Das Rätsel des silbernen Halbmonds - Umberto Lenzi (1971)

Bava, Argento, Martino & Co.: Schwarze Handschuhe, Skalpelle & Thrills

Moderator: jogiwan

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jogiwan
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Re: Das Rätsel des silbernen Halbmonds - Umberto Lenzi (1971)

Beitrag von jogiwan »

An der Präsentation der neuen Blu-Ray-Disc aus dem Haus Koch gibt es ja nicht viel zu meckern und der Film sah natürlich noch nie besser aus. Der Streifen selbst ist leider immer noch etwas mittelmäßig und die Handlung schludert gemächlich zwischen episodenhaft inszenierten Morden und einer doch recht fragwürdigen Tätersuche hin- und her, bei der auf Logik oder das Verhindern weiterer Morde stets herzlich wenig Rücksicht genommen wird. Zwar mögen das alles auch typische Trademarks des Giallos sein, aber in anderen Filmen passt die Mischung aus Murder-Mystery in stylisher Umgebung einfach besser. Hier wirkt doch inklusive unauffälligen Soundtrack alles auch etwas lieblos routiniert in Szene gesetzt und man hat das Gefühl, dass die unterschiedlichen Produzenten ihre jeweiligen Besetzungswünsche geäußert haben, die von Lenzi pflichtbewusst berücksichtigt wurden ohne darauf zu achten, ob der Cast auch insgesamt harmoniert. Die Art und Weise wie Uschi Glass‘ Rolle immer etwas zu bieder und brav inszeniert wurde fällt trotz Space-Age-Interior im Vergleich zu der Riege der anderen Damen auch etwas ab und die Rolle des Helden und Sympathieträgers ist dem sichtlich etwas überforderten Antonio Sabato auch nicht unbedingt auf den Leib geschrieben. Insgesamt betrachtet ein eher mittelprächtiges Vergnügen, dass natürlich trotzdem nicht im gelben Regal fehlen darf.
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McBrewer
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Re: Das Rätsel des silbernen Halbmonds - Umberto Lenzi (1971)

Beitrag von McBrewer »

Endlich habe ich auch diese Lücke des Italienischen Kriminalfilms geschlossen und Das Rätsel des silbernen Halbmonds ist wahrlich der nette, aber durchschnittliche Giallo nach Reißbrett. Mir fällt auch nicht ein, was Lenzi unbedingt falsch macht. Es ist okay....gibt sogar einen ansehnlichen Bohrmaschinenmord, hübsche Frauen, beeindruckendes Setting (diese Wohnungen in den 70igern!). Antonio Sabato & Uschi Glas harmonisieren auch ganz nett, wobei mich aber Uschis Schauspiels jetzt nicht soooo angestrengte. Das Böse Teufelchen auf der rechten Schulter (oder Sofaplatz) meinte zwar, der Giallo sei langweilig, der rechte Schulterengel neben mir aber teilte meine Begeisterung. Einziger wirklich schmerzlicher Kritikpunkt: es gab weit & breit kein J&B im Bilde :evil:
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Arkadin
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Re: Das Rätsel des silbernen Halbmonds - Umberto Lenzi (1971)

Beitrag von Arkadin »

Internationale Langfassung. Lenzi auf den Spuren von Argento. Ganz anders als seine anderen Gialli ("Eyeball" mal ausgenommen). Viele Morde, immer was los, verworrene Geschichte, beklopptes Motiv mit "überraschender" Auflösung. Kein Meisterwerk, aber das Ganze ist ausgesprochen kurzweilig, man greift sich an den richtigen Stellen an Kopf und dazu kommt eine gute Kameraarbeit und ein schöner Soundtrack. Die Glas war damals eigentlich ganz niedlich, Sabato hübsch unsympathisch, was aber gut zu seiner Rolle passt. Die Nebendarsteller machen auch Spaß, wenngleich ich gerne mehr von Frau Schürmann gesehen hätte. Dafür kriegt man eine gute Dosis der freizügigen Marina Malfatti. Schön.
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Maulwurf
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Re: Das Rätsel des silbernen Halbmonds - Umberto Lenzi (1971)

Beitrag von Maulwurf »

