
Wenn man erst wenige Italowestern gesehen hat, könnte diese Dokumentation durchaus mundwässrig machen und sie ist auch recht kurzweilig gestaltet. Soweit zu den positiven Aspekten, denn wenn man sich nur halbwegs in dem Genre auskennt, wird man wohl erkennen, was für eine halbherzige, klischeehafte, irreführende Möchtegern-Dokumentation da vorliegt. Trotzdem handelt es sich dabei wohl um die bekannteste dokumentarische Aufarbeitung des Italowesterns im deutssprachigen Raum, was wohl einerseits daran liegt, dass sie wirklich nicht langweilig ist und man besonders die Filme behandelt, welche die Allgemeinheit kennt.
Und hier sind wir schon bei einem meiner Hauptprobleme angelangt: Die Filme, welche die Allgemeinheit kennt, sind nicht zwangsläufig gute Beispiele für den Italowestern. Man sehe sich beispielsweise an wie viel Zeit sie mit „Spiel mir das Lied vom Tod“ verschwenden. Die Frage, ob es ein guter Film ist oder nicht steht hier nicht zur Debatte, was allerdings zählt ist, dass „Spiel mir das Lied vom Tod“ a) durch den deutlichen amerikanischen Einfluss kein sonderlich typischer Italowestern ist und b) durch seine hohen Produktionskosten in Italien keine Nachahmer fand und daher auch in dieser Hinsicht nicht sonderlich einflussreich blieb. Man kann sich in einer Doku über Leone ausführlich mit ihm beschäftigen, ja selbst in einer Doku über das Filmemachen allgemein, aber in einer spezifischen Italowestern-Doku wird ihm eindeutig zuviel Zeit gewidmet, aber hey, wir haben eine Filmwissenschaftlerin die darüber philosophieren kann wie awesome Claudia Cardinale ist also müssen wir viel Zeit mit „Spiel mir das Lied vom Tod“ und dem (ebenfalls eindeutig unter US-Einfluss entstandenen) „Frauen, die durch die Hölle gehen“ verbringen. Denn schließlich wollen wir ja nicht erwähnen, dass außerhalb Leones Filmen starke weibliche Nebencharaktere durchaus die Regel waren.
Jetzt könnte man argumentieren, dass „Spiel mir das Lied vom Tod“ wenigstens zu den bekanntesten Italowestern gehört und sie sich deshalb solange mit ihm beschäftigen. OK, da kann ich nichts dagegen einwenden, aber was zum Teufel soll dieses endlose Gelaber über „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“? Dieser Film ist kein Beispiel für den durchschnittlichen Western aus Italien, er ist nicht allzu bekannt, ich finde nicht mal, dass er besonders gut ist. Dafür haben sie extra ein Interview mit dem Regisseur Mario Lanfranchi gemacht, der zugegeben ein lustiger alter Kauz ist, aber nur einen einzigen Western gedreht hat, den er anfangs nicht mal als Western geplant hatte. Da kann man ja gleich "Mit Django kommt der Tod" als plakatives Genrebeispiel nehmen.
Ich würde mich ja nicht so aufregen, dass „Denn sie kennen kein Erbarmen“ so lange bei „Spiel mir das Lied vom Tod“ und „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ herumgurkt, wenn sie die Zeit nicht hätten wesentlich besser nützen können. So finden beispielsweise weder Tessaris Ringo-Filme noch Giuliano Gemma im Allgemeinen Erwähnung. Dabei haben diese beiden Filme Tessaris sichtlichen Einfluss auf das Genre, Ringo war der erste Held des Italowesterns, auf dessen Namen sich verschiedenste Regisseure gestürzt haben (noch vor Django und Sartana) und Giuliano Gemma ist sowieso der erste italienische Star des Italowestern. Aber diese Dokumentation beschäftigt sich halt mit wichtigeren Leuten wie Claudia Cardinale oder Yul Brynner, die natürlich viel mehr mit dem Genre zu tun haben als einer der am öftesten auftretenden Helden des Genres.
Dann hat der Film einige, für Dokumentationen typische, Aspekte, die ich als recht nervig empfunden habe, wie Mr. und Mrs. Sprecher, welche sich im Schulreferat-Stil mit ihren Vorträgen immer wieder abwechseln. Das tun einige Dokus, ich finde es aber albern und unprofessionell, ein einzelner Sprecher oder eine Sprecherin wirkt auf mich einfach seriöser als ein quasselndes Duett.
Zudem haben sich in „Denn sie kennen kein Erbarmen“ eine endlose Reihe von Fehlern eingeschlichen. Da wird „Lauf um dein Leben“ munter mit „Der Gehetzte der Sierra Madre“ verwechselt und in diesem Sinne auch Donal O’Brien mit Lee Van Cleef, Charles Bronson wird wieder mal als Rächer seines Vaters und nicht seines Bruders bezeichnet (hättet ihr nicht solange bei diesem Film herumgegurkt, hättet ihr diesen Fehler nicht gemacht ), etc. Das die gezeigten Ausschnitte nicht immer zu dem Gesagten passen erschwert das ganze auch noch: Da schießt Volonte aus „Von Angesicht zu Angesicht“ als über die Django-Filme gesprochen wird, Van Cleefs Gesicht erscheint bei einer Plauderei über „Für eine handvoll Dollar“ und als auf die albernen Sterbeszenen der Italowestern vor „Für eine handvoll Dollar“ eingegangen wird, ließ man es sich auch nicht nehmen Ausschnitte aus „Django – Dein Henker wartet“ und „Leichen pflastern seinen Weg“ einzufügen.
Dann erzählen sie Zeugs, das ich zwar nicht als eindeutigen Fehler werten kann, was aber einfach schwer nachvollziehbar ist. Da wird beispielsweise behauptet, dass es Tomas Milian peinlich war in einem Western mitzuspielen, weswegen er sich für „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ als Albino verkleidete. Wirklich? War das so? Was ist genau passiert, wachte er eines Morgens, nachdem er für „Der Gehetzte der Sierra Madre“, „Ohne Dollar keinen Sarg“, „Von Angesicht zu Angesicht“ und „Töte, Django“ (die alle VOR „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ erschienen sind) vor der Kamera gestanden hatte, auf, und dachte sich, „oh Gott, eigentlich ist das, was ich die letzten zwei Jahre gemacht habe ja voll peinlich, für meinen nächsten Western verkleide ich mich lieber, dann wird niemand jemals wissen, dass ich jemals je in einem mitgewirkt habe, hihi.“!?
Wir unterbrechen die Beschwerde für einen weiteren positiven Aspekt: Ich mochte es, dass sie auch ein wenig über die Stunt-Leute gesprochen haben und Giovanni Cianfriglia und den Sohn von Benito Stefanelli interviewt haben. Die Stunt-Männer und Nebendarsteller des Genres haben viel zu dessen Erfolg beigetragen, besonders die Arbeit Stefanellis, der bei unzähligen Genrefilmen die Stunts auch geleitet hat, betrachte ich als einen wesentlichen Faktor für den Durchbruch des italienischen Westerns. Nett wäre es natürlich gewesen, wenn sie auch noch die Namen anderer großer Nebendarsteller wie Eduardo Fajardo oder Aldo Sambrell genannt hätten, aber man kann ja nicht alles haben. Dies war der weitere positive Aspekt, nun weiter mit der Beschwerde:
Sie haben von Leone, verglichen mit den anderen Regisseuren, eine zu große Meinung: Versteht mich hier bitte nicht falsch, Sergio Leone ist ein unanfechtbares Genie, ohne dem der Italowestern als solcher nicht mal existieren würde. Aber er übertrieb auch sehr gerne, wenn es um seine Person ging, wie Matthias Bürgel in seinem Buch „Die literarischen, künstlerischen und kulturellen Quellen des Italowesterns“ recht eindrucksvoll beweist. Die Macher von „Denn sie kennen kein Erbarmen“ scheinen diverse Aussagen Leones nicht hinterfragt zu haben und geben ihm hier und da ein wenig mehr Ehre als ihm gebührt. Beispielsweise kommt es so herüber als hätten er und Sergio Sollima erst die Idee gehabt in Italien Western zu drehen und obwohl sie Alberto Grimaldis Einfluss auf diesem Gebiet kurz anschneiden, kommt es irgendwie nicht herüber, dass wesentlich mehr Regisseure an dieser Idee mitgearbeitet haben.
Nachdem dies nun alles gesagt wurde, versuchen wir ein Hauptproblem zu finden, aus dem all die oben genannten Probleme resultieren: Für mich wirkt diese Dokumentation so, als hätten Filmhistoriker die Leone-Filme gesehen, dann noch ein paar wenige andere, die ihnen aber nicht gefallen haben, dann haben sie einige Bücher zum Thema gelesen und die Doku gemacht. Ich will keinesfalls behaupten, dass es so ist, aber so wirkt es. Dafür spricht alles, die Fokussierung auf Filme und Regisseure, die in Intellektuellenkreisen anerkannt sind, das Ausbrechen einer Feminismus-Debatte, nur weil in dem Genreuntypischen „Spiel mir das Lied vom Tod“ Claudia Cardinale eine Hauptrolle hat, kurz: Es wirkt als hätten sich die Macher lange mit Filmen allgemein und kurz mit Italowestern im Speziellen beschäftigt. Als Beispiel wie es sein sollte, sei hier die kurze Doku „Western, Italian Style“ oder Kesslers Buch „Willkommen in der Hölle“ genannt, weil man bei diesen das Gefühl hat, dass sich die Macher wirklich in ihrem Gebiet auskennen, wissen wovon sie reden, jede einzelne Ausformung des Genres kennen und daher wissen, wo Akzente zu setzen sind.
Fazit: „Denn sie kennen kein Erbarmen – Der Italowestern“ ist zwar kurzweilig anzusehen und für Einsteiger recht interessant, wenn man einige Filme des Genres jedoch schon gesehen hat, wird man sich nur über die vielen Fehler und das unnötige Beharren auf nicht sonderlich aussagekräftigen Filmen ärgern. 4/10
Nein, ich bin nicht NUR sauer darüber. Aber auch ein wenig, immerhin ist das Anthönchen genau wie Gemma einer der größten Stars des Genres, in „Western, Italian Style“ beispielsweise fällt sein Name in den ersten fünf Minuten.
…und außerdem, hätten sie ein wenig über Anthony Steffen gesprochen, hätten sie vielleicht einen Ausschnitt aus „Der Fremde von Paso Bravo“ gezeigt, vielleicht sogar einen, in welchem du zu sehen bist.
Originaltitel: Denn sie kennen kein Erbarmen – Der Italowestern
Land: Deutschland
Jahr: 2006
Genre: Dokumentation
Regie: Hans-Jürgen Panitz, Peter Dollinger
Kritik:
Wenn man erst wenige Italowestern gesehen hat, könnte diese Dokumentation durchaus mundwässrig machen und sie ist auch recht kurzweilig gestaltet. Soweit zu den positiven Aspekten, denn wenn man sich nur halbwegs in dem Genre auskennt, wird man wohl erkennen, was für eine halbherzige, klischeehafte, irreführende Möchtegern-Dokumentation da vorliegt. Trotzdem handelt es sich dabei wohl um die bekannteste dokumentarische Aufarbeitung des Italowesterns im deutssprachigen Raum, was wohl einerseits daran liegt, dass sie wirklich nicht langweilig ist und man besonders die Filme behandelt, welche die Allgemeinheit kennt.
