Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

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Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Jersey Shore Lingerie Party Massacre

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Die Stripperin Mona aus New York beschließt mit sechs ihrer Kolleginnen trotz eher ungünstiger Wettervorhersage das Halloween-Wochenende am Strand zu verbringen. Dazu mieten sie sich am Jersey Shore ein Haus mit unrühmlicher Vergangenheit, das in der Nähe eines Leuchtturms liegt, in dem ebenfalls schon gar Schreckliches passiert ist. Wenig später sind das stürmische Wetter und fehlender Alkohol auch das geringste Problem, als auf einmal ein Kerl im Latex-Outfit und Haken am Arm Jagd auf die drallen Stripperinnen macht und eine nach dem anderen meuchelt, sodass dieser Schund am Ende wenigstens noch seinen blumigen Titel etwas gerecht wird.

Ich hab ja im Leben schon viele schlechte und auch sehr schlechte Werke gesehen, aber „Jersey Shore Lingerie Massacre“ ist da schon ganz vorne dabei und wenn sogar der werte Reinschi schon mal eine Sichtung abbricht, ist man ja eigentlich wirklich auf das Schlimmste gefasst. So absolut furchtbar ist Tim Beckleys No-Budget-Film mit seinem No-Talent-Cast aber dann eigentlich ja gar nicht und das Problem liegt wohl eher darin, dass im Vorfeld eine völlig falsche Erwartungshaltung geschürt wird und sich die Schauwerte dann aber sehr stark in Grenzen halten. Bei einem Film mit einem derartigen Titel erwartet man sich als männlicher Zuschauer wohl ein paar hübsche Chicks und etwas Gore und nicht diese drallen Hupfdohlen aus dem Hinterhof-Stripclub mit zentnerweise Hüftgold, die sich hier vor der Kamera eines alternden Zuhälters mit fragwürdig-cineastischer Berufung völlig zum Affen machen. Dazu gesellt sich nach einer Stunde verfilmter Stripperinnen-Weisheiten, die jegliches Vorurteil mühelos bestätigen dann noch etwas Diskont-Gore aus der Halloween-Deko-Abteilung des nächsten Supermarktes, das wohl ebenfalls jeder Anfänger besser hinbekommen hätte und kaum der Rede wert ist. Eigentlich gibt es in dem Film mit seinem rudimentären Slasher-Handlungsgerüst und Billig-Optik bis auf den "Titster" (eine Erwachsenenvariante des MB-Spieles Twister) ohnehin keinerlei nennenswerte Momente bis auf die frohe Erkenntnis, dass der Streifen statt der am Cover angegebenen 100 Minuten doch nur 80 Minuten Laufzeit hat. Die sind zwar immer noch völlig verschenkt, aber der Konsum von so einer dilettantischen, undifferenzierten und selbstherrlichen Peinlichkeit hat den Vorteil, dass alles was danach noch folgen möge ohnehin wie ein filmisches Meisterwerk wirkt.

Nightveil and the Sorcerer's Eye [Kurzfilm]

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Gemeinsam mit der verbannten Hexe Alizarin Crimson bildet der Superschurke „The Cloak“ eine unheilige Allianz um der Superheldin Nightveil eine Falle zu stellen und ein für allemal loszuwerden. In einem verlassenen Theater wird mit einem Zauberstein, dem sogenannten Auge des Zauberers nicht nur Alizarin aus der Verbannung geholt, sondern auch die Superheldin ihres Willens beraubt und zum willenlosen Sklaven der Hexe gemacht. Doch Nightveil lässt sich nicht so einfach unterkriegen und durch einen Trick dupliziert sich die Superheldin um in weiterer Folge nicht nur die beiden Superschurken, sondern auch noch die böse Variante von sich selbst zu bekämpfen.

