Die Passion der Jungfrau von Orléans - F 1928, Regie: Carl Theodor Dreyer

Moderator: jogiwan

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karlAbundzu
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Die Passion der Jungfrau von Orléans - F 1928, Regie: Carl Theodor Dreyer

Beitrag von karlAbundzu »

Die Passion der Jungfrau von Orléans (1928)
OT: La Passion de Jeanne d'Arc
LaPassion_Stummfilm_bb1.jpg
LaPassion_Stummfilm_bb1.jpg (93.68 KiB) 2789 mal betrachtet
R: Carl Theodor Dreyer, D: Maria Falconetti, Eugène Silvain, André Berley, Maurice Schutz, Antonin Artaud, Michel Simon, Jean d’Yd, Louis Ravet, Armand Lurville, Jacques Arnna, Alexandre Mihalesco, Léon Larive, Jean Aymé, Gilbert Dacheux, Gilbert Dalleu, Paul Delauzac, Fournez-Gouffard, Henri Gaultier, Paul Jorge, Henri Maillard, Raymond Narlay

Zitat City46.de: "Frankreich 1428: Der hundertjährige Krieg hält die Bevölkerung in Atem. Das fromme Bauernmädchen Jeanne d’arc fühlt sich von Gott berufen, ihre Heimat von den englischen Besetzern zu befreien. Doch sie fällt in die Hände des Feindes und muss sich in einem quälenden Ketzerei-Prozess er Kirche verteidigen. 1431 wird sie zum Tode verurteilt und in Rouen auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Regisseur Dreyer orientierte sich in seiner Inszenierung genau an den überlieferten Prozessakten. Seine außergewöhnlich emotionalen Nahaufnahmen von Maria Falconetti schrieben Filmgeschichte."
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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karlAbundzu
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Re: Die Passion der Jungfrau von Orléans - F 1928, Regie: Carl Theodor Dreyer

Beitrag von karlAbundzu »

Stummfilm. Der Film behauptet, eine genaue Verfilmung der Gerichtsakten zum Prozess Jean d'Arcs zu sein. So sehen wir kurz die Akten und dann beginnt der Film mit dem Prozess und endet kurz nach der Durchführung des Urteils.
Tolle Veranstaltung, das umtriebige Team von 46rpm und Flickertunes bekamen Lori Goldstein nach Bremen, klassische Cellistin, Komponistin mit starken Bezügen zur alternativen Popkultur, am bekanntesten wohl ihr Mitwirken am Nirvana Unplugged Konzert. Und so kamen auch richtig viele Leute in den großen Saal, nur die erste Reihe blieb zum Teil frei.
Und der Film hat dieses Publikum auch verdient. Unglaublich wie er arbeitet. Hauptsächlich sehen wir (immerhin über beinahe zwei Stunden) Nahaufnahmen von den Gesichtern, meist die von Johanna, aber auch von den Richtern/Geistlichen, von den Soldaten, wir sehen nahe Gespräche zwischen den Personen in Perspektiven schräg von oben oder unten, ansonsten sehr ins Detail gehende Bilder, mit Symbolcharakter: einzelne Waffen, Geräte. Texttafeln gibt es wenige, trotz eigentlich vieler Dialoge, verstehen tun wir trotzdem alles. Und auch langweilig wird es nie, wir hängen gebannt an der Diskussion um Frauen in Männerkleidung und -frisur, die Überredungsversuche, sie zur Absage an ihren direkten Befehl von Gott zu bringen. Dazu das tragische Ende und dann tatsächlich Action: die Reaktion des Volkes auf die Vollstreckung des Urteils.
Das war alles beeindruckend. Dazu kam die tolle Musik Goldsteins, die ihr Cello strich und zupfte und sich wirklich organisch den Film begleitete. Zu dem Dreyer damals übrigens keine original Musik schrieben ließ. Sollte wohl ein Tonfilm werden, war wohl zu teuer.
Klar, bei der Story kann man denken, gerade mit dem pathetischen nationalistischen Schlussatz: hui einer Kämpferin für die Nation mit religiösem Wahn, sehr zweifelhaft. Aber es ist eben auch eine Frau, die um Selbstermächtigung und Selbstbestimmung kämpft.
Danke für dieses wunderbare Erlebnis.

