Was vom Tage übrigblieb ...
Moderator: jogiwan
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Die Geister, die ich rief ... (Richard Donner, 1988) 7/10
Ist hier jemand, der diesen Film nicht kennt? Ab in die Ecke, die Inhaltsangabe aus einer anderen Besprechung holen, und sich mit dem Geist der gegenwärtigen Weihnacht auseinandersetzen …
Bill Murray als profit- und karriereorientierter Fernsehproduzent, der ein Geweih an eine Maus tackern will. Karen Allen kümmert sich um die Ausgestoßenen der Gesellschaft und ist so herzallerliebst wie nur irgendwas. Robert Mitchum ist wie in seinen großen Filmen 30 Jahre früher, nur cooler. John Glover ist wie in GREMLINS 2, nur besser. Alfre Woodard als Grace möchte man am liebsten in den Arm nehmen, und mit ihrem kleinen stummen Jungen in den Zoo gehen und ihm die Wunder dieser Welt zeigen. David Johansen ist der Geist der vergangenen Weihnacht und wirkt wie Tom Waits auf einem richtig wilden Trip. Carol Kane ist der Geist der gegenwärtigen Weihnacht und hat dafür ein paar richtig stich- und vor allem schmerzhaltige Argumente an Bord. Der Geist der zukünftigen Weihnacht? Richtig gruselig!! Handtücher als Weihnachtsgeschenke. Lee Majors rettet mit der Maschinenpistole in der Hand dem Weihnachtsmann das Leben. Fünf Pfund bestes Kalbfleisch sind genau das richtige Weihnachtsgeschenk für einen kleinen Jungen. Bill Murray, der Lakoniker vom Dienst, dreht so hemmungslos auf und über, dass es für mehr als nur eine Handvoll Fremdschämmomente reicht. Aber es wirkt, es wirkt richtig gut! Die Musik von Danny Goldman ist eine Karikatur aller übertriebenen Hollywood-Soundtracks gleichzeitig (hoffentlich, weil wenn die Musik ernst gemeint wäre, dann wäre das mindestens so peinlich wie Bill Murray auf Speed). Und ansonsten einfach nur Weihnachten, Bill Murray, Carol Kane, und nochmals Weihnachten.
Das ist alles eigentlich nicht wirklich lustig, manchmal peinlich, regt oftmals zum heimlichen Nachdenken an, und vor allem ist das hochgradig unterhaltsam. Der ultimative Weihnachtsfilm. Besser als STIRB LANGSAM. Viel besser!
Ist hier jemand, der diesen Film nicht kennt? Ab in die Ecke, die Inhaltsangabe aus einer anderen Besprechung holen, und sich mit dem Geist der gegenwärtigen Weihnacht auseinandersetzen …
Bill Murray als profit- und karriereorientierter Fernsehproduzent, der ein Geweih an eine Maus tackern will. Karen Allen kümmert sich um die Ausgestoßenen der Gesellschaft und ist so herzallerliebst wie nur irgendwas. Robert Mitchum ist wie in seinen großen Filmen 30 Jahre früher, nur cooler. John Glover ist wie in GREMLINS 2, nur besser. Alfre Woodard als Grace möchte man am liebsten in den Arm nehmen, und mit ihrem kleinen stummen Jungen in den Zoo gehen und ihm die Wunder dieser Welt zeigen. David Johansen ist der Geist der vergangenen Weihnacht und wirkt wie Tom Waits auf einem richtig wilden Trip. Carol Kane ist der Geist der gegenwärtigen Weihnacht und hat dafür ein paar richtig stich- und vor allem schmerzhaltige Argumente an Bord. Der Geist der zukünftigen Weihnacht? Richtig gruselig!! Handtücher als Weihnachtsgeschenke. Lee Majors rettet mit der Maschinenpistole in der Hand dem Weihnachtsmann das Leben. Fünf Pfund bestes Kalbfleisch sind genau das richtige Weihnachtsgeschenk für einen kleinen Jungen. Bill Murray, der Lakoniker vom Dienst, dreht so hemmungslos auf und über, dass es für mehr als nur eine Handvoll Fremdschämmomente reicht. Aber es wirkt, es wirkt richtig gut! Die Musik von Danny Goldman ist eine Karikatur aller übertriebenen Hollywood-Soundtracks gleichzeitig (hoffentlich, weil wenn die Musik ernst gemeint wäre, dann wäre das mindestens so peinlich wie Bill Murray auf Speed). Und ansonsten einfach nur Weihnachten, Bill Murray, Carol Kane, und nochmals Weihnachten.
Das ist alles eigentlich nicht wirklich lustig, manchmal peinlich, regt oftmals zum heimlichen Nachdenken an, und vor allem ist das hochgradig unterhaltsam. Der ultimative Weihnachtsfilm. Besser als STIRB LANGSAM. Viel besser!
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Die alles zur Sau machen (Michael Tuchner, 1971) 6/10
Vic Dakin ist der rücksichtslose Chef einer rücksichtslosen Gangsterbande, der mit Liebe beim Job ist und noch selbst gerne hart zuschlägt, anstatt dies anderen zu überlassen. Eines Tages bekommt er einen Tipp zu einem möglichen Lohngeldraub. Nicht sein übliches Geschäft, aber lukrativ. Zusammen mit dem Gelegenheitserpresser und –zuhälter Wolff fädelt er den Job ein. Allerdings muss er dabei auf dem Gebiet des Schulfreundes und jetzigem Konkurrenten Frank arbeiten, weswegen er diesen zur Zusammenarbeit einlädt. Frank allerdings bringt seinen kranken und nervenschwachen Schwager Edgar mit ins Spiel, und damit wissen eine Menge Leute von dem geplanten Überfall. Auch Inspektor Matthews, von dem heißt, dass er nur noch eine einzige Aufgabe hat: Dakin dingfest zu machen …
Bemüht harte Gangsterstory, die einzig unter dem Problem ihrer Entstehungszeit leidet. Der Film bringt durchaus echtes Lokalkolorit mit, weil er nur in London und Umgebung gedreht wurde. Richard Burtons Ausstrahlung ist eiskalt und extrem unsympathisch. Keiner, mit dem man gleichzeitig im selben Club sein möchte und die anderen Darsteller sind erstklassig gecastet und die Charaktere nachvollziehbar und durch die Bank ziemliche Schweine.
Aber es fehlt ein wenig der Esprit. Bis zur Gewaltorgie von RIFIFI AM KARFREITAG ist noch einige Zeit hin, und Anfang der 70er wurden solche Filme oft noch mit diesem Balladentouch inszeniert. Nur so ist nämlich der ziemlich saftlose Showdown zu erklären. Bis dahin aber hält der Film konstant seine niedrige, aber immer vorhandene Spannung, und letzten Endes sind es die Figuren die hier begeistern. Von solchen Typen (und von der Musik) kann man hin zu DIE PROFIS eine gerade Linie ziehen und den britischen Gangster-/Cop-Film der 70er-Jahre nachvollziehen. Aber trotzdem, so richtig losgehen tut hier nur der Überfall, alles andere ist mit gebremstem Schaum inszeniert. Schade, ein explosiv-brutales Remake wäre sicher eine Schau …
Vic Dakin ist der rücksichtslose Chef einer rücksichtslosen Gangsterbande, der mit Liebe beim Job ist und noch selbst gerne hart zuschlägt, anstatt dies anderen zu überlassen. Eines Tages bekommt er einen Tipp zu einem möglichen Lohngeldraub. Nicht sein übliches Geschäft, aber lukrativ. Zusammen mit dem Gelegenheitserpresser und –zuhälter Wolff fädelt er den Job ein. Allerdings muss er dabei auf dem Gebiet des Schulfreundes und jetzigem Konkurrenten Frank arbeiten, weswegen er diesen zur Zusammenarbeit einlädt. Frank allerdings bringt seinen kranken und nervenschwachen Schwager Edgar mit ins Spiel, und damit wissen eine Menge Leute von dem geplanten Überfall. Auch Inspektor Matthews, von dem heißt, dass er nur noch eine einzige Aufgabe hat: Dakin dingfest zu machen …
Bemüht harte Gangsterstory, die einzig unter dem Problem ihrer Entstehungszeit leidet. Der Film bringt durchaus echtes Lokalkolorit mit, weil er nur in London und Umgebung gedreht wurde. Richard Burtons Ausstrahlung ist eiskalt und extrem unsympathisch. Keiner, mit dem man gleichzeitig im selben Club sein möchte und die anderen Darsteller sind erstklassig gecastet und die Charaktere nachvollziehbar und durch die Bank ziemliche Schweine.
Aber es fehlt ein wenig der Esprit. Bis zur Gewaltorgie von RIFIFI AM KARFREITAG ist noch einige Zeit hin, und Anfang der 70er wurden solche Filme oft noch mit diesem Balladentouch inszeniert. Nur so ist nämlich der ziemlich saftlose Showdown zu erklären. Bis dahin aber hält der Film konstant seine niedrige, aber immer vorhandene Spannung, und letzten Endes sind es die Figuren die hier begeistern. Von solchen Typen (und von der Musik) kann man hin zu DIE PROFIS eine gerade Linie ziehen und den britischen Gangster-/Cop-Film der 70er-Jahre nachvollziehen. Aber trotzdem, so richtig losgehen tut hier nur der Überfall, alles andere ist mit gebremstem Schaum inszeniert. Schade, ein explosiv-brutales Remake wäre sicher eine Schau …
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Der Schuss im Tonfilmatelier (Alfred Zeisler, 1930) 6/10
Harry und Saylor küssen sich innig und liebevoll und sind eigentlich gerade auf dem Weg ins Schlafzimmer, als der Diener Gerda ankündigt. Saylor kann gerade noch ins Nebenzimmer flüchten, da steht Gerda auch bereits im Zimmer und macht Harry eine Szene. Wer da im Schlafzimmer ist will sie wissen, bestimmt wieder diese Person! Sie will ins Zimmer gehen, Harry verwehrt ihr den Zugang und es kommt zu einem Gerangel. Da ein Schuss, ein Schrei – Das Gerangel geht weiter, doch jemand ruft „Halt!“. Halt? Wieso Halt? Der Schuss kam zu früh, und die Szene muss wiederholt werden. Also gut, alle wieder auf ihre Plätze, die Szene wird wiederholt, und während des erneuten Gerangels kann Gerda in die Kulisse des Schlafzimmers sehen. Sie sieht Saylor, die regungslos auf dem Bett liegt. Wieso regungslos? Da stimmt doch was nicht … Regisseur Kalser ruft den Arzt, und der bestätigt den Tod Saylors. Durch eine Kugel. Saylor wurde erschossen! Die Kriminalpolizei kommt, niemand darf das Filmatelier verlassen, und Kriminalrat Holzknecht und Kriminalkommissar Möller ermitteln unter den Schauspielern, den Komparsen und der Mannschaft. Denn es ist sicher, dass niemand das Studio verlassen hat, der Mörder also noch hier sein muss.