Und hier sind wir schon bei einem meiner Hauptprobleme angelangt: Die Filme, welche die Allgemeinheit kennt, sind nicht zwangsläufig gute Beispiele für den Italowestern. Man sehe sich beispielsweise an wie viel Zeit sie mit „Spiel mir das Lied vom Tod“ verschwenden. Die Frage, ob es ein guter Film ist oder nicht steht hier nicht zur Debatte, was allerdings zählt ist, dass „Spiel mir das Lied vom Tod“ a) durch den deutlichen amerikanischen Einfluss kein sonderlich typischer Italowestern ist und b) durch seine hohen Produktionskosten in Italien keine Nachahmer fand und daher auch in dieser Hinsicht nicht sonderlich einflussreich blieb. Man kann sich in einer Doku über Leone ausführlich mit ihm beschäftigen, ja selbst in einer Doku über das Filmemachen allgemein, aber in einer spezifischen Italowestern-Doku wird ihm eindeutig zuviel Zeit gewidmet, aber hey, wir haben eine Filmwissenschaftlerin die darüber philosophieren kann wie awesome Claudia Cardinale ist also müssen wir viel Zeit mit „Spiel mir das Lied vom Tod“ und dem (ebenfalls eindeutig unter US-Einfluss entstandenen) „Frauen, die durch die Hölle gehen“ verbringen. Denn schließlich wollen wir ja nicht erwähnen, dass außerhalb Leones Filmen starke weibliche Nebencharaktere durchaus die Regel waren.
Jetzt könnte man argumentieren, dass „Spiel mir das Lied vom Tod“ wenigstens zu den bekanntesten Italowestern gehört und sie sich deshalb solange mit ihm beschäftigen. OK, da kann ich nichts dagegen einwenden, aber was zum Teufel soll dieses endlose Gelaber über „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“? Dieser Film ist kein Beispiel für den durchschnittlichen Western aus Italien, er ist nicht allzu bekannt, ich finde nicht mal, dass er besonders gut ist. Dafür haben sie extra ein Interview mit dem Regisseur Mario Lanfranchi gemacht, der zugegeben ein lustiger alter Kauz ist, aber nur einen einzigen Western gedreht hat, den er anfangs nicht mal als Western geplant hatte. Da kann man ja gleich "Mit Django kommt der Tod" als plakatives Genrebeispiel nehmen.
Ich würde mich ja nicht so aufregen, dass „Denn sie kennen kein Erbarmen“ so lange bei „Spiel mir das Lied vom Tod“ und „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ herumgurkt, wenn sie die Zeit nicht hätten wesentlich besser nützen können. So finden beispielsweise weder Tessaris Ringo-Filme noch Giuliano Gemma im Allgemeinen Erwähnung. Dabei haben diese beiden Filme Tessaris sichtlichen Einfluss auf das Genre, Ringo war der erste Held des Italowesterns, auf dessen Namen sich verschiedenste Regisseure gestürzt haben (noch vor Django und Sartana) und Giuliano Gemma ist sowieso der erste italienische Star des Italowestern. Aber diese Dokumentation beschäftigt sich halt mit wichtigeren Leuten wie Claudia Cardinale oder Yul Brynner, die natürlich viel mehr mit dem Genre zu tun haben als einer der am öftesten auftretenden Helden des Genres.
Dann hat der Film einige, für Dokumentationen typische, Aspekte, die ich als recht nervig empfunden habe, wie Mr. und Mrs. Sprecher, welche sich im Schulreferat-Stil mit ihren Vorträgen immer wieder abwechseln. Das tun einige Dokus, ich finde es aber albern und unprofessionell, ein einzelner Sprecher oder eine Sprecherin wirkt auf mich einfach seriöser als ein quasselndes Duett.
Zudem haben sich in „Denn sie kennen kein Erbarmen“ eine endlose Reihe von Fehlern eingeschlichen. Da wird „Lauf um dein Leben“ munter mit „Der Gehetzte der Sierra Madre“ verwechselt und in diesem Sinne auch Donal O’Brien mit Lee Van Cleef, Charles Bronson wird wieder mal als Rächer seines Vaters und nicht seines Bruders bezeichnet (hättet ihr nicht solange bei diesem Film herumgegurkt, hättet ihr diesen Fehler nicht gemacht ), etc. Das die gezeigten Ausschnitte nicht immer zu dem Gesagten passen erschwert das ganze auch noch: Da schießt Volonte aus „Von Angesicht zu Angesicht“ als über die Django-Filme gesprochen wird, Van Cleefs Gesicht erscheint bei einer Plauderei über „Für eine handvoll Dollar“ und als auf die albernen Sterbeszenen der Italowestern vor „Für eine handvoll Dollar“ eingegangen wird, ließ man es sich auch nicht nehmen Ausschnitte aus „Django – Dein Henker wartet“ und „Leichen pflastern seinen Weg“ einzufügen.
Dann erzählen sie Zeugs, das ich zwar nicht als eindeutigen Fehler werten kann, was aber einfach schwer nachvollziehbar ist. Da wird beispielsweise behauptet, dass es Tomas Milian peinlich war in einem Western mitzuspielen, weswegen er sich für „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ als Albino verkleidete. Wirklich? War das so? Was ist genau passiert, wachte er eines Morgens, nachdem er für „Der Gehetzte der Sierra Madre“, „Ohne Dollar keinen Sarg“, „Von Angesicht zu Angesicht“ und „Töte, Django“ (die alle VOR „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ erschienen sind) vor der Kamera gestanden hatte, auf, und dachte sich, „oh Gott, eigentlich ist das, was ich die letzten zwei Jahre gemacht habe ja voll peinlich, für meinen nächsten Western verkleide ich mich lieber, dann wird niemand jemals wissen, dass ich jemals je in einem mitgewirkt habe, hihi.“!?
Wir unterbrechen die Beschwerde für einen weiteren positiven Aspekt: Ich mochte es, dass sie auch ein wenig über die Stunt-Leute gesprochen haben und Giovanni Cianfriglia und den Sohn von Benito Stefanelli interviewt haben. Die Stunt-Männer und Nebendarsteller des Genres haben viel zu dessen Erfolg beigetragen, besonders die Arbeit Stefanellis, der bei unzähligen Genrefilmen die Stunts auch geleitet hat, betrachte ich als einen wesentlichen Faktor für den Durchbruch des italienischen Westerns. Nett wäre es natürlich gewesen, wenn sie auch noch die Namen anderer großer Nebendarsteller wie Eduardo Fajardo oder Aldo Sambrell genannt hätten, aber man kann ja nicht alles haben. Dies war der weitere positive Aspekt, nun weiter mit der Beschwerde:
Sie haben von Leone, verglichen mit den anderen Regisseuren, eine zu große Meinung: Versteht mich hier bitte nicht falsch, Sergio Leone ist ein unanfechtbares Genie, ohne dem der Italowestern als solcher nicht mal existieren würde. Aber er übertrieb auch sehr gerne, wenn es um seine Person ging, wie Matthias Bürgel in seinem Buch „Die literarischen, künstlerischen und kulturellen Quellen des Italowesterns“ recht eindrucksvoll beweist. Die Macher von „Denn sie kennen kein Erbarmen“ scheinen diverse Aussagen Leones nicht hinterfragt zu haben und geben ihm hier und da ein wenig mehr Ehre als ihm gebührt. Beispielsweise kommt es so herüber als hätten er und Sergio Sollima erst die Idee gehabt in Italien Western zu drehen und obwohl sie Alberto Grimaldis Einfluss auf diesem Gebiet kurz anschneiden, kommt es irgendwie nicht herüber, dass wesentlich mehr Regisseure an dieser Idee mitgearbeitet haben.
Nachdem dies nun alles gesagt wurde, versuchen wir ein Hauptproblem zu finden, aus dem all die oben genannten Probleme resultieren: Für mich wirkt diese Dokumentation so, als hätten Filmhistoriker die Leone-Filme gesehen, dann noch ein paar wenige andere, die ihnen aber nicht gefallen haben, dann haben sie einige Bücher zum Thema gelesen und die Doku gemacht. Ich will keinesfalls behaupten, dass es so ist, aber so wirkt es. Dafür spricht alles, die Fokussierung auf Filme und Regisseure, die in Intellektuellenkreisen anerkannt sind, das Ausbrechen einer Feminismus-Debatte, nur weil in dem Genreuntypischen „Spiel mir das Lied vom Tod“ Claudia Cardinale eine Hauptrolle hat, kurz: Es wirkt als hätten sich die Macher lange mit Filmen allgemein und kurz mit Italowestern im Speziellen beschäftigt. Als Beispiel wie es sein sollte, sei hier die kurze Doku „Western, Italian Style“ oder Kesslers Buch „Willkommen in der Hölle“ genannt, weil man bei diesen das Gefühl hat, dass sich die Macher wirklich in ihrem Gebiet auskennen, wissen wovon sie reden, jede einzelne Ausformung des Genres kennen und daher wissen, wo Akzente zu setzen sind.
Fazit: „Denn sie kennen kein Erbarmen – Der Italowestern“ ist zwar kurzweilig anzusehen und für Einsteiger recht interessant, wenn man einige Filme des Genres jedoch schon gesehen hat, wird man sich nur über die vielen Fehler und das unnötige Beharren auf nicht sonderlich aussagekräftigen Filmen ärgern. 4/10
Nein, ich bin nicht NUR sauer darüber. Aber auch ein wenig, immerhin ist das Anthönchen genau wie Gemma einer der größten Stars des Genres, in „Western, Italian Style“ beispielsweise fällt sein Name in den ersten fünf Minuten.
…und außerdem, hätten sie ein wenig über Anthony Steffen gesprochen, hätten sie vielleicht einen Ausschnitt aus „Der Fremde von Paso Bravo“ gezeigt, vielleicht sogar einen, in welchem du zu sehen bist.
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
CANDY
Originaltitel: Candy
Land: Frankreich, Italien, USA
Jahr: 1968
Genre: Ähhh?
Regie: Christian Marquand
Handlung:
Die junge Candy (Ewa Aulin) will mit ihrer Familie nach New York fliegen, doch die Reise verläuft nicht ganz ohne Komplikationen, so, dass sich das Mädchen auf eine skurrile Odyssee voll grotesker Gestalten, die alle nur eines von ihr wollen, begeben muss…
Kritik:
Als ich nach der Sichtung dieses Filmes erfahren habe, dass er genauso wie Jacopettis und Prosperis „Mondo Candido“ auf Voltaires Novelle „Candide oder der Optimismus“ basiert (wenn auch ein weniger loser als dieser) war ich keineswegs überrascht. Die Wahrheit ist: Die Ähnlichkeiten fielen mir schon während der Sichtung auf, sowohl vom Inhalt als auch von der Inszenierung her. Sicher, „Mondo Candido“ ist noch ein wenig verrückter, dafür ist „Candy“ nicht ganz so deprimierend und hat mehr Humor, aber trotzdem handelt es sich bei beiden über Reiseberichte junger naiver Menschen, welche mit dem größtmöglichen Maß an Absurditäten auf die Leinwand gebannt wurden, die skurrilen Elemente der beiden Filme selbst kommen sehr ähnlich rüber und Candy und Candide haben ebenso fast identische Charaktere.
Schon von der ersten Sekunde an, genauer gesagt ab dem Moment, als wir den Soundtrack zum ersten Mal vernehmen, wusste ich, dass ich „Candy“ lieben werde, denn die Filmmusik besteht aus instrumentalem 60er Rock vom Feinsten, so psychedelisch, dass man jeden Moment erwartet Grace Slicks Gesangsstimme zu vernehmen. Dies passt nicht nur zu dem selbst sehr psychedelischen Grundton des Filmes, sondern geht auch wunderbar ins Ohr und bereitet schon allein ein rein auditives Vergnügen. Als an zwei Stellen dann sogar Steppenwolf-Songs zu hören waren, war ich vollends zufrieden.
