Fünf Krimi Italiana mit Herrn Hilton
Moderator: jogiwan
Fünf Krimi Italiana mit Herrn Hilton
Foto: George als Italowesternheld
Foto: Hier seht Ihr, wie der liebe George gerade meine DVDs bekritzelt!
Ok, ok, EINE davon habe ich jedoch schon... Die französische DVD von
DIE FARBEN DER NACHT gehört zur zehnteiligen COLLECTION GIALLO des
Labels NEO PUBLISHING - diese wunderbaren Scheiben sind wohl zum Teil
schon ausverkauft...
Ja, wie oft habe ich mir seit lang vergangenen Videonächten gewünscht, einmal so auszusehen wie George Hilton - dann könnte ich die Beine hochlegen und mich zur Ruhe setzen, während die Ladies Schlange stehen und mich mit Weintrauben vollstopfen dürfen... Da ich NICHT so aussehe, habe ich die Zeit, ein paar Worte über die fünf besten (für mich jedenfalls) Gialli mit George in der Hauptrolle zu schreiben...
George Hilton wurde 1934 als Jorge Hill Acosta y Lara in Urugay geboren, und nach einigen kleineren Auftritten im argentinischen Kino, verschlug es ihn nach... Italien! Dort bekam er viele Angebote für die damals mega-angesagten Italowestern, mit denen ich mich jedoch nicht besonders gut auskenne. Ich habe zwar sehr viele gesehen und auch das Christian Kessler-Buch gelesen, dennoch habe ich mich nie so ausgiebig mit ihnen befasst wie mit dem Krimi Italiana/Giallo. Seinen ersten Krimiauftritt dürfte er in DER SCHÖNE KÖRPER DER DEBORAH gehabt haben, der so langsam aber sicher mal in meinem Briefkasten auftauchen müsste!
Foto: George in DEBORAH
Und 1970 kam dann der berühmte KILLER VON WIEN...
Foto: Ami-DVD vom KILLER VON WIEN
THE STRANGE VICE OF MRS. WARDH, wie der Film in den USA heisst, ist nicht nur das Giallo-Debüt von Sergio Martino, sondern auch einer der schönsten Krimis Italiana, die jemals gedreht wurden. Erstaunlich ist, das Sergio Martino seine Gialli als "ganz nett" bezeichnet, was man als sympathische Bescheidenheit auslegen könnte - und als pures Understatement, denn ALLE seine Krimis aus den Jahren 1970 - 1975 sind sehr gut bis Spitzenklasse! Giallo-Freaks streiten sich höchstens darum, ob DER KILLER VON WIEN Sergio Martinos ALLERschönstes Werk war oder vielleicht doch ein anderer. Mir gefallen jedenfalls DER SCHWANZ DES SKORPIONS und DIE FARBEN DER NACHT genauso gut wie DER KILLER VON WIEN - jedoch hat letzterer den Vorteil der atemberaubend inszenierten Rückblenden, in denen die wundervolle Edwige Fenech und Gillette-Mann Ivan Rassimov sich den S/M-Spielchen hingeben. Besonders die Szenerie im Regen und die alptraumhafte Sequenz mit der zerberstenden Flasche in Zeitlupe sind grandios fotografiert und entfachen bei mir auch beim 30sten Durchlauf (ja, ich weiss schon, das ich verrückt bin ) noch eine Gänsehaut sondersgleichen...
Foto: Ivan Rassimovs stahlblaue Augen...
Die Story ist reichlich komplex, aber NIEMALS wirr, denn Giallo-Skript-Genie Ernesto Gastaldi muss damals in Hochform gewesen sein. Das ist schon 'ne sensationelle Handlung mit unzähligen Plot-Twists, die wirklich so überraschend kommen, das man seinen Augen kaum noch traut...