Der Name Bill Black war mir bislang ja ehrlich gesagt kein Begriff und der werte Mann macht ja nicht nur Filme mit Micro-Budget und viel optischen Firlefanz, sondern verlegt laut Wikipedia auch Nachdrucke von Comics mit starken weiblichen Figuren aus vergangenen Jahrzehnten für seinen Verlag namens AC-Comics. „Nightveil and the Sorcerer’s Eye“ ist dann natürlich auch völliger Trash mit Retro-Charme und dem Herz am richtigen Fleck über Superheldinnen, Hexen und Bösewichter, die sich in einem verlassenen Theater gegenseitig an den Latz gehen. Budget ist keines vorhanden und so macht Bill Black aus der Not eine Tugend und verfilmt alles auf so derart billige Weise, das einem als Zuschauer Hören und Sehen vergeht. Angesichts völlig katastrophaler Effekte aus dem Rechner, der Gaga-Story und den billigen Kostümen aus dem Sex-Shop kann man auch nur wahlweise schmunzeln oder sich die Haare raufen. Angesichts all dieser Big-Budget-Verfilmungen mit ihrem Bombast-CGI was in den letzten Jahren aus Hollywood kommt, hat so etwas wie „Nightveil and the Sorcerer’s Eye“ aber meines Erachtens auch seine Existenzberechtigung und zeigt, dass man eine Superheldengeschichte auch mit fünf Nullen weniger durchaus ansehnlich und unterhaltsam verfilmen kann.

The Ghost of Garganta [Kurzfilm]

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Nachdem die Wissenschaftlerin Carole durch eine außerirdische Macht zur Gigantin Garganta mutiert ist und vom Militär unschädlich gemacht wurde, haben sich die Ereignisse auf der Erde wieder halbwegs beruhigt. Als die vermeintlich letzte Ruhestätte der Gigantin von einem Fernseh-Team gestört wird, steigt ihr Geist aus dem Grab und macht sogleich wieder Jagd auf die Menschheit. Doch Gargantas Macht als Geist ist beschränkt und die Pläne die Geliebte ihres Mannes ein für allemal unschädlich zu machen scheitern kläglich. Doch schon wenig später erscheint neuerlich ein Ufo am Firmament um Garganta wieder ihre alte Stärke zurückzugeben und die Welt endgültig ins Chaos zu stürzen.

Wie auch „Nightveil“ ist „The Ghost of Garganta“ eine Hommage an die Sci-FI-Werke der Fünfziger, die hier ein zeitgemäßes, wenn auch sehr kostengünstiges Update erhalten. Die Tricks stammer hier ja größtenteils aus dem Rechner und sind auch stets sehr billig. Dennoch ist das alles durchaus sympathisch und zeigt, dass man auch ohne Budget durchaus unterhaltsame Kurzfilme produzieren kann. Die Geschichte selbst wirkt wie ein Kurzfilm-Teaser zwischen Teil 1 und 2, wobei ich mir nicht sicher bin, ob diese überhaupt existieren, oder hier einfach so munter drauf los produziert wurde und auf irgendwas Lust zu machen, was noch gar nicht existiert. Das Ergebnis kann sich sehen lassen, funzt aber wohl nur, wenn man sich anschließend auch gleich die haarsträubende Trailershow anguckt, die auf der DVD mit obigem Cover mitgeliefert wird. Diese handeln von Superheldinnnen, Dschungelmädchen und eben von Frauen in Übergröße und einem Regisseur mit viel Einfallsreichtum, der eindeutig dem Charme von Comics völlig erlegen ist. So ist das alles ein Spaß für große Kinder mit Hang zu Blödsinn und trashigen Werken, die von so etwas ohnehin nicht genug bekommen können. Spannend wäre es trotzdem, was Bill Black mit einen richtigen Budget so alles anstellen würde.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Team America

