DAS AUGE DES BÖSEN / CASA D'APPUNTAMENTO / THE FRENCH SEX MURDERS (1972)
mit Evelyne Kraft, Howard Vernon, Rosalba Neri, Barbara Bouchet, Renato Romano, Peter Martell, Rolf Eden
und Anita Ekberg sowie Robert Sacchi
eine Produktion der Costantino International Films | Gopa-Film
ein Film von Ferdinando Merighi
»Zieh dich aus, damit du deiner Strafe entgegen kommen kannst!«
Ein Frauenmörder geht um. Die Polizei ist kurz davor ihn zu fassen. Vor Gericht schwört der gewalttätige Psychopath jedem den Tod, der an seinem Prozess beteiligt war. Schuldig gesprochen gelingt ihm die Flucht. Dieses Unterfangen kostet ihn jedoch bei einem Motorradunfall seinen Kopf. Kurz danach scheint der Fluch des Gewalttäters Wirklichkeit zu werden: Grausame Morde geschehen, der Ripper meuchelt weiter! Sein Tatwerkzeug: Ein scharfes Messer! Besonders das Umfeld eines hiesigen Bordells scheint Schwerpunkt der Verbrechen zu sein. Kann Inspektor Pontaine das blutige Treiben beenden und herausfinden, wer für die immer schrecklicher werdenden Greueltaten verantwortlich ist? [Zitat "Das Auge des Bösen", erschienen bei FilmArt]
In der FilmArt Giallo Edition hat man sich mit "Das Auge des Bösen" eine recht eigenartige Premiere auserkoren, die zunächst wegen der interessant klingenden Geschichte, aber auch wegen der hochklassigen Besetzung schon einmal für pure Neugierde und Vorfreude sorgt. Dieser in Paris spielende Giallo fängt direkt sehr atmosphärisch mit einer Verfolgungsjagd vor dem Eiffelturm an, gipfelt aber in einem schlampig inszenierten Showdown, oder besser gesagt in einem der stümperhaftesten Effekte, und leider ist es so, dass sich diese Tatsache immer mal wieder zu häufig bemerkbar macht (wobei ich nicht von einem roten Faden sprechen möchte). Schnell entpuppt sich die Geschichte, die doch so vielversprechend mit der Ankündigung unerbittlicher Blutrache eines zum Tode verurteilten begann, als inkohärent und dermaßen verworren, dass es zu keinen besonders guten Gesamteindruck kommen kann, weil sie schlicht und einfach in beinahe uninteressante und recht langweilige Bahnen geleitet wurde. Dass zwar immer wieder herrliche Kostproben eines ganz besonderen Unterhaltungswertes auftauchen, kann den Film als Ganzes leider nicht retten. Die fieberhafte, und im Verlauf ermüdende Suche nach einem offensichtlich Wahnsinnigen (übrigens erneut mit äußerst schwachsinnigem Motiv), läuft ins Blaue, und könnte genau so gut durch den Zufall gelöst worden sein. Als fast skandalös mochte ich das schnelle und verschwenderische Ausrangieren einiger Stars dieser Produktion bezeichnen, weil sich die eher schwache Inszenierung dadurch zusätzlich den Boden unter den Füßen wegzieht. Gut funktionieren auf der anderen Seite die klassischen Giallo-Zutaten, und hier sieht man glücklicherweise immer wieder, dass sich die Regie doch sehr bemühte und nicht vollkommen uninteressant inszenierte. Insbesondere die Ermordungsszenen halte ich in ihrer seriellen Aufmachung für äußerst gelungen, und ich persönlich habe bezüglich einer Inszenierung schon lange nichts vergleichbares und derartig verblüffendes mehr gesehen.
