Im Grunde habe ich mit diesem Film das gleiche "Problem" wie beispielweise mit Panos Cosmatos' MANDY oder Sebastian Schippers VICTORIA.
Visuell ist Frau Fargeats Rape-n-Revenge-Thriller eine Augenweide: Gedreht mitten in der marokkanischen Wüste meint man die Hitze der flirrenden Luft förmlich auf der eigenen Haut zu spüren; die Luxusvilla mit Pool und High-Tech-Bespaßungsapparat hat im Kontrast mit der sie umgrenzen Einöde beinahe etwas Surreales; es gibt genügend geschmackvolle Kamerafahrten, Bildkompositionen, Montagentscheidungen, die REVENGE nun nicht unbedingt zu einem "mutigen" Film stempeln, aber doch zu einem, dem es gelingt, seinen unbedingten Stilwillen konsequent umzusetzen. Ich kann mir vorstellen, dass Arthouse-Aficionados mit der ästhetisch-technischen Umsetzung genauso zufrieden sein werden wie der gemeine Genre-Connoisseur. Aber damit hat es sich für mich dann eigentlich auch schon.
Sicherlich, die von Purgatorio angesprochen feinen Nuancen, die REVENGE möglicherweise von anderen Genre-Vertretern abheben, sind vorhanden; dass man ihn allerdings gar als "feministischen Film" interpretiert, weil im Finale ein nackter Mann von einer bewaffneten Frau gehatzt wird statt andersrum, ist mir doch zu weit hergeholt: Die ebenfalls von Purgschi angesprochene Fetischierung der Heldin, an deren Bauchnabel, Beinen und Brüsten sich die Kamera gar nicht sattsehen kann, spielt sich dann doch zu permanent und penetrant in den Vordergrund. Was sich vor allem aber in den Vordergrund spielt, das ist die absolute Ideenarmut des Drehbuchs. Ich frage mich bei solchen Filmen dann immer: Na gut, ihr habt eine atemberaubende Naturkulisse, ihr habt ein Ensemble fähiger Schauspieler, ihr habt die technischen Mittel und das Budget, ihr habt sogar einen recht eigenständigen Look, warum zur Hölle dreht ihr dann einfach I SPIT ON YOUR GRAVE Teil X?
Selbstironie, nennenswerte Abweichungen von der Genre-Dramaturgie, irgendwelche interessanten Brüche in der Figurenzeichnung: Fehlanzeige. Zumal ich mir beim besten Willen nicht vorstellen kann, dass ein Püppchen wie die portraitierte Heldin, die zu Beginn des Films wirkt, als bestünde ihr Leben einzig aus Party, Promi-Klatsch und Pediküre, innerhalb von wenigen Stunden zum emanzipierten, stahlharten Racheengel mutiert - selbst wenn sie, was das Drehbuch uns ja irgendwie als Ursache dafür verkaufen will, noch so viel Peyote-Wurzeln schluckt. Die Szene, in der sie in Christus-Pose aufgespießt am Ast eines Baumes hängt - fast wie eine Italo-Western-Märtyrerin schaut sie aus -, und sich dadurch zu retten weiß, dass sie mit ihrem Feuerzeug etwas Reisig ansteckt, der dann besagten Baum in Flammen aufgehen lässt, wodurch er umstürzt, und sie befreit, erinnert nicht nur an ein Videospiel, bei dem man bestimmte Artefakte miteinander kombinieren muss, um das nächste Level zu erreichen, sondern wirkt schlichtweg unfreiwillig komisch.