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jogiwan hat geschrieben:Bombiges und Klischee-lastiges Marionetten-Theater von "South-Park"-Hälfte Trey Parker, dass zwar weniger politisch ist, aber dafür Bruckheimer-Filme und Hollywood ordentlich auf die Schaufel nimmt. Es rummst und kracht an allen Ecken und es ist wirklich ein großer Spass, wie die selbsternannte "World Police" bei ihren Einsätzen mehr Schaden anrichtet, als es die Terroristen können. Die Welt und die Terrorbedrohung ist nach amerikanischen Vorurteilen kreiert und die Ausstattung und die schmissigen Songs über Themen wie "Aids" und "Pearl Harbour" wirklich sehr gelungen. Dass in der finalen Auswertung ausgerechnet eine eigentlich harmlose Sex-Szene zwischen Puppen zensiert werden musste und "Team America" trotzdem noch ein R-Rating bekommen hat, spricht ebenfalls für sich. Zwar ist der Streifen mit seinem schelmischen Humor nicht so bissig wie vielleicht erwartet, aber ansonsten ganz okay ausgefallen.
Das Lachen kann einem bei Trey Parkers Abrechnung mit pathetischen Action-Filmen ja durchaus im Halse stecken bleiben, wenn hier munter die selbsternannte Rolle Amerikas auf die Schaufel genommen wird. Dabei ist „Team America“ auf den ersten Blick völlig ernsthaft und behandelt seine Themen auch unreflektiert im völlig überzeichneten „Hurra-Patriotismus“-Modus und lässt dabei auch kein Klischee aus. Doch hinter der grellen Fassade lauert natürlich eine Botschaft, die so gar nicht mit dem ganzen Kawumm einhergeht. Trotzdem hat man irgendwie das Gefühl, dass die politische Gegenwart den Streifen aus dem Jahr 2004 ja längst eingeholt hat und mit der „Elefant im Porzellanladen“-Mentalität wird man mittlerweile ja sogar Präsident und poltert sich munter durch die Welt.
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jogiwan
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Kwaidan

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Masaki Kobayashis herausragender Episodengrusler mit vier Geschichten aus der japanischen Folklore, die hierzulande wohl unter dem Titel Fabel laufen würden. Die Geschichten sind aber nicht sonderlich belehrend, sondern einfach nur wunderschön anzuschauen und handeln von Geistern und Todesengeln, die meist aus sehr traurigen Gründen keinen Frieden finden können. Dabei sind die vier Episoden wunderschön anzuschauen und es wurde für die Kulissen und Kostüme immenser Aufwand betrieben. Von der stürmischen Winterlandschaft, über die herbstliche Erntekulisse bis hin zu einer aufwendigen Seeschlacht und nebeligen Tempelanlagen wurde fast alles im Studio realisiert, toll getrickst und mit einem teils surrealen Charakter versehen, dass man als Zuschauer aus dem Staunen nicht mehr herauskommt. Die Bilder und Kamerafahrten sind unbeschreiblich schön und drei Stunden vergehen wie im Flug, auch wenn das Erzähltempo eher ruhig gewählt wurde und der Grusel und der Schrecken hier auch nicht Vordergrund stehen. Die Blu-Ray-Disc von Criterion bietet den Streifen in ebenfalls herausragender Qualität, ist aber nur Code A und vielleicht erbarmt sich hierzulande mal ein Label, diesen Klassiker des japanischen Geisterfilms und mehr als empfehlenswerten Streifen auch mit deutschen Untertiteln zu veröffentlichen.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Train to Busan

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Temporeicher, solider und neuzeitlicher Zombie-Reißer aus der Mainstream-Ecke, der wohl gleichzeitig als gesellschaftliche Bestandsaufnahme funktioniert. Die Leutchen, die sich innerhalb eines fahrenden Zuges auf einmal einer Zombie-Pandemie ausgesetzt sehen, sind ja quasi bunt zusammengewürfelt und ist erst einmal die Gefahr da, ist es auch mit dem Egoismus nicht mehr weit. Für meinen persönlichen Geschmack fand ich „Train to Busan“ dann vielleicht auch einen Ticken zu gefühlsduselig, wenn der Titelheld im Verlauf der zwei Stunden natürlich auch noch eine charakterliche Wandlung durchmachen machen muss und man als Zombie-Fan der alten Schule hätte ich mir auch ein etwas anderes Ende erwartet. Obwohl sich der Bodycount im oberen Bereich abspielt, werden Gewaltspitzen dezent vermeidet und der Streifen funzt auch eher auf der emotionalen Ebene, wenn jeder der Charaktere schwere Verluste hinnehmen muss und unterschiedlich darauf reagiert. Die Action ist zweifelsfrei ebenfalls sehr gut gemacht und die Bilder, in denen sich die Zombies in Massen auf die Überlebenden hermachen, sind ebenfalls sehr beeindruckend. Für einen modernen Zombie-Film mit Blockbuster-Qualitäten ist hier auch alles im grünen Bereich, auch wenn etwas Ruppigkeit sicher nicht geschadet hätte.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Elvira - Mistress of the Dark