Foto: Die französische DVD-Edition
Julie Wardh (Edwige Fenech = jamm!) reist mit ihrem Ehemann Neil (Alberto de Mendoza, den ich übrigens im HORROR EXPRESS von Eugenio Martino kaum wiedererkannte mit den langen Haaren) ins schöne Wien. Schon im Taxi erfährt Julie dann vom Fahrer, das ein Sensenmann mit Rasierklinge die halbe Stadt in Panik versetzt hat, während sich ihr Mann Neil in seine Geschäfte stürzt und keine Zeit für sie hat - wie meistens. Kurze danach lernt sie den zweiten Gillette-Mann des Films, George (George!), kennen, auf dem sie eine Auge wirft, doch erstmal abblitzen lässt - schliesslich ist sie eine verheiratete Frau! Wie in vielen anderen Gialli auch, spielt sich das Geschehen bei den oberen Zehntausend ab, also dort , so scheints, wo die dunklen Neigungen weitaus stärker ausgeprägt sind als in der vergleichbaren Mittelklasse. Die Reichen sind gelangweilt und der Meinung, das sie sich einfach alles erlauben können - manche gönnen sich sogar das Hobby Frauenabmurksen. Siehe zum Beispiel die irren Mörder in Mario Bavas Mega-Meisterwerk BLUTIGE SEIDE und in SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL, die Frauen alleine aus dem Grund töten, weil sie schön sind, beziehungsweise fremdgehen. Die Liste ist endlos... Zum Glück!
Foto: Türkisches (!) Plakat
Jedenfalls taucht auf besagter Party dann Jean (genial fies: Ivan Rassimov, der in meinen Augen viel mehr Hauptrollen verdient gehabt hätte - KALIBER 38 reicht da nicht aus) auf, der Julie zurückgewinnen möchte, denn die beiden führten eine S/M-lastige Beziehung, wo eindeutig Jean der dominante Part war.
Am nächsten Tag fährt Julie dann mit Caroll (die hübsche Conchita Airoldi, bekannt aus TORSO) zum Einkaufen, wo Julie gesteht, das sie Neil nur aus finanziellen Gründen geheiratet hätte, und das die beiden sich nichts mehr zu sagen hätten. Und so kommts, das sie sich mit George einlässt, der das hat, was sie bei ihrem Ehemann so vermisst: Zeit. Doch als sie per Telefon damit erpresst wird, das der Anrufer ihre Affäre mit George an ihren Ehemann verraten könne, spitzt sich die Lage rund um Julie zu, denn nicht nur der Erpresser, sondern auch der Rasierklingenschlitzer scheint ihr dicht auf den Fersen zu sein. Sind Erpresser und Schlitzer vielleicht sogar ein und dieselbe Person?
Foto: Sexy Edwige
Und Verdächtige gibt es reichlich: allen voran natürlich Julies Exfreund Jean. Und was ist eigentlich mit George...?
DER KILLER VON WIEN ist wirklich Extraklasse von A bis Z - da wäre die exzellente Fotografie im fetten Breitwandformat, die extrem ästhetischen Rückblenden (obwohl ich S/M nichts abgewinnen kann), die trotz klatschender Ohrfeigen seltsam sinnlich wirken, die Darstellerriege mit dem Traumpaar George Hilton & Edwige Fenech, Alberto de Mendoza und natürlich Ivan Rassimov als Stalker von Julie. Dazu kommen einige stylische Schwarze-Handschuh-Rasierklingen-Morde, die einem den Atem nehmen - und dann die unzähligen Plot-Twists, die am Ende des Films eine perfekte Einheit bilden. Und die Mucke von Nora Orlandi ist ziemlich genial! Da hatte also mal 'ne Frau die Komponistenhosen an... Wirklich schön!
Von dem Film gibt es massenhaft verschiedene DVDs, von denen ich 4 kenne - am besten gefällt mir die französische Ausgabe mit dem gelben Digipak. Die Koch-Media ist auch ziemlich ansehnlich geworden und besitzt ein interessantes Booklet mit Geschriebenem von Christian K. höchstpersönlich... Wenn das nix ist!
Schon 1971 kam der nächste ganz grosse Knaller von Sergio Martino mit dem coolen George in der Hauptrolle, und das war der ebenfalls mit einigen Plot-Twists ausgestatte DER SCHWANZ DES SKORPIONS - einem absoluten Edel-Giallo mit toller Besetzung: neben George gibt es nämlich Luigi Pistilli, Alberto de Mendoza, Ida Galli aka Evelyn Stewart und die Frau mit den schönsten Wangenknochen namens Anita Strindberg zu sehen...
Foto: Anita im SCHWANZ DES SKORPIONS!