 
Das Rätsel des silbernen Halbmonds
Sette orchidee macchiate di rosso / Das Rätsel des silbernen Halbmonds
Deutschland/Italien 1972
Regie: Umberto Lenzi
Uschi Glas, Antonio Sabato, Pier Paolo Capponi, Rossella Falk, Marina Malfatti, Renato Romano, Claudio Gora, Gabriella Giorgelli, Aldo Barberito, Bruno Corazzari, Franco Fantasia, Petra Schürmann


Das Rätsel des silbernen Halbmonds.jpg
Das Rätsel des silbernen Halbmonds.jpg (107.37 KiB) 571 mal betrachtet
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Italo-Cinema (Prisma)

Eine Mordserie an jungen Frauen erschüttert Rom, und jedes Opfer hat einen silbernen Halbmond in der Hand. Doch das dritte Opfer, Giulia, ist gar nicht tot. Die Polizei hat die Meldung über ihren Tod lanciert, damit der Täter kein zweites Mal zuschlägt. Doch da die Ermittler sich bei der Mörderhatz nicht gerade mit Ruhm bekleckern, geht der frischgebackene Ehemann von Giulia, der Modedesigner Mario, selber auf die Jagd. Und findet schnell heraus, dass sich die Opfer vor zwei Jahren alle im gleichen Hotel befanden. Eine Verbindung? Möglich, doch trotz der Polizeibewachung geht die Mordserie weiter. Und Mario kommt und kommt mit seinen Nachforschungen nicht voran …

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Wenn man viele Gialli gesehen hat kennt man irgendwann die Stereotypen dieses Genres auswendig, und freut sich über jeden Giallo der anderes daherkommt. Der DIE FALLE heißt, oder IN THE FOLDS OF THE FLESH, und der die schwarzen Handschuhe und die anderen üblichen Schemata erfolgreich vermeidet.
Aber irgendwann freut man sich auch genauso wieder über einen Giallo, der genau diese Schemata verwendet und aus eben diesen Elementen seine Spannung und seine Faszination zieht. DAS RÄTSEL DES SILBERNEN HALBMONDS ist in der Hochzeit der Thriller italienischer Spielart entstanden, und könnte also als Dutzendware laufen. Tut er aber nicht! Ganz im Gegenteil, bezaubert HALBMOND gerade durch die verwendeten Bausteine und durch die dadurch entstehende Stimmung. Gemeinsam mit Antonio Sabato laufen wir durch Rom auf der Suche nach einem Rätsel, hören die entspannte Musik Riz Ortolanis, und freuen uns über jedes Rätsel das wir mit Sabato und Uschi Glas gemeinsam lösen können. Die Morde gehen einigermaßen zur Sache und sind zum Teil recht heftig, und die Szenen, wenn Giulia als Köder allein in ihrer Villa sitzt und auf den Mörder wartet, sind noch viel heftiger und zerren reichlich an den Nerven.