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Die Brotdose der deutschen Blu-Ray-Disc-VÖ ist zwar noch immer hässlich, aber der Film selbst kommt ja sehr hübsch daher. Auch in HD überzeugen die beiden Argumente Elviras und auch der Rest ist immer sehr spaßige Unterhaltung mit anzüglichen Sprüchen und derben Zoten aus den Komödien-Untiefen der Achtzigerjahre. Elvira, die Frau mit den enormen… Einschaltquoten räumt unter bösen Mächten, Vorurteilen und den spießigen Kleinstadtbewohnern gleichermaßen auf und sorgt sich dabei um Genre-Bildung bei Teenagern und der eigenen Libido. Der Film ist natürlich voll und ganz auf die schrille Kunstfigur zugeschnitten und auch wenn Elvira eigentlich völlig egoistisch und narzisstisch gezeichnet ist, so hat sie doch ihr Herz am richtigen Fleck und eine gewisse Episodenhaftigkeit verzeiht man dem Streifen ebenfalls. Einige der Gags funzen eher nur in der englischen Sprachfassung und irgendwie sollte man sich das spaßige Teil ohnehin lieber im Original anschauen. Das macht man alle Jahre auch wieder gerne.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

52 Pick-Up

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Gestern zum ersten Mal gesehen kann ich die überschwänglichen Lobeshymnen zu dem Streifen nicht ganz unterschreiben und ich werde das Gefühl nicht los, dass hier doch viel mehr möglich gewesen wäre. Zwar ist „52 Pick-Up“ einerseits ein durchaus gut gemachter und sehr ansehnlicher 80er-Thriller mit hübsch abgefuckten Locations, interessanten Charakteren und eher dramatischer Note, auf der anderen Seite fand ich die Story doch irgendwie arg simpel gestrickt und die Sache mit der Fleischfilmszene als Promo-Aufhänger, der aber inhaltlich nur ansatzweise genutzt wird. Die Figuren in Form eines gutsituierten, gesetzten Paares aus der Nobelgegend von Los Angeles und ein paar gewaltbereite Erpresser aus der Rotlichtszene gehen für meinen Geschmack auch immer etwas zu unbedarft zu Werke und irgendwie hängt der Film in der Mitte spannungstechnisch doch auch etwas durch. Zwar haben wir es mit „52 Pick-Up“ immer noch mit einem sehenswerten Cannon-Streifen zu tun, der meines Erachtens aber etwas überraschungsarm und mit angezogener Handbremse daherkommt und den thematisch ähnlichen „Der Tod kommt zweimal“ fand ich aus der Ecke ehrlich gesagt doch besser.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Lucia und der Sex

