Am Rande des Rollfelds - Chris Marker (1962)

Moderator: jogiwan

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Il Grande Silenzio
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Am Rande des Rollfelds - Chris Marker (1962)

Beitrag von Il Grande Silenzio »

Am Rande des Rollfelds [Kurzfilm]

Bild

Originaltitel: La Jetée

Frankreich / 1962

Regie: Chris Marker

Darsteller: Hélène Chatelain, Davos Hanich, Jacques Ledoux, André Heinrich

Story:


Handlung (Spoiler!):
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jogiwan
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Re: La Jetée

Beitrag von jogiwan »

der hat mit 2010 auch ziemlich begeistert und zu ein paar subjektiv anmutenden Worten animiert:
jogiwan hat geschrieben: La Jetée - Am Ende des Rollfeldes

Bild

Nach dem dritten Weltkrieg ist die Erde weitgehend zerstört und die wenigen Überlebenden kämpfen gegen Hunger und Armut. Eine staatliche Institution beginnt mit Zeitreisen zu experimentieren und findet einen jungen Mann, der sich besonders gut auf Momente konzentrieren kann, die vor dem Krieg geschahen. Dort trifft er immer wieder eine junge Frau die sein plötzliches Erscheinen duldet und sich später sogar in ihn verliebt. Doch als die Experimente Erfolg haben, ist der Mann nutzlos geworden...

Sehr experimentieller Kurzfilm des französischen Regisseurs Chris Marker, der mir bislang gänzlich unbekannt war und in Deutschland auch nicht erhältlich ist. Marker montiert düstere S/W-Fotografien aneinander und eine Stimme aus dem Off erzählt die interessante Geschichte über Zeitreisen und dem Untergang der Menschheit. Eigentlich gibt es ja gar nicht soviel Punkte auf dieser Welt, die man diesem absolut grandiosen Kurzfilm verleihen könnte. Nach 26 Minuten ist man nicht nur geplättet, sondern absolut beeindruckt von der Macht der düsteren Bilder und der melancholischen Geschichte eines Mannes auf der Suche nach der Liebe seines Lebens. Und wenn Marker nach knapp 20 Minuten in einer kurzen Sekunde seine Standbilder mit einer bewegten Sequenz unterbricht, ist das wohl einer der besten Momente der Kinogeschichte. Ich hab freundlicherweise eine TV-Aufzeichnung von Arte bekommen, die das ganze im Anschluss auch noch analysiert. 100/10 Punkten!
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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jogiwan
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Re: Am Rande des Rollfelds - Chris Marker (1962)

Beitrag von jogiwan »

Bild

Ein namenloser Mann, der von einer Kindheitserinnerung geprägt ist, lebt nach dem dritten Weltkrieg in den Katakomben von Paris und wird als Versuchsperson von Wissenschaftlern für ein Zeitreise-Experiment missbraucht. Aufgrund seiner starken Vorstellungskraft und mit bestimmten Bildern in seinem Kopf kann der Mann in die Vergangenheit und in die Zukunft reisen um Materialien zu besorgen, die in den Nachkriegstagen zum Überleben benötigt werden. Doch neben seinem eigentlichen Auftrag nutzt der Mann diese Reisen in die Vergangenheit um eine bestimmte Frau zu treffen. Er sucht und findet sie im Paris der schönen Erinnerungen, doch diese Beziehung führt letztendlich auch zu einer schicksalhaften Begegnung, am Rande des Rollfelds, die beider Leben und die Zukunft der Menschheit nachhaltig prägen wird.

Chris Markers „La Jetée“ ist ja nicht wirklich ein Spielfilm im herkömmlichen Sinn, sondern eine Erzählung mit einem Sprecher, die mit Standbildern unterlegt und im Auftakt auch als „Foto-Roman“ angekündigt wird. Wer sich jetzt allerdings einen drögen und einseitigen Vortrag über Zeitreisen erwartet, wird wohl enttäuscht sein, da die Story ohne viel Aufheben und unaufgeregt präsentiert gleich völlig durch die Decke geht. Die Geschichte handelt von einer zerstörten Welt, Zeitreisen und Erinnerungen an bessere Tage, die dem Mann in dunklen Stunden zur Seite stehen und die er nutzt um seinem tristen Leben zu entfliehen. Dabei ist „Am Rande des Rollfelds“ auf vielerlei Hinsicht interpretierbar und Chris Marker benötigt keine aufgeblasenen Settings oder lange Erklärungen für seine Geschichte, die in 26 Minuten auch absolut auf den Punkt gebracht wird. Hier reichen dunkle Gänge, Geräusche und ein unbestimmtes Gefühl der Tragik, welches in der letzten Minute bestätigt wird, um den Zuschauer nachhaltig zu beeindrucken. Sicherlich ein absoluter Ausnahmefilm, den jeder Filmfan gesehen haben sollte.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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purgatorio
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Re: Am Rande des Rollfelds - Chris Marker (1962)

Beitrag von purgatorio »

2016 notierte ich im Kurzfilm-Faden folgendes:
purgatorio hat geschrieben:Einem Hinweis in der Titelsequenz von Terry Gilliams TWELVE MONKEYS folgend, habe ich mich gerade mit:
AM RANDE DES ROLLFELDS (LA JETÉE, Frankreich 1962, Regie: Chris Marker)
... beschäftigt. Kurz vor Ausbruch des Dritten Weltkriegs sieht ein Kind das Gesicht einer Frau auf der Aussichtsplattform des Flughafens. Jahre später – die letzten Menschen leben in den Katakomben unterhalb des nuklear verstrahlten Paris – wird der Mann aufgrund seiner lebhaften Erinnerungen für ein Zeitreiseexperiment von deutschen Wissenschaftlern ausgesucht. Alle seine Vorgänger starben oder wurden wahnsinnig. Doch mit ihm klappt es und die Technik kann nun optimiert werden: Zurück in der Vergangenheit erfüllt der Mann jedoch nicht seinen Auftrag, sondern sucht die Frau, um sich in sie zu verlieben…

Chris Markers filmischer Fotoroman, der nur eine einzige Bewegtbildszene enthält, ist dezent inspiriert von Hitchcocks VERTIGO und bildet selbst die Inspiration für Gilliams TWELVE MONKEYS (den Gilliam nach eigener Aussage aber erst als Vorfilm bei der Premiere von TWELVE MONKEYS sah - ob das wahr ist?).

Der Film von 1962 mit französischem Originaltext:



Im Auftrag des französischen Senders ARTE wurde der Film als Hommage neuinszeniert:
LA JETÉE (Frankreich, Deutschland, Großbritannien 2013, Regie: Matt Lambert)
Das ARTE-Remake (mit englischem Erzähltext) kann man sich hier ansehen:
http://creative.arte.tv/de/episode/am-r ... tt-lambert
Im Prinzip funktioniere ich wie ein Gremlin:
- nicht nach Mitternacht füttern
- kein Wasser
- kein Sonnenlicht
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