Die geschändete Rose
La rose écorchée
Frankreich 1970
Regie: Claude Mulot
Philippe Lemaire, Anny Duperey, Howard Vernon, Elizabeth Teissier, Valérie Boisgel, Gérard-Antoine Huart,
Johnny Cacao, Jean-Pierre Honoré, Jacques Seiler, Michel Charrel, Véronique Verlhac, Roberto
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OFDB
Der Maler Frédéric Lansac, seines Zeichens Abkömmling einer alten Adelsfamilie und darum selbstverständlich im Besitz eines romantischen Schlosses, verliebt sich unsterblich in die wunderschöne Anne. Und Anne verliebt sich in Frederic. Die beiden wollen heiraten, doch durch einen schrecklichen Unfall bei den Hochzeitsvorbereitungen gerät Anne in ein Feuer und wird grauenhaft entstellt. Ihre Schönheit ist dahin, sie sitzt im Rollstuhl, und ihre Seele verfinstert sich zunehmend. Durch seine Arbeit in einem Institut, in dem an Pflanzen geforscht wird um Frauen Schönheit zu kredenzen, lernt Lansac den einstigen Chirurgen Römer kennen, der gesuchten Kriminellen ein neues Gesicht operiert. Lansac erpresst Römer, Anne ein neues Gesicht zu geben, doch für die „Spenderin“ des Gesichts wäre diese Operation tödlich. Römer gerät in einen Gewissenkonflikt, aber Lansac realisiert schnell, dass er durch die Arbeit im Institut Zugang hat zu den schönsten Frauen Frankreichs …
Bei den Beschreibungen des Films hört man allenthalben den Namen Jean Rollin. Obwohl DIE GESCHÄNDETE ROSE von Claude Mulot stammt, wird immer wieder die Poesie Rollins beschworen, die Stimmung eines Rollin-Films genauso wie das Rollin-typische Miteinander aus Erotik und Horror.
Ist das wirklich so? Ich möchte mal behaupten, dass mir vor allem in der ersten Hälfte weniger der Name Jean Rollin in den Kopf kam als vielmehr Harald Reinl. Vor allem DIE SCHLANGENGRUBE UND DAS PENDEL schoss mir in den Sinn – Diese billige Story, der viele Nebel, die schnell vorangetriebene Handlung zusammen mit einigen vorsichtig exploitativen Momenten …
Aber zum einen schafft Mulot es, nicht in die
Augen ohne Gesicht-Falle zu tappen, sondern seinem Film eine gänzlich andere Richtung zu geben, und er schafft es ebenfalls, sich von dem pulpigen Stoff zu lösen und sich in der zweiten Hälfte des Film tatsächlich an später oder zumindest zeitgleich entstandene Arbeiten Rollins anzunähern. Gerade DIE NACKTEN VAMPIRE und SEXUAL-TERROR DER ENTFESSELTEN VAMPIRE fallen mir hier ein, Rollins überragende Filme aus den Jahren 1970 und 1971. DIE GESCHÄNDETE ROSE passt perfekt zu diesen beiden; hier ist, in der zweiten Hälfte wie gesagt, die gleiche dunkel-poetische Stimmung zu spüren, die gleiche Sehnsucht nach Liebe und nach zärtlicher Gemeinschaft, aber auch nach Tod. In wallende und halbdurchsichtige Gewänder gehüllte Frauen schweben mit einem Kerzenleuchter durch ein altes Gemäuer, während der Nebel wogt und die furchtbaren Schrecken der Nacht immer näher kommen. Ein Schlossherr, immer im Samtjackett und scheinbar kurz vor dem Wahnsinn stehend ob der Umstände seines Lebens. Zwei zwergwüchsige Bedienstete, Igor und Olaf, die in Felle gehüllt niedere Arbeiten erledigen (O-Ton) und dabei auch vor Mord nicht zurückschrecken. Figuren, die nicht aus dem exploitativen Kino des Italiens jener Jahre stammen, wenngleich Casapintas DER SATAN OHNE GESICHT oft zu spüren ist, sondern eine ganz eigene Bild- und Formensprache haben, die tatsächlich bei Jean Rollin wiederzufinden sein wird. Und, mit großen Abstrichen, durchaus auch bei Jess Franco, wenngleich dort dann in einer anderen, billigeren, Darbietung.
Somit könnte man DIE GESCHÄNDETE ROSE als gotisches Pulp-Kino mit poetischem Anspruch definieren – In diesem Satz ist dann alles drin was den Film ausmacht, und jeder der glaubt, das Horror nur mit Strömen von Blut und Jump-Cuts funktioniert, darf darum von vornherein einen Bogen um den Film schlagen. DIE GESCHÄNDETE ROSE ist angenehm altmodische Gruselunterhaltung zum Staunen und Träumen …
7/10