Kannte ich diesen Krimiknaller bisher nur in der miserablen X-Rated-Fassung inklusive falschem Bildformats, habe ich mir dann erst die qualitativ sehr gute US-DVD namens THE CASE OF THE SCORPION'S TAIL und dann auch noch die alles überragende französische DVD mit dem Titel LA QUEUE DU SCORPION gekauft, die wie DER KILLER VON WIEN perfekt von den Franzmännern aufgelegt wurde. Die Bildqualität ist unfassbar GIGANTISCH: kein Staubkorn mehr, korrektes Bildformat, Megaschärfe - ein Traum. Das ist schon ein Ding, was so eine professionelle Restauration alles bewirken kann! Dennoch verkaufen sich solche Genreperlen lange nicht so gut, wie sich das ein Giallo/Italo-Freak vielleicht vorstellt - diese französischen DVDs gehen anscheinend richtig gut, denn wie schon gesagt: teilweise ausverkauft. Dennoch sind schon etliche Label am Bettelstab gelandet, weil solche exzellenten Restaurationen halt einiges kosten. Und es gibt eben nur einen kleinen (aber feinen!) Kreis von Kultfilm-Fans, die sich ausschliesslich Original-DVDs kaufen und einen Haufen Kohle ausgeben...
Foto: Mord!!!
Jedenfalls sehen wir in DER SCHWANZ DES SKORPIONS einer heissen Lady (Ida Galli) dabei zu, wie sie die Lebensversicherung ihres explodierten Ehemannes abkassiert (in bar natürlich), und sich in ein Zimmer eines vornehmen Hotels einmietet, in dem schon die ersten Ganoven auf die Penunze warten. Und dann, nach ungefähr 30 Minuten, passiert das Erstaunliche: die Lady wird einfach (und ziemlich blutig) abgemurkst! Dachte man wie in PSYCHO, das die gierigen Ladies die Hauptrolle spielen, sieht man sich also komplett getäuscht. Aber Alfred Hitchcocks PSYCHO ist ohnehin ein grosses Vorbild für den Giallo - also was soll's???
Foto: Franzmann-DVD
Danach tauchen dann Polizisten, ein Kommissar (Alberto de Mendoza), ein Versicherungsagent (George Hilton), ein Narbenmann, rote Heringe und sonstige zwielichtige Figuren auf, während weitere spannend inszenierte Morde geschehen, die von einem im schwarz gekleideten Sensenmann mit Rasierklinge begangen werden, und man darf fleissig miträtseln, wer denn nun der böse Schlitzer mit der Klinge ist. Am Ende erlebt man sein blauestes Wunder seit dem KILLER VON WIEN, doch wie im besagten Kultfilm ist das Ganze absolut perfekt eingefädelt worden, und zwar von Ernesto Gastaldi und Regisseur Sergio Martino höchstselbst.
Die Mucke von Bruno Nicolai ist FANTASTISCH - dem Label DIGITMOVIES sei 1000mal gedankt für ihre grossartigen Giallo-Serien von Bruno und Ennio. Ich liebe euch!
Foto: Die Soundtrack-CD vom SCHWANZ DES SKORPIONS
Alles in allem ein wunderbarer Giallo, den Martino da zusammengeschraubt hat. Ganz, ganz grosses Kino, besonders wenn man bedenkt, was heutzutage für ein Murks verzapft wird. Naja, eigentlich schaue ich mir gar keine Filme mehr an, die nach 1980 gedreht wurden... Jedenfalls, die Franzmann-DVD bietet einen Audiokommentar von Ernesto Gastaldi, ein 19-minütiges Interview mit dem Meister Martino und eine schöne Bildergalerie, die die Scheibe perfekt abrundet.
In Frankreich ist die DVD des ungeschnittenen Films ab 12 (!) Jahren freigegeben - die Franzmänner werden mir langsam richtig sympathisch!
Foto: Luigi Pistilli ist hin!
MY DEAR KILLER (Original-Titel: MIO CARO ASSASSINO) wird in den unendlichen Weiten des WWWs so zwischen ok bis gut eingeschätzt - ich dagegen halte ihn (bitte festhalten!) für einen der 10, wenn nicht 5 besten Gialli, die jemals gedreht wurden! Und ich habe schon mehr als 10 gesehen...
