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Darsteller: John Phillip Law, Riccardo Serventi Longhi, Andrea Bruschi, Roberta Terregna, Simone Taddei, Lamberto Bava, Ambre Even, Shanti Firenze, Emiliano Reggente, Elisabetta Rocchetti, Claudio Simonetti u. A.
Diese Bahnfahrt werden Sie niemals vergessen... Sandra (Ambre Even), Marco (Riccardo Serventi) und Carlo (Emiliano Reggente) haben es sich im Nachtzug gerade so richtig gemütlich gemacht, als ein vierter Passagier ihren Schlaf stört. Es ist Professor Peter Price (John Phillip Law), der sie mit seinen Theorien über Hypnose und Gedächtnisforschung ganz in seinen Bann zieht. Hätten sie doch nur das Abteil gewechselt, denn nun sind sie die hilflosen Opfer seiner grausamen Psycho-Experimente. Gelähmt vor Angst spielen sie unfreiwillig die Hauptrollen in drei makabren Episoden aus den tiefsten Tiefen ihres Unterbewusstseins. Dabei muss Sandra im Körper der hübschen Schauspielerin Barbara die grauenvollen Machenschaften eines verrückten Schönheitschirurgen über sich ergehen lassen, nachdem ihre beiden Freunde zuvor schon Bekanntschaft mit dem leidvollen Schicksal zweier Grabräuber machen durften, denen ein etruskischer Fluch zum Verhängnis wurde. Gemeinsam müssen die drei dann auch noch erleben, wie ein harmloser Campingausflug zum Kampf gegen eine blutsaugende Bestie ausartet... dabei ist es doch alles nur Einbildung, oder? Hoffentlich zieht einer von ihnen die Notbremse, bevor es zu spät ist. (Quelle: Pressetext)
Sergio Stivaletti war/ist einer DER italienischen Spezialeffekt-Künstler, der manch Klassiker aus den Horror- und Giallo-Genres mit seinen blutigen Arbeiten veredelt hat. 1997 nahm er erstmals auf dem Regiestuhl platz, um nach Lucio Fulcis Tod den Film „Wax Mask“ fertigzustellen. Erst 2004 folgte seine zweite und bis dato letzte Regiearbeit, der selbstproduzierte Episodenhorrorfilm „The 3 Faces of Terror“. Dieser verneigt sich in seinem Originaltitel „I tre volti del terrore“ vor Mario Bavas italienischem Subgenre-Klassiker „I Tre volti della paura“ alias „Die drei Gesichter der Furcht“ und ist wiederum zumindest, was seine Rahmenhandlung betrifft, ein Quasi-Remake des britischen „Amicus“-Klassikers „Die Todeskarten des Dr. Schreck“:
Sandra (Ambre Even), Marco (Riccardo Serventi Longhi, „Wax Mask“) und Carlo (Emiliano Reggente) reisen per Nachtzug, als ein mysteriöser Passagier (John Phillip Law, „Sindbads gefährliche Abenteuer“) zu ihnen stößt und ihnen eröffnet, sie mittels seiner Metallkugel hypnotisieren und ihnen individuelle Erlebnisse aus ihrer Vergangenheit wieder vor Augen führen zu können. Die drei lassen sich auf das Experiment ein: Während sich Marco als Grabräuber, der Opfer eines alten Fluchs wird, wiederfindet, sieht sich Sandra mit einem wenig vertrauenserweckenden plastischen Chirurgen konfrontiert und wird Carlo Teil eines unvorsichtigen Trios, das allen Warnungen zum Trotz einen dann doch nicht so idyllischen See aufsucht und dabei auf ein reptilienartiges Monstrum stößt. Doch was hat all das mit dem Leben der Nachtreisenden zu tun, die sich an nichts Derartiges erinnern können...?