Und auch wenn der Herr Kriminalrat ein wenig zu viel weiß ohne dass es jemals vorher zur Sprache kam, und auch wenn der Herr Kriminalrat ein wenig zu allwissend über den Dingen schwebt und fast wie der Regisseur bei einem Kriminalfilm agiert, so ist DER SCHUSS IM TONFILMATELIER trotz allem ein richtiger Krimi. Viele Verdächtige in einem abgeschlossenen Raum, eine verschwundene Waffe, ein Kommissar der nicht der Hellste ist, und eine ganze Menge Schauspieler deren Beruf es ist, so zu tun als ob.
Die Hauptverdächtigen sind Gerda (Gerda Maurus) und Harry (Harry Frank), denn die beiden sind seit einiger Zeit verlobt, was Saylor, mit der Harry ein Verhältnis unterhielt, gar nicht gepasst hat. Viele Dinge kommen zum Entsetzen des Regisseurs Kalser (Erwin Kalser) zur Sprache, und mittendrin ist der Hilfsregisseur Kestin (Erich Kestin), der ständig neue Verdächtige aus dem Hut zaubert: Der Kameramann Ewald (Ewald Wenck) in seiner schalldichten Box, weil dort niemand den Schuss hört. Der Oberbeleuchter Bahlke, weil der so finster schaut. Und so manch anderer. Aber der Herr Kriminalrat ist nicht auf den Kopf gefallen, und macht sich die technischen Möglichkeiten eines Tonfilmateliers zunutze, um die letzten Minuten vor dem Mord zu rekonstruieren.
Und genau dieses ist es, was den Film aus dem Mittelmaß heraushebt. Vor allem aus heutiger Sicht ein spannender Blick in die Produktion eines Tonfilms zu einer Zeit, wo dieses Medium noch funkelnagelneu war (Der erste komplette deutsche Tonfilm war laut der Wikipedia MELODIE DES HERZENS, dessen Premiere am 16. Dezember 1929 war, die Dreharbeiten zu DER SCHUSS.. begannen im Mai 1930), und gleichzeitig ein drolliges Vexierspiel mit den Beteiligten eines Films. Die Hauptdarsteller und der Regisseur spielen sich quasi selbst, und der Kommissar braucht beispielsweise einige Zeit um herauszubekommen, dass aus der Waffe, welche die Komparsin Isle Korseck (Ilse Korseck) präsentiert, gar nicht geschossen worden sein kann, weil das ja eine Filmwaffe ist. Wenn Alec Baldwin gewusst hätte, dass das so einfach ist mit der Waffe und dem zu synchronisierenden Schussgeräusch. Denn wenn der Schuss nicht vom Band kommt, dann klingt er gleich völlig falsch! Ja ja, das lernt man in diesem Film …
Ein großer Spannungskrimi ist DER SCHUSS.. dabei nicht, auch wenn die Aktionen des Mörders um seine Spuren zu verwischen (unter anderem werden Filmstreifen in Brand gesteckt, was bei dem damals gebräuchlichen Filmmaterial auch schnell in einer Katastrophe hätte enden können) durchaus spannend sind. Ein wenig hat sich narrativ die Zeit ja doch weitergedreht. Und zwischen 1930 und 2020 gibt es zugegeben gewisse Unterschiede in Form und Inhalt, die DER SCHUSS.. ein klein wenig gealtert darstellen, was vor allem dem gottgleichen Kriminalrat anzulasten ist. Aber der Film ist hübsch gemacht, und bietet wie gesagt spannende und interessante Einblicke in eine Filmproduktion von damals. Und alleine deswegen lohnt die Sichtung schon.
Harry und Saylor küssen sich innig und liebevoll und sind eigentlich gerade auf dem Weg ins Schlafzimmer, als der Diener Gerda ankündigt. Saylor kann gerade noch ins Nebenzimmer flüchten, da steht Gerda auch bereits im Zimmer und macht Harry eine Szene. Wer da im Schlafzimmer ist will sie wissen, bestimmt wieder diese Person! Sie will ins Zimmer gehen, Harry verwehrt ihr den Zugang und es kommt zu einem Gerangel. Da ein Schuss, ein Schrei – Das Gerangel geht weiter, doch jemand ruft „Halt!“. Halt? Wieso Halt? Der Schuss kam zu früh, und die Szene muss wiederholt werden. Also gut, alle wieder auf ihre Plätze, die Szene wird wiederholt, und während des erneuten Gerangels kann Gerda in die Kulisse des Schlafzimmers sehen. Sie sieht Saylor, die regungslos auf dem Bett liegt. Wieso regungslos? Da stimmt doch was nicht … Regisseur Kalser ruft den Arzt, und der bestätigt den Tod Saylors. Durch eine Kugel. Saylor wurde erschossen! Die Kriminalpolizei kommt, niemand darf das Filmatelier verlassen, und Kriminalrat Holzknecht und Kriminalkommissar Möller ermitteln unter den Schauspielern, den Komparsen und der Mannschaft. Denn es ist sicher, dass niemand das Studio verlassen hat, der Mörder also noch hier sein muss.
Und auch wenn der Herr Kriminalrat ein wenig zu viel weiß ohne dass es jemals vorher zur Sprache kam, und auch wenn der Herr Kriminalrat ein wenig zu allwissend über den Dingen schwebt und fast wie der Regisseur bei einem Kriminalfilm agiert, so ist DER SCHUSS IM TONFILMATELIER trotz allem ein richtiger Krimi. Viele Verdächtige in einem abgeschlossenen Raum, eine verschwundene Waffe, ein Kommissar der nicht der Hellste ist, und eine ganze Menge Schauspieler deren Beruf es ist, so zu tun als ob.
Die Hauptverdächtigen sind Gerda (Gerda Maurus) und Harry (Harry Frank), denn die beiden sind seit einiger Zeit verlobt, was Saylor, mit der Harry ein Verhältnis unterhielt, gar nicht gepasst hat. Viele Dinge kommen zum Entsetzen des Regisseurs Kalser (Erwin Kalser) zur Sprache, und mittendrin ist der Hilfsregisseur Kestin (Erich Kestin), der ständig neue Verdächtige aus dem Hut zaubert: Der Kameramann Ewald (Ewald Wenck) in seiner schalldichten Box, weil dort niemand den Schuss hört. Der Oberbeleuchter Bahlke, weil der so finster schaut. Und so manch anderer. Aber der Herr Kriminalrat ist nicht auf den Kopf gefallen, und macht sich die technischen Möglichkeiten eines Tonfilmateliers zunutze, um die letzten Minuten vor dem Mord zu rekonstruieren.
Und genau dieses ist es, was den Film aus dem Mittelmaß heraushebt. Vor allem aus heutiger Sicht ein spannender Blick in die Produktion eines Tonfilms zu einer Zeit, wo dieses Medium noch funkelnagelneu war (Der erste komplette deutsche Tonfilm war laut der Wikipedia MELODIE DES HERZENS, dessen Premiere am 16. Dezember 1929 war, die Dreharbeiten zu DER SCHUSS.. begannen im Mai 1930), und gleichzeitig ein drolliges Vexierspiel mit den Beteiligten eines Films. Die Hauptdarsteller und der Regisseur spielen sich quasi selbst, und der Kommissar braucht beispielsweise einige Zeit um herauszubekommen, dass aus der Waffe, welche die Komparsin Isle Korseck (Ilse Korseck) präsentiert, gar nicht geschossen worden sein kann, weil das ja eine Filmwaffe ist. Wenn Alec Baldwin gewusst hätte, dass das so einfach ist mit der Waffe und dem zu synchronisierenden Schussgeräusch. Denn wenn der Schuss nicht vom Band kommt, dann klingt er gleich völlig falsch! Ja ja, das lernt man in diesem Film …
Ein großer Spannungskrimi ist DER SCHUSS.. dabei nicht, auch wenn die Aktionen des Mörders um seine Spuren zu verwischen (unter anderem werden Filmstreifen in Brand gesteckt, was bei dem damals gebräuchlichen Filmmaterial auch schnell in einer Katastrophe hätte enden können) durchaus spannend sind. Ein wenig hat sich narrativ die Zeit ja doch weitergedreht. Und zwischen 1930 und 2020 gibt es zugegeben gewisse Unterschiede in Form und Inhalt, die DER SCHUSS.. ein klein wenig gealtert darstellen, was vor allem dem gottgleichen Kriminalrat anzulasten ist. Aber der Film ist hübsch gemacht, und bietet wie gesagt spannende und interessante Einblicke in eine Filmproduktion von damals. Und alleine deswegen lohnt die Sichtung schon.
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Red, white and blue (Ferd Sebastian & Beverly Sebastian, 1971) 3/10
Ich war sehr erstaunt nach der Sichtung des US-Originals zu sehen, dass es von RED, WHITE AND BLUE eine deutsche Fassung gibt. Mit dem vollkommen hirnrissigen Titel CALL-GIRL-REPORT werden natürlich falsche Erwartungshaltungen geboren, muss die Rezeption wie zu erwarten unter aller Sau sein.