Foto: Italo-Plakat von MY DEAR KILLER
Mal im Ernst: in MY DEAR KILLER stimmt einfach absolut alles! Das beginnt bei der imposanten Breitwand-Fotografie in sattesten Farben (tja, X-Rated haben natürlich keinen tollen Job gemacht - die Nase vorn hat die relativ neue SHAMELESS SCREEN ENTERTAINTMENT-DVD, denn von diesem Film habe ich ebenfalls 4 verschiedene Editionen (wie gesagt: verrückt). Die Neuauflage von X-Rated namens TIME TO KILL, DARLING ist dieselbe wie die mit dem MY DEAR KILLER-Titel - mit dem einzigen Unterschied, das X-Rated eine grauenvoll miserable deutsche Synchronisation haben anfertigen lassen, die ich keine 2 Minuten ausgehalten habe! Das ist wirklich unter aller Kanone, was da geboten wird...
Foto: George cool
Zu Beginn des Films fällt einem gleich der Lalalala-Kindsgesang auf, der jedoch NICHT von einem Kind stammt, sondern von der ziemlich erwachsenden Edda dell'Orso (die erstaunlich viele Giallo-Scores mit ihrer facettenreichen Stimme veredelt hat)! Ich staunte nicht schlecht, als ich das Booklet der Soundtrack-CD las. Der Ennio Morricone-Score des gesamten Films ist mit das Wunderbarste, was meine Ohren jemals vernommen haben! Melancholisch und einfach zum Niederknien...
Foto: Die SHAMELESS SCREEN ENTERTAINTMENT-DVD
Die Story von MY DEAR KILLER ist natürlich komplex - doch am Schluss puzzelt Kommissar Peretti (George H.) alles zusammen und das Ganze ergibt durchaus einen perfiden Sinn...
Foto: Die Soundtrack-CD des Films von DIGITMOVIES
Zu Beginn des Films sieht man, wie dem Detektiv Paradizi mit einer Baggerschaufel die Rübe abmontiert wird - eine exploitative Paradeszene, die einen gleich mal aufhorchen lässt. Nachdem der scheinbare Täter des Mordes selbst erhängt aufgefunden wird, betritt Kommissar Peretti die Szenerie. Und da staunt man zum zweiten Mal, denn George Hilton spielt keinen coolen Frauenhelden oder Amateur-Schnüffler wie sonst, sondern den ermittelnden Polizisten mit Eheproblemen! Also wenn das keine Überraschung ist, weiss ich auch nicht. Nicht nur deshalb erinnert mich seine Rolle an die des Kommissars in THE BLACK BELLY OF THE TARANTULA (aka DER SCHWARZE LEIB DER TARANTEL), einem ebenfalls tollen Krimi, in dem der Polizist (auch mit privaten Sorgen) und eben kein Amateur-Schnüffler dem Killer auf den Fersen ist. Es gibt nicht viele Gialli, die diesen Weg beschreiten... Und in MY DEAR KILLER spielt George Hilton diese Rolle perfekt. Er findet heraus, das der zuerst Ermordete Paradizi ein Detektiv war, der dem Entführer eines Kindes so dicht auf den Pelz rückte, bis er vom selbigen mit der Baggerschaufel abgemurkst wurde.
Foto: Die Baggerschaufel kommt!
Scheinbar steht Peretti unter Beobachtung - was jedoch nur anfangs einmal deutlich gezeigt wird, als der Sensenmann ihn und seine Frau (gespielt von Marilu Tolo) zu Hause durch ein Fenster beobachtet -, denn der Killer ist ihm stets einen Schritt, beziehungsweise einen Mord voraus. Peretti entdeckt dann eine wichtige Zeichnung des ehemals gekidnappten und ermordeten Kindes, das den Täter eventuell verraten könnte. Die Spur führt ihn in die Familie des Kindes, in dessen Umfeld es einen ganzen Haufen von roten Heringen gibt. Und spätestens ab dann wird die Handlung richtig brisant, denn da gibt es Pädophile (William Berger und Alfredo Mayo) und sämtliche sonstigen Psychopathen, die man sich nur vorstellen kann. Tonino Valerii ist es zu verdanken, das das Ganze nicht in reine Exploitation ausartet - und da ist auch schon die nächste fette Überraschung: Tonino Valerii hat nämlich nur einen einzigen Krimi gedreht in seiner langen Karriere, und das ist halt MY DEAR KILLER! Ja warum, zum Deibel nochmal, hat er sonst nur mittelmässige Klamauk-Western und sonstigen belanglosen Kram gedreht? Ein Rätsel, das wohl niemand lösen kann... Die nächste Überraschung ist, das es recht viele spanische Mimen zu sehen gibt. Die schon erwähnten Marilu Tolo und Alfredo Mayo(naise), Manolo Zarzo, die höllisch heisse Helga Line (die in fast allen Rollen, die sie gespielt hat, gekillt wird - egal ob im HORROR EXPRESS oder dem tollen BLUTMESSSE FÜR DEN TEUFEL) als Paradizis Witwe und noch ein paar andere. Auch die Produzenten kamen nicht nur aus Rom, sondern auch aus Madrid.