Gleichzeitig lässt sich aber unterhalb dieser spannenden und aufregenden Krimiebene noch eine Welt im Umbruch entdecken. Auf der einen Seite haben wir tatsächlich so etwas Altmodisches wie Frauen die in Ohnmacht fallen. Auch die Kirche existiert in dieser altmodischen Welt, und Frauen gehen in die Kirche um dort zu beichten. Aber, und das ist der Einbruch der Moderne in die überlieferte Welt, sie können dort auch sterben. Ein Mord findet in einem Beichtstuhl statt, einem Hort der Privatsphäre und der Geheimnisse, und auch der Mord bleibt vorerst ein Geheimnis, der im Privaten stattfindet. Neben dieser Welt besteht aber auch eine andere, eine moderne Welt – Hippies bevölkern die schönsten Plätze Roms und nehmen Drogen, während nur ein paar Straßen weiter Prostituierte auf Freier warten. Eine Welt voller Gegensätze, eine Welt im Umbruch, und auch wenn dieser Umbruch bei weitem nicht so bildlich gezeigt wird wie in Lucio Fulcis im gleichen Jahr entstandener QUÄLE NIE EIN KIND ZUM SCHERZ, so ist dieser Wechsel der Paradigmen jederzeit deutlich zu spüren. Die Polizei bearbeitet Verdächtige so lange bis sie gestehen, ein deutlicher Verweis auf das Verhalten der Polizei gegenüber (linksgerichteten) Studenten in diesen Jahren. Aber auch wenn sich die Schuld der Verdächtigen innert kürzester Zeit in Luft auflöst, so sind die Raffinesse und das Kalkül eines modernen Serienkillers im traditionellen Italien halt einfach noch nicht begreifbar.
Der Held ist ein Modedesigner, was ein sehr moderner Beruf ist, und die Hauptdarstellerin spielt eine frühere Hotelbesitzerin, also eine Frau die als Unternehmerin arbeitete. Auch dies im Jahre 1972 in Italien ein Bruch mit der Tradition, welche die Frau in der Kirche(!), am Herd und in der Küche sieht. Vielleicht wird aus diesem Grund auch zu Beginn des Films eine alte Frau ermordet – Der Tod der alten Dinge ist nicht aufzuhalten, die Welt gehört den Jungen, so scheint die Aussage. Wobei der in Großaufnahme und aller Ausgiebigkeit eingefangene Körper des drogenabhängigen Bennett wiederum die genau gegenteilige Aussage machen möchte: Auch das junge stirbt, das Tempo des Wechsels wird sich erhöhen … Paul Poet tendiert in seinem Booklettext zur deutschen Ausgabe des Films von Koch Media in die gleiche Richtung, wenn er die dekadente Künstlerwelt von Kathy Adams der alten und verfallenden Hauskulisse der Wohnung gegenüberstellt, und darauf hinweist, dass der Mord des Patriarchen (denn um nichts anderes handelt es sich beim Mörder) dem Luxusweibchen gilt, der Abtrünnigen der Tradition. Wie überhaupt alle Mordopfer außer der Lehrerin interessanterweise in diese Kategorie gepackt werden können: Die Neureiche, die Hure, die frühere Hotelbesitzerin, die Künstlerin, die Verrückte ... Und wenn man mag, kann man auch eine Lehrerin zu dieser Liste zählen, weil eine Lehrerin Wissen vermittelt und damit ihre Schüler befähigt, sich von der alten Welt abzuwenden.

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Die Kirche wiederum zeigt sich in ihrer starren und unnachgiebigen Haltung gegenüber der Moderne auf voller Höhe der Zeit („Wenn Sie einen Mörder suchen, fragen Sie doch in Künstlerkreisen. Fragen Sie doch die Gammler, die Maler, die Vagabunden …“), und auch der Mann der Wissenschaft erklärt eine unterlassene Hilfeleistung rückhaltlos zum Mord. Selbst der Assistent des Inspektors hat zu Beginn seine fünf Minuten, in denen er die Meinung des italienischen Mannes ausdrücken darf („Die Engländerin war gerade zu Hause, wahrscheinlich ging sie gerade schlafen.“ „Ganz allein? Sie wissen doch, Künstlerinnen …“)

Tue ich Umberto Lenzi mit dieser Einschätzung unrecht? Unrecht insofern, als dass ich seine Fähigkeiten überschätze? Immerhin ist Lenzi nicht gerade als Visionär auf dem Regiestuhl bekannt, sondern vielmehr als Handwerker, der saubere und solide Arbeit abgeliefert hat, die aber nicht immer Anlass war zu überbordenden Jubelarien. Auf der anderen Seite hat Lenzi gerade den Verfall der Gesellschaft in Filmen wie MILANO ROVENTE, DIE KRÖTE oder vor allem DER BERSERKER dokumentiert, hat eine soziale und gesellschaftliche Entwicklung aufgezeigt, die während der bleiernen Jahre mit einer Unerbittlichkeit voranschritt, die sich in den Bleigewittern der oben genannten deutlich manifestiert hat.