Denn RED, WHITE AND BLUE hat zwar starke Tendenzen in Richtung Report-Film, ist aber tatsächlich eher eine Mischung aus einem Mondo und einer Dokumentation, die sich bei den Interviews auf der Straße dann eben anfühlt wie ein (deutscher) Report-Film. Ausgehend vom ersten Verfassungszusatz, der den US-Amerikanern Redefreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und das Petitionsrecht garantiert, und zwar ohne Einmischung des Kongresses, ausgehend also von diesem demokratischen Urgesetz wird der aktuelle Stand des Jahres 1970 in Bezug auf die Pornographie erkundet. Was waren die Ursprünge, wie hat sich der Wunsch, nackte (Frauen-) Körper zu sehen entwickelt, und als Hauptthema: Was ist in den letzten 3 Jahren passiert und wie ist der heutige Stand? Eine Schrifttafel zu Beginn des Films zeigt schon die Stoßrichtung: An in-depth study of censorship, obscenity and pornography in America heißt es da, und schnell wird die Arbeit der 1968 zusammengetretenen Commission on obscenity and pornography begutachtet, die 1970, im Jahr der Dreharbeiten, zu folgendem Schluss kam: Dem Kongress wird empfohlen, seine Bemühungen darauf zu konzentrieren, den Zugang zu pornografischem Material auf Jugendliche und Erwachsene zu beschränken, die den Kontakt damit vermeiden wollen, anstatt sich an einwilligende Erwachsene zu wenden. (1) Die Dreharbeiten begleiten teilweise die Sitzungen (was merkwürdig ist, weil diese laut dem Sprecher nicht öffentlich waren), setzen sich dann aber schnell auf der Straße fort, wo ganz normale Menschen ihre Meinungen zu Pornografie und dem Zugang dazu kundgeben können.
Das Business hinter der sexuellen Revolution wird ein wenig beleuchtet, es folgen Interviews mit Herausgebern von Sex-Magazinen und Filmproduzenten (was sehr praktisch ist, weil der eigene (Film-) Produzent natürlich gerne Rede und Antwort stand). Es werden Dreharbeiten gezeigt, die Darsteller werden interviewt, und am Ende des Films gibt es noch einen Abstecher in eine Tabledance-Bar, ebenfalls mit einem Interview mit einer Tänzerin veredelt.
Alles dies ist mit einer Wackelkamera aufgenommen, mit psychedelischer Musik hinterlegt, und vor allem die Meinungen der Interviewpartner laufen immer auf dasselbe hinaus: Jeder ist seines Glückes Schmied, Geld verdienen ist das Einzige was zählt, die Menschen auf der Straße wollen das, also geben wir ihnen das und verdienen Geld damit, bla bla bla … Die drei Aussteiger, die in den Hügeln in einer Grashütte leben und ihr Geld als Porno-Schauspieler verdienen sind vielleicht noch irgendwo zu beneiden – In Kalifornien, wo es bekanntlich niemals regnet, sein Leben mit Sex zu bestreiten und ansonsten in völliger Freiheit zu leben, das hat schon was, aber ob das knapp einjährige Kind, das bei dieser Gruppe aufwachsen wird, dies auch so sieht?
RED, WHITE AND BLUE ist eine oft etwas dröge Bestandsaufnahme eines Sachverhalts, der sich zwei Jahre später dann sowieso erledigt hat: Zwar beschloss die Kommission, dass der Zugang zu Pornographie zu beschränken ist, aber 1972 wurden Pornos in den USA dann legalisiert, und damit der Sinn dieses Films ad absurdum geführt (was während der Dreharbeiten zugegebenermaßen noch nicht abzusehen war). Was übrig bleibt ist wie gesagt eher dröge – Der Versuch über ein illegales Geschäft zu berichten ohne dabei selber in die Illegalität zu rutschen impliziert, dass nichts Strafbares gezeigt werden darf. Von daher wippen hier einige nackte Brüste durch das Bild, ein wenig Softcore wird gezeigt, ein oder zwei Penisse (das Wort wird sogar mal erwähnt, igitt), aber die Darstellung bleibt aus heutiger Sicht ausgesprochen bieder. Es ist nicht klar ersichtlich, welche Teile der Dokumentation gefakt sind und welche echt, und letzten Endes gerierte sich selbst der vielgescholtene deutsche SCHULMÄDCHEN-REPORT aus demselben Jahr schon progressiver. Dort sprach ja auch kein Rechtsanwalt einen leiernden und unaufregenden Kommentar ein, sondern Volkes Stimme sorgte für ein wenig Aufmerksamkeit. Nein, der große Wurf ist der Film nicht, und aus heutiger Sicht höchstens als kleiner, und dabei durchaus nicht uninteressanter, Einblick in ein Nischenbusiness einer relativ wilden Zeit zu goutieren. Aber unter dem Begriff lohnend verstehe ich ehrlich gesagt anderes …
(1) https://www.mtsu.edu/first-amendment/ar ... rnography
Ich war sehr erstaunt nach der Sichtung des US-Originals zu sehen, dass es von RED, WHITE AND BLUE eine deutsche Fassung gibt. Mit dem vollkommen hirnrissigen Titel CALL-GIRL-REPORT werden natürlich falsche Erwartungshaltungen geboren, muss die Rezeption wie zu erwarten unter aller Sau sein.
Denn RED, WHITE AND BLUE hat zwar starke Tendenzen in Richtung Report-Film, ist aber tatsächlich eher eine Mischung aus einem Mondo und einer Dokumentation, die sich bei den Interviews auf der Straße dann eben anfühlt wie ein (deutscher) Report-Film. Ausgehend vom ersten Verfassungszusatz, der den US-Amerikanern Redefreiheit, Religionsfreiheit, Pressefreiheit, Versammlungsfreiheit und das Petitionsrecht garantiert, und zwar ohne Einmischung des Kongresses, ausgehend also von diesem demokratischen Urgesetz wird der aktuelle Stand des Jahres 1970 in Bezug auf die Pornographie erkundet. Was waren die Ursprünge, wie hat sich der Wunsch, nackte (Frauen-) Körper zu sehen entwickelt, und als Hauptthema: Was ist in den letzten 3 Jahren passiert und wie ist der heutige Stand? Eine Schrifttafel zu Beginn des Films zeigt schon die Stoßrichtung: An in-depth study of censorship, obscenity and pornography in America heißt es da, und schnell wird die Arbeit der 1968 zusammengetretenen Commission on obscenity and pornography begutachtet, die 1970, im Jahr der Dreharbeiten, zu folgendem Schluss kam: Dem Kongress wird empfohlen, seine Bemühungen darauf zu konzentrieren, den Zugang zu pornografischem Material auf Jugendliche und Erwachsene zu beschränken, die den Kontakt damit vermeiden wollen, anstatt sich an einwilligende Erwachsene zu wenden. (1) Die Dreharbeiten begleiten teilweise die Sitzungen (was merkwürdig ist, weil diese laut dem Sprecher nicht öffentlich waren), setzen sich dann aber schnell auf der Straße fort, wo ganz normale Menschen ihre Meinungen zu Pornografie und dem Zugang dazu kundgeben können.
Das Business hinter der sexuellen Revolution wird ein wenig beleuchtet, es folgen Interviews mit Herausgebern von Sex-Magazinen und Filmproduzenten (was sehr praktisch ist, weil der eigene (Film-) Produzent natürlich gerne Rede und Antwort stand). Es werden Dreharbeiten gezeigt, die Darsteller werden interviewt, und am Ende des Films gibt es noch einen Abstecher in eine Tabledance-Bar, ebenfalls mit einem Interview mit einer Tänzerin veredelt.
Alles dies ist mit einer Wackelkamera aufgenommen, mit psychedelischer Musik hinterlegt, und vor allem die Meinungen der Interviewpartner laufen immer auf dasselbe hinaus: Jeder ist seines Glückes Schmied, Geld verdienen ist das Einzige was zählt, die Menschen auf der Straße wollen das, also geben wir ihnen das und verdienen Geld damit, bla bla bla … Die drei Aussteiger, die in den Hügeln in einer Grashütte leben und ihr Geld als Porno-Schauspieler verdienen sind vielleicht noch irgendwo zu beneiden – In Kalifornien, wo es bekanntlich niemals regnet, sein Leben mit Sex zu bestreiten und ansonsten in völliger Freiheit zu leben, das hat schon was, aber ob das knapp einjährige Kind, das bei dieser Gruppe aufwachsen wird, dies auch so sieht?
RED, WHITE AND BLUE ist eine oft etwas dröge Bestandsaufnahme eines Sachverhalts, der sich zwei Jahre später dann sowieso erledigt hat: Zwar beschloss die Kommission, dass der Zugang zu Pornographie zu beschränken ist, aber 1972 wurden Pornos in den USA dann legalisiert, und damit der Sinn dieses Films ad absurdum geführt (was während der Dreharbeiten zugegebenermaßen noch nicht abzusehen war). Was übrig bleibt ist wie gesagt eher dröge – Der Versuch über ein illegales Geschäft zu berichten ohne dabei selber in die Illegalität zu rutschen impliziert, dass nichts Strafbares gezeigt werden darf. Von daher wippen hier einige nackte Brüste durch das Bild, ein wenig Softcore wird gezeigt, ein oder zwei Penisse (das Wort wird sogar mal erwähnt, igitt), aber die Darstellung bleibt aus heutiger Sicht ausgesprochen bieder. Es ist nicht klar ersichtlich, welche Teile der Dokumentation gefakt sind und welche echt, und letzten Endes gerierte sich selbst der vielgescholtene deutsche SCHULMÄDCHEN-REPORT aus demselben Jahr schon progressiver. Dort sprach ja auch kein Rechtsanwalt einen leiernden und unaufregenden Kommentar ein, sondern Volkes Stimme sorgte für ein wenig Aufmerksamkeit. Nein, der große Wurf ist der Film nicht, und aus heutiger Sicht höchstens als kleiner, und dabei durchaus nicht uninteressanter, Einblick in ein Nischenbusiness einer relativ wilden Zeit zu goutieren. Aber unter dem Begriff lohnend verstehe ich ehrlich gesagt anderes …
(1) https://www.mtsu.edu/first-amendment/ar ... rnography
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Die fabelhafte Welt der Amélie (Jean-Pierre Jeunet, 2001) 9/10
Es ist immer kolossal schwierig, etwas über Filme zu schreiben die jeder kennt, und die fast jeder mag. AMÉLIE zum Beispiel ist ein allgemein ausgesprochen beliebter Film, und wer ihn nicht mag, der hasst ihn geradezu. AMÉLIE ist kein Mittelmaß, was ja schließlich auch als Qualitätsmerkmal gelten darf.