Foto: Die Kreissäge kommt!
Doch der Film bietet auch Italien pur, so zum Beispiel die gialloesken Schwarze-Handschuh-Morde, bei dem besonders der blutige Kreissägenmord aus dem Rahmen fällt, denn er ist absolut grandios montiert worden und ziemlich splatterig (diesmal musste Patty Shepard dran glauben)...
Und wenn sich am Schluss sämtliche rote Heringe um Kommissar Peretti versammeln dürfen, erinnert das natürlich mehr als auffällig an die Agatha-Christie-Krimis mit Hercule Poiret in der Hauptrolle. Na und? Wunderbar, die Szene!
Als ich MY DEAR KILLER zum ersten Mal sah, hat er mir wirklich die Schuhe ausgezogen, und das natürlich im absolut POSITIVEN Sinne!
Foto: Plakate zu MY DEAR KILLER
1972 drehte Tulio Demicheli dann COARTARDA EN DISCO ROJO aka THE TWO FACES OF FEAR aka I DUE VOLTI DELLA PAURA (eine spanisch/italienische Ko-Produktion), in dem neben George auch Anita Strindberg, Fernando Rey und Manuel Zarzo mit von der Partie sind. COARTARDA wurde sehr zeitnah mit PERCHE QUELLE STRANE GOCCE DI SANGUE SUL CORPO DI JENNIFER? (ich liebe diese langen Titel) gedreht, um den es nun geht...
Foto: Das italienische Plakat von
THE TWO FACES OF FEAR
PERCHE QUELLE STRANE GOCCE DI SANGUE SUL CORPO DI JENNIFER? ist nämlich: DAS GEHEIMNIS DER BLUTIGEN LILIE aka DER SATAN MIT DEM SKALPELL (nicht zu verwechseln mit dem genial-bizarren und sehr blutigen Peter-Cushing-Knaller CORRUPTION) aka THE CASE OF THE BLOODY IRIS, von dem ich eine schöne Fotoserie entdeckt habe...
DAS GEHEIMNIS DER BLUTIGEN LILIE (bei dem X-Rated ausnahmsweise mal ordentliche Arbeit geleistet haben - nur die deutschen UT sind teilweise schlampig übersetzt und alles andere als korrekt) ist keiner der besten, dafür jedoch einer der rasantesten Gialli, die ich je gesichtet habe. Von der ersten Sekunde an wird der Zuschauer in den Bann der unheimlichen Mordserie in einem riesigen Apartmentkomplex hineingesogen. Ich kann keine Szene, keinen Dialog entdecken, der nicht irgendwie mit den blutigen Geschehnissen im Zusammenhang steht - kaum zu glauben, aber wahr! Es gibt absolut null Leerlauf, kein Geplänkel, keine lange Anlaufzeit...
In besagtem Apartment, für das der erfolgreiche Architekt Andrea (George, wer sonst???) verantwortlich ist, werden innerhalb von wenigen Tagen zwei Frauenleichen entdeckt - eine wurde blutig im Fahrstuhl mit einem Rasiermesser (juchuh!) gekillt, die andere (die wunderschöne Carla Brait) in der Badewanne gefesselt und ertränkt.
Und genau in das Apartment, in dem die Nachtclub-Männer-Verklopperin Carla ermordet wurde, zieht die hübsche Jennifer (Edwige Fenech), die Fotomodell von Beruf ist, mit ihrer besten Freundin ein. Dabei lernt sie Andrea kennen, der an einer Blutphobie leidet (oder tut er nur so???), und die beiden kommen sich ganz langsam näher. Währendessen ermittelt ein Kommissar die Morde, der sich auffällig oft mehr mit seiner Briefmarkensammlung (!) als mit den Verdächtigen beschäftigt - was ganz gewiss humorvoll gemeint ist und auch tatsächlich ziemlich witzig anzuschauen ist. Und die Polizeiarbeit bekommt einen grossen Spielraum in dem Film, was deshalb ungewöhnlich ist, weil nicht der Held des Filmes, sondern ein Briefmarkensammler den Kommissar gibt. Die Szenen zwischen dem Kommissar und seinem Assistenten verleiten einen wirklich ständig zum Grinsen... Die beiden sind schon ziemlich ulkig, da gibt es nichts!