Nebenbemerkung: Zwischendurch musste ich an Sinead O'Connors Video zu Nothing compares 2 U denken, aber klar: eine sehr kurzhaarige Frau, die gegen die Tränen kämpft, die dann fließen. Es gibt halt zu wenig kurzhaarige Frauen, um da nicht gleich Paralellen zu sehen, gerade auch bei der Thematik.
jogiwan hat geschrieben: solange derartige Filme gedreht werden, ist die Welt noch nicht verloren.
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Arkadin
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Re: Die Passion der Jungfrau von Orléans - F 1928, Regie: Carl Theodor Dreyer

Beitrag von Arkadin »

Meisterwerk! Ich vergebe eigentlich nie die Höchstnote, aber dieser Film hat sie bekommen. Was vielleicht auch an das Umstände an sich lag und dass der Film tatsächlich eine Erstsichtung war. Ein wahrhaft beeindruckendes Filmerlebnis. Carl Theodor Dreyers "La passion de Jeanne d'Arc" von 1928 mit musikalischer Begleitung durch die brillante Cellistin Lori Goldston, die schon Nirvana einst bei deren Unplugged Konzert in New York begleitete und auch sonst für spannende Musik steht. Hier war ihre Kunst kongenial zu den überwältigenden Bildern auf der Leinwand. Gedankt wurde es mit einem fast ausverkauften großen Saal und lang anhaltenden Applaus. Ein großartiger Abend mit einem kraftvollen und nach fast 100 Jahren immer noch sehr modern wirkenden Film, der einfach für die große Leinwand gemacht ist. Und dies, obwohl (oder weil) der Film fast nur aus Großaufnahmen von Gesichtern besteht. Natürlich Jeanne selber, die verzweifelt ist, deren furchtsamen Augen und Tränen einen ins Herz treffen. Dann die Richter. Alte Männer mit zerfurchteten Gesichtern. Man könnte hier fast von Landschaftsaufnahmen sprechen. Die Kamera, die mit ihren Bewegungen ganze Geschichten erzählt. Und die nur anhand von sorgsam ausgewählten Bildausschnitten und Anordnungen von Personen Emotionen deutlich machen. Am Ende dann geht es raus aus Zelle und Gerichtssaal. Jeannes Tod auf dem Scheiterhaufen (dürfte jetzt niemanden überraschen, weshalb ich spoiler) ist furchtbar schmerzhaft. Und plötzlich Action, eine rotierende Kamera. Menschen, Bewegungen... und ein von der Magie des Films verzaubertes Publikum. Danke an die beiden grandiosen Reihen 46rpm und Flickertunes im Kommunalkino Bremen, die jede Unterstützung brauchen können und auch verdient haben – wenn schon im eigenen Haus diese nicht immer gewürdigt wird. Danke Lori Goldstone für die perfekte Musik. Was für ein großartiger Abend!
Früher war mehr Lametta
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Salvatore Baccaro
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Re: Die Passion der Jungfrau von Orléans - F 1928, Regie: Carl Theodor Dreyer

Beitrag von Salvatore Baccaro »

Diese Aufführung hätte ich ja zu gerne auch erlebt, was leider an unüberwindlichen topographischen Hindernissen scheiterte. Tatsächlich einer meiner liebsten Filme, und wohl Dreyers Meisterwerk, (knapp vor ORDET und VAMPYR). Als besonderes Schmankerl für den Surrealisten in mir übrigens besetzt mit dem großen Antonin Artaud als Beichtvater Jeannes in einer seiner schönsten (und zurückgenommensten) Filmrollen. Wunderhübsch ist allerdings auch die Referenz, die Godard dem Film 1963 in VIVRE SA VIE stiftet, wo Anna Karina sich JEANNE D'ARC im Kino anschaut, und davon zu Tränen gerührt wird:


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