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Nachdem mir gestern Abend recht kurzfristig sehr wohlwollende Worte zu dem Teil vor die Linse gekommen sind, hatte ich spontan Lust auf eine Auffrischung und Julio Medems Werk aus dem Jahr 2001 ist einfach ein wunderbarer Film über Schicksal, Verlust, Trauer und Vergebung. Dazu gibt es drei der hübschesten Frauen des spanischen Kinos und ein sommerlich entrücktes Szenario auf einer namenlosen Insel, die als Zufluchtsort für Menschen dient, denen im Leben schlimme Dinge widerfahren sind. Der Film beginnt dabei scheinbar mit dem Ende einer Beziehung, um dann rückwirkend die Ereignisse aufzurollen, die dazu geführt haben und springt in weiterer Folge munter in den Zeiten hin- und her. Die Geschichte ist einerseits mysteriös, fast schon Thriller-artig, aber auch sehr sinnlich erzählt und obwohl sie mitunter sehr dramatisch erscheint, bleibt stets auch Platz für Hoffnung und Optimismus. Dabei wird mitunter auch dick aufgetragen und surreale Momente bemüht, die hier aber ein homogenes Gesamtbild ergeben, dass den Zuschauer im besten Sinne packt. Ein wunderbarer Film!
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Die Erben

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Aktuell erstarken ja scheinbar überall politische Kräfte, die unter dem Deckmanteln einer konservativen und national-orientierten Politik ihre fragwürdigen Inhalte vermitteln und sich gebetsmühlenartig von rechten Gedankengut distanzieren, obwohl sogenannte „Einzelfälle“ eine gänzlich andere Sprache sprechen. In Walter Bannerts „Die Erben“ sind es aber noch nicht die „neuen Rechten“ mit ihren adaptierten Slogans, sondern österreichische Altnazis, die ihr Gedankengut in den Köpfen junger Menschen pflanzen. Dabei bedienen sie sich Jugendorganisationen und einem Gemeinschaftsgefühl, das anderswo fehlt um erst ganz langsam die eigentlichen Ideologien zu offenbaren und den harten Kern in eindeutige Bahnen zu lenken. Die Bestandsaufnahme österreichischer Befindlichkeiten gemischt mit dem Agieren einen fiktiven Rechtspartei mag dabei manchmal etwas überzeichnet wirken, aber im Kern geht es in dem Streifen um das Abgleiten eines jungen Schülern in eine rechte Organisation, die scheinbar beiläufig geschieht und schulterzuckend zur Kenntnis genommen wird und bei dem auch das Wort Exploitation fehl am Platz ist. „Die Erben“ ist ein Werk, das heutzutage eigentlich noch fast unbequemer ist als zur Zeit seiner Entstehung, denn vieles was in diesem Werk noch als fiktives Bedrohungsszenario aufgezeigt wird, ist längst in anderer Form mitten in der Gesellschaft angekommen. Tipp!

Mutters Maske

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Nach längeren Auslandsreisen auf anderen Kontinenten kehrt Willi zurück in sein Elternhaus einer Industriellenfamilie und findet seine geliebte Mutter im verwahrlosten Zustand vor. Diese ist laut Aussage seines tyrannischen Bruders Martin schwer krank und muss vor Umwelteinflüssen geschont werden. Doch Willi glaubt weder seinem Bruder, noch der Diagnose des seltsamen Arztes und der resoluten Krankenschwester und versucht seiner Mutter beizustehen und diese aus dem Gefängnis-artigen Umfeld zu befreien. Wenig später verliebt sich Willi in die Nachbarin, die ebenfalls von einer mysteriösen Krankheit befallen scheint und während der Heimkehrer immer offensiver mit Martin auf Konfrontation geht, spitzen sich die Ereignisse in dem Umfeld der beiden ungleichen Brüder immer weiter zu.

Christoph Schlingensiefs Remake von Veit Harlans „Opfergang“ aus dem Jahr 1944, dessen dramatischer Inhalt hier jedoch sehr frei interpretiert wird. Hier ist es ja auch wieder die übliche Mischung aus Improvisation, Theatralik, Chaos und seifenopernmäßiger Übertreibung, die sich dem Zuschauer im Verlauf der knapp 85 Minuten bieten und wenn man das Original nicht kennt, fällt es bisweilen auch schwer den Figuren und Entwicklungen zu folgen. Die Handlung bleibt trotz eines Erzählers sperrig und das Verhalten der Protagonisten scheint auf extreme Weise überzeichnet, während alles immer weiter auf die Spitze getrieben wird. Schlingensief selbst sagt auch in einem Interview, dass „Mutters Maske“ ohne Kenntnis von „Opfergang“ wohl nicht funktioniert und so muss vor der nächsten Sichtung in ein paar Jahren wohl auch noch das Original ins Haus. So bleibt – vielleicht auch aufgrund der Tagesverfassung – ein eher zwiespältiger Eindruck zurück und obwohl der Streifen für mich alle Trademarks eines typischen Schlingensief-Filmes beinhaltet, hat das Gesamtergebnis dieses Mal nur bedingt gezündet.
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