Der Haupt- und Titelcharakter wird verkörpert von Gottes Antwort auf die Erfindung der Zuckerwatte herself, Ewa Aulin. Sie ist sichtlich geboren für die Rolle der Inkarnation der Unschuld, der menschgewordenen Naivität, plus sie besitzt das nötige Talent um diese Stereotypen-Rolle auch glaubhaft zu verkörpern. Obwohl ihre Figur sicherlich weltfremder, höflicher und attraktiver ist als jeder Mensch, der je gelebt hat, lässt ihr Archetyp durchaus auch eine Identifikation mit ihr zu und sympathisch ist sie sowieso. Plus dadurch, dass die so unschuldig-naive Candy meist für die schrecklichen Ereignisse verantwortlich gemacht wird, sorgt für nachdenklich stimmende Komik. Am allerbesten an Ewa Aulins Performance ist jedoch: Sie verwandelt sich an keiner Stelle in eine verwesende Leiche! Ich fand es echt begrüßenswert, dass sie das diesmal nicht tut! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie verstörend es ist, wenn man schmachtend vor der Leinwand sitzt und sich in Ewas Kulleraugen verliert nur um plötzlich das Antlitz von Norman Bates’ Mutter vor sich zu haben.
Wer spielt außer ihr noch mit? Die Antwort auf diese Frage ist einfach: ALLE! Die Besetzungsliste von „Candy“ strotzt nur so vor großen Namen, die teilweise recht unübliche und spaßige Darstellungen abliefern. Neben den diversen Hollywood-Stars, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde, sei erwähnt, dass sich auch in kleinsten Nebenrollen viele Lieblinge tummeln. Da haben wir zum Beispiel eine mexikanische Frauen-Biker-Gang, bestehend aus – haltet euch fest – Nicoletta Machiavelli, Florinda Bolkan und Marilù Tolo!!! Diese drei Grazien sind alle hervorragende Charakterdarstellerin und ich hätte mir nie träumen lassen, sie alle mal im selben Film zu sehen – geschweige denn auf Motorrädern. Für mich war aber der absolute Höhepunkt in Sachen Cast eine Szene, in welcher ein verschwommener Mann mit einer Kamera vorm Gesicht den Raum betritt. Ich denke mir: „Ist das…nein, das kann er einfach nicht sein.“ Dann kommt eine Großaufnahme von dem Mann, er nimmt die Kamera weg und…er ist es! Enrico Maria Salerno spielt in diesem Film mit! Enrico Maria Salerno, die italienische Stimme Clint Eastwoods, der erste Bad-Ass-Kommissar des Poliziesco-Genres, der Mann, der zusammen mit Anthony Steffen mal Pfefferonis gegessen hat!!!
Die Größen aus Amerika sind auch alle hervorragend und spielen so skurrile Rollen, wie man sie von solch hochkarätigen Darstellern nie erwartet hätte. Marlon Brando gibt einen indischen Guru (das wird mir immer im Gedächtnis bleiben: Ab heute sehe ich Brando nie wieder als Don Vito Corleone sondern nur noch als Crazy-Guru-Guy ), Ringo Starr einen mexikanischen Gärtner, Walter Matthau einen überpatriotischen Army-Offizier, James Coburn einen Chirurgen mit dem Gehabe eines Shakespeare-Darstellers, der gern mal bei besonders dramatischen Momenten seiner Operationen den Mundschutz mit einer aussagekräftigen Geste auf den Boden donnert, John Astin hat eine wunderbare Doppelrolle als Candys konservativer Vater und dessen anti-konservativer Bruder und Richard Burton ist sowieso klasse als Poet MacPhisto. Das was ich an all diesen Figuren so liebe, wird an seinem Charakter am deutlichsten. Er ist total überzeichnet, jedes Wort, welches aus seinem Mund kommt, wird ungeheuer bedeutungsschwer vermittelt, er braucht zwei Minuten um seine Adresse durchzugeben und bricht dabei fast in Tränen aus, durch sein Haar weht konstant der Wind, auch in geschlossenen Räumen. Trotz dieser extremen Typisierung zeigt er Anzeichen durchaus ein komplexer Charakter zu sein, und Ähnliches lässt sich auch über die anderen eben beschriebenen Rollen sagen.
Der Humor in „Candy“ kommt großteils von diesen ulkigen Gesellen, die so skurril sind, dass die Erfindungen der Coen-Brüder dagegen wie alltägliche Langweiler herüberkommen. Zu den obskuren Charakteren gesellen sich dann noch tonnenweise obskure Situationen. Teilweise einfach skurril, teilweise erschreckend, so dass uns die arme unschuldige Candy, die sich plötzlich mit einer völlig verdrehten Welt konfrontiert sieht, fast schon wie Alice im Wunderland vorkommt. Diesem Nonsens kann man auf zwei Arten begegnen: Entweder man gibt nach fünf Minuten auf und langweilt sich die restlichen zwei Stunden, oder man lässt das komische Zeugs, was der Film bereithält einfach auf sich wirken und hat den Spaß seines Lebens. Ich habe mich übrigens für letztere Variante entschienen.
Die Handlung weist trotz dem Episodenhaften Charakter der einzelnen Stationen auf Candys Reise einen netten Erzählfluss auf. Dies liegt sicherlich einerseits daran, dass wir die Hauptcharakterin als gemeinsamen Nenner haben und andererseits daran, dass sich die einzelnen Minigeschichten nicht ablösen sondern ineinander übergreifen, sich bedingen. Es ist keine sture Aneinanderreihung wie beispielsweise in dem von mir nicht sonderlich geschätzten „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ sondern vielmehr eine Entwicklung so wie in „Mondo Candido“, plus Erkenntnis am Schluss. Da macht es auch gar nichts, dass sich der Film, der wie eine simple Softsex-Komödie beginnt, zuerst in eine alptraumhafte Horrorvision und dann in eine spirituelle Suche nach dem inneren Selbst verwandelt.
Nun stellt sich bei so einem obskurem Film natürlich die Frage, was er uns mitteilen will, was seine Hauptaussage ist. Dass er eine Aussage hat ist sicher, dafür sprechen die Tonnen von gesellschaftskritischen Momenten, welche alles von Schauoperationen bis hin zur Polizei durch den Kakao ziehen. Zudem haben wir einige nicht sonderlich gut versteckte Andeutungen, man sehe sich einfach die Rollennamen an: T.M. Christian, MacPhisto, Dr. Krankheit!? Normalerweise verteile erst ich in meinen Kritiken an die Charaktere Namen wie Creepy von Schnarchenstein, Sherlock Teseo, Dr. Doktor oder Commissario Karl Marx, es ist eine Seltenheit, dass der Film selbst das für mich übernimmt.
Also wir haben festgestellt, dass „Candy“ einiges an Subtext hat, was ist aber nun die Hauptaussage? Ich denke, der Film will uns mitteilen, dass man sich nicht dem nächstbesten Idealisten anschließen soll sondern lieber seinen eigenen Weg gehen. Um dies näher auszuführen werde ich das Ende spoilern, ihr könnt also weiterlesen, denn immerhin handelt es sich nicht um einen Krimi oder so, bei den das Ende so eine Überraschung ist, oder ihr überspringt den letzten Absatz und besorgt euch sofort irgendwoher eine Fassung von „Candy“, was ihr sowieso tun solltet, der Film ist genial, also:
Im Zuge ihrer Odyssee trifft Candy alle möglichen Leute, die ausnahmslos ihre eigenen Ideologien, ihre eigenen Weltbilder und ihre eigenen Verständnisse von Gut und Böse vertreten. Alle schaffen es die naive Candy mit ihren Weltvorstellungen zu begeistern, im Endeffekt stellt sich jedoch heraus, dass alle eigentlich nur mit ihr ins Bett wollten. Diese geistige Elite folgt nur augenscheinlich ihren Ideologien und ist in Wirklichkeit nur auf die Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse bedacht. Candy ist zu unerfahren um dies zu erkennen, doch am Ende hat sie dazugelernt: In der letzten Einstellung des Filmes sehen wir alle Charaktere auf einer Wiese sitzen, jeder ist von einem kleinen Kreis Anhänger umgeben. Candy jedoch, die wie Candide am Ende von „Mondo Candido“ durch ihre Erfahrungen klug geworden ist, gesellt sich zu keinem von ihnen, schließt sich keiner der Gruppen an, sondern geht ihren eigenen Weg, vorbei an all den trügerischen Witzfiguren. Und das empfand ich als einen sehr schöner Schlussgedanke.
Fazit: Christian Marquands „Candy“ ist eine Mischung aus schräger Komödie und psychedelischer Selbstfindung mit einigen Parallelen zu „Mondo Candido“. Darin überzeugen eine bezaubernde Ewa Aulin als Personifizierte Naivität, eine endlose Riege an Hollywood-Größen in total obskuren Rollen und ENRICO MARIA SALERNO!!! 10/10
Originaltitel: Candy
Land: Frankreich, Italien, USA
Jahr: 1968
Genre: Ähhh?
Regie: Christian Marquand
Handlung:
Die junge Candy (Ewa Aulin) will mit ihrer Familie nach New York fliegen, doch die Reise verläuft nicht ganz ohne Komplikationen, so, dass sich das Mädchen auf eine skurrile Odyssee voll grotesker Gestalten, die alle nur eines von ihr wollen, begeben muss…
Kritik:
Als ich nach der Sichtung dieses Filmes erfahren habe, dass er genauso wie Jacopettis und Prosperis „Mondo Candido“ auf Voltaires Novelle „Candide oder der Optimismus“ basiert (wenn auch ein weniger loser als dieser) war ich keineswegs überrascht. Die Wahrheit ist: Die Ähnlichkeiten fielen mir schon während der Sichtung auf, sowohl vom Inhalt als auch von der Inszenierung her. Sicher, „Mondo Candido“ ist noch ein wenig verrückter, dafür ist „Candy“ nicht ganz so deprimierend und hat mehr Humor, aber trotzdem handelt es sich bei beiden über Reiseberichte junger naiver Menschen, welche mit dem größtmöglichen Maß an Absurditäten auf die Leinwand gebannt wurden, die skurrilen Elemente der beiden Filme selbst kommen sehr ähnlich rüber und Candy und Candide haben ebenso fast identische Charaktere.
Schon von der ersten Sekunde an, genauer gesagt ab dem Moment, als wir den Soundtrack zum ersten Mal vernehmen, wusste ich, dass ich „Candy“ lieben werde, denn die Filmmusik besteht aus instrumentalem 60er Rock vom Feinsten, so psychedelisch, dass man jeden Moment erwartet Grace Slicks Gesangsstimme zu vernehmen. Dies passt nicht nur zu dem selbst sehr psychedelischen Grundton des Filmes, sondern geht auch wunderbar ins Ohr und bereitet schon allein ein rein auditives Vergnügen. Als an zwei Stellen dann sogar Steppenwolf-Songs zu hören waren, war ich vollends zufrieden.
Der Haupt- und Titelcharakter wird verkörpert von Gottes Antwort auf die Erfindung der Zuckerwatte herself, Ewa Aulin. Sie ist sichtlich geboren für die Rolle der Inkarnation der Unschuld, der menschgewordenen Naivität, plus sie besitzt das nötige Talent um diese Stereotypen-Rolle auch glaubhaft zu verkörpern. Obwohl ihre Figur sicherlich weltfremder, höflicher und attraktiver ist als jeder Mensch, der je gelebt hat, lässt ihr Archetyp durchaus auch eine Identifikation mit ihr zu und sympathisch ist sie sowieso. Plus dadurch, dass die so unschuldig-naive Candy meist für die schrecklichen Ereignisse verantwortlich gemacht wird, sorgt für nachdenklich stimmende Komik. Am allerbesten an Ewa Aulins Performance ist jedoch: Sie verwandelt sich an keiner Stelle in eine verwesende Leiche! Ich fand es echt begrüßenswert, dass sie das diesmal nicht tut! Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie verstörend es ist, wenn man schmachtend vor der Leinwand sitzt und sich in Ewas Kulleraugen verliert nur um plötzlich das Antlitz von Norman Bates’ Mutter vor sich zu haben.