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Als Krimi funktioniert HALBMOND erstklassig, und dass er zur Speerspitze der Gialli zählt, darüber muss man glaube ich nicht diskutieren. Aber wenn man den Film zum x-ten Mal sieht, kann man sich auf genau solche Gedankengänge einlassen, und es fällt auf, dass Lenzi in seiner Entwicklung tatsächlich immer wieder auf das Vergehen gesellschaftlicher Normen schaut. Pasolini nannte es Das Sterben der Glühwürmchen: Das Verschwinden der überkommenen Traditionen und das Veröden in einer industrialisierten Welt, in der kein Platz mehr ist für die alten Bräuche und Geschichten. Zwischen MONDO CANNIBALE von 1972 und DIE RACHE DER KANNIBALEN von 1981 liegen 9 Jahre kulturellen und sozialen Umbruchs, und das Ergebnis ist eine Schlachtplatte wie sie ekliger kaum sein könnte. Normen, gesellschaftliche Regeln, Moral, alles Dinge die sich in dieser Zeit wesentlich verändert haben – Und nicht immer zu ihrem Besten. Zeigte Lenzi in seinen ersten Gialli COSÌ DOLCE… COSÌ PERVERSA und ORGASMO noch das Leben der Reichen und Schönen (wobei in letzterem bereits das Proletariat in Gestalt von Lou Castel und Colette Descombes sein Recht einfordert), so entwickelte er sich im Lauf der Zeit immer mehr zum Mahner des kleinen Mannes. Die Amokläufe in DER BERSERKER oder DIE VIPER zeigen ganz klar in die Richtung, die dann in DIE KRÖTE in Tomas Milians Monolog im Nachtclub definiert wird Die Welt ist schlechter geworden, erheblich schlechter, und wir tun gut daran, uns entweder daheim zu verbarrikadieren, oder gemeinsam mit den andern zu töten.

Aber in HALBMOND ist diese Entwicklung noch im vollen Gange, und Lenzi dokumentiert sie mit großem und geradezu beiläufigem Unterhaltungswert. Wie das Neue das Alte verdrängt. Wie die alten Normen den Bach runtergehen und Platz machen müssen für neue, blutrünstigere Rituale. Wie die alten Traditionen verschwinden. Ich würde etwas darum geben, Pasolinis Meinung zu Filmen wie HALBMOND oder QUÄLE NIE EIN KIND ZUM SCHERZ zu kennen …

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8/10
Was ist die Hölle? Ein Augenblick, in dem man hätte aufpassen sollen, aber es nicht getan hat. Das ist die Hölle ...
Jack Grimaldi
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buxtebrawler
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Re: Das Rätsel des silbernen Halbmonds - Umberto Lenzi (1971)

Beitrag von buxtebrawler »

„Dieser silberne Halbmond ist unser neuer Talisman, ja?“

„Das Rätsel des silbernen Halbmonds“ aus dem Jahre 1972 wurde seinerzeit als 38. (und letzter) Teil der Edgar-Wallace-Verfilmungsreihe vermarktet, basiert jedoch – mit viel Wohlwollen – lediglich lose auf Wallace-Motiven und ist, wie bereits die jüngsten vorausgegangenen Verfilmungen, eine deutsch-italienische Koproduktion – und letztlich eigentlich ein wachechter Giallo. Mit der Inszenierung wurde der italienische Genrefilm-Regisseur Umberto Lenzi („Spasmo“) betraut, der bereits auf mehrere Gialli im Portfolio zurückblicken konnte. Als einzige Wallace-Verfilmung spielt diese nicht einmal mehr wenigstens zum Teil in England, sondern durchgehend in Italien. Die deutsche Kinofassung war gegenüber der internationalen (auf der diese Kritik beruht) radikal gekürzt.

„Ich habe nicht so viel Vertrauen zur Polizei wie du!“

Bei einer in Rom brutal ermordeten Prostituierten wird ein silberner Halbmond gefunden, was sich als der Auftakt einer ganzen Mordserie entpuppt, die weit übers Rotlichtmilieu herausreicht. Stets drapieren die Täterin oder der Täter ein solches Schmuckstück bei der jeweiligen Leiche. Eines der Opfer, Giulia (Uschi Glas, „Zur Sache, Schätzchen“), überlebt jedoch verletzt, während der Täter sie für tot hält. Die Polizei kommt mit der Presse überein, Giulia als tot zu melden und inszeniert sogar ihre Beisetzung, um sie zu schützen und den/die Täter(in) in Sicherheit zu wiegen, während man weiter auf der Suche nach ihm oder ihr ist. Giulia erinnert sich, einen solchen silbernen Halbmond bereits vor zwei Jahren in einem Hotel als Schlüsselanhänger eines amerikanischen Gasts gesehen zu haben. Während die Polizei um Inspektor Vismara (Pier Paolo Capponi, „Frauen bis zum Wahnsinn gequält“) weiter im Dunkeln tappt, ermittelt Giulias Ehemann Mario (Antonio Sabato, „Das Auge der Spinne“) auf eigene Faust. Der Mörder scheint es speziell auf Frauen abgesehen zu haben, die sich einst in jenem Hotel aufhielten…