Aber was schreibt man über AMÉLIE, was nicht schon Dutzende, Hunderte, wahrscheinlich sogar Tausende andere geschrieben haben? AMÉLIE ist herzallerliebst, ist ein Märchen, ist eine Fabel in einer idealisierten Welt. In einem Paris, das so auch von Jean Renoir oder Marcel Carné geschildert werden könnte, und in dem man meint, dass jeden Augenblick ein junger Belmondo um die Ecke spurten könnte. Ein Jean Gabin seinen prüfenden Blick auswirft. Oder Simone Signoret lange Beine bis zum Boden auspackt. Eine Märchenwelt, die vollgepackt ist mit Märchenfiguren - Alle sind mindestens ein klein wenig gut, alle sind mindestens ein klein wenig liebenswert, und selbst wer auf den ersten Blick ein Stinkstiefel zu sein scheint, wird irgendwann geläutert. Wie zum Beispiel der garstige Gemüsehändler, dessen Läuterung zwar nicht mehr vor der Kamera stattfindet, aber irgendwann muss ja auch der es mal lernen …
Nein, etwas wirklich Schlechtes kann man hier kaum finden, insofern man gewillt ist sich auf ein Märchen einzulassen. AMÉLIE ist Kino wie aus der goldenen Zeit der großen Leinwandepen: Etwas fürs Herz, etwas zum Mitzittern, etwas zum Dahinschmelzen, und am Ende hat man das Gefühl, knapp 2 Stunden schön geträumt zu haben. Und sehnt sich aus der eigenen grauen Welt in diese helle und liebevolle Welt zurück. Ohne aufgesetzte Romantik und ohne dümmlich-klamaukige Dialoge ist AMÉLIE ein Stückchen Kino, wie es heutzutage, im Zeitalter der Superhelden und der Weltzerstörung auf beiden Seiten der Leinwand, selten geworden ist.
Es ist immer kolossal schwierig, etwas über Filme zu schreiben die jeder kennt, und die fast jeder mag. AMÉLIE zum Beispiel ist ein allgemein ausgesprochen beliebter Film, und wer ihn nicht mag, der hasst ihn geradezu. AMÉLIE ist kein Mittelmaß, was ja schließlich auch als Qualitätsmerkmal gelten darf.
Aber was schreibt man über AMÉLIE, was nicht schon Dutzende, Hunderte, wahrscheinlich sogar Tausende andere geschrieben haben? AMÉLIE ist herzallerliebst, ist ein Märchen, ist eine Fabel in einer idealisierten Welt. In einem Paris, das so auch von Jean Renoir oder Marcel Carné geschildert werden könnte, und in dem man meint, dass jeden Augenblick ein junger Belmondo um die Ecke spurten könnte. Ein Jean Gabin seinen prüfenden Blick auswirft. Oder Simone Signoret lange Beine bis zum Boden auspackt. Eine Märchenwelt, die vollgepackt ist mit Märchenfiguren - Alle sind mindestens ein klein wenig gut, alle sind mindestens ein klein wenig liebenswert, und selbst wer auf den ersten Blick ein Stinkstiefel zu sein scheint, wird irgendwann geläutert. Wie zum Beispiel der garstige Gemüsehändler, dessen Läuterung zwar nicht mehr vor der Kamera stattfindet, aber irgendwann muss ja auch der es mal lernen …
Nein, etwas wirklich Schlechtes kann man hier kaum finden, insofern man gewillt ist sich auf ein Märchen einzulassen. AMÉLIE ist Kino wie aus der goldenen Zeit der großen Leinwandepen: Etwas fürs Herz, etwas zum Mitzittern, etwas zum Dahinschmelzen, und am Ende hat man das Gefühl, knapp 2 Stunden schön geträumt zu haben. Und sehnt sich aus der eigenen grauen Welt in diese helle und liebevolle Welt zurück. Ohne aufgesetzte Romantik und ohne dümmlich-klamaukige Dialoge ist AMÉLIE ein Stückchen Kino, wie es heutzutage, im Zeitalter der Superhelden und der Weltzerstörung auf beiden Seiten der Leinwand, selten geworden ist.
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Das Mörderschiff (Etienne Périer, 1971) 8/10
In den 60er-Jahren war der Thrillerautor Alistair MacLean ein verdammt großer Name. Seine Romane verkauften sich millionenfach, und Verfilmungen wie DIE KANONEN VON NAVARONE oder AGENTEN STERBEN EINSAM standen dem Erfolg der Bücher in Nichts nach. In den 70ern begann dann der allmähliche Abstieg des einstigen Stars, die Romane wiederholten sich zusehends, die Verfilmungen rutschen über den B- in den C- Bereich, und in den 80ern war aus dem Meister der Spannung längst ein Flaschenkind geworden, das zwar nach wie vor gut erzählen konnte, aber das was es zu erzählen hatte, das wurde irgendwann nur noch peinlich.
Aber in den 60ern wie gesagt, da war das alles noch neu und funkelnd. Im Wesentlichen sind es meist Man on a Mission-Stoffe, die durch ausweglose Situationen und trinkfeste Helden glänzen. Ausgefeilte Charakterisierungen sind hier eher selten, die Hauptelemente sind raue Männer, die in einer noch raueren Natur (MacLean war passionierter Segler und Naturliebhaber) töten müssen, um zu überleben. In DAS MÖRDERSCHIFF muss der Agent Philipp Calvert herausfinden, warum vor der schottischen Küste Schiffe mit großen Goldladungen spurlos verschwinden. Zwei seiner Leute, die er vor Ort eingesetzt hat, wurden ermordet, und also geht er gemeinsam mit seinem Freund, einem Bürokraten aus dem Geheimdienst, an einem kleinen schottische Küstenstädtchen als Meeresbiologe vor Anker, um das Geheimnis aufzudecken. Und muss sehr schnell lernen, dass dieses Geheimnis ein tödliches ist, den fast ab dem ersten Tag beginnen Überfälle auf seine Person, und häufen sich um ihn herum die mysteriösen Gestalten einerseits und die Leichen andererseits.
Filme zu bewerten hat meistens etwas sehr Persönliches. Natürlich kann man und sollte man versuchen, so unvoreingenommen wie möglich an einen Film heranzugehen, aber manchmal geht das halt einfach nicht. Hier zum Beispiel haben wir einen Film, der in Schottland spielt. Der die schottische Landschaft, vor allem die Insel Skye, sehr ausführlich zeigt und sie auch zu einem Teil des Films macht. Der die Nebendarsteller ihren eigenen Dialekt sprechen lässt. Und der einfach so durch und durch schottisch ist, wie man es heutzutage sonst nur von BRAVEHEART kennt. Dummerweise ist der Maulwurf sehr großer Schottland-Fan, und damit hat der Film per Definition bereits gewonnen. Der Hubschrauberflug über die Insel zeigt jede Menge wundervoller Landschaften, präsentiert einige der Sehenswürdigkeiten, und lässt mein Maulwurfsherz erbeben vor Freude. Was stört es da, dass die Dramaturgie so holprig ist wie die schottische Heidelandschaft? Dass das Tempo von Beginn an sehr hoch ist, durch fetzige Musik oft sogar noch gesteigert wird, und damit Ansätze einer ausgeklügelten Story glatterdings überbügelt werden? Dass manche der Figuren, wie etwa der Haifischjäger Hutchinson, so platt wirken wie ein flaches Shortbread und eigentlich(!) keinerlei Existenzberechtigung haben? (Was auch nichts macht, denn die Annäherung zwischen Held und Freund ist so dermaßen hanebüchen, dass es einen schaudern könnte wie im schottischen Winter.) Dass der Schurke im Hintergrund während des Films kaum einmal zu sehen ist, und sogar gefühlt erst 10 Minuten vor Ende überhaupt einen Namen erhält? Dass das Ende mehr als nur reichlich seltsam ist, und eher auf eine mögliche Fortsetzung hinweist als auf einen runden Abschluss?
Tatsächlich war ursprünglich geplant, eine Filmserie mit Philipp Calvert in der Hauptrolle zu drehen, und zwar genau zu der Zeit, in der Sean Connery seinen Abschied als James Bond nahm. Die Produzenten wollten also einen Ersatz für die Bond-Serie haben und drehten daraufhin DAS MÖRDERSCHIFF. Nun ja, die Historie ist bekannt: Sean Connery kehrte für DIAMANTENFIEBER zurück, und die Calvert-Serie war, auch weil der Film in den USA nicht besonders erfolgreich war, gestorben. Was man durchaus nachvollziehen kann, denn obwohl das Drehbuch, von Alistair MacLean persönlich verfasst und stark an den üblichen Bond-Mechanismen orientiert, sich sehr nah an den Roman hält, und nur das bleihaltige Showdown sich vom eher dialoglastigen Ende des Romans unterscheidet, so liegen die Schwächen des Films doch ganz eindeutig bei der Regie, die es nicht schafft, den Figuren wirklich Leben einzuhauchen. Man merkt deutlich, dass der Belgier Etienne Périer aus dem B-Sektor stammt, und entsprechend hat der Produzent die Wahl des Regisseurs auch als einzigen Fehler benannt …
Nichtsdestotrotz ist DAS MÖRDERSCHIFF ein rasanter und nicht unspannender Actionfilm geworden, der mit einer wunderschönen Landschaft punktet, und mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle und Robert Morley als Gerade-noch-an-.der-Grenze-zum Klamauk-balancierenden Sidekick einen vernünftig wirkenden Gegenentwurf zum 007-Universum auf die Beine stellt. Statt Glamour und Reisen um die Welt kleines Kaff mit miesem Wetter. Statt reihenweise schöner Frauen Nathalie Delon, und statt blutarmer Kampfszenen brutale Fights mit Sterben in Großaufnahme, was stellenweise sehr hart rüberkommt. Aber der geneigte Zuschauer sollte sich eben nicht zu sehr auf logische Abläufe und überzeugende Charaktere einschießen – Das Motto heißt drauflosballern und danach einen Whisky trinken. Oder zwei. Und während des Showdowns im Schloss wird dann auch mal schnell ein Schluck aus der Pulle genommen. Prost Alistair MacLean, möge Deine Seele zwischen den übermäßig geliebten Whiskyfässern ihre Ruhe finden!
Der Originaltitel bezieht sich übrigens auf einen Ausdruck aus der Seemannssprache: 8 Glasen, das ist Mitternacht. Und um Mitternacht soll der Überfall auf das Hauptquartier der Schurken stattfinden. Also dann, wenn es 8 Schläge mit der (Seemanns-)Uhr hat …
In den 60er-Jahren war der Thrillerautor Alistair MacLean ein verdammt großer Name. Seine Romane verkauften sich millionenfach, und Verfilmungen wie DIE KANONEN VON NAVARONE oder AGENTEN STERBEN EINSAM standen dem Erfolg der Bücher in Nichts nach. In den 70ern begann dann der allmähliche Abstieg des einstigen Stars, die Romane wiederholten sich zusehends, die Verfilmungen rutschen über den B- in den C- Bereich, und in den 80ern war aus dem Meister der Spannung längst ein Flaschenkind geworden, das zwar nach wie vor gut erzählen konnte, aber das was es zu erzählen hatte, das wurde irgendwann nur noch peinlich.