Wer spielt außer ihr noch mit? Die Antwort auf diese Frage ist einfach: ALLE! Die Besetzungsliste von „Candy“ strotzt nur so vor großen Namen, die teilweise recht unübliche und spaßige Darstellungen abliefern. Neben den diversen Hollywood-Stars, auf die ich gleich zu sprechen kommen werde, sei erwähnt, dass sich auch in kleinsten Nebenrollen viele Lieblinge tummeln. Da haben wir zum Beispiel eine mexikanische Frauen-Biker-Gang, bestehend aus – haltet euch fest – Nicoletta Machiavelli, Florinda Bolkan und Marilù Tolo!!! Diese drei Grazien sind alle hervorragende Charakterdarstellerin und ich hätte mir nie träumen lassen, sie alle mal im selben Film zu sehen – geschweige denn auf Motorrädern. Für mich war aber der absolute Höhepunkt in Sachen Cast eine Szene, in welcher ein verschwommener Mann mit einer Kamera vorm Gesicht den Raum betritt. Ich denke mir: „Ist das…nein, das kann er einfach nicht sein.“ Dann kommt eine Großaufnahme von dem Mann, er nimmt die Kamera weg und…er ist es! Enrico Maria Salerno spielt in diesem Film mit! Enrico Maria Salerno, die italienische Stimme Clint Eastwoods, der erste Bad-Ass-Kommissar des Poliziesco-Genres, der Mann, der zusammen mit Anthony Steffen mal Pfefferonis gegessen hat!!!
Die Größen aus Amerika sind auch alle hervorragend und spielen so skurrile Rollen, wie man sie von solch hochkarätigen Darstellern nie erwartet hätte. Marlon Brando gibt einen indischen Guru (das wird mir immer im Gedächtnis bleiben: Ab heute sehe ich Brando nie wieder als Don Vito Corleone sondern nur noch als Crazy-Guru-Guy ), Ringo Starr einen mexikanischen Gärtner, Walter Matthau einen überpatriotischen Army-Offizier, James Coburn einen Chirurgen mit dem Gehabe eines Shakespeare-Darstellers, der gern mal bei besonders dramatischen Momenten seiner Operationen den Mundschutz mit einer aussagekräftigen Geste auf den Boden donnert, John Astin hat eine wunderbare Doppelrolle als Candys konservativer Vater und dessen anti-konservativer Bruder und Richard Burton ist sowieso klasse als Poet MacPhisto. Das was ich an all diesen Figuren so liebe, wird an seinem Charakter am deutlichsten. Er ist total überzeichnet, jedes Wort, welches aus seinem Mund kommt, wird ungeheuer bedeutungsschwer vermittelt, er braucht zwei Minuten um seine Adresse durchzugeben und bricht dabei fast in Tränen aus, durch sein Haar weht konstant der Wind, auch in geschlossenen Räumen. Trotz dieser extremen Typisierung zeigt er Anzeichen durchaus ein komplexer Charakter zu sein, und Ähnliches lässt sich auch über die anderen eben beschriebenen Rollen sagen.
Der Humor in „Candy“ kommt großteils von diesen ulkigen Gesellen, die so skurril sind, dass die Erfindungen der Coen-Brüder dagegen wie alltägliche Langweiler herüberkommen. Zu den obskuren Charakteren gesellen sich dann noch tonnenweise obskure Situationen. Teilweise einfach skurril, teilweise erschreckend, so dass uns die arme unschuldige Candy, die sich plötzlich mit einer völlig verdrehten Welt konfrontiert sieht, fast schon wie Alice im Wunderland vorkommt. Diesem Nonsens kann man auf zwei Arten begegnen: Entweder man gibt nach fünf Minuten auf und langweilt sich die restlichen zwei Stunden, oder man lässt das komische Zeugs, was der Film bereithält einfach auf sich wirken und hat den Spaß seines Lebens. Ich habe mich übrigens für letztere Variante entschienen.
Die Handlung weist trotz dem Episodenhaften Charakter der einzelnen Stationen auf Candys Reise einen netten Erzählfluss auf. Dies liegt sicherlich einerseits daran, dass wir die Hauptcharakterin als gemeinsamen Nenner haben und andererseits daran, dass sich die einzelnen Minigeschichten nicht ablösen sondern ineinander übergreifen, sich bedingen. Es ist keine sture Aneinanderreihung wie beispielsweise in dem von mir nicht sonderlich geschätzten „Django – Unbarmherzig wie die Sonne“ sondern vielmehr eine Entwicklung so wie in „Mondo Candido“, plus Erkenntnis am Schluss. Da macht es auch gar nichts, dass sich der Film, der wie eine simple Softsex-Komödie beginnt, zuerst in eine alptraumhafte Horrorvision und dann in eine spirituelle Suche nach dem inneren Selbst verwandelt.
Nun stellt sich bei so einem obskurem Film natürlich die Frage, was er uns mitteilen will, was seine Hauptaussage ist. Dass er eine Aussage hat ist sicher, dafür sprechen die Tonnen von gesellschaftskritischen Momenten, welche alles von Schauoperationen bis hin zur Polizei durch den Kakao ziehen. Zudem haben wir einige nicht sonderlich gut versteckte Andeutungen, man sehe sich einfach die Rollennamen an: T.M. Christian, MacPhisto, Dr. Krankheit!? Normalerweise verteile erst ich in meinen Kritiken an die Charaktere Namen wie Creepy von Schnarchenstein, Sherlock Teseo, Dr. Doktor oder Commissario Karl Marx, es ist eine Seltenheit, dass der Film selbst das für mich übernimmt.
Also wir haben festgestellt, dass „Candy“ einiges an Subtext hat, was ist aber nun die Hauptaussage? Ich denke, der Film will uns mitteilen, dass man sich nicht dem nächstbesten Idealisten anschließen soll sondern lieber seinen eigenen Weg gehen. Um dies näher auszuführen werde ich das Ende spoilern, ihr könnt also weiterlesen, denn immerhin handelt es sich nicht um einen Krimi oder so, bei den das Ende so eine Überraschung ist, oder ihr überspringt den letzten Absatz und besorgt euch sofort irgendwoher eine Fassung von „Candy“, was ihr sowieso tun solltet, der Film ist genial, also:
Im Zuge ihrer Odyssee trifft Candy alle möglichen Leute, die ausnahmslos ihre eigenen Ideologien, ihre eigenen Weltbilder und ihre eigenen Verständnisse von Gut und Böse vertreten. Alle schaffen es die naive Candy mit ihren Weltvorstellungen zu begeistern, im Endeffekt stellt sich jedoch heraus, dass alle eigentlich nur mit ihr ins Bett wollten. Diese geistige Elite folgt nur augenscheinlich ihren Ideologien und ist in Wirklichkeit nur auf die Erfüllung ihrer eigenen Bedürfnisse bedacht. Candy ist zu unerfahren um dies zu erkennen, doch am Ende hat sie dazugelernt: In der letzten Einstellung des Filmes sehen wir alle Charaktere auf einer Wiese sitzen, jeder ist von einem kleinen Kreis Anhänger umgeben. Candy jedoch, die wie Candide am Ende von „Mondo Candido“ durch ihre Erfahrungen klug geworden ist, gesellt sich zu keinem von ihnen, schließt sich keiner der Gruppen an, sondern geht ihren eigenen Weg, vorbei an all den trügerischen Witzfiguren. Und das empfand ich als einen sehr schöner Schlussgedanke.
Fazit: Christian Marquands „Candy“ ist eine Mischung aus schräger Komödie und psychedelischer Selbstfindung mit einigen Parallelen zu „Mondo Candido“. Darin überzeugen eine bezaubernde Ewa Aulin als Personifizierte Naivität, eine endlose Riege an Hollywood-Größen in total obskuren Rollen und ENRICO MARIA SALERNO!!! 10/10
- DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
DAS HAUS DER TAUSEND FREUDEN
Originaltitel: La casa de las mil muñecas
Land: Deutschland, Spanien
Jahr: 1967
Genre: Thriller
Regie: Jeremy Summers
Handlung:
Der Illusionist Manderville (Vincent Price) führt mit seiner Frau Rebecca (Martha Hyer) einen florierenden Mädchenhandel. Eines Tages entführen sie Diane (Maria Rohm), die Verlobte des jungen Fernando (Sancho Gracia), der ihre Spur bis nach Marokko verfolgt, dort wird er jedoch von Manderville and Friends ermordet. Fernando war allerdings ein Freund des FBI-Agenten Armstrong (George Nader), der zusammen mit seiner Kollegin Maria (Ann Smyrner) in Marokko weilt und den Mord an seinen Freund nicht ungesühnt lassen will…
Kritik:
Diese deutsch-spanische Co-Produktion verfügt schon mal über eine traumhafte Cast: Wir bekommen George Nader, Vincent Price, Ann Smyrner, Maria Rohm, Herbert Fux, den Typen, der in „Im Banne des Unheimlichen“ den Sir Cecil gespielt hat sowie eine endlose Reihe an großartigen spanischen Darstellern, die mir jedoch weniger sagen. Leider wurde um diese grandiose Besetzungsliste in einen Film umzuwandeln ein Regisseur, Jeremy Summers, gewählt, der vor „Das Haus der tausend Freuden“ in erster Linie bei TV-Serien mitwirkte und danach außer TV-Serien nicht mehr sonderlich viel machte.
Summers scheint seine Darsteller nicht sonderlich gut im Griff zu haben, dies sehen wir ganz besonders an George Nader. Nader ist sichtlich sauer, dass nicht jedes Mal wenn er irgendwas Tolles macht Peter Thomas’ coole Marschmusik zu hören ist, weswegen er den ganzen Film einen auf Großvater Grießgram macht. Ich mag Nader ja wirklich, als Jerry Cotton ist er einfach grandios, aber an dieser Produktion scheint er keinen Spaß gehabt zu haben. Ann Smyrner ist eine viel zu gute Schauspielerin, als dass sie ihre Rolle „schlecht“ spielen würde, aber auch von ihr habe ich schon wesentlich bessere Performances gesehen.
Bei den Nebenrollen sieht’s etwas besser aus: Maria Rohm spielt überzeugend, sie hat zwar nicht sonderlich viel zu tun außer süß auszusehen, Hilflosigkeit zu signalisieren und alle paar Minuten mal einen Schrei loszulassen, aber die drei Dinge macht sie zumindest ziemlich gut. Plus sie ist die einzige der entführten Frauen, deren betrübliche Lage sich auf ihrer Mimik widerspiegelt, dazu aber später. Herbert Fux ist in diesem Film eine Wucht. Ich habe den Kerl noch nie so gut aufgelegt gesehen wie hier als schmierigen Photographen. In einer seiner besten Szenen kuschelt er mit einer splitternackten Schönheit, während der Polizeiinspektor neben ihm sitzt und versucht ihn zu verhören. Außerdem sagt Fux in einer Szene, dass Naders Rolle auf einem Photo so aussieht wie Jerry Cotton – ich mag solche Anspielungen. Sir Cecil (Wolfgang Kieling) gibt einen spaßigen Inspektor, Yelena Samerina zeigt sich als harte Aufseherin und Diane Bond (ich glaube zumindest das ist sie) porträtiert das unterhaltsamste der Freudenmädchen, nämlich das, welches sich mit beachtlichem Kampfkunstgriffen mehrmals aus den Fängen der Bösewichter befreien kann.
Die Show wird jedoch eindeutig gestohlen von Vincent Price und Martha Hyer als Mr. und Mrs. Mädchenhändler. Trotz ihrer schockierenden Tätigkeit verhalten sich die beiden ununterbrochen wie ein altes Ehepaar aus dem Bilderbuch und das ist auf der einen Seite spaßig anzusehen und macht ihre Charaktere auf der anderen Seite interessanter. Besonders Price ist diesbezüglich ein Lob auszusprechen, mit seiner Eleganz, seiner Höflichkeit und seinem Charme ist er richtig sympathisch. Sicher, er zuckt nicht mit der Wimper als ein Mann vor seinen Augen ermordet wird, entführt junge Frauen und zwingt sie vermutlich die sexuellen Bedürfnisse seiner Kunden zu befriedigen, aber hey, wenigstens zieht er nicht ständig ein Gesicht als hätte man ihm gerade das Pausenbrot geklaut, so wie es grumpy George Nader macht.
