[center]Romy Schneider
SCHORNSTEIN NR. 4
● SCHORNSTEIN NR. 4 / LA VOLEUSE (D|F|1966)
mit Michel Piccoli, Sonja Schwarz, Mario Huth und Hans Christian Blech
eine Produktion der Hans Oppenheimer Film | Chronos Film | Procinex | UGC | im Team Filmverleih
ein Film von Jean Chapot
[thumbnail]http://fs5.directupload.net/images/180927/dtykmr9x.jpg[/thumbnail][thumbnail]http://fs5.directupload.net/images/180927/53ey6dwa.jpg[/thumbnail][thumbnail]http://fs1.directupload.net/images/180927/bi2efhkn.jpg[/thumbnail]
[thumbnail]http://fs5.directupload.net/images/180927/87sulj8i.jpg[/thumbnail][thumbnail]http://fs5.directupload.net/images/180927/exe56pxi.jpg[/thumbnail][thumbnail]http://fs5.directupload.net/images/180927/fx3lxvv4.jpg[/thumbnail]
[thumbnail]http://fs1.directupload.net/images/180927/nc4tfibz.jpg[/thumbnail][thumbnail]http://fs5.directupload.net/images/180927/gx9erw8h.jpg[/thumbnail][thumbnail]http://fs1.directupload.net/images/180927/pa52qkil.jpg[/thumbnail][/center]
Der Regisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent Jean Chapot inszenierte mit "Schornstein Nr. 4" einen seiner wenigen Kinofilme, denn er sollte eher als Autor in Erscheinung treten, außerdem verlagerte der Franzose sein Kerngeschäft ab den 70er Jahren hauptsächlich ins TV-Fach. Dieses am 26. August 1966 durch den neu gegründeten Team-Flmverleih in die Kinos gebrachte Drama konnte weder nennenswerte Erfolge in Deutschland, noch in Frankreich verbuchen und wurde als Romy Schneiders deutsches Comeback angesehen, die hierzulande mehrere Jahre abstinent gewesen war. Comeback oder Boykott? Alleine über diese Schiene kann man den mangelnden Erfolg des Films nicht festmachen, da es sich zugegebenermaßen um einen recht schweren Stoff handelt, der nicht gerade vor Publikumswirksamkeit zu strotzen scheint. Vielmehr verlangt die Thematik dem Zuschauer eine hohe Aufmerksamkeit ab und es muss durchaus eine Affinität für alles was dazu gehört bestehen, um gut mit ihm zurechtzukommen. Die Geschichte vermittelt von Anfang an eine Statik, die sich als Elixier herausstellen wird; außerdem ist wirklich alles bis auf das Nötigste reduziert worden, um die behandelte Brisanz besser wahrnehmen zu können. Telegrammartige Dialoge und eine auffällig steril wirkende Schwarzweiß-Dominanz, die sich aus den Drehorten Berlin, Ruhrgebiet und den Hüttenwerken in Oberhausen ergibt, verfolgen resolut das minimalistische Prinzip, was auch auf das Produktionsbudget zutreffen dürfte.
Romy Schneider und Michel Piccoli standen in "Schornstein Nr. 4" erstmals gemeinsam vor der Kamera und es zeichnet sich bereits hier eine ganz besondere Chemie zwischen ihnen ab. Die beiden Ausnahme-Interpreten haben die Szenerie von Anfang an fest im Griff, was vielleicht auch eine größere Anzahl von zusätzlichen Darstellern erübrigt hat. Die besagte gute Chemie definiert sich unter Jean Chapots Leitung nicht nur von selbst, sondern unter negativ angelegten Voraussetzungen innerhalb zwischenmenschlicher Beziehungen, da die beiden Protagonisten, Julia und Werner Kreuz, beiläufig über ein Problem diskutieren, welches sich schon wenig später in gefräßiger Art und Weise aufbäumen und nicht mehr abwenden lassen wird. Seinerzeit war der bundesdeutsche Film womöglich für derartig anspruchsvolle Stoffe nicht bereit, zumindest nicht ausgelegt, und es passiert wie so oft, dass man sich über die bestehenden Stärken eines bestimmten Films wundert, die damals nicht anerkannt wurden. Skizziert wird Unbehagen und das Zusteuern auf emotionale oder persönliche Katastrophen von allen Beteiligten, denn obwohl nur wenige Charaktere das Kommando übernehmen, kann niemand dem einen oder anderen helfen, selbst wenn er wollte. Diese Ausweglosigkeit, die quasi immer wieder für Verständnis wirbt, aber eigentlich nur Unverständnis zur Folge haben kann, lässt den Verlauf zu einer Zerreißprobe für den Zuschauer werden, obwohl zunächst keine wilden Ausbrüche zu finden sind; von Hysterie ganz zu schweigen.
