Le tue mani sul mio corpo - Brunello Rondi (1970)

Bava, Argento, Martino & Co.: Schwarze Handschuhe, Skalpelle & Thrills

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jogiwan
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Le tue mani sul mio corpo - Brunello Rondi (1970)

Beitrag von jogiwan »

Le tue mani sul mio corpo - Brunello Rondi

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Alternativtitel: Deine Hände auf meinem Körper (dt.) / your hands on my body (engl.)

Herstellungsland: Italien / 1970

Regie: Brunello Rondi

Darsteller: Lino Capolicchio, Erna Schürer, Jose Quagilo, Colette Descombes, u.a.

Der junge Andrea (Lino Capolicchio) ist seit dem frühen Tod seiner Mutter traumatisiert und zu einem rebellisch-impulsiven Teenager herangewachsen, der seine Umgebung auf seinem Motorrad mit allerlei Streichen und Schabernack terrorisiert. Wenn er nicht gerade mit Fotografieren beschäftigt ist, flüchtet er sich in Tagträume, in denen er seine Schwiegermutter Mirelle (Erna Schürer) als Witwe begehrt und Selbstmord begeht um wenigstens mit einer Schlagzeile in dessen Zeitung die Aufmerksamkeit seines Vaters Mario (Jose Quaglio) zu erreichen. Doch egal was er tut, seine Umwelt scheint ihn weder ernst zu nehmen, noch für sein seltsames Verhalten zur Rechenschaft zu ziehen.

Andrea hegt aber auch neben der verstorbene Marylin Monroe auch eine seltsame Obsession für Carol (Colette Descombes), die hübsche Freundin seiner Schwiegermutter. Als diese mit ihrem Lover Jean ein paar Tage auf dem Anwesen Urlaub macht, wirft es den jungen Träumer endgültig aus der Bahn und er scheint zunehmend den Bezug zur Realität zu verlieren. Er verfolgt Carol, filmt sie auf Schritt und Tritt und provoziert sie mit dem Auftritt einer vermeintlichen Verlobten auf einer Party seiner Eltern. Andrea lässt nichts unversucht, um die Aufmerksamkeit des Fotomodells zu erreichen und schafft es tatsächlich nur wenig später, auch bei ihr zu punkten. Doch der traumatisierte Andrea ist der Situation, seinen Gefühlen und seiner Liebe zu der selbstbewussten Frau hilflos ausgeliefert und er steigert sich immer mehr in seltsame Fantasien, in denen er den Verlust der geliebten Mutter immer aufs Neue durchleben muss…

„Le tue Mani Sul mio Corpo“ – zu Deutsch „Deine Hände auf meinem Körper“ ist ein eher unbekannter und auch unspektakulärer Italo-Streifen aus dem Jahre 1970, der jedoch immer in Giallo-Listen auftaucht und daher doch für einige interessant sein dürfte. Allerdings bietet der Streifen weder den eigentlich obligatorischen Mörder mit Handschuh, noch über sonstige Genre-Zutaten, die man sich eigentlich in so einem derartigen Streifen erwarten würde. Im Grunde verfügt der etwas lahme Streifen ja nicht einmal über eine Kriminalgeschichte, sondern knallt dem geneigten Seher eine doch etwas seltsame Geschichte über allerlei noch seltsamere Personen vor den Latz, die jedoch insgesamt gesehen doch etwas enttäuschend daherkommt.

Der junge Andrea hat seit dem Tod seiner Mutter einen an der Waffel und wächst mit einer seltsamen Frauenbild heran, dass von seiner sexuell-aufgeschlossenen Schwiegermutter, seinen vielbeschäftigen Vater der nie Zeit hat und einem freizügigen Umfeld auch noch unterstützt wird. Er stürzt sich von einer Obsession in die nächste, sucht ständig seine Grenzen und steigert sich zunehmend in seltsame Tagträumereien. Er verliebt sich in die selbstbewusste Carol, die wider Erwarten seine Angebote nach einigem Zögern auch noch erwidert. Doch der junge Mann ist mit der Gesamtsituation und seinem Leben überfordert und schon wenig später gibt es im Finale statt trauter Zweisamkeit einen toten Körper im Meer.