Wo der Film wieder abfällt ist bei seinen Statisten, und damit meine ich vor allem die Freudenmädchen. Diese verhalten sich so unnatürlich, dass es wehtut. Besonders grausam ist es, als sie endlich von der Polizei aus ihrem Gefängnis befreit werden. Nach jahrelanger sexueller Erniedrigung können diese Frauen endlich in die Freiheit, allerdings sind mindestens zwei ihrer Verlobten bei den Versuchen sie zu befreien ums Leben gekommen. Und wie verhalten sie sich? Wie eine Gruppe schnatternder Gänse marschieren sie mehr oder weniger teilnahmslos aus dem Haus und meinen mit gelangweilter Gleichgültigkeit: „Na endlich können hier wieder raus.“ Wahrscheinlich war man froh, Darstellerinnen zu finden, die bereit waren den Film über halbnackt herumzulaufen, so dass ihre schauspielerischen Fähigkeiten egal waren, aber zumindest Italien sollte uns gelernt haben, dass es auch Schauspielerinnen gibt, die sowohl wenig Scharmgefühl als auch viel Talent haben.
Von den fehlgeleiteten Direktionen für die Statisten abgesehen ist die Inszenierung brauchbar, aber nichts besonderes. Jeremy Summers kann den ganzen Film bei Laune halten, es kommt nie Langeweile auf, allerdings gibt es auch keine Einstellung, die ich als besonders gelungen oder erinnerungswürdig einstufen würde. Man merkt, dass Summers Fernseherfahrung hat: Seine Inszenierung erfüllt auf jeden Fall ihren Zweck, macht aber nicht mehr.
Was der Regie und dem Drehbuch jedoch vorzuwerfen ist, ist dass sie einige Personen einfach verschwinden lassen. Mal abgesehen davon, dass sie die beste Schauspielerin, Maria Rohm, im letzten Akt unfairer weise in den Hintergrund verbannen, kommen einige Figuren plötzlich nicht mehr vor: Dianas Verlobter ist mit einem Freund in das Haus der tausend Freuden gegangen. Dieser könnte der Polizei sicher nützliche Hinweise geben, aber er kommt nicht mehr vor. Die kampfkünstlerisch begabte Prostituierte befindet sich gegen Ende in keiner Gruppeneinstellung der Mädchen mehr. Was ist mit ihr geschehen? Tot ist sie nicht, man hat einfach auf sie vergessen. Noch schlimmer: Herbert Fux ist mit einer Frau im Bett, als er mit George Nader spricht. George Nader verlässt das Zimmer, kommt aber augenblicklich wieder zurück. Er findet zwei böse Buben vor und Fux’ Leiche im Wandschrank…Was ist mit der Frau passier? Ist sie auch ermordet worden, aber wo ist dann ihre Leiche, die Polizei hat nur einen Körper abtransportiert. War sie die Mörderin und ist geflohen? Nein, warum hat sie Fux dann nicht schon früher umgebracht außerdem kannten sie sich schon länger. Ist sie einfach rechtzeitig durchs Fenster ausgebüchst? Nein, dann hätte sie Nader schreien hören. Wie man es dreht und wendet, es macht keinen Sinn, man hat einfach auf sie vergessen. Das sind DREI (!!!) Figuren, die einfach spurlos verschwunden sind!
Kurze Bemerkung noch abschließend: Ich finde es immer putzig, wie bei Co-Produktionen diverse Star der Produktionspartner auftreten und man sich bemüht den Film entweder in den Produktionsländern spielen zu lassen, oder diese zumindest du erwähnen, aber hier wird das Multi-Kulti-Feeling ein wenig übertrieben: Wir haben einen spanischen Arzt, der auf der Suche nach seiner österreichischen Verlobten, in Marokko, auf seinen amerikanischen Studienkollegen trifft, welcher wieder rum dort mit seiner schwedischen Frau die Flitterwochen verbringt – der Film ist internationaler als die olympischen Spiele!
Fazit: Der Film verfügt über eine großartige Besetzung, allerdings leistet die Regie nur Mittelmäßiges und einige Figuren verschwinden spurlos aus dem Film. 6/10
Originaltitel: La casa de las mil muñecas
Land: Deutschland, Spanien
Jahr: 1967
Genre: Thriller
Regie: Jeremy Summers
Handlung:
Der Illusionist Manderville (Vincent Price) führt mit seiner Frau Rebecca (Martha Hyer) einen florierenden Mädchenhandel. Eines Tages entführen sie Diane (Maria Rohm), die Verlobte des jungen Fernando (Sancho Gracia), der ihre Spur bis nach Marokko verfolgt, dort wird er jedoch von Manderville and Friends ermordet. Fernando war allerdings ein Freund des FBI-Agenten Armstrong (George Nader), der zusammen mit seiner Kollegin Maria (Ann Smyrner) in Marokko weilt und den Mord an seinen Freund nicht ungesühnt lassen will…
Kritik:
Diese deutsch-spanische Co-Produktion verfügt schon mal über eine traumhafte Cast: Wir bekommen George Nader, Vincent Price, Ann Smyrner, Maria Rohm, Herbert Fux, den Typen, der in „Im Banne des Unheimlichen“ den Sir Cecil gespielt hat sowie eine endlose Reihe an großartigen spanischen Darstellern, die mir jedoch weniger sagen. Leider wurde um diese grandiose Besetzungsliste in einen Film umzuwandeln ein Regisseur, Jeremy Summers, gewählt, der vor „Das Haus der tausend Freuden“ in erster Linie bei TV-Serien mitwirkte und danach außer TV-Serien nicht mehr sonderlich viel machte.
Summers scheint seine Darsteller nicht sonderlich gut im Griff zu haben, dies sehen wir ganz besonders an George Nader. Nader ist sichtlich sauer, dass nicht jedes Mal wenn er irgendwas Tolles macht Peter Thomas’ coole Marschmusik zu hören ist, weswegen er den ganzen Film einen auf Großvater Grießgram macht. Ich mag Nader ja wirklich, als Jerry Cotton ist er einfach grandios, aber an dieser Produktion scheint er keinen Spaß gehabt zu haben. Ann Smyrner ist eine viel zu gute Schauspielerin, als dass sie ihre Rolle „schlecht“ spielen würde, aber auch von ihr habe ich schon wesentlich bessere Performances gesehen.
Bei den Nebenrollen sieht’s etwas besser aus: Maria Rohm spielt überzeugend, sie hat zwar nicht sonderlich viel zu tun außer süß auszusehen, Hilflosigkeit zu signalisieren und alle paar Minuten mal einen Schrei loszulassen, aber die drei Dinge macht sie zumindest ziemlich gut. Plus sie ist die einzige der entführten Frauen, deren betrübliche Lage sich auf ihrer Mimik widerspiegelt, dazu aber später. Herbert Fux ist in diesem Film eine Wucht. Ich habe den Kerl noch nie so gut aufgelegt gesehen wie hier als schmierigen Photographen. In einer seiner besten Szenen kuschelt er mit einer splitternackten Schönheit, während der Polizeiinspektor neben ihm sitzt und versucht ihn zu verhören. Außerdem sagt Fux in einer Szene, dass Naders Rolle auf einem Photo so aussieht wie Jerry Cotton – ich mag solche Anspielungen. Sir Cecil (Wolfgang Kieling) gibt einen spaßigen Inspektor, Yelena Samerina zeigt sich als harte Aufseherin und Diane Bond (ich glaube zumindest das ist sie) porträtiert das unterhaltsamste der Freudenmädchen, nämlich das, welches sich mit beachtlichem Kampfkunstgriffen mehrmals aus den Fängen der Bösewichter befreien kann.
Die Show wird jedoch eindeutig gestohlen von Vincent Price und Martha Hyer als Mr. und Mrs. Mädchenhändler. Trotz ihrer schockierenden Tätigkeit verhalten sich die beiden ununterbrochen wie ein altes Ehepaar aus dem Bilderbuch und das ist auf der einen Seite spaßig anzusehen und macht ihre Charaktere auf der anderen Seite interessanter. Besonders Price ist diesbezüglich ein Lob auszusprechen, mit seiner Eleganz, seiner Höflichkeit und seinem Charme ist er richtig sympathisch. Sicher, er zuckt nicht mit der Wimper als ein Mann vor seinen Augen ermordet wird, entführt junge Frauen und zwingt sie vermutlich die sexuellen Bedürfnisse seiner Kunden zu befriedigen, aber hey, wenigstens zieht er nicht ständig ein Gesicht als hätte man ihm gerade das Pausenbrot geklaut, so wie es grumpy George Nader macht.
Wo der Film wieder abfällt ist bei seinen Statisten, und damit meine ich vor allem die Freudenmädchen. Diese verhalten sich so unnatürlich, dass es wehtut. Besonders grausam ist es, als sie endlich von der Polizei aus ihrem Gefängnis befreit werden. Nach jahrelanger sexueller Erniedrigung können diese Frauen endlich in die Freiheit, allerdings sind mindestens zwei ihrer Verlobten bei den Versuchen sie zu befreien ums Leben gekommen. Und wie verhalten sie sich? Wie eine Gruppe schnatternder Gänse marschieren sie mehr oder weniger teilnahmslos aus dem Haus und meinen mit gelangweilter Gleichgültigkeit: „Na endlich können hier wieder raus.“ Wahrscheinlich war man froh, Darstellerinnen zu finden, die bereit waren den Film über halbnackt herumzulaufen, so dass ihre schauspielerischen Fähigkeiten egal waren, aber zumindest Italien sollte uns gelernt haben, dass es auch Schauspielerinnen gibt, die sowohl wenig Scharmgefühl als auch viel Talent haben.
Von den fehlgeleiteten Direktionen für die Statisten abgesehen ist die Inszenierung brauchbar, aber nichts besonderes. Jeremy Summers kann den ganzen Film bei Laune halten, es kommt nie Langeweile auf, allerdings gibt es auch keine Einstellung, die ich als besonders gelungen oder erinnerungswürdig einstufen würde. Man merkt, dass Summers Fernseherfahrung hat: Seine Inszenierung erfüllt auf jeden Fall ihren Zweck, macht aber nicht mehr.
Was der Regie und dem Drehbuch jedoch vorzuwerfen ist, ist dass sie einige Personen einfach verschwinden lassen. Mal abgesehen davon, dass sie die beste Schauspielerin, Maria Rohm, im letzten Akt unfairer weise in den Hintergrund verbannen, kommen einige Figuren plötzlich nicht mehr vor: Dianas Verlobter ist mit einem Freund in das Haus der tausend Freuden gegangen. Dieser könnte der Polizei sicher nützliche Hinweise geben, aber er kommt nicht mehr vor. Die kampfkünstlerisch begabte Prostituierte befindet sich gegen Ende in keiner Gruppeneinstellung der Mädchen mehr. Was ist mit ihr geschehen? Tot ist sie nicht, man hat einfach auf sie vergessen. Noch schlimmer: Herbert Fux ist mit einer Frau im Bett, als er mit George Nader spricht. George Nader verlässt das Zimmer, kommt aber augenblicklich wieder zurück. Er findet zwei böse Buben vor und Fux’ Leiche im Wandschrank…Was ist mit der Frau passier? Ist sie auch ermordet worden, aber wo ist dann ihre Leiche, die Polizei hat nur einen Körper abtransportiert. War sie die Mörderin und ist geflohen? Nein, warum hat sie Fux dann nicht schon früher umgebracht außerdem kannten sie sich schon länger. Ist sie einfach rechtzeitig durchs Fenster ausgebüchst? Nein, dann hätte sie Nader schreien hören. Wie man es dreht und wendet, es macht keinen Sinn, man hat einfach auf sie vergessen. Das sind DREI (!!!) Figuren, die einfach spurlos verschwunden sind!