Aber in den 60ern wie gesagt, da war das alles noch neu und funkelnd. Im Wesentlichen sind es meist Man on a Mission-Stoffe, die durch ausweglose Situationen und trinkfeste Helden glänzen. Ausgefeilte Charakterisierungen sind hier eher selten, die Hauptelemente sind raue Männer, die in einer noch raueren Natur (MacLean war passionierter Segler und Naturliebhaber) töten müssen, um zu überleben. In DAS MÖRDERSCHIFF muss der Agent Philipp Calvert herausfinden, warum vor der schottischen Küste Schiffe mit großen Goldladungen spurlos verschwinden. Zwei seiner Leute, die er vor Ort eingesetzt hat, wurden ermordet, und also geht er gemeinsam mit seinem Freund, einem Bürokraten aus dem Geheimdienst, an einem kleinen schottische Küstenstädtchen als Meeresbiologe vor Anker, um das Geheimnis aufzudecken. Und muss sehr schnell lernen, dass dieses Geheimnis ein tödliches ist, den fast ab dem ersten Tag beginnen Überfälle auf seine Person, und häufen sich um ihn herum die mysteriösen Gestalten einerseits und die Leichen andererseits.
Filme zu bewerten hat meistens etwas sehr Persönliches. Natürlich kann man und sollte man versuchen, so unvoreingenommen wie möglich an einen Film heranzugehen, aber manchmal geht das halt einfach nicht. Hier zum Beispiel haben wir einen Film, der in Schottland spielt. Der die schottische Landschaft, vor allem die Insel Skye, sehr ausführlich zeigt und sie auch zu einem Teil des Films macht. Der die Nebendarsteller ihren eigenen Dialekt sprechen lässt. Und der einfach so durch und durch schottisch ist, wie man es heutzutage sonst nur von BRAVEHEART kennt. Dummerweise ist der Maulwurf sehr großer Schottland-Fan, und damit hat der Film per Definition bereits gewonnen. Der Hubschrauberflug über die Insel zeigt jede Menge wundervoller Landschaften, präsentiert einige der Sehenswürdigkeiten, und lässt mein Maulwurfsherz erbeben vor Freude. Was stört es da, dass die Dramaturgie so holprig ist wie die schottische Heidelandschaft? Dass das Tempo von Beginn an sehr hoch ist, durch fetzige Musik oft sogar noch gesteigert wird, und damit Ansätze einer ausgeklügelten Story glatterdings überbügelt werden? Dass manche der Figuren, wie etwa der Haifischjäger Hutchinson, so platt wirken wie ein flaches Shortbread und eigentlich(!) keinerlei Existenzberechtigung haben? (Was auch nichts macht, denn die Annäherung zwischen Held und Freund ist so dermaßen hanebüchen, dass es einen schaudern könnte wie im schottischen Winter.) Dass der Schurke im Hintergrund während des Films kaum einmal zu sehen ist, und sogar gefühlt erst 10 Minuten vor Ende überhaupt einen Namen erhält? Dass das Ende mehr als nur reichlich seltsam ist, und eher auf eine mögliche Fortsetzung hinweist als auf einen runden Abschluss?
Tatsächlich war ursprünglich geplant, eine Filmserie mit Philipp Calvert in der Hauptrolle zu drehen, und zwar genau zu der Zeit, in der Sean Connery seinen Abschied als James Bond nahm. Die Produzenten wollten also einen Ersatz für die Bond-Serie haben und drehten daraufhin DAS MÖRDERSCHIFF. Nun ja, die Historie ist bekannt: Sean Connery kehrte für DIAMANTENFIEBER zurück, und die Calvert-Serie war, auch weil der Film in den USA nicht besonders erfolgreich war, gestorben. Was man durchaus nachvollziehen kann, denn obwohl das Drehbuch, von Alistair MacLean persönlich verfasst und stark an den üblichen Bond-Mechanismen orientiert, sich sehr nah an den Roman hält, und nur das bleihaltige Showdown sich vom eher dialoglastigen Ende des Romans unterscheidet, so liegen die Schwächen des Films doch ganz eindeutig bei der Regie, die es nicht schafft, den Figuren wirklich Leben einzuhauchen. Man merkt deutlich, dass der Belgier Etienne Périer aus dem B-Sektor stammt, und entsprechend hat der Produzent die Wahl des Regisseurs auch als einzigen Fehler benannt …
Nichtsdestotrotz ist DAS MÖRDERSCHIFF ein rasanter und nicht unspannender Actionfilm geworden, der mit einer wunderschönen Landschaft punktet, und mit Anthony Hopkins in der Hauptrolle und Robert Morley als Gerade-noch-an-.der-Grenze-zum Klamauk-balancierenden Sidekick einen vernünftig wirkenden Gegenentwurf zum 007-Universum auf die Beine stellt. Statt Glamour und Reisen um die Welt kleines Kaff mit miesem Wetter. Statt reihenweise schöner Frauen Nathalie Delon, und statt blutarmer Kampfszenen brutale Fights mit Sterben in Großaufnahme, was stellenweise sehr hart rüberkommt. Aber der geneigte Zuschauer sollte sich eben nicht zu sehr auf logische Abläufe und überzeugende Charaktere einschießen – Das Motto heißt drauflosballern und danach einen Whisky trinken. Oder zwei. Und während des Showdowns im Schloss wird dann auch mal schnell ein Schluck aus der Pulle genommen. Prost Alistair MacLean, möge Deine Seele zwischen den übermäßig geliebten Whiskyfässern ihre Ruhe finden!
Der Originaltitel bezieht sich übrigens auf einen Ausdruck aus der Seemannssprache: 8 Glasen, das ist Mitternacht. Und um Mitternacht soll der Überfall auf das Hauptquartier der Schurken stattfinden. Also dann, wenn es 8 Schläge mit der (Seemanns-)Uhr hat …
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Laura – Dreieck der Lust (Beppe Cino & Bruno Gaburro, 1987) 3/10
Sehr viel Geld bietet das Ehepaar Marcello und Anna der Luxusnutte Laura, um den Sohn Sergio endlich „zu einem Mann zu machen“. Sergio sitzt den ganzen Tag herum, liest Bücher, und ist so ganz anders als sein Vater, der bevorzugt Dreier mit seiner Frau fotografiert oder Huren misshandelt. Der Herr Papa ist halt ein richtiger Mann, und Laura hat entsprechend üble Erinnerungen an ihn. Aber sie ist eine Hure, und als Hure arbeitet sie für Geld. Also reist sie zur Villa von Marcello, quartiert sich dort als angeblich alte Freundin ein, beobachtet die Sexspiele zwischen Marcello, Anna und dem Dienstmädchen, und versucht Sergio zu verführen. Sie stellt aber schnell fest, dass Sergio, im Gegensatz zu allen anderen Anwesenden, ein sensibler und intelligenter Mensch ist, dem nichts an irgendwelchen schnellen Bumsereien liegt. Und weil Laura selber diesen Hang zur Schwärmerei hat, beginnt sie, sich in Sergio zu verlieben.
Und was hier etwas abgedroschen klingt - sieht auch genauso abgedroschen aus. Wir beobachten gutaussehende (Al Cliver? Na gut, der vielleicht nicht …) Menschen in gutaussehenden Dekorationen, wie sie mal mehr und mal weniger gutaussehende Dinge tun. Wie zum Beispiel den ganzen Tag am Pool rumzulümmeln. Zur morgendlichen Begrüßung erstmal ein großes Glas Whisky zu kippen. Und geschlechtsspezifisch entweder alle Frauen der Umgebung als frei verfügbare Beute anzusehen, oder die Beine breit zu machen wann immer es geht. Dazu dudelt die immergleiche Softerotikmusik, bestehend aus Saxofon und Synthesizer im Hintergrund, und ich meine wirklich „immergleich“: Egal, ob wir einer versuchten Vergewaltigung beiwohnen oder dem Vorspiel zu einem nicht wirklich einvernehmlichen Dreier, einem Streitgespräch über Verstümmelungen oder der zärtlichen Hingabe Sergios, die Muzak im Hintergrund ist immer die gleiche. Genauso wie die auswechselbaren Kulissen oder die dümmlich-stereotypen Dialoge. Sätze wie “Ich habe den Scheck nur genommen, um ihnen den Triumph nicht zu gönnen.“ oder „Meine Tränen als Hure sind nicht so viel wert wie die einer Giftschlange wie Dir.“ lassen den Finger fast im Reflex zur Vorspultaste zucken …
Dabei ist den Schauspielern die ernsthafte Langeweile des Films größtenteils nicht anzulasten. Simonetta Caro schaut gut aus und hat eine angenehme Ausstrahlung, genauso wie Liliana Tercic als sexuell unterforderte Anna. Beiden Schauspielerinnen wäre es zu gönnen gewesen eine längere Karriere gehabt zu haben, aber bei beiden findet sich in der IMDB nur ein einziger Eintrag. Schade!
Al Cliver wiederum hatte in seiner Karriere im Wesentlichen zwei Rollentypen drauf: Den zärtlichen Lover und das schäbige Schwein. Hier gibt er letzteres und macht das auch mit der gewohnten Routine, und wenn wir schon bei Routine sind, dann kommt auch schnell Fabio Meyer ins Spiel, der seinen Sergio fast völlig emotionslos und wie ferngesteuert anlegt. Das Gefühlsleben ist gleich null, die Ausstrahlung ebenfalls, und wann immer er mit Simonetta Caro allein in einem Raum ist und diese beginnt sich auszuziehen, geht die Aufmerksamkeit des Zuschauers komplett auf die Frau über – Fabio Meyer ist als Schauspieler eine Nullnummer gewesen, und DREIECK DER LUST ist der eindeutige Beleg dafür.