"Schornstein Nr. 4" schildert mit eindrucksvollen Mitteln, dass der aussichtslose Versuch gestartet wird, einen Fehler mit einem Fehler wieder gutzumachen. Hierbei ist es sehr erstaunlich und irritierend zugleich, dass sich die Hauptdarsteller so stark im Griff zu haben scheinen, um ihre Präzisionsleistungen minutiös anzupassen. Romy Schneider diktiert dem Zuseher bereits im Vorspann ihre außergewöhnliche Präsenz auf, indem man lediglich sieht, wie sie auf und ab geht, und dabei über das spricht, was sie bewegt. Als Zuschauer versteht man aufgrund der überlagernden Musik kein Wort, aber dennoch ist zu ahnen, worum es gehen dürfte. Die junge Frau ist in einem Tunnel, der sich aus einer Einbahnstraße ergibt. Der Gedanke an ihr damals abgegebenes Kind treibt sie an und lässt sie beinahe verrückt werden. Die Zukunft und jegliche Emotionen sieht sie nur noch in diesem Zusammenhang; alles Weitere bleibt gnadenlos auf der Strecke. Ihr gegenüber stehen zwei Männer und jeder von ihnen wird auf seine ganz eigene Weise mit der Verzweiflung und Resignation vertraut gemacht. Julias Mann Werner wird von ihr selbst aus ihrem Leben verbannt. Er hasst die Situation und unterschwellig auch das Kind, das als Synonym für Julias vermeintliches Glück steht, aber gleichermaßen für sein persönliches Desaster. Michel Piccoli stattet seine Rolle mit einer Lethargie aus, die kaum auszuhalten ist. Fungierend als wandelnder Vorwurf, setzt er seiner Frau zusätzlich schwer zu, doch jeder der beiden weiß, dass es keinen einfachen Ausweg mehr gibt.
Der andere Mann wird dargestellt von Hans Christian Blech, einem einfachen Arbeiter, der sich verzweifelt und häufig unüberlegt gegen die sich zuspitzende Ungerechtigkeit stellt. Allerdings ist sie nur im Sinne der Moral ungerecht, doch nicht im Auge der Justiz. Dieses Dilemma ruft Ohnmacht und Hass hervor, die sich massiv gegen Julia richtet. Eine zusätzliche Brisanz kommt durch die öffentliche Meinung auf, da sich plötzlich zehntausende Menschen mobilisieren, von denen die meisten nur breites Unverständnis ausdrücken. Im letzten Drittel des Films spitzt sich die Geschichte zu, da eine Zukunft mit dem Kind in eine Waagschale mit dem Leben eines scheinbar illegitimen Vaters geworfen wird. Als Zuschauer hofft man auf irgend eine gütliche Einigung, eine x-beliebige Lösung, doch es besteht wenig Zuversicht, da Romy Schneider in nahezu pervers wirkender Art und Weise Zeit schindet, die unbequeme Situation aussitzt und rücksichtslos auf ihr Recht pocht. Am Ende werden Masken fallen und zurück bleibt ein überaus verstörender Gesamteindruck, da die Machtlosigkeit der Personen und die Ausweglosigkeit der Situation voll zum Tragen kommt. Jean Chapot ist mit "Schornstein Nr. 4" ein bemerkenswert düsterer Film über die weite Verzweigung menschlicher Abgründe gelungen, der mit einem Mut zur Tragik überrascht, die in dieser Form sicherlich nicht alle Tage zu finden war. Garniert mit großartigen Leistungen von Romy Schneider, Michel Piccoli und Hans Christian Blech, wird der Film zum Musterbeispiel für das eindringliche Nachhallen einer bedrückenden Thematik.