Kurze Bemerkung noch abschließend: Ich finde es immer putzig, wie bei Co-Produktionen diverse Star der Produktionspartner auftreten und man sich bemüht den Film entweder in den Produktionsländern spielen zu lassen, oder diese zumindest du erwähnen, aber hier wird das Multi-Kulti-Feeling ein wenig übertrieben: Wir haben einen spanischen Arzt, der auf der Suche nach seiner österreichischen Verlobten, in Marokko, auf seinen amerikanischen Studienkollegen trifft, welcher wieder rum dort mit seiner schwedischen Frau die Flitterwochen verbringt – der Film ist internationaler als die olympischen Spiele!
Fazit: Der Film verfügt über eine großartige Besetzung, allerdings leistet die Regie nur Mittelmäßiges und einige Figuren verschwinden spurlos aus dem Film. 6/10
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
DIE NONNE VON MONZA
Originaltitel: La monaca di Monza
Alternativtitel: The Awful Story of the Nun of Monza (Einsicht ist der Weg zur Besserung)
Land: Italien
Jahr: 1969
Genre: Nunsploitation
Regie: Eriprando Visconti
Handlung:
Die Äbtissin eines Klosters, Schwester Virginia (Anne Heywood), lebt ihrem Namen gemäß ein keusches und gottesfürchtiges Leben. Dies ändert sich als sie einen jungen Mann (Antonio Sabato) Asyl gewährt, der sie prompt vergewaltigt. Getrieben von Idiotie und Dummheit wahrer Liebe entwickelt sie Gefühle für den Vollkoffer und als sie auch noch sein Kind zur Welt bringt führt sie hinter Klostermauern versteckt das Leben einer treusorgenden Familienmutter – zumindest so lange bis der korrupte Klerus davon Wind bekommt…
Kritik:
Die Nunsploitation-Filme bilden ein Genre, um welches ich bis dato einen Bogen machte. In diesem Sinne hält sich mein Fachwissen darüber in Grenzen. Die einzigen Filme dieser Kategorie, die ich mir angesehen habe sind Jess Francos „Liebesbriefe einer Portugiesischen Nonne“ (aufgrund der Partizipation von William Berger) und eben „Die Nonne von Monza“ (aufgrund der Partizipation von Luigi Pistilli). Wo mich Francos Film jedoch positiv überraschte, bewirkte „Die Nonne von Monza“ nichts als mir die Kosten einer Schlaftablette zu ersparen.
Regie führte Eriprando Visconti, der Typ, der „La Orca“ gemacht hat. In „Die Nonne von Monza“ strebte er, wie man aus dem Covertext schließen kann, eine authentische Darstellung der nach einer wahren Begebenheit ausgerichteten Handlung, an. Die bedeutet auf der positiven Seite, dass uns die endlos langen Sexszenen anderer Exploitationfilme erspart bleiben und auf der negativen Seite, dass wir auch nicht den unterhaltsamen Unsinn anderer Exploitationfilme bekommen – jawohl, dieser Nunsploitation-Streifen verfügt über keinen Herbert Fux im roten Pyjama mit Plastikhorn auf der Stirn.
Stattdessen bekommen wir viel Gerede. Dies nimmt teilweise solche Dimensionen an, dass ich manchmal die Nonnen am Bildschirm anflehte irgendwas zu tun, ganz egal was, eine schwarze Messe zu feiern, sich auszuziehen, „I will follow him“ zu singen, sich als Eric Idle zu enttarnen, völlig egal, nur nicht immer diese endlosen Diskussionen über Zeugs, das mich nicht interessiert: „Hm, sollen wir das Essen, welches Antonio Sabato dem Kloster gespendet hat, selbst verzehren oder den Armen geben?“ – Das interessiert niemanden, ihr seid Nonnen in einem italienischen Film, verhaltet euch gefälligst wie diese und beschwört irgendwelche Dämonen!
Zudem kommt, dass Visconti als Regisseur in diesem Film ein widerliches Durchschnittstalent an den Tag legt: Auf der einen Seite ist er nicht so begabt, langweilige Stellen interessant wirken zu lassen und auf der anderen Seite leistet er sich auch keine zu groben Schnitzer, über die man sich wenigstens als Trashfan amüsieren könnte. Die Musik, immerhin von Ennio Morricone, passt sich der Regie an und stattet den Film mit einem klassisch anmutenden Soundtrack aus, der zwar wohlklingend ist, nach einer Millisekunde aber wieder aus dem Gedächtnis verschwindet.
Anne Heywood spielt ihre Rolle zu gut. All ihre Emotionen sind glaubhaft vermittelt, sie geht total in ihrer Rolle auf ohne zu übertreiben, mit einem Wort sie spielt absolut perfekt, was jedoch in diesem Fall nicht unbedingt anzustreben war. Hätten irgendwelche exploitationerfahrene Over-Acting-Künstlerinnen wie Barbara Bouchet, Dyanne Thorne, Sybil Danning oder Eduardo Fajardo mit Langhaarperücke die Rolle übernommen, wäre der Film vielleicht nicht so glaubhaft gewesen, aber er hätte zumindest Spaß gemacht; wenn Fajardo die Nonne gespielt hätte, wäre der Film wahrscheinlich sogar in meinen Top 10 gelandet. Anne Heywoods makellose Performance passt da mehr in ein durch und durch überzeugendes Melodram.
Dass „Die Nonne von Monza“ trotz möglicher Intentionen dieses nicht geworden ist, liegt unter anderem an der männlichen Hauptrolle, gespielt von…umpf…Antonio Sabato. Ich kann an dieser Stelle nur wiederholen, was ich schon öfters schrieb: Der olle Anton Samstag mag privat ein echt netter Kerl sein, er mag sich in seinem Beruf echt bemühen und es mag Leute geben, die ihn als Schauspieler echt gerne haben, aber ich gehöre weiß Gott nicht zu denen. Na los, postet eure Kommentare, warum ich mich irre und warum Sabato der beste Charakterdarsteller aller Zeiten ist, trotzdem schafft er es in meinen Augen nicht seine Figuren glaubhaft, unterhaltsam oder zumindest sympathisch darzustellen.
Aber wer weiß, vielleicht spielt er in diesem Film ja so einen liebenswerten Tausendsassa, dass man ihn trotzdem gern haben muss…hm, in seiner ersten Szene versucht er eine Bauerntochter zu vernaschen, in seiner zweiten erschießt er einen Unbewaffneten, in seiner dritten greift er einer Nonne auf den Hintern und in seiner vierten Szene demoliert er das Geschirr eines befreundeten Priesters, weil ihm dieser nicht unverzüglich die Beichte abnehmen wollte – charmantes Bürschchen. Moment mal, was ist das? Er vergewaltigt die Protagonistin? Heißt dass, er ist der Böse? Heißt das, ich SOLL ihn in diesem Film verabscheuen? Wohl kaum, denn ein paar Minuten später zeigt er sich als sorgender Familienvater und offenbart der Nonne von Monza seine wahren Gefühle.
Offenbar sollte Sabatos Figur superübertrüberkomplex sein, auf der einen Seite ein launischer ungehobelter Berserker, der seine Zeit gerne damit verbringt Jungfrauen zu verführen (drei, zwei davon Nonnen) und unbewaffnete Leute zu ermorden (drei, zwei davon Nonnen) und auf der anderen Seite ein charmanter Liebhaber, dessen einziges Vergehen das stürmische Temperament seiner Jugend ist. Die Intention von Mr. Regisseur und Mr. Drehbuchschreiber war es wohl, dass die Figur sowohl das eine als auch das andere sein soll, scheiterte jedoch daran, dass Sabato weder das eine, noch das andere überzeugend spielen kann.
Anne, du spielst zu gut, Antonio, du spielst zu schlecht, wenn ihr wissen wollt, wie’s richtig gemacht wird, schaut euch Hardy Krüger an! Seine Performance ist nicht 100% überzeugend, aber ungeheuer unterhaltsam, womit er den Film für mich rettete. Um fair zu bleiben muss jedoch auch gesagt werden, dass er als korrupter Priester die dankenswerteste Rolle hat. Ein Beispiel: Antonio Sabatos Charakter, will mit Anne Heywood schlafen, also vergewaltigt er sie – das ist dumm, verabscheuenswürdig und ekelhaft, möge er in der Hölle schmoren. Hardy Krüger will auch mit Anne Heywood schlafen, also schreibt er ein Buch, in welchem er mittels Verweisen auf die Bibel belegt, dass das Keuschheitsgelübde doof ist und lässt dieses in Heywoods Kammer bugsieren – das wiederum ist witzig, 1+ für Kreativität, Hardy.
Ich würde auch ein paar Worte über die Nebendarstellerinnen verlieren, da ich weiß, da einige von den Nonnen Namen, individuelle Charaktere und Einfluss auf die Handlung haben, aber ich habe keine Ahnung, wer von den ganzen Pinguinfrauen jetzt wer ist. Die einzigen, die hervorstachen waren Anne Heywood und die eine Küchennonne, welche den anderen Kröten in die Betten legte und die Schuld dann auf den Teufel schob. Die fand ich recht witzig, aber Anton Samstag mag es nicht, wenn ich jemanden witzig finde, daher hat er sie in einer, zugegebener Maßen gekonnte gefilmten, Szene aus dem Film herausgemordet.
Kommen wir abschließend noch zu dem einzigen Grund, warum ich diesen Film bemerkt, gekauft und angesehen habe: Luigi Pistilli. Allzu oft kommt er zwar nicht vor, aber dreimal im gesamten Film bekommen wir eine wunderbare Pistilli-Time. Als Pistilli-Time bezeichnet die Fachwelt (=ich) jene Einstellungen eines Filmes, in denen Luigi Pistilli zu sehen ist, was darin resultiert, dass sich der durchschnittliche Zuseher (=ich) zurücklehnt, alles um sich herum vergisst, keiner anderen Figur mehr Beachtung schenkt und einfach glücklich ist, Luigi Pistilli zu sehen. Durch den Einsatz von Pistilli-Time können eher mittelmäßige Filme wie „Auch Killer müssen sterben“ oder eben „Die Nonne von Monza“ erträglicher, gute Filme wie „Der schöne Körper der Deborah“ oder „Von Mann zu Mann“ besser und absolut perfekte Filme wie „Leichen pflastern seinen Weg“, „Milano Kaliber 9“ oder „Zwei glorreiche Halunken“ noch absoluter perfekter gemacht werden.
Fazit: Langweiliger Nonnen-Streifen, der weder als bewegendes Drama noch als unterhaltsamer Exploitationfilm überzeugt. Anne Heywood spielt zu gut, Antonio Sabato zu schlecht, Hardy Krüger genau richtig und Luigi Pistilli ist Luigi Pistilli. 4/10
Originaltitel: La monaca di Monza
Alternativtitel: The Awful Story of the Nun of Monza (Einsicht ist der Weg zur Besserung)
Land: Italien
Jahr: 1969
Genre: Nunsploitation
Regie: Eriprando Visconti
Handlung:
Die Äbtissin eines Klosters, Schwester Virginia (Anne Heywood), lebt ihrem Namen gemäß ein keusches und gottesfürchtiges Leben. Dies ändert sich als sie einen jungen Mann (Antonio Sabato) Asyl gewährt, der sie prompt vergewaltigt. Getrieben von Idiotie und Dummheit wahrer Liebe entwickelt sie Gefühle für den Vollkoffer und als sie auch noch sein Kind zur Welt bringt führt sie hinter Klostermauern versteckt das Leben einer treusorgenden Familienmutter – zumindest so lange bis der korrupte Klerus davon Wind bekommt…
Kritik:
Die Nunsploitation-Filme bilden ein Genre, um welches ich bis dato einen Bogen machte. In diesem Sinne hält sich mein Fachwissen darüber in Grenzen. Die einzigen Filme dieser Kategorie, die ich mir angesehen habe sind Jess Francos „Liebesbriefe einer Portugiesischen Nonne“ (aufgrund der Partizipation von William Berger) und eben „Die Nonne von Monza“ (aufgrund der Partizipation von Luigi Pistilli). Wo mich Francos Film jedoch positiv überraschte, bewirkte „Die Nonne von Monza“ nichts als mir die Kosten einer Schlaftablette zu ersparen.