Jennifer wird wie Julie (beide Edwige Fenech) im KILLER VON WIEN von ihrem Exfreund/Ehemann verfolgt, der sie zurückgewinnen möchte, um die alten Gruppensexerlebnisse aufzufrischen, die Jennifer jedoch niemals wirklich geniessen konnte - klar, was wäre das denn auch für eine seltsame Filmheldin in den Augen des Kinopublikums im katholischen Italien des Jahres 1972 gewesen?
Doch Jennifer wird nicht nur von ihrem Ex verfolgt, nein, auch der maskierte Schlitzer (der genauso ausschaut wie der Killer in Mario Bavas ultimativem Meisterwerk BLUTIGE SEIDE) hat es inzwischen auf sie abgesehen, und nur mit Glück kann sie seine Attacken zweimal abwehren - doch dann wird ihre Freundin und Mitbewohnerin auf der offenen Strasse ermordet, und das mitten in den Armen von Andrea! Wem kann sie noch trauen?
Foto: Edwige in DAS GEHEIMNIS DER BLUTIGEN LILIE
als sexy Fotomodell
Wow, also in diesem Apartment möchte ich nicht wohnen... Was da für Irre und Psychopathen hausen ist schon sensationell: ein Professor (George Rigaud), der sich höchst verdächtig benimmt und immer die jeweiligen Leichen entdeckt, eine alte Schachtel, die ihren am ganzen Körper verbrannten Sohn in einem Geheimzimmer versteckt (eine extrem exploitative Idee und genau dasselbe wie ein Zwerg als Gehilfe eines Mad-Scientist oder sonstigen Folterknechten im Horrorfilm - wie zum Beispiel in BLOODSUCKING FREAKS oder HORROR HOSPITAL). Dann die seltsame und hübsche Tochter des Professors usw. Ja, eine ziemlich hohe Anzahl an roten Heringen, die einem von Ernesto Gastaldi und Giuliano Carnimeo aufgetischt werden, und doch fügen sich die Puzzleteile am Ende grossartig zusammen - wie meistens bei Gastaldis Skripts...
Luciano Pigozzi (der italienische Peter Lorre) taucht noch kurz als Nachtclubbesitzer auf, und der italienische Woody Allen als Fotograf (der den wirklichen Woody Allen in Italien synchronisiert!) und einige andere bekannte Nasen...
Foto: US-DVD
Giuliano Carnimeos beste Werke findet man jedoch im Italowesternbereich, und speziell die SARTANA-Knaller mit Gianni Garko sind wirklich grossartig gelungen und erstaunlich innovativ und ideenreich inszeniert worden. Man spürt deshalb auch, das der Giallo eben nicht sein Fachgebiet ist, aber das gleicht er durch das hohe Tempo des Filmes und seine solide Handwerkskunst mehr als aus! Ich mag den Streifen jedenfalls sehr...
Doch das Beste ist Bruno Nicolais Zauberscore - das Titelthema gehört mit zu den schönsten Ohrschmeichlern, die jemals komponiert wurden. Die Soundtrack-CD ist einfach irre und ein absolutes Muss für Italofreaks, die auch die Scores im Schrank stehen haben möchten...
Foto: Soundtrack-CD zum Film von DIGIMOVIES
Zum Abschluss nochmal ein ganz grosser Giallohit: DIE FARBEN DER NACHT aka ALL THE COLOURS OF THE DARK aka THEY'RE COMING TO GET YOU! aka TUTTI I COLORI DEL BUIO, den Sergio Martino 1972 inszenierte, und zwar mit einem riesigen Aufgebot an Europloitation-Stars, die selbst die Darstellerriege von DAS GEHEIMNIS DER BLUTIGEN LILIE noch übertrumpfen konnte! Zu sehen gibt es nämlich:
Foto: Susi Scott aka Nieves Navarro
Foto: Edwige und George im Bett
Foto: Fantasie oder Realität? Edwige F.
und Ivan Rassimov
Foto: Nochmal Ivan als irrer Stalker...
Foto: Marina Malfatti als Satanistin
(sieht man ihr gar nicht an!)
Foto: Marina heute - 40 ist sie wohl schon...