Doch ganz konnte ich die Fragment-hafte Geschichte mit den zahlreichen Rückblenden und Traumsequenzen, bei der auch Produzent Luciano Martino am Drehbuch mitgearbeitet haben soll, ohnehin nicht ganz nachvollziehen und auch das Finale des Streifens bleibt ebenfalls seltsam und unbefriedigend. Das größte Problem von „Le Tue Mani sul mio corpo“ sind neben der lahmen Story und seinem stümperhaft-surrealistischen Touch aber einfach seine größtenteils unsympathischen Charaktere. Der rebellische Andrea mit seinen seltsamen Anwandlungen ist ja eigentlich auf Dauer eher nervig und warum ihn das Ableben seiner Mutter so traumatisiert hat, kristallisiert sich trotz zahlreicher Rückblenden auch nicht wirklich heraus. Erna Schürer als laszive Mirelle ist zwar optisch wie immer ein Highlight und wechselt Lover sowie Perücken, aber spielt einen Charakter, der einfach wie so vieles andere auch zu unbeleuchtet bleibt. Und auch die Beweggründe von Carol trotz Lover sich mit dem impulsiven aber doch etwas unberechenbaren Andrea einzulassen, sind jetzt für mich nach einmaliger Sichtung nicht wirklich nachvollziehbar. Um jedoch einigermaßen von der lahmen Story abzulenken, hat Regisseur Brunello Rondi jedoch auch noch allerlei Sleaze und jede Menge nackte Haut in seinen blutfreien (!) Film gepackt. Freunde von 70er-Schönheiten werden in „Le tue mani sul mio corpo“ daher gleich mehrfach bedient.

Bei den Darstellern gibt es nicht großartig etwas zu meckern, auch wenn diese dem unausgegorenen Drehbuch hilflos ausgeliefert sind. Lino Capolicchio als traumatisierter Teenager mit Hang zu unerreichbaren Frauen und Selbstzerstörung spielt eigentlich sehr solide. Giallo-Freunde kennen den werten Herrn ja wohl am ehesten aufgrund seiner Hauptrolle in Pupi Avantis „La Casa dalle finestre che ridono/The house with the laughing windows“ und aus „Solamente nero/The Bloodstained Shadow“. Auch Jose Quaglio („The Child“ und „Malastrana“) ist für den Giallo-Fan natürlich kein Unbekannter, spielt hier jedoch ausnahmsweise mal keine komplett zwielichtige Person. B-Movie-Sexikone Erna Schürer ist wie immer bezaubernd und auch Colette Descombes mehr als bloß ein optischer Aufputz.

Unterm Strich ist „le tue mani sul mio corpo“ aber nicht der große Wurf und der Film langweilt den Zuseher auch mit einer nicht sehr durchdachten und nahezu spannungsfreien Geschichte. Der Streifen ist jedenfalls imho kein richtiger Giallo, sondern eher ein lahmes Psychodrama, das wohl in Richtung Arthouse gehen sollte. Ein Film über die zerrüttete Seele eines traumatisierten Jungen in einer scheinbar-gleichgültigen Umgebung, der seine Identität und Grenzen sucht und diese dann auch mehrfach überschreitet. Das tragische Finale ist jedenfalls nur eine Frage der Zeit, bis es aber soweit ist, passiert einfach viel zu wenig und auch die ständigen Körperlichkeiten zwischen den Darstellern wirken auf Dauer etwas unmotiviert und selbstzweckhaft. Da reißt auch die eigentlich gelungene Optik, die schrillen Klamotten der Darsteller und auch der schmissige Soundtrack von Giorgio Gaslini nichts mehr heraus. Schade eigentlich, da der Streifen sicherlich gute Ansätze und auch über einen tollen Cast verfügt. Insgesamt gesehen eher nicht so toll: 4 von 10 Punkten.
it´s fun to stay at the YMCA!!!



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