Spione am Werk
„Ich finde es kindisch, im Zeitalter der Atombombe politische Ideale zu haben.“
Auf die „Picasso“-Dokumentation des französischen Ausnahmeregisseurs Henri-Georges Clouzot folgte im Jahre 1957 mit „Spione am Werk“ eine Art Agenten-Thriller, der sich in seiner Machart stark von anderen Filmen dieses Bereichs unterscheidet. Diese französisch-italienische Schwarzweiß-Verfilmung basiert auf dem Roman „Der Mitternachtspatient“ des Tschechen Egon Hostovský.
„Schon bei dem Gedanken an dieses Milieu wird mir schlecht!“
Dr. Malic (Gérard Sety, „Die Liebe der Lady Chatterley“) leitet eine psychiatrische Klinik, die zurzeit lediglich zwei Patienten betreut. Die finanzielle Situation ist daher äußerst angespannt. Das Angebot des US-amerikanischen Geheimagenten Colonel Howards (Paul Carpenter, „Der dritte Mann“) kommt da gerade recht: Bringt Dr. Malic den aus seiner Heimat geflohenen ostdeutschen Atomwissenschaftler Dr. Hugo Vogel konspirativ in seiner Klinik unter, winken ihm fünf Millionen Francs. Dr. Malic ist zwar skeptisch, kann das Geld aber insbesondere zur Behandlung der erstummten Lucie (Vera Clouzot, „Die Teuflischen“) mehr als gut gebrauchen. Doch schon am nächsten Tag wurde das gesamte Klinikpersonal gegen US-Agentinnen und -Agenten ausgetauscht, die nun de facto die Leitung für sich beanspruchen. Als Alex (Curd Jürgens, „Teufel in Seide“) auftaucht, hält man ihn für besagten Dr. Vogel, doch nicht jeder ist hier derjenige, der er vorgibt zu sein, und Dr. Malic findet sich inmitten des
Kalten Kriegs wieder, der auch für ihn nicht ungefährlich ist – schon gar nicht, je mehr er selbst versucht, Licht ins Dunkel zu bringen…
Allerlei Verrücktheiten passieren hier, wodurch „Spione am Werk“ zunächst satirisch wirkt, als seien endlich die wahren Verrückten in der Nervenheilanstalt. In dieser spielt Clouzots Verfilmung hauptsächlich. Dr. Malic sieht sich dort falschen Verdächtigungen ausgesetzt sieht und weiß gar nicht so recht, wie ihm geschieht. Die Handlung setzt ein großes Verwirrspiel um Alex‘ wahre Identität an, was zum Kernstück des Films avanciert. Leider versteht es Clouzot nicht, dieses dramaturgisch fesselnd zu inszenieren; mit abnehmenden Humor bzw. Gewöhnung an Dr. Malics absurde Situation schwindet mein Interesse an der Handlung, zu der ich keinen rechten Zugang mehr finde. Die enorme Dialoglastigkeit ist ermüdend und die ellenlangen untertitelten Sprachpassagen der ungekürzten deutschen Fassung zehren an den Nerven.
Wie schon Clouzots „Die Teuflischen“-Verfilmung ist „Spione am Werk“ mit rund zwei Stunden zu lang geraten, zudem zu geschwätzig und unpointiert. Das sah man offenbar auch beim deutschen Verleih seinerzeit so und straffte die Kinofassung um rund 20 Minuten. Als völlig aus der Art schlagender Agenten-Thriller ist „Spione am Werk“ zweifelsohne filmhistorisch interessant, als Unterhaltungsprogramm hingegen dem starken Schauspielensemble zum Trotz eher hartes Brot.