(naja, wenn sie heute 40 Jahre alt ist, wäre sie in
FARBEN DER NACHT gerade erst geboren worden! )
In DIE FARBEN DER NACHT kann man zum wiederholten Male das Traumpaar George Hilton / Edwige Fenech bewundern, und das wird NIE langweilig, obwohl Edwiges Rollen meistens gleich angelegt sind: sie wird von bösen Mördern, Stalkern und sonstigen Irren verfolgt, und braucht dringend einen männlichen Helden, der sie beschützt. Es wird deshalb nicht langweilig, weil man nie weiss, ob die Helden wirklich Helden sind... So auch in DIE FARBEN DER NACHT, in dem Richard (George H.), der Ehemann von Jane (Edwige F.), durch eine Unachtsamkeit für den Tod ihres gemeinsamen ungeborenen Kindes verantwortlich ist. So ein Trauma kann eine Frau natürlich nicht so einfach wegstecken, und Jane gerät in einen mörderischen Strudel aus Fantasie, Realität, Alpträumen und Wahnvorstellungen - und der Zuschauer weiss immer nur das, was Jane sieht und erlebt. Und genau DAS macht den Film unglaublich spannend bis zum Schluss.
Regie führte zum wiederholten Male Sergio Martino, der mit DIE FARBEN DER NACHT keinen typischen Giallo schuf, sondern einen Hybriden aus Horrorfilm und Krimi Italiana. Horrorfilm deshalb, weil Jane durch ihre Nachbarin Mary (Marina Malfatti) in eine unheimliche Satanssekte eingeschleust wird, die ihre Alpträume verständlicherweise noch intensivieren. Die Szenen mit der Sekte sind mit einem grandiosen Thema von Bruno Nicolai unterlegt, bei dem sich der Score-Maestro wirklich selbst übertroffen hat! Die Hauptmelodie spielt Allround-Instrumenten-Genie Alessandro Alessandroni mit einer Sitar, die die schönsten Töne erzeugt, die man sich vorstellen kann - die Soundtrack-CD bietet dieses sogenannte Sabbat-Thema in drei verschiedenen Versionen an, die einem eine Gänsehaut nach der anderen bescheren. Das Label DIGITMOVIES hat da wirklich zum x-ten Mal eine exzellente Arbeit abgeliefert, denn sie packen alles auf ihre CDs, was sie in den Archiven auf den Mastertapes entdecken - und alles ist restauriert, zusammengetüftelt und remastered. Und vieles ist in den jeweiligen Filmen nicht verwendet worden! Die TUTTI I COLORI DEL BUIO-CD ist jetzt schon ein kleines Sammlerstück, und man sollte sich ernsthaft beeilen, wenn man noch einen von diesen wundervollen Silbertellern unter 50 Euro bekommen möchte...
Foto: Die geniale Scheibe mit den Sabbat-Themen
DIE FARBEN DER NACHT ist ein sehr spannender, innovativer (für die damalige Zeit jedenfalls) Horrorgiallo, der natürlich auch seine deutlichen Vorbilder hat, besonders ROSEMARY'S BABY, weil Janes Angst- und Paranoiazustände schon an die Klassiker von Roman Polanski erinnern. Dafür war Martinos TORSO neben IM BLUTRAUSCH DES SATANS von Mario Bava, das grosse Vorbild für den amerikanischen Teenie-Slasher! Und etwas wirklich Neues lässt sich eh kaum noch erfinden...
Es gibt eine Menge DVDs von DIE FARBEN DER NACHT, und ja, ganz genau, auch von denen habe ich verschiedene Editionen - am besten gefallen mir die US- und die Franzmann-DVD.
P.S. Was mir übrigens an den Edwige Fenech-Gialli auffällt, ist, das ihre Filmnamen allesamt mit dem Buchstaben J beginnen: Julie, Jennifer, Jane. Zufall???
Foto: Die französische DVD von DIE FARBEN DER NACHT
Foto: US-DVD von THE KILLER MUST KILL AGAIN
Noch erwähnenswert ist natürlich THE KILLER MUST KILL AGAIN von 1975 (weil: auch mit George Hilton), den Luigi Cozzi inszenierte, der nicht gerade zu den dollsten Regisseuren des italienischen Kinos zählt, aber dennoch einige Klopper rausgehauen hat: ASTARON zum Beispiel!
Foto: Kult-Sci-Fi-Trash vom Feinsten!
