French Hitman – Die Abrechnung
La résistance de l‘air
Frankreich 2015
Regie: Fred Grivois
Reda Kateb, Ludivine Sagnier, Tchéky Karyo, Pascal Demolon, Johan Heldenbergh, Blanche Hemada Costoso, Laure de Clermont-Tonnerre, Sylvie Degryse, Hubert Saint-Macary, Patrice Guillain, Lahcen Elmazouzi, Emmanuel Bonami
OFDB
La résistance de l‘air
Frankreich 2015
Regie: Fred Grivois
Reda Kateb, Ludivine Sagnier, Tchéky Karyo, Pascal Demolon, Johan Heldenbergh, Blanche Hemada Costoso, Laure de Clermont-Tonnerre, Sylvie Degryse, Hubert Saint-Macary, Patrice Guillain, Lahcen Elmazouzi, Emmanuel Bonami
OFDB
Wie weit wärst Du bereit zu gehen, um Deine Familie zu schützen? Was würdest du tun, um aus einer komplett verfahrenen Lebenssituation herauszukommen? Um einen Cut machen zu können, und Dein Leben wieder in den Griff zu bekommen?
Eine Fragestellung, die im Film generell nicht ungewöhnlich ist. In FRENCH HITMAN ist es der biedere Familienvater Vincent, dessen Leben völlig aus den Fugen geraten ist. Der in eine Situation gerät, die alltäglicher nicht sein kann, und in die jeder von uns ebenfalls unverschuldet hineingeraten kann. Der Bau des eigenen Häuschens stockt wegen akuten Geldmangels, die Ehe kriselt sowieso schon, und die fehlende Liebe wird durch den Baustopp bestimmt nicht wiederkehren, und dann hat der Vater auch noch einen Schlaganfall und kommt als Pflegefall in die eigene 3-Zimmer-Wohnung und schläft im Zimmer der Tochter, die daraufhin ins elterliche Schlafzimmer wechseln muss, was der Ehesituation nochmal genauso abträglich ist wie die notgeilen Blicke, die der Alte Vincents Frau Delphine zuwirft. Vincent muss lernen, dass das Appartement seines Vaters schon vor Jahren verkauft und das Geld versoffen und verhurt wurde, und irgendwie wird seine Situation von Tag zu Tag erbärmlicher. So hat man sich das Leben eigentlich nicht vorgestellt. Durch ein neues Vereinsmitglied, Vincent ist ein herausragender Sportschütze auf der 300-m-Distanz, ergibt sich die Möglichkeit, alle Sorgen auf einmal loszuwerden: Man geht zu einem Ziel, schießt, und geht wieder weg. Ganz einfach. Für sehr viel Geld. Vincent nimmt den Job an, und etwas verändert sich. Alles verändert sich.
Sein Leben ändert sich, denn er hat wieder Geld zur Verfügung. Er ändert sich, denn mit dem Job kommt auch neues Selbstvertrauen. Den Bauarbeitern, die mangels Bezahlung seinen Rohbau abreißen wollen, gibt er böse was aufs Maul und anschließend genügend Geld zum Weiterbauen. Das Ego ändert sich sogar so weit, dass er Delphines Schwester zwischen Tür und Angel mal eben durchvögelt. Die Bildsprache verhält sich analog zu dieser Veränderung: Während seiner Ehe und während der Szenen der festgefahrenen Gewohnheiten steht Vincent mit seinem Auto oft im Stau. Ständig muss er irgendwo halten, muss er warten, geht nichts voran. Doch als Killer hat er ein Motorrad, kann er frei durch die Landschaft brausen, und wo die Kamera vorher noch nah an den Personen war und erstickende Nähe suggerierte, wird sie jetzt großräumiger und freier.
Alles wird anders. Vincent wird männlicher, im negativen Sinne. Und abstoßender. Doch so ganz ist sein Gewissen noch nicht erloschen, beim zweiten Job kann er nicht abdrücken und das Ziel spaziert lebendig von dannen. Ein Verhalten, dass die Befehlshaber im Hintergrund nicht dulden können und wollen. Ein Verhalten, das bestraft werden muss …
Und der Zuschauer fragt sich unweigerlich, wie er sich in so einer Situation verhalten würde. Was würde der unschuldige Cineast tun, wenn er in der geschilderten Situation wäre? Ablehnen, und dabei zuschauen, wie das eigene Leben immer schneller in Richtung Untergang schliddert? Oder der Verlockung des schnellen Geldes nachgeben, ohne über die Konsequenzen nachzudenken? Wir begleiten Vincent hautnah dabei, wie er zwischen Scheiße und Scheiße wählen darf, und mit Sicherheit die falsche Wahl treffen wird, weil die Entscheidung immer falsch sein wird, gleich wie sie ausfällt. In ruhigen Bildern, oft fast ein wenig zu ruhig, und ohne große Highlights, sehen wir zu, wie der spießige kleine Mann von nebenan erst zur wandelnden Zeitbombe wird, bevor genau die gleiche Bombe dann mitten in seinem Leben explodiert. Denn sein Kontaktmann zu den Hintermännern ist eines Tages ganz plötzlich nicht mehr da. Nicht mehr erreichbar. Und Vincent sieht die Männer, mit denen er vorher in einem Club groß gefeiert hatte, urplötzlich vor dem eigenen Haus. Der Spaß mit Geld und Nutten und einem neuen Motorrad ist vorbei, das hier ist Ernst. Und Ernst heißt, vor den Augen der eigenen Familie erschossen zu werden.
Die Bilder von FRENCH HITMAN sind grau, die Musik ist unauffällig, und durch die an den erstklassigen Schauspielern geradezu klebende Kamera wird schnell klar, dass das Budget für den Film nicht wirklich hoch war. Aber Regisseur Fred Grivois schafft es recht gut, aus der langsamen Geschichte ein Maximum an Druck und Entsetzen herauszuholen. Ich vermeide dabei bewusst das Wort Spannung, denn spannend ist der Film nur stellenweise. FRENCH HITMAN ist ein düsteres Drama mit nur leichten Thrilleranleihen, das eher an Pasquale Squitieris THE GUN erinnert als an moderne Jason Statham-Krimikost, und das ganz klar die Beobachtung in den Mittelpunkt stellt, was eine Waffe aus einem Menschen machen kann. Wie sich selbst ein normaler kleiner Mann durch die Verwendung einer Waffe verändert, und wie sich sein ganzes Leben ändert. Sicher ist FRENCH HITMAN an eine Extremsituation angelehnt, der erwähnte THE GUN geht da nochmal eine ganze Ecke unauffälliger und bitterer vor, aber dieses psychologisch geschickt aufgebaute Drama, das so unerbittlich wie ein Uhrwerk abläuft, das kann den Zuschauer schon ein gutes Stück mit sich ziehen - So er bereit sich ist darauf einzulassen …
6/10