Kaum noch Wallace, dafür bella Italia, Lenzi und in der weiblichen Hauptrolle, Schockschwerenot: Deutschlands biederstes und reaktionärstes Fräuleinwunder Uschi Glas, die bereits bei der Wallace-Verfilmung „Die Tote aus der Themse“ mitwirkte. Alles beginnt mit einer nächtlichen Autofahrt. Lenzi fackelt nicht lang: Killer-Point-of-View, schwarze Handschuhe, Messer, erster Mord; Straßenstrich, Tittenszene, nächster Mord mit Holzlatte an Dirne Marcella, am Tatort drapiert: der titelgebende silberne Halbmond. Die Polizei nimmt die Ermittlungen auf und Giulia wird in die Handlung eingeführt. Nach einem Abstecher zu einer Kunstausstellung können beide auch die nächste Gräueltat nicht verhindern: Das Opfer trägt einen krassen Glitzerfummel, schlüpft in ein nicht minder exaltiertes Nachthemd und erleidet einen sehr stylischen Tod. Uschi, ‘tschuldigung, Giulia versucht man im Zug zu meucheln, doch wie bereits erwähnt geht der Anschlag daneben.

Lenzi legt also ein recht hohes Tempo vor. Gut, kann man so machen, sollte dann jedoch nicht mehrere Gänge zurückschalten. Dabei wirkt die Geschichte mit der eher schemenhaften Erinnerung einer auf eigene Faust ermittelnden Privatperson, die schließlich zum Schlüssel zur Lösung wird, zunächst einmal überaus typisch gialloesk und vielversprechend; Augenzooms und Suspense-Szenen sind weitere liebgewonnene Charakteristika. Die eingeflochtene Kritik an einer Polizei, die ein falsches Geständnis erfoltert, erfreut den Geist, Uschis heftiges Sonnenbrillengestell hingegen beleidigt jedes Ästhetikempfinden. Die Szenen aus der Frauenklapse, in der das nächste Opfer weilt, muten grotesk an; durch die parallel stattfinden Polizeiermittlungen erhält der Film genreuntypische Krimianleihen. Lange Zeit verzichtet der Film auf Schauwerte und wird – leider bis zum Finale – immer langweiliger. Aus dem Nichts auftauchende Familienmitglieder stehen ebenso wie eine generell immer abstruser werdende Handlung, bei der man irgendwann geistig abschaltet, für eine entweder von vornherein wirre oder aber durch die Inszenierung unzureichend vermittelte Handlungskonstruktion. Laut Mitautor Lenzi basiere die Drehbuch-Idee auf irgendeinem Roman (jedenfalls keinem Wallace).

Überlieferungen zufolge habe die Chemie innerhalb der Darsteller(innen)riege am Set nicht gestimmt, was erklären würde, weshalb es der Inszenierung merklich an Esprit mangelt – dabei ist diese rein handwerklich betrachtet eigentlich einwandfrei, die Kameraarbeit sticht gar mit einigen wirklich schönen Bildgestaltungen ins Auge und Riz Ortolanis minimalistischer, jazziger Score kann sich hören lassen. Vielleicht wäre unter anderen Umständen aus den vorhandenen Zutaten ein etwas bekömmlicherer Giallo mit einem deutlicher herausgearbeiteten Subtext über den Kampf des Vergehenden gegen die Moderne entstanden. In der vorliegenden Form aber wirkt es fast, als habe man Lenzi nach dem Auftakt ausgebremst, daran erinnert, dass die Edgar-Wallace-Reihe britische Kriminalromane und keine reißerischen italienischen Groschenhefte sind und ihn letztlich demotiviert.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
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