Wer so etwas mag kann sich bei diesem Film sicher eine Zeitlang wohlfühlen, mir persönlich war es aber zu einfallslos und zu monoton. Bei einem Softsexer (häh?) dieser Art erwartet man sich zumindest ein paar Schauwerte, und der Einstieg ist auch entsprechend aufgeladen. Aber das legt sich ganz schnell, und bis auf das „Showdown“ wird abgeblendet wann immer die Stimmung auch nur ein wenig zu prickeln beginnt. Entweder ist der Film in der deutschen Fassung gnadenlos zusammengeschnitten, oder die Produzenten wollten einmal versuchen auszuprobieren, mit wie wenig nackter Haut ein Softerotikfilm machbar ist. Experiment gelungen(?): Wenig nackte Haut, gar keine erotische Stimmung, Film stinkelangweilig. Finger weg, sowohl von Beppe Cino als auch von Bruno Gaburro gibt es besseres …
Sehr viel Geld bietet das Ehepaar Marcello und Anna der Luxusnutte Laura, um den Sohn Sergio endlich „zu einem Mann zu machen“. Sergio sitzt den ganzen Tag herum, liest Bücher, und ist so ganz anders als sein Vater, der bevorzugt Dreier mit seiner Frau fotografiert oder Huren misshandelt. Der Herr Papa ist halt ein richtiger Mann, und Laura hat entsprechend üble Erinnerungen an ihn. Aber sie ist eine Hure, und als Hure arbeitet sie für Geld. Also reist sie zur Villa von Marcello, quartiert sich dort als angeblich alte Freundin ein, beobachtet die Sexspiele zwischen Marcello, Anna und dem Dienstmädchen, und versucht Sergio zu verführen. Sie stellt aber schnell fest, dass Sergio, im Gegensatz zu allen anderen Anwesenden, ein sensibler und intelligenter Mensch ist, dem nichts an irgendwelchen schnellen Bumsereien liegt. Und weil Laura selber diesen Hang zur Schwärmerei hat, beginnt sie, sich in Sergio zu verlieben.
Und was hier etwas abgedroschen klingt - sieht auch genauso abgedroschen aus. Wir beobachten gutaussehende (Al Cliver? Na gut, der vielleicht nicht …) Menschen in gutaussehenden Dekorationen, wie sie mal mehr und mal weniger gutaussehende Dinge tun. Wie zum Beispiel den ganzen Tag am Pool rumzulümmeln. Zur morgendlichen Begrüßung erstmal ein großes Glas Whisky zu kippen. Und geschlechtsspezifisch entweder alle Frauen der Umgebung als frei verfügbare Beute anzusehen, oder die Beine breit zu machen wann immer es geht. Dazu dudelt die immergleiche Softerotikmusik, bestehend aus Saxofon und Synthesizer im Hintergrund, und ich meine wirklich „immergleich“: Egal, ob wir einer versuchten Vergewaltigung beiwohnen oder dem Vorspiel zu einem nicht wirklich einvernehmlichen Dreier, einem Streitgespräch über Verstümmelungen oder der zärtlichen Hingabe Sergios, die Muzak im Hintergrund ist immer die gleiche. Genauso wie die auswechselbaren Kulissen oder die dümmlich-stereotypen Dialoge. Sätze wie “Ich habe den Scheck nur genommen, um ihnen den Triumph nicht zu gönnen.“ oder „Meine Tränen als Hure sind nicht so viel wert wie die einer Giftschlange wie Dir.“ lassen den Finger fast im Reflex zur Vorspultaste zucken …
Dabei ist den Schauspielern die ernsthafte Langeweile des Films größtenteils nicht anzulasten. Simonetta Caro schaut gut aus und hat eine angenehme Ausstrahlung, genauso wie Liliana Tercic als sexuell unterforderte Anna. Beiden Schauspielerinnen wäre es zu gönnen gewesen eine längere Karriere gehabt zu haben, aber bei beiden findet sich in der IMDB nur ein einziger Eintrag. Schade!
Al Cliver wiederum hatte in seiner Karriere im Wesentlichen zwei Rollentypen drauf: Den zärtlichen Lover und das schäbige Schwein. Hier gibt er letzteres und macht das auch mit der gewohnten Routine, und wenn wir schon bei Routine sind, dann kommt auch schnell Fabio Meyer ins Spiel, der seinen Sergio fast völlig emotionslos und wie ferngesteuert anlegt. Das Gefühlsleben ist gleich null, die Ausstrahlung ebenfalls, und wann immer er mit Simonetta Caro allein in einem Raum ist und diese beginnt sich auszuziehen, geht die Aufmerksamkeit des Zuschauers komplett auf die Frau über – Fabio Meyer ist als Schauspieler eine Nullnummer gewesen, und DREIECK DER LUST ist der eindeutige Beleg dafür.
Wer so etwas mag kann sich bei diesem Film sicher eine Zeitlang wohlfühlen, mir persönlich war es aber zu einfallslos und zu monoton. Bei einem Softsexer (häh?) dieser Art erwartet man sich zumindest ein paar Schauwerte, und der Einstieg ist auch entsprechend aufgeladen. Aber das legt sich ganz schnell, und bis auf das „Showdown“ wird abgeblendet wann immer die Stimmung auch nur ein wenig zu prickeln beginnt. Entweder ist der Film in der deutschen Fassung gnadenlos zusammengeschnitten, oder die Produzenten wollten einmal versuchen auszuprobieren, mit wie wenig nackter Haut ein Softerotikfilm machbar ist. Experiment gelungen(?): Wenig nackte Haut, gar keine erotische Stimmung, Film stinkelangweilig. Finger weg, sowohl von Beppe Cino als auch von Bruno Gaburro gibt es besseres …
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Frankensteins Braut (James Whale, 1935) 8/10
FRANKENSTEINS BRAUT ist mal wieder so ein Film, wo ich überhaupt nicht so recht weiß ob ich nun lachen oder weinen soll. Auf der einen Seite sind da die Szenen, wenn die Dorfbewohner das Monster jagen, und sich dafür zusammenrotten, sich gegenseitig hochschaukeln, und den Bürgermeister suchen („Go, tell the Burgomeister!“), und dabei in ihrer selbstdarstellerischen Gefährlichkeit so lächerlich wirken wie Pappkameraden. Oder die Homunkuli von Dr. Pretorius, die wie Micky Maus klingen, nur aufs Poppen aus sind, und zwischen vollkommener Idiotie und peinlichem Grauen hin- und herpendeln.
Auf der anderen Seite dann die gotischen Dekors von Frankensteins Labor, in denen sich (m)ein schwarzes Herz völlig verlieren könnte, und die stark an Piranesis Kerker erinnern, offensichtlich von einem kranken Geist unter Zuhilfenahme des deutschen Expressionismus im Absinthrausch ersonnen. Elsa Lanchester, die in ihrem Blick und ihrer abgehackten Gestik mehr Sex ausstrahlt als so manche vermeintliche Erotik—Queen späterer Zeitalter. Karloff, der unter seiner Maske mit einer ausgesprochen zurückhaltenden Mimik so ungeheuer viel Gefühl ausdrücken kann und so immens viel Qual zeigt, bis er dann dummerweise anfängt zu sprechen und die ungelenke Vokalakrobatik dann schnell zum Kichern reizt. Ernest Thesiger als Dr. Pretorius, der mit seiner feinen englischen Art und dem irren Blick so viel Grauen erzeugt. Das Grauen von der leisen und stillen Art, welches sich als das wahre Böse zeigt. Und andererseits dann auch wieder der Eremit, dessen Bilder zugegeben von Mel Brooks‘ genialer Parodie FRANKENSTEIN JUNIOR überlagert werden, und der auf seine eigene und hilflose Art und Weise dabei selber schon wie eine Parodie wirkt. Allein, dass er seit Jahren im Wald lebt ohne einen Menschen gesehen zu haben – Und jetzt kommen innert weniger Stunden ein Monster, zwei Jäger und eine Schulklasse vorbei …
Und überhaupt, wieso hat die Braut eigentlich so wenig Screentime bekommen? Zuerst erfahren wir in einer geschickt geschnittenen Rückblende was im ersten Teil passiert ist, wir sehen dabei zu, wie das Monster auf der Suche nach Nahrung und auf der Flucht vor sich selbst den erwähnten Eremiten kennenlernt, eingekerkert wird, flüchten kann, und Dr. Pretorius über den Weg läuft, der das mittlerweile zu Intelligenz erwachte Wesen gleich für seine finsteren Zwecke einspannt. Denn Pretorius will Frankenstein dazu zwingen, ihm bei seinen Experimenten zu helfen, und künstliches Leben zu erzeugen. Also entführt das Monster Frankensteins Braut (richtiger: Viktors Ehefrau aus dem ersten Teil), und als Resultat wird im Gewittersturm eine Frau erschaffen: Die neue Freundin des Monsters. Die allerdings, wie so viele Frauen, ihren ganz eigenen Kopf hat (Kleines Wortspiel am Rande…).
Die lange Sequenz im Schloss, wenn das Gewitter tobt und der Leichnam hoch auf dem Turm den Elementen ausgesetzt ist, so stellt sich der kleine Maulwurf alte Horrorfilme vor. Und so muss verdammt nochmal gotischer Horror auch tatsächlich aussehen! Die Gänge und Räume des Schlosses sind düster-expressionistische Gothic-Architektur, und die Personen darin, also der gruselige Dr. Pretorius und der ständig alkoholisiert wirkende Frankenstein (woran das wohl liegen könnte? Ob Darsteller und Gewohnheitsalkoholiker Colin Clive etwa …?), zusammen mit den Gehilfen Karl und Ludwig, passen in diese Gänge wie Kette zu Gespenst. Aber dann ist da leider auch noch eine Figur wie Minnie, ihres Zeichens die Zofe von Fr. Frankenstein und als Comic Relief mindestens ebenso nervig wie alle Comic Reliefs der damaligen Horrorfilme. Minnie wirkt auf mich wie die Giftmörderin Madam Lafarge, die hinter ihrer bigotten und wohlanständigen Fassade ein einziger Abgrund aus verdrängten Sehnsüchten ist. Der Typ Mensch, der in der Rettungsgasse sein Auto abstellt um anderen Menschen beim Sterben zuzusehen … Der wahre Horror? Leider ist die Dame dafür zu sehr ins Komische übertrieben, dabei könnte sie problemlos Grusel der ganz eigenen Art verbreiten.