Regie führte Eriprando Visconti, der Typ, der „La Orca“ gemacht hat. In „Die Nonne von Monza“ strebte er, wie man aus dem Covertext schließen kann, eine authentische Darstellung der nach einer wahren Begebenheit ausgerichteten Handlung, an. Die bedeutet auf der positiven Seite, dass uns die endlos langen Sexszenen anderer Exploitationfilme erspart bleiben und auf der negativen Seite, dass wir auch nicht den unterhaltsamen Unsinn anderer Exploitationfilme bekommen – jawohl, dieser Nunsploitation-Streifen verfügt über keinen Herbert Fux im roten Pyjama mit Plastikhorn auf der Stirn.
Stattdessen bekommen wir viel Gerede. Dies nimmt teilweise solche Dimensionen an, dass ich manchmal die Nonnen am Bildschirm anflehte irgendwas zu tun, ganz egal was, eine schwarze Messe zu feiern, sich auszuziehen, „I will follow him“ zu singen, sich als Eric Idle zu enttarnen, völlig egal, nur nicht immer diese endlosen Diskussionen über Zeugs, das mich nicht interessiert: „Hm, sollen wir das Essen, welches Antonio Sabato dem Kloster gespendet hat, selbst verzehren oder den Armen geben?“ – Das interessiert niemanden, ihr seid Nonnen in einem italienischen Film, verhaltet euch gefälligst wie diese und beschwört irgendwelche Dämonen!
Zudem kommt, dass Visconti als Regisseur in diesem Film ein widerliches Durchschnittstalent an den Tag legt: Auf der einen Seite ist er nicht so begabt, langweilige Stellen interessant wirken zu lassen und auf der anderen Seite leistet er sich auch keine zu groben Schnitzer, über die man sich wenigstens als Trashfan amüsieren könnte. Die Musik, immerhin von Ennio Morricone, passt sich der Regie an und stattet den Film mit einem klassisch anmutenden Soundtrack aus, der zwar wohlklingend ist, nach einer Millisekunde aber wieder aus dem Gedächtnis verschwindet.
Anne Heywood spielt ihre Rolle zu gut. All ihre Emotionen sind glaubhaft vermittelt, sie geht total in ihrer Rolle auf ohne zu übertreiben, mit einem Wort sie spielt absolut perfekt, was jedoch in diesem Fall nicht unbedingt anzustreben war. Hätten irgendwelche exploitationerfahrene Over-Acting-Künstlerinnen wie Barbara Bouchet, Dyanne Thorne, Sybil Danning oder Eduardo Fajardo mit Langhaarperücke die Rolle übernommen, wäre der Film vielleicht nicht so glaubhaft gewesen, aber er hätte zumindest Spaß gemacht; wenn Fajardo die Nonne gespielt hätte, wäre der Film wahrscheinlich sogar in meinen Top 10 gelandet. Anne Heywoods makellose Performance passt da mehr in ein durch und durch überzeugendes Melodram.
Dass „Die Nonne von Monza“ trotz möglicher Intentionen dieses nicht geworden ist, liegt unter anderem an der männlichen Hauptrolle, gespielt von…umpf…Antonio Sabato. Ich kann an dieser Stelle nur wiederholen, was ich schon öfters schrieb: Der olle Anton Samstag mag privat ein echt netter Kerl sein, er mag sich in seinem Beruf echt bemühen und es mag Leute geben, die ihn als Schauspieler echt gerne haben, aber ich gehöre weiß Gott nicht zu denen. Na los, postet eure Kommentare, warum ich mich irre und warum Sabato der beste Charakterdarsteller aller Zeiten ist, trotzdem schafft er es in meinen Augen nicht seine Figuren glaubhaft, unterhaltsam oder zumindest sympathisch darzustellen.
Aber wer weiß, vielleicht spielt er in diesem Film ja so einen liebenswerten Tausendsassa, dass man ihn trotzdem gern haben muss…hm, in seiner ersten Szene versucht er eine Bauerntochter zu vernaschen, in seiner zweiten erschießt er einen Unbewaffneten, in seiner dritten greift er einer Nonne auf den Hintern und in seiner vierten Szene demoliert er das Geschirr eines befreundeten Priesters, weil ihm dieser nicht unverzüglich die Beichte abnehmen wollte – charmantes Bürschchen. Moment mal, was ist das? Er vergewaltigt die Protagonistin? Heißt dass, er ist der Böse? Heißt das, ich SOLL ihn in diesem Film verabscheuen? Wohl kaum, denn ein paar Minuten später zeigt er sich als sorgender Familienvater und offenbart der Nonne von Monza seine wahren Gefühle.
Offenbar sollte Sabatos Figur superübertrüberkomplex sein, auf der einen Seite ein launischer ungehobelter Berserker, der seine Zeit gerne damit verbringt Jungfrauen zu verführen (drei, zwei davon Nonnen) und unbewaffnete Leute zu ermorden (drei, zwei davon Nonnen) und auf der anderen Seite ein charmanter Liebhaber, dessen einziges Vergehen das stürmische Temperament seiner Jugend ist. Die Intention von Mr. Regisseur und Mr. Drehbuchschreiber war es wohl, dass die Figur sowohl das eine als auch das andere sein soll, scheiterte jedoch daran, dass Sabato weder das eine, noch das andere überzeugend spielen kann.
Anne, du spielst zu gut, Antonio, du spielst zu schlecht, wenn ihr wissen wollt, wie’s richtig gemacht wird, schaut euch Hardy Krüger an! Seine Performance ist nicht 100% überzeugend, aber ungeheuer unterhaltsam, womit er den Film für mich rettete. Um fair zu bleiben muss jedoch auch gesagt werden, dass er als korrupter Priester die dankenswerteste Rolle hat. Ein Beispiel: Antonio Sabatos Charakter, will mit Anne Heywood schlafen, also vergewaltigt er sie – das ist dumm, verabscheuenswürdig und ekelhaft, möge er in der Hölle schmoren. Hardy Krüger will auch mit Anne Heywood schlafen, also schreibt er ein Buch, in welchem er mittels Verweisen auf die Bibel belegt, dass das Keuschheitsgelübde doof ist und lässt dieses in Heywoods Kammer bugsieren – das wiederum ist witzig, 1+ für Kreativität, Hardy.
Ich würde auch ein paar Worte über die Nebendarstellerinnen verlieren, da ich weiß, da einige von den Nonnen Namen, individuelle Charaktere und Einfluss auf die Handlung haben, aber ich habe keine Ahnung, wer von den ganzen Pinguinfrauen jetzt wer ist. Die einzigen, die hervorstachen waren Anne Heywood und die eine Küchennonne, welche den anderen Kröten in die Betten legte und die Schuld dann auf den Teufel schob. Die fand ich recht witzig, aber Anton Samstag mag es nicht, wenn ich jemanden witzig finde, daher hat er sie in einer, zugegebener Maßen gekonnte gefilmten, Szene aus dem Film herausgemordet.
Kommen wir abschließend noch zu dem einzigen Grund, warum ich diesen Film bemerkt, gekauft und angesehen habe: Luigi Pistilli. Allzu oft kommt er zwar nicht vor, aber dreimal im gesamten Film bekommen wir eine wunderbare Pistilli-Time. Als Pistilli-Time bezeichnet die Fachwelt (=ich) jene Einstellungen eines Filmes, in denen Luigi Pistilli zu sehen ist, was darin resultiert, dass sich der durchschnittliche Zuseher (=ich) zurücklehnt, alles um sich herum vergisst, keiner anderen Figur mehr Beachtung schenkt und einfach glücklich ist, Luigi Pistilli zu sehen. Durch den Einsatz von Pistilli-Time können eher mittelmäßige Filme wie „Auch Killer müssen sterben“ oder eben „Die Nonne von Monza“ erträglicher, gute Filme wie „Der schöne Körper der Deborah“ oder „Von Mann zu Mann“ besser und absolut perfekte Filme wie „Leichen pflastern seinen Weg“, „Milano Kaliber 9“ oder „Zwei glorreiche Halunken“ noch absoluter perfekter gemacht werden.
Fazit: Langweiliger Nonnen-Streifen, der weder als bewegendes Drama noch als unterhaltsamer Exploitationfilm überzeugt. Anne Heywood spielt zu gut, Antonio Sabato zu schlecht, Hardy Krüger genau richtig und Luigi Pistilli ist Luigi Pistilli. 4/10
- DrDjangoMD
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Re: DrDjangoMDs Ordination für kränkelnde Filme
CASABLANCA EXPRESS
Originaltitel: Casablanca Express
Land: Italien
Jahr: 1988
Genre: Action, Krieg
Regie: Sergio Martino
Handlung:
Während des zweiten Weltkrieges plant Winston Churchill in einem Zug ein wenig durch Nordafrika zu gondeln. Das bekommen jedoch die Deutschen mit und schicken ihren Agenten Otto Von Tiblis (Til Schweiger für Arme Reiche: Manfred Lehmann) um den Zug zu überfallen und den Briten zu entführen. Doch dies ist nicht so leicht, denn Mr. und Mrs. Hauptcharakter (Jason Connery und Jinny Stefan) sind hier um den Tag zu retten…
Kritik:
Sergio Martino, der mit seinen Gialli sein Können als Regisseur stilistischer Meisterwerke bewiesen hatte, wagt sich hier an einen typischen Actionfilm. Ich schreibe bewusst Actionfilm, denn die Elemente dieses Genres überwiegen die Kriegsfilmelemente bei weitem: Sicher, wir haben den historischen Hintergrund und einige Szenen in denen Militärleute Strategien besprechen, aber das war’s auch schon: Statt pathetischen Schlachten haben wir meistens einen unbesiegbaren Heroen der eine Handvoll Gegner durchsiebt, Mr. und Mrs. Hauptcharakter verhalten sich wie zwei Actionhelden aus 1988 und nicht wie Personen aus den 40ern, Lehmanns größenwahnsinniger Nazi repräsentiert in keinster Weise eine historische Figur sondern wirkt wie einer von den Typen, die Arnold Schwarzenegger so gerne umbringt und statt Diskussionen über die Grausamkeit des Krieges haben wir unzählige nulldimensionale Schurken, die der Held töten kann.
Nachdem man dies akzeptiert hat, erwartet einen ein durchaus solide inszenierter Film, der von Anfang bis Ende zumindest bei Laune halten kann. Er beginnt recht ruhig und nimmt sich Zeit die Geschichte zu entfalten und die vielen Charaktere vorzustellen, dann gewinnt er an Fahrt und gipfelt in einem Showdown, der sich sehen lassen kann. Dazwischen kommen einige besonders gut gefilmte Szenen, wie ein mitreißender Kampf zwischen Lehmann und Francesco Quinn am Dach des fahrenden Zuges.
Was ich Martino auch sehr hoch anrechne ist, dass er die Fülle von Personen (unzählige recht irrelevante Zugpassagiere werden zu individuellen Figuren gemacht) mit genau der richtigen Zeitspanne einführte. Als Gegenbeispiel sei „Die Große Offensive“ genannt, in welcher Umberto Lenzi seine Figuren so ungeschickt vorstellte, dass sie mich entweder gelangweilt haben oder ich keine Ahnung hatte wer diese Leute waren. Martino macht es jedoch richtig: Er verbringt nicht zu viel Zeit mit diversen Nebencharakteren, aber genug, dass es mir Leid um sie tun würde, wenn sie von Nazis niedergemetzelt werden würden.