Bei Gelegenheit schreibe ich dann noch was zu DER SCHÖNE KÖRPER DER DEBORAH,
DER TEUFEL MIT DEN SIEBEN GESICHTERN, THE TWO FACES OF FEAR und...
Fazit: Ich verdanke George Hilton unzählige Stunden mit seinen Filmen, von denen mir persönlich die Krimi Italiana am Besten gefallen, und von denen finde ich wiederum diejenigen am Schönsten, in denen Edwige Fenech mitspielte und Sergio Martino die Regie führte. Ausnahme: DER SCHWANZ DES SKORPIONS, den ich absolut grossartig finde, obwohl Edwige Fenech nicht mit dabei ist - dafür ist Anita Strindberg mit an Bord, und das ist ja auch was...
Thanks, George!!!
Zuletzt geändert von firetrain am Fr 24. Sep 2010, 20:55, insgesamt 59-mal geändert.
LA MORTE ACCAREZZA A MEZZANOTTE!
-
- Beiträge: 14488
- Registriert: Sa 19. Dez 2009, 19:55
Re: FÜNF KRIMI ITALIANA MIT HERRN HILTON
WOW
Perfekt ausgearbeitet Bild und Text, Recherchen...
Bin auf die Fortsetzung gespannt
Klasse!!!
Perfekt ausgearbeitet Bild und Text, Recherchen...
Bin auf die Fortsetzung gespannt
Klasse!!!
Re: FÜNF KRIMI ITALIANA MIT HERRN HILTON
Dem schliesse ich mich an!dr. freudstein hat geschrieben:WOW
Perfekt ausgearbeitet Bild und Text, Recherchen...
Bin auf die Fortsetzung gespannt
Klasse!!!
Weiter so!
Früher war mehr Lametta
***************************************************************************************
Filmforum Bremen
Weird Xperience
***************************************************************************************
Filmforum Bremen
Weird Xperience
Re: FÜNF KRIMI ITALIANA MIT HERRN HILTON
Spitze!
Jetzt müsste ja "The two faces of fear" dran sein...
Jetzt müsste ja "The two faces of fear" dran sein...
_______________________________________________________
http://www.reinifilm.blogspot.com / https://bfilmbasterds.de/
http://www.reinifilm.blogspot.com / https://bfilmbasterds.de/
Re: Fünf Krimi Italiana mit Herrn Hilton
Wow, danke! Ich hatte eigentlich das Gefühl, das ich mir alle fünf Filme nochmal extra für diesen Artikel hätte anschauen sollen - obwohl ich sie schon sooo oft gesehen habe... An THE TWO FACES OF FEAR hatte ich auch erst gedacht, doch dann habe ich mich für die bekannteren THE CASE OF THE BLOODY IRIS aka DAS GEHEIMNIS DER BLUTIGEN LILIE und DIE FARBEN DER NACHT entschieden. Eine andere Möglichkeit wäre noch DER TEUFEL MIT DEN 7 GESICHTERN gewesen, der aber nicht so dolle und auch kein wirklich "echter" Giallo ist, obwohl er fast überall genau diesem Genre zugeordnet wird - was vielleicht auch an den Darstellern George Hilton, Lucretia Love und Caroll Baker liegen mag...
LA MORTE ACCAREZZA A MEZZANOTTE!
Re: Fünf Krimi Italiana mit Herrn Hilton
Die kannst Du ja noch nachschieben. Tu' Dir da keinen Zwang an, wir lesen's bestimmt alle gerne
Früher war mehr Lametta
***************************************************************************************
Filmforum Bremen
Weird Xperience
***************************************************************************************
Filmforum Bremen
Weird Xperience
Re: Fünf Krimi Italiana mit Herrn Hilton
Puh, das war ja was mit den Fotos!
LA MORTE ACCAREZZA A MEZZANOTTE!
- Nello Pazzafini
- Beiträge: 4710
- Registriert: Di 16. Feb 2010, 18:50
- Wohnort: Roma
- Kontaktdaten:
Re: Fünf Krimi Italiana mit Herrn Hilton
vollkommen verrückt gut so !
Re: Fünf Krimi Italiana mit Herrn Hilton
Ja, ziemlich verrückt! Ich glaube, ich habe 17 verschiedene Editionen von den fünf Hilton-Filmen...Nello Pazzafini hat geschrieben:vollkommen verrückt gut so !
LA MORTE ACCAREZZA A MEZZANOTTE!