Anguish - Im Augenblick der Angst

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Ich setz meine gestrigen Eindrücke mal unter Spoiler-Tags
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Re: Friedhof ohne Kreuze - das Jess Rollin-Tribute-Filmtagebuch

Beitrag von jogiwan »

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Die Nacht der reitenden Leichen

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Linse bekommen habe. Irgendwie hatte ich die durch allerlei Artikel auch als langweilig im Hinterkopf abgespeichert, aber was sich da gestern vor meinen überraschten Augen offenbart hat, war alles andere als uninteressant. Zwar sieht man dem Film seine kostengünstige Machart stark an und die Handlung mit den teils arg überzeichneten Figuren gibt eigentlich auch nicht allzu viel her, aber sind die untoten Templer erst mal da, gibt es ja kein Halten mehr. Der iberische Aberglaube über Satanisten aus vorangegangenen Jahrhunderten entpuppt sich als grausige Realität und der von Einheimischen gemiedene Ort als Todesfalle für neugierige Städter, böse Schmuggler und allerlei Leute, die sonst noch unerwartet zum sprichwörtlichen Handkuss kommen. Das Gewaltlevel ist dabei überaschend hoch und vom Ritualmord bis zum Abhacken von Gliedmaßen ist alles dabei und entschädigt über die erste halbe Stunde, die sich auf das Einführen einer problembelasteten Dreierbeziehung beschränkt und in der vielleicht auch etwas zu viel in verlassenen Dörfern herumspaziert wird. „Die Nacht der reitenden Leichen“ ist ein solider Grusler mit sympathischen Schwächen und wohligen Charme, der nach seinem verhaltenden Start ja gleich mit einer Vielzahl von hübschen Momenten punkten kann und auch gleich wieder Lust auf einen Spanien-Urlaub macht.

Die Rückkehr der reitenden Leichen

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Nach dem Erfolg von „Die Nacht der reitenden Leichen“ als spanisch-portugiesische Horrorproduktion aus der Diskont-Ecke war es ja nicht weiter verwunderlich, dass bereits ein Jahr später eine Quasi-Fortsetzung aus dem Ärmel geschüttelt wurde, die sich jedoch eher lose an die Ereignisse des Vorgängers hält. Hier ist es ein ganzes Dorf an dem von den blinden Templern Rache geübt werden soll und die 500-Jahr-Feierlichkeiten eines Bergdorf kippen relativ rasch ins Inferno, als auf einmal die untoten und ungeladenen Gäste auf der Matte stehen. Dazu kommt noch ein bisschen Beziehungskiste, klar verteilte Sympathie-Rollen zwischen Besuchern und Einheimischen und gut über die Laufzeit dosiertes Gemetzel. Eigentlich gibt es hier auch nicht viel zu meckern, auch wenn das Drehbuch mitunter arg holprig erscheint und die gesichtete Fassung auch ein Flickwerk aus unterschiedlichsten Quellen darstellt. Der Auftritt der Templer ist jedenfalls wesentlich professionelle als im Vorgänger gestaltet, was sich aber auch zu Lasten des Charmes auswirkt. Im Vorgänger ist auch alles eine Spur sympathischer, während „Die Rückkehr der reitenden Leichen“ mit mehr Figuren, mehr Effekten und mehr Verwicklungen auch die Schwächen und Stärken eines Sequels besitzt. Trotzdem gibt es auch hier nicht viel zu meckern und wer schon den Vorgänger mochte, wird auch mit dem Teil hier keine Probleme haben.
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