Die beiden größten Downer des Filmes sind Mr. und Mrs. Hauptcharakter, wobei sie noch erträglich ist, er aber wirklich dem Film einige Punkte kostet: Er ist eine schlechte Figur, die von einem (recht) schlechten Darsteller verkörpert wird und noch dazu unter dem schlechtesten Synchronsprecher des ganzen Filmes zu leiden hat. Mr. Hauptcharakter ist nicht nur ein blöde Sprüche klopfender Matcho (das könnte ich noch verzeihen), er ist ein EXTREM DUMMER blöde Sprüche kopfender Matcho.
Den Gipfel seiner Idiotie bildet eine Szene gegen Ende: Er hat nichts anderes zu tun als eine Bombe zu entschärfen und das Signal zum Angriff zu geben, bevor er dies jedoch macht nimmt er sich die Zeit Mrs. Hauptcharakter aus den Klauen der Nazis zu befreien, welche nebenbei bemerkt nicht mal ihr Leben bedrohen. Dies richtet die Aufmerksamkeit der Deutschen auf ihn, sein Bombenentschärfungsplan könnte in die Hose gehen und alle Leute die nach dieser Szene noch ins Gras beißen tun dies somit aufgrund seiner Idiotie.
Hier nochmal die Gründe warum es mich so stört, dass der Protagonist ein unliebsamer Doofkopf ist: 1. Gegen Ende opfert ein viel coolerer Charakter sein Leben aus dem einzigen Grund um das von Mr. Hauptcharakter zu retten, was darin resultiert, dass der Zuseher die Leinwand mit Popcorn bombardiert, weil er das Ende des Filmes lieber mit dem Typen der gerade gestorben ist verbracht hätte als mit dem Idioten für den er gestorben ist. 2. Wenn ich den Hauptcharakter nicht mag, bin ich geneigt zu den Bösen zu halten – nicht zuletzt weil Manfred Lehmann eine wesentlich amüsantere Performance abgibt – was dem Film einiges an Spannung nehmen würde.
Dass ich schlussendlich doch auf Seiten der Guten war ist einerseits Sergio Martino zu verdanken, der die Gegenspieler als so richtig fiese hassenswerte Bösewichter porträtiert hat und andererseits David „Caligula II.“ Brandon, der einen der Fahrgäste spielt. Brandon leistet, wie bis jetzt in jedem Film den ich mit ihm gesehen habe, die unterhaltsamste Performance: Er spielt einen gewöhnlichen Zivilisten, einen etwas versnobten Schürzenjäger, der aber, kaum wird die Lage ernst, zeigt was in ihm steckt und mit Gewehr und Messer das Wort Zivilcourage neu definiert. Wenn er in eine Actionszene involviert ist, ist das Publikum gefesselt, da wir wirklich um das Leben des charmanten Brandon fürchten außerdem ist er keine wirkliche Hauptfigur, wodurch sein Überleben bis zuletzt nicht garantiert ist. Plus in einem netten kleinen Subplot spielt sich zwischen ihm und einer anderen Passagierin (Marina Viro) eine nette kleine Romanze ab. Zugegeben, er ist ein Playboy und sie eine Nymphomanin, die sich gerade mal einen halben Tag lang kennen, trotzdem scheint ihr Verhältnis zukunftsträchtiger als die klägliche Leere, die Mr. und Mrs. Hauptcharakter „eine Beziehung“ nennen.
Die drei wohl berühmtesten Namen der gesamten Cast – Donald Pleasence, Jean Sorel und Glenn Ford (Ford ist der einzige Schauspieler dessen riesiges Porträt und Namenszug es auf das amerikanische Poster geschafft haben) – werden ein wenig verschwendet. Sie spielen drei Offiziere die den ganzen Film lang in einem Raum herumhängen und über irgendwelches Zeugs reden. Diese Szenen sind zwar nicht langweilig, weil die drei genug Ausstrahlung haben um uninspirierte Diskussionen unterhaltsam zu gestalten, trotzdem ist es schade, dass keiner von ihnen sich an einer der Actionszenen beteiligt.
Fazit: Solide aber nicht außergewöhnlich inszenierter Actionfilm von Sergio Martino, der durch einen etwas dummen Hauptcharakter ein wenig Sehvergnügen einbüßt allerdings durch einen coolen David Brandon und einen unterhaltsamen Manfred Lehmann einiges an Sehvergnügen wieder dazugewinnt. 7/10
Originaltitel: Casablanca Express
Land: Italien
Jahr: 1988
Genre: Action, Krieg
Regie: Sergio Martino
Handlung:
Während des zweiten Weltkrieges plant Winston Churchill in einem Zug ein wenig durch Nordafrika zu gondeln. Das bekommen jedoch die Deutschen mit und schicken ihren Agenten Otto Von Tiblis (Til Schweiger für Arme Reiche: Manfred Lehmann) um den Zug zu überfallen und den Briten zu entführen. Doch dies ist nicht so leicht, denn Mr. und Mrs. Hauptcharakter (Jason Connery und Jinny Stefan) sind hier um den Tag zu retten…
Kritik:
Sergio Martino, der mit seinen Gialli sein Können als Regisseur stilistischer Meisterwerke bewiesen hatte, wagt sich hier an einen typischen Actionfilm. Ich schreibe bewusst Actionfilm, denn die Elemente dieses Genres überwiegen die Kriegsfilmelemente bei weitem: Sicher, wir haben den historischen Hintergrund und einige Szenen in denen Militärleute Strategien besprechen, aber das war’s auch schon: Statt pathetischen Schlachten haben wir meistens einen unbesiegbaren Heroen der eine Handvoll Gegner durchsiebt, Mr. und Mrs. Hauptcharakter verhalten sich wie zwei Actionhelden aus 1988 und nicht wie Personen aus den 40ern, Lehmanns größenwahnsinniger Nazi repräsentiert in keinster Weise eine historische Figur sondern wirkt wie einer von den Typen, die Arnold Schwarzenegger so gerne umbringt und statt Diskussionen über die Grausamkeit des Krieges haben wir unzählige nulldimensionale Schurken, die der Held töten kann.
Nachdem man dies akzeptiert hat, erwartet einen ein durchaus solide inszenierter Film, der von Anfang bis Ende zumindest bei Laune halten kann. Er beginnt recht ruhig und nimmt sich Zeit die Geschichte zu entfalten und die vielen Charaktere vorzustellen, dann gewinnt er an Fahrt und gipfelt in einem Showdown, der sich sehen lassen kann. Dazwischen kommen einige besonders gut gefilmte Szenen, wie ein mitreißender Kampf zwischen Lehmann und Francesco Quinn am Dach des fahrenden Zuges.
Was ich Martino auch sehr hoch anrechne ist, dass er die Fülle von Personen (unzählige recht irrelevante Zugpassagiere werden zu individuellen Figuren gemacht) mit genau der richtigen Zeitspanne einführte. Als Gegenbeispiel sei „Die Große Offensive“ genannt, in welcher Umberto Lenzi seine Figuren so ungeschickt vorstellte, dass sie mich entweder gelangweilt haben oder ich keine Ahnung hatte wer diese Leute waren. Martino macht es jedoch richtig: Er verbringt nicht zu viel Zeit mit diversen Nebencharakteren, aber genug, dass es mir Leid um sie tun würde, wenn sie von Nazis niedergemetzelt werden würden.
Die beiden größten Downer des Filmes sind Mr. und Mrs. Hauptcharakter, wobei sie noch erträglich ist, er aber wirklich dem Film einige Punkte kostet: Er ist eine schlechte Figur, die von einem (recht) schlechten Darsteller verkörpert wird und noch dazu unter dem schlechtesten Synchronsprecher des ganzen Filmes zu leiden hat. Mr. Hauptcharakter ist nicht nur ein blöde Sprüche klopfender Matcho (das könnte ich noch verzeihen), er ist ein EXTREM DUMMER blöde Sprüche kopfender Matcho.
Den Gipfel seiner Idiotie bildet eine Szene gegen Ende: Er hat nichts anderes zu tun als eine Bombe zu entschärfen und das Signal zum Angriff zu geben, bevor er dies jedoch macht nimmt er sich die Zeit Mrs. Hauptcharakter aus den Klauen der Nazis zu befreien, welche nebenbei bemerkt nicht mal ihr Leben bedrohen. Dies richtet die Aufmerksamkeit der Deutschen auf ihn, sein Bombenentschärfungsplan könnte in die Hose gehen und alle Leute die nach dieser Szene noch ins Gras beißen tun dies somit aufgrund seiner Idiotie.
Hier nochmal die Gründe warum es mich so stört, dass der Protagonist ein unliebsamer Doofkopf ist: 1. Gegen Ende opfert ein viel coolerer Charakter sein Leben aus dem einzigen Grund um das von Mr. Hauptcharakter zu retten, was darin resultiert, dass der Zuseher die Leinwand mit Popcorn bombardiert, weil er das Ende des Filmes lieber mit dem Typen der gerade gestorben ist verbracht hätte als mit dem Idioten für den er gestorben ist. 2. Wenn ich den Hauptcharakter nicht mag, bin ich geneigt zu den Bösen zu halten – nicht zuletzt weil Manfred Lehmann eine wesentlich amüsantere Performance abgibt – was dem Film einiges an Spannung nehmen würde.
Dass ich schlussendlich doch auf Seiten der Guten war ist einerseits Sergio Martino zu verdanken, der die Gegenspieler als so richtig fiese hassenswerte Bösewichter porträtiert hat und andererseits David „Caligula II.“ Brandon, der einen der Fahrgäste spielt. Brandon leistet, wie bis jetzt in jedem Film den ich mit ihm gesehen habe, die unterhaltsamste Performance: Er spielt einen gewöhnlichen Zivilisten, einen etwas versnobten Schürzenjäger, der aber, kaum wird die Lage ernst, zeigt was in ihm steckt und mit Gewehr und Messer das Wort Zivilcourage neu definiert. Wenn er in eine Actionszene involviert ist, ist das Publikum gefesselt, da wir wirklich um das Leben des charmanten Brandon fürchten außerdem ist er keine wirkliche Hauptfigur, wodurch sein Überleben bis zuletzt nicht garantiert ist. Plus in einem netten kleinen Subplot spielt sich zwischen ihm und einer anderen Passagierin (Marina Viro) eine nette kleine Romanze ab. Zugegeben, er ist ein Playboy und sie eine Nymphomanin, die sich gerade mal einen halben Tag lang kennen, trotzdem scheint ihr Verhältnis zukunftsträchtiger als die klägliche Leere, die Mr. und Mrs. Hauptcharakter „eine Beziehung“ nennen.
Die drei wohl berühmtesten Namen der gesamten Cast – Donald Pleasence, Jean Sorel und Glenn Ford (Ford ist der einzige Schauspieler dessen riesiges Porträt und Namenszug es auf das amerikanische Poster geschafft haben) – werden ein wenig verschwendet. Sie spielen drei Offiziere die den ganzen Film lang in einem Raum herumhängen und über irgendwelches Zeugs reden. Diese Szenen sind zwar nicht langweilig, weil die drei genug Ausstrahlung haben um uninspirierte Diskussionen unterhaltsam zu gestalten, trotzdem ist es schade, dass keiner von ihnen sich an einer der Actionszenen beteiligt.
Fazit: Solide aber nicht außergewöhnlich inszenierter Actionfilm von Sergio Martino, der durch einen etwas dummen Hauptcharakter ein wenig Sehvergnügen einbüßt allerdings durch einen coolen David Brandon und einen unterhaltsamen Manfred Lehmann einiges an Sehvergnügen wieder dazugewinnt. 7/10