Wie bereits erwähnt, es werden so einige Köpfe in diesen fast 90 Minuten rollen, und noch schockierender als die dazu gehörige Darstellung ist die Tatsache, dass es sich um die Stars des Films handelt. Anita Ekberg war zu jener Zeit bereits weniger Star- als Stammbesetzung in diversen belanglosen Produktionen, aber sie hatte ja schließlich noch einen großen Namen übrig. Mir hat sie hier als Chefin des Bordells wieder einmal sehr gut gefallen, denn ich mag ihre späten Rollen, in denen der Lack oftmals schon fast ab war. Bereits etwas üppiger und gezeichneter, nimmt man ihr daher erfahrene Frauen mit moralischen Abgründen sehr gut ab. Der heimliche Star des Films kommt für mich in prachtvoller Schönheit in Form einer ganz besonderen Dame daher. Nein, man nennt sie nicht Barbara Bouchet und auch nicht Rosalba Neri, sondern es handelt sich um die leider viel zu früh verstorbene Schweizerin Evelyne Kraft, die hier in ihrem filmischen Debüt diskret zu begeistern weiß. Für Wiedersehensfreude, oder Giallo- und Trash-Faktor sorgen beispielsweise noch Renato Romano, Peter Martell und Howard Vernon. Gerade bei letzterem ist es erstaunlich zu sehen, wie er wirken kann, wenn die Regie ihn richtig anpackte. In unzähligen Jess Franco-Werken wirkte er jedenfalls häufiger einmal unterfordert und leblos. Die Rolle des Inspektors vertraute man Robert Sacchi an, dessen Darstellung und Interpretation ich leider für vollkommen uninteressant und missglückt halte, wobei aber die Meinungen jedoch sicherlich weit auseinander gehen dürften, da es sich mal definitiv um eine etwas anders angelegte Rolle handelt. Das größte Rätsel der Besetzungsliste stolpert jedoch in Form von Rolf Eden umher, bei dem ich mich tatsächlich fragen musste, wie er wohl hier gelandet sein mag. Im Endeffekt hören sich die teils großen Namen der Besetzung jedenfalls besser an, als ihre tatsächlichen Leistungen aussehen, doch eines garantieren sie wohl uneingeschränkt, nämlich einen im Genre typischen Wiedererkennungswert.
Mit Ferdinando Merighis Beitrag ist sicherlich kein Meisterwerk geboren worden, dafür ist der Mix aus allen möglichen Komponenten einfach zu diffus und zu wenig stilvoll oder elegant ausgefallen. Ein Psychopath, dubiose Wissenschaftler, ein berüchtigtes Bordell mit allerhand zwielichtigen Gestalten, grausame Morde mit teils deftiger Exposition, sporadische Sex-Würze, und sogar ein mysteriöser Horror-Einschlag reißen jedenfalls nichts wirklich Außergewöhnliches heraus, ganz im Gegenteil, denn man bekommt eher den Eindruck, dass man unbedingt einen wirkungsvollen Beitrag zusammenbasteln wollte. Es ist in der Tat nicht weiter schlimm, wenn diese Masche trotz Vorhersehbarkeit wenigstes zu unterhalten weiß. Dabei ist es begrüßenswert, dass man meistens ordentlich auf die Effekt- und Spannungstube drückte, viele Szenen sind sehr rasant ausgefallen und können im Endeffekt mit einem bestimmten Flair punkten, wenn die Atmosphäre auch oftmals kleinere Aussetzer vorzuweisen hat. Der Aufbau von "Das Auge des Bösen" ist bei nicht permanentem Hinterfragen der Logik (was ohnehin im Bereich der Gialli wenig ratsam ist) ganz ordentlich gelungen, der Anfang des Films zeigt auch gleichzeitig sein sprödes Ende. Hin und wieder gibt es einige sehr gute Einfälle aufzuspüren, die das Anschauen bedeutend begünstigen, auch die musikalische Untermalung deckt die unterschiedlichen Stimmungen, Bilder und Szenen blendend ab. Natürlich gibt sich die Produktion auch effekthascherisch, wobei schnelle Schnitte zum Tragen kommen, Köpfe dürfen rollen, das Blut kann in Fontänen sprudeln; Brutalität fehlt also insgesamt bestimmt nicht, und die hauptsächlich umgangssprachlich-trivialen Dialoge machen sehr großen Spaß, sorgen in Verbindung mit den richtigen Gesichtern sogar für eine enorm hohe Glaubwürdigkeit. Als Film ist "Das Auge des Bösen" eher durchschnittlich, als Giallo sogar zu wenig extravagant ausgefallen, aber in Sachen Unterhaltung, Besetzung und Spaßfaktor kann man sich letztlich sicherlich nicht beklagen.