FRANKENSTEINS BRAUT ist ein toller Film, gewiss, und er hat alles, was sich ein kleiner Maulwurf von einem Film erwartet: Horror, Erotik, Irrwitz, Gefühle. Der Film reißt mit, er kann begeistern, und er macht ungeheuren Spaß. Wenn da nicht so ein paar kleinere Nebensächlichkeiten wären, die, wenn man zu gut aufpasst, den Spaß ein klein wenig reduzieren. Aber ganz ehrlich, das ist Jammern auf einem cineastischen Niveau, das andere Filme in Jahrzehnten nicht erreichen …
FRANKENSTEINS BRAUT ist mal wieder so ein Film, wo ich überhaupt nicht so recht weiß ob ich nun lachen oder weinen soll. Auf der einen Seite sind da die Szenen, wenn die Dorfbewohner das Monster jagen, und sich dafür zusammenrotten, sich gegenseitig hochschaukeln, und den Bürgermeister suchen („Go, tell the Burgomeister!“), und dabei in ihrer selbstdarstellerischen Gefährlichkeit so lächerlich wirken wie Pappkameraden. Oder die Homunkuli von Dr. Pretorius, die wie Micky Maus klingen, nur aufs Poppen aus sind, und zwischen vollkommener Idiotie und peinlichem Grauen hin- und herpendeln.
Auf der anderen Seite dann die gotischen Dekors von Frankensteins Labor, in denen sich (m)ein schwarzes Herz völlig verlieren könnte, und die stark an Piranesis Kerker erinnern, offensichtlich von einem kranken Geist unter Zuhilfenahme des deutschen Expressionismus im Absinthrausch ersonnen. Elsa Lanchester, die in ihrem Blick und ihrer abgehackten Gestik mehr Sex ausstrahlt als so manche vermeintliche Erotik—Queen späterer Zeitalter. Karloff, der unter seiner Maske mit einer ausgesprochen zurückhaltenden Mimik so ungeheuer viel Gefühl ausdrücken kann und so immens viel Qual zeigt, bis er dann dummerweise anfängt zu sprechen und die ungelenke Vokalakrobatik dann schnell zum Kichern reizt. Ernest Thesiger als Dr. Pretorius, der mit seiner feinen englischen Art und dem irren Blick so viel Grauen erzeugt. Das Grauen von der leisen und stillen Art, welches sich als das wahre Böse zeigt. Und andererseits dann auch wieder der Eremit, dessen Bilder zugegeben von Mel Brooks‘ genialer Parodie FRANKENSTEIN JUNIOR überlagert werden, und der auf seine eigene und hilflose Art und Weise dabei selber schon wie eine Parodie wirkt. Allein, dass er seit Jahren im Wald lebt ohne einen Menschen gesehen zu haben – Und jetzt kommen innert weniger Stunden ein Monster, zwei Jäger und eine Schulklasse vorbei …
Und überhaupt, wieso hat die Braut eigentlich so wenig Screentime bekommen? Zuerst erfahren wir in einer geschickt geschnittenen Rückblende was im ersten Teil passiert ist, wir sehen dabei zu, wie das Monster auf der Suche nach Nahrung und auf der Flucht vor sich selbst den erwähnten Eremiten kennenlernt, eingekerkert wird, flüchten kann, und Dr. Pretorius über den Weg läuft, der das mittlerweile zu Intelligenz erwachte Wesen gleich für seine finsteren Zwecke einspannt. Denn Pretorius will Frankenstein dazu zwingen, ihm bei seinen Experimenten zu helfen, und künstliches Leben zu erzeugen. Also entführt das Monster Frankensteins Braut (richtiger: Viktors Ehefrau aus dem ersten Teil), und als Resultat wird im Gewittersturm eine Frau erschaffen: Die neue Freundin des Monsters. Die allerdings, wie so viele Frauen, ihren ganz eigenen Kopf hat (Kleines Wortspiel am Rande…).
Die lange Sequenz im Schloss, wenn das Gewitter tobt und der Leichnam hoch auf dem Turm den Elementen ausgesetzt ist, so stellt sich der kleine Maulwurf alte Horrorfilme vor. Und so muss verdammt nochmal gotischer Horror auch tatsächlich aussehen! Die Gänge und Räume des Schlosses sind düster-expressionistische Gothic-Architektur, und die Personen darin, also der gruselige Dr. Pretorius und der ständig alkoholisiert wirkende Frankenstein (woran das wohl liegen könnte? Ob Darsteller und Gewohnheitsalkoholiker Colin Clive etwa …?), zusammen mit den Gehilfen Karl und Ludwig, passen in diese Gänge wie Kette zu Gespenst. Aber dann ist da leider auch noch eine Figur wie Minnie, ihres Zeichens die Zofe von Fr. Frankenstein und als Comic Relief mindestens ebenso nervig wie alle Comic Reliefs der damaligen Horrorfilme. Minnie wirkt auf mich wie die Giftmörderin Madam Lafarge, die hinter ihrer bigotten und wohlanständigen Fassade ein einziger Abgrund aus verdrängten Sehnsüchten ist. Der Typ Mensch, der in der Rettungsgasse sein Auto abstellt um anderen Menschen beim Sterben zuzusehen … Der wahre Horror? Leider ist die Dame dafür zu sehr ins Komische übertrieben, dabei könnte sie problemlos Grusel der ganz eigenen Art verbreiten.
FRANKENSTEINS BRAUT ist ein toller Film, gewiss, und er hat alles, was sich ein kleiner Maulwurf von einem Film erwartet: Horror, Erotik, Irrwitz, Gefühle. Der Film reißt mit, er kann begeistern, und er macht ungeheuren Spaß. Wenn da nicht so ein paar kleinere Nebensächlichkeiten wären, die, wenn man zu gut aufpasst, den Spaß ein klein wenig reduzieren. Aber ganz ehrlich, das ist Jammern auf einem cineastischen Niveau, das andere Filme in Jahrzehnten nicht erreichen …
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
The fourth victim (Eugenio Martin, 1971) 7/10
Ein Paar das gut zusammenpasst: Arthur ist dreifacher Witwer, und der Freispruch wegen Mordes an seiner dritten Frau kommt auch nur zustande, weil die Haushälterin vor Gericht wilde Geschichten erzählt, die dieser die Schuld an ihrem eigenen Tod ganz klar zuschanzen. Und während Arthur sich nach der Verhandlung noch in Einsamkeit ergeht schwimmt plötzlich Julie in seinem Swimming Pool. Nach einigen Problemchen heiraten Arthur und Julie, doch es kommt nie zu einer Hochzeitsnacht: Anstatt gemeinsam den Champagner zu schlürfen trifft man sich auf dem Dachboden, beschimpft und schlägt sich gegenseitig, und Julie sperrt ihren Göttergatten unter dem Dach ein. Am nächsten Tag ist sie spurlos verschwunden, und als Arthur nach Julie sucht muss er lernen, dass sie früher mal einige Zeit in der Psychiatrie einsaß. Wegen Mordes an ihrem Ehemann …
Spätestens ab dem Moment, ab dem klar ist, dass beide etwas zu verbergen habe, spätestens ab diesem Moment beginnt die Spannung die etwas arg dialogreiche erste Hälfte erfolgreich zu verdrängen. Eine merkwürdige Frau in einem schwarzen Umhang macht Julies Villa unsicher, und der giallo-erfahrene Zuschauer ahnt zuverlässig, dass Julie sicher nicht Julie ist. Aber wer zum Teufel ist Julie dann? Und wer ist die geheimnisvolle Frau? Welche Rolle spielt die Haushälterin bei der ganzen Sache? Und warum ist der Polizeiinspektor so dermaßen brunzdumm und inkompetent, dass das Vergnügen an diesem Film fast ein wenig leidet?
THE FOURTH MS. ANDERSON, wie der Film auch heißt, ist ein feiner Giallo aus der zweiten Reihe, der mit einer wunderbar aufspielenden Carroll Baker und einem relativ ausgefuchsten Drehbuch punkten kann. Klar, man muss schon ein Faible für vollkommen verdrehte und unrealistische Handlungsabläufe haben, und die wahre Identität Julies ist, wenn man mehr als 10 Gialli gesehen hat, fast von Beginn an klar. Da aber das Skript sich klugerweise zurückhält bei der Auflösung, ob Arthur denn nun ein Mörder ist oder ob nicht, und ob Julie nun eine Mörderin ist oder ob nicht, bleibt vor allem die zweite Hälfte sehr spannend und enthält einige wilde Twists, mit denen man nicht unbedingt rechnet. Somit ist THE FOURTH VICTIM feine Giallo-Unterhaltung für dunkle Abende, der man durchaus eine größere Bekanntheit wünschen würde.
Ein Paar das gut zusammenpasst: Arthur ist dreifacher Witwer, und der Freispruch wegen Mordes an seiner dritten Frau kommt auch nur zustande, weil die Haushälterin vor Gericht wilde Geschichten erzählt, die dieser die Schuld an ihrem eigenen Tod ganz klar zuschanzen. Und während Arthur sich nach der Verhandlung noch in Einsamkeit ergeht schwimmt plötzlich Julie in seinem Swimming Pool. Nach einigen Problemchen heiraten Arthur und Julie, doch es kommt nie zu einer Hochzeitsnacht: Anstatt gemeinsam den Champagner zu schlürfen trifft man sich auf dem Dachboden, beschimpft und schlägt sich gegenseitig, und Julie sperrt ihren Göttergatten unter dem Dach ein. Am nächsten Tag ist sie spurlos verschwunden, und als Arthur nach Julie sucht muss er lernen, dass sie früher mal einige Zeit in der Psychiatrie einsaß. Wegen Mordes an ihrem Ehemann …
Spätestens ab dem Moment, ab dem klar ist, dass beide etwas zu verbergen habe, spätestens ab diesem Moment beginnt die Spannung die etwas arg dialogreiche erste Hälfte erfolgreich zu verdrängen. Eine merkwürdige Frau in einem schwarzen Umhang macht Julies Villa unsicher, und der giallo-erfahrene Zuschauer ahnt zuverlässig, dass Julie sicher nicht Julie ist. Aber wer zum Teufel ist Julie dann? Und wer ist die geheimnisvolle Frau? Welche Rolle spielt die Haushälterin bei der ganzen Sache? Und warum ist der Polizeiinspektor so dermaßen brunzdumm und inkompetent, dass das Vergnügen an diesem Film fast ein wenig leidet?
THE FOURTH MS. ANDERSON, wie der Film auch heißt, ist ein feiner Giallo aus der zweiten Reihe, der mit einer wunderbar aufspielenden Carroll Baker und einem relativ ausgefuchsten Drehbuch punkten kann. Klar, man muss schon ein Faible für vollkommen verdrehte und unrealistische Handlungsabläufe haben, und die wahre Identität Julies ist, wenn man mehr als 10 Gialli gesehen hat, fast von Beginn an klar. Da aber das Skript sich klugerweise zurückhält bei der Auflösung, ob Arthur denn nun ein Mörder ist oder ob nicht, und ob Julie nun eine Mörderin ist oder ob nicht, bleibt vor allem die zweite Hälfte sehr spannend und enthält einige wilde Twists, mit denen man nicht unbedingt rechnet. Somit ist THE FOURTH VICTIM feine Giallo-Unterhaltung für dunkle Abende, der man durchaus eine größere Bekanntheit wünschen würde.
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi
Re: Was vom Tage übrigblieb ...
Der Prozess (Orson Welles, 1962) 4/10
DER PROZESS. Ein Klassiker, sowohl der Literatur, als auch der Filmgeschichte. Der große Orson Welles verfilmt mit einem erstklassigen Staraufgebot die erschütternde Erzählung Franz Kafkas. Was für ein Film. Die Superlative überbieten sich, und überhaupt und sowieso …
Was mich an DER PROZESS wirklich beeindruckt sind diese Bilder. Die Bilder und die einzelnen Settings. Mit einer überwältigenden Liebe zum Detail sind die Dekorationen aufgebaut, wirken überhaupt nicht wie Bühnenbilder, in denen sich die Schauspieler dann ergehen, borden die Sets über mit Kleinigkeiten und grafischen Ideen, an denen man sich nicht satt sehen kann. Und dann die Abläufe der einzelnen Szenen. DER PROZESS ist aufgebaut wie ein Traum, und er nutzt die Abläufe von Träumen. Wenn Anthony Perkins als K. die Treppe zum Künstler hinaufgehen will, wird er von einer Schar Kinder gejagt, belagert, umzingelt, die Kinder rennen hin und her, schreien immer lauter, rennen ihn fast um in ihrem chaotischen Treiben, und Perkins muss sich mühsam am Treppengeländer und Stufe um Stufe hochziehen um Meter zu gewinnen. Eine zutiefst beeindruckende Sequenz, die jeder der sie gesehen hat, unweigerlich mit einem eigenen Traum assoziieren wird. Genauso wie das Labyrinth der Gerichtsräume. Die Kanzlei des Advokaten. Die verschiedenen Türen zwischen den Zimmern in K.s Unterkunft, die scheinbar nicht mehr der bekannten Geometrie gehorchen.
Gerade dieser Anfang, wenn K. von Sicherheitsbeamten aus dem Schlaf gerissen wird und ohne Anklage, ja sogar ohne Vorwürfe, in ein Zwielicht gestellt wird. Wenn ihm quasi umschrieben wird, dass er schuldig sei, ohne dass mit auch nur einem Wort ein Vorwurf laut wird. Eine mögliche Tat benannt wird. Ja es wird nicht einmal erklärt, dass es überhaupt um ihn gehe, es könne ja auch um jemanden anderen gehen. Um die Tänzerin, die K. als seine Freundin bezeichnet. Sie kennen diese Frau? Dann sollten sie sich zur Verfügung halten. Zu Film transformierte Klaustrophobie bahnt sich ihren Weg und erzeugt wahren Schrecken. Alptraumhafte Momente, die kaum auszuhaltenden Druck aufbauen, und die in jeder Autokratie der Welt und zu jeder Sekunde das vermeintlich sichere Leben unbescholtener Menschen zerstören können.
Und was macht Orson Welles mit diesen Momenten? Er vernichtet sie mit Worten. Er lässt Anthony Perkins unaufhörlich reden, er reiht Dialog an Dialog, die Texte werden immer zerfaserter, immer unzusammenhängender, immer … uninteressanter. Während K. sich vor Gericht auf die Bühne des Richters schwingt und wie Danton eine flammende und mitreißende Rede an das Volk hält, wenn er dann vor den überdimensionierten Türen des Gerichts steht, wenn er durch sein Büro eilt, verfolgt von einer Kakophonie von Schreibmaschinen, dann sind dies so eindrückliche und starke Bilder, surreale Orgasmen grafischer Höhepunkte, die ich als Filmfan auf keinen Fall in meinen Erinnerungen missen möchte. Aber was die Personen da geschwafelt haben, das hat mich im Laufe des Films immer weniger interessiert. Die verschiedenen Liebeleien mit Romy Schneider und Jeanne Moreau, die Verzweiflung beim Versuch aus dem Gerichtsgebäude herauszukommen, das Maschinengewehrgeschnatter beim Künstler … So viel heiße Luft, so viel Geschwätz, und Orson Welles hatte leider nicht den Mut, den Bildern zu vertrauen, sondern er lässt diese grandiosen grafischen Eindrücke zutexten von endlosen Tiraden sich gegenseitig widersprechender und zustimmender und widersprechender Menschen ohne Ende. Die beiden Beamten, die in der Kammer unter K.s Büro ausgepeitscht werden, das hätte eine finstere und surreale Szenerie werden können, die durch die Enge und die Handkamera in ihrer Intensität noch betont wird – Und im Rausch der Worte dabei tatsächlich jegliche Intensität verliert …
Es tut mir leid, und vielleicht bin ich für solche Filme nicht gemacht, aber ich war enttäuscht, wie wenig Welles aus dieser Vorlage und diesen Ideen herausgeholt hat. Im Nachhinein, und weil ich ihn gerade vor kurzem erst gesehen hatte, fiel mir auf, dass DER DRITTE MANN ähnlich geschwätzig ist, dort aber die Bilder die Wortflut stoppen können. In DER PROZESS unterjochen die Worte die Bilder, und dies bekommt dem Film gar nicht gut. Nein, der ist definitiv nicht meines …
DER PROZESS. Ein Klassiker, sowohl der Literatur, als auch der Filmgeschichte. Der große Orson Welles verfilmt mit einem erstklassigen Staraufgebot die erschütternde Erzählung Franz Kafkas. Was für ein Film. Die Superlative überbieten sich, und überhaupt und sowieso …
Was mich an DER PROZESS wirklich beeindruckt sind diese Bilder. Die Bilder und die einzelnen Settings. Mit einer überwältigenden Liebe zum Detail sind die Dekorationen aufgebaut, wirken überhaupt nicht wie Bühnenbilder, in denen sich die Schauspieler dann ergehen, borden die Sets über mit Kleinigkeiten und grafischen Ideen, an denen man sich nicht satt sehen kann. Und dann die Abläufe der einzelnen Szenen. DER PROZESS ist aufgebaut wie ein Traum, und er nutzt die Abläufe von Träumen. Wenn Anthony Perkins als K. die Treppe zum Künstler hinaufgehen will, wird er von einer Schar Kinder gejagt, belagert, umzingelt, die Kinder rennen hin und her, schreien immer lauter, rennen ihn fast um in ihrem chaotischen Treiben, und Perkins muss sich mühsam am Treppengeländer und Stufe um Stufe hochziehen um Meter zu gewinnen. Eine zutiefst beeindruckende Sequenz, die jeder der sie gesehen hat, unweigerlich mit einem eigenen Traum assoziieren wird. Genauso wie das Labyrinth der Gerichtsräume. Die Kanzlei des Advokaten. Die verschiedenen Türen zwischen den Zimmern in K.s Unterkunft, die scheinbar nicht mehr der bekannten Geometrie gehorchen.
Gerade dieser Anfang, wenn K. von Sicherheitsbeamten aus dem Schlaf gerissen wird und ohne Anklage, ja sogar ohne Vorwürfe, in ein Zwielicht gestellt wird. Wenn ihm quasi umschrieben wird, dass er schuldig sei, ohne dass mit auch nur einem Wort ein Vorwurf laut wird. Eine mögliche Tat benannt wird. Ja es wird nicht einmal erklärt, dass es überhaupt um ihn gehe, es könne ja auch um jemanden anderen gehen. Um die Tänzerin, die K. als seine Freundin bezeichnet. Sie kennen diese Frau? Dann sollten sie sich zur Verfügung halten. Zu Film transformierte Klaustrophobie bahnt sich ihren Weg und erzeugt wahren Schrecken. Alptraumhafte Momente, die kaum auszuhaltenden Druck aufbauen, und die in jeder Autokratie der Welt und zu jeder Sekunde das vermeintlich sichere Leben unbescholtener Menschen zerstören können.
Und was macht Orson Welles mit diesen Momenten? Er vernichtet sie mit Worten. Er lässt Anthony Perkins unaufhörlich reden, er reiht Dialog an Dialog, die Texte werden immer zerfaserter, immer unzusammenhängender, immer … uninteressanter. Während K. sich vor Gericht auf die Bühne des Richters schwingt und wie Danton eine flammende und mitreißende Rede an das Volk hält, wenn er dann vor den überdimensionierten Türen des Gerichts steht, wenn er durch sein Büro eilt, verfolgt von einer Kakophonie von Schreibmaschinen, dann sind dies so eindrückliche und starke Bilder, surreale Orgasmen grafischer Höhepunkte, die ich als Filmfan auf keinen Fall in meinen Erinnerungen missen möchte. Aber was die Personen da geschwafelt haben, das hat mich im Laufe des Films immer weniger interessiert. Die verschiedenen Liebeleien mit Romy Schneider und Jeanne Moreau, die Verzweiflung beim Versuch aus dem Gerichtsgebäude herauszukommen, das Maschinengewehrgeschnatter beim Künstler … So viel heiße Luft, so viel Geschwätz, und Orson Welles hatte leider nicht den Mut, den Bildern zu vertrauen, sondern er lässt diese grandiosen grafischen Eindrücke zutexten von endlosen Tiraden sich gegenseitig widersprechender und zustimmender und widersprechender Menschen ohne Ende. Die beiden Beamten, die in der Kammer unter K.s Büro ausgepeitscht werden, das hätte eine finstere und surreale Szenerie werden können, die durch die Enge und die Handkamera in ihrer Intensität noch betont wird – Und im Rausch der Worte dabei tatsächlich jegliche Intensität verliert …
Es tut mir leid, und vielleicht bin ich für solche Filme nicht gemacht, aber ich war enttäuscht, wie wenig Welles aus dieser Vorlage und diesen Ideen herausgeholt hat. Im Nachhinein, und weil ich ihn gerade vor kurzem erst gesehen hatte, fiel mir auf, dass DER DRITTE MANN ähnlich geschwätzig ist, dort aber die Bilder die Wortflut stoppen können. In DER PROZESS unterjochen die Worte die Bilder, und dies bekommt dem Film gar nicht gut. Nein, der ist definitiv nicht meines …
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
Jack Grimaldi