Von vornherein sieht Stivalettis Film nicht nach hochbudgetierter Kinoproduktion aus, die man 2004 auch einfach nicht von einem kleinen italienischen Genrefilm erwarten durfte. Die gruselige Musik mit ihrem Kindergesang sorgt aber bereits für erste Gänsehautschauer und das Sujet mit seinem Zugabteil lässt wohlige Erinnerungen an Episodenhorrorklassiker aufkommen; der Name des Hypnotiseurs, „Peter Price“ (Peter Cushing? Vincent Price?) unterstreicht den Hommagen-Charakter, schnell fühlt man sich als Genrekenner trotz nicht wirklich guter deutscher Synchronisation und mit Ausnahme John Phillip Laws weitestgehend unbekannter Darsteller zuhause. Für seine erste Episode arbeiten Stivaletti und sein Team in visueller Hinsicht mit düsteren, gedeckten Farben, Zeitlupen und einem Splattereffekt, für den übrigens wie auch für die restlichen Spezialeffekte diesmal nicht der Meister persönlich verantwortlich zeichnet. Atmosphärisch beginnt der Reigen zunächst ein wenig dröge, wird dann aber recht schnell ziemlich ansprechend. Dazu bei trägt die musikalische Untermalung mit ihren sakralen Gesängen, überhaupt wird die Musik sehr dominant. Das führt sogar zur Überbetonung einzelner Szenen, beispielsweise wenn für idyllische Momentaufnahmen ebenso pittoreske Klänge ertönen. Dass im Gegenzug offensichtlich plätscherndes Wasser keine passenden Laute von sich gibt, sondern hinter den Dialogen Ruhe wie an einem sprichwörtlichen stillen See herrscht, ist möglicherweise einer etwas schluderigen Synchronisationsarbeit geschuldet. Höhepunkt der ersten Episode, die in Hinblick auf ihre erzählte Geschichte nicht sonderlich innovativ vorgeht und stattdessen Subgenre-typisch moritatisch-moralisch-comichaft konzipiert wurde, ist sodann eine unheimlich gut handgefertigte Werwolf-Verwandlungsszene. Diese bietet viel fürs Auge und bringt das Herz des Genrefreunds zum Lachen. Außerdem vermengt sie für diese Episode die klassischen Motive des Mumien/Pharaonenfluchs und der Werwolf-Thematik durchaus angenehm miteinander. Eine Episode, die mehr fürs Auge als fürs Hirn bietet und deren Thema subtile Zwischentöne sicherlich nicht sind, die aber prima unterhält. Einen Gastauftritt absolviert übrigens Soundtrack-Pate Claudio Simonetti von „Goblin“.
„Sie sollten sich ein wenig umsehen, meine Liebe – denn das Schlimmste steht Ihnen noch bevor!“
Ganz andere Wege werden mit Episode Nummer 2 beschritten: Die beinahe surreal anmutende „Mad Scientist“-Geschichte beginnt mit Szenen des Drehs zum fiktiven Film „Demons 7“ unter der Regie Lamberto Bavas, der die ersten beiden und einzig echten „Demons“-Teile in den glorreichen 1980ern drehte und anschließend mit ansehen musste, wie ein italienischer Horrorfilm nach dem anderen als weitere „Demons“-Fortsetzung zu vermarkten versucht wurde. Zu Bavas selbstironischem Gastauftritt passt die an die in den 1960ern stilistisch neuartige Ästhetik seines Vaters Mario angelehnte („bavaeske“) Ausleuchtung der Räume, durch die die Protagonistin schleicht, deren Freundin genauso aussehen möchte wie sie. Der Soundtrack schaltet um auf heftige Techno-Musik mit Frauengestöhn, während die Kamera unwirkliche Situationen in den Gängen und Räumen der Schönheitschirurgie u.a. mittels schräger Kameraperspektiven alptraumhaft einfängt. Der Horror ist schließlich perfekt, wenn Sandra ihre eigene Operation bei vollem Bewusstsein erlebt, wobei die Geräuschkulisse des Werkzeugs schlimmer ist als die Bilder es sind, denn es wird geschickterweise die subjektive Sicht des Opfers eingenommen, die genügend Unwohlsein erzeugt und krude Splatterszenen überflüssig macht. Oberflächlichkeit und Schönheitswahn werden in der Realität und der Natürlichkeit entrückten Bildern und Tönen thematisiert und zu einem im wahrsten Sinne des Wortes plastischen Alptraum vermengt.
„Was war das bloß?“ – „Nur ein Monster!“
Die dritte und letzte Episode setzt wiederum auf klassischen Monsterhorror, bedient sich ein wenig des jugendlichen Leichtsinns und der Angst vor den Konsequenzen aus selbigem, versprüht dabei gewissermaßen typisches US-Horror-Kolorit, das an Stephen King und Konsorten erinnert und gut gehütete bzw. gänzlich unentdeckte Geheimnisse einer weitläufigen, provinziellen Natur zum Inhalt hat, die sich als stärker und langlebiger als der Mensch erweist. Passend dazu ertönt rockiger, aufpeitschender ’80er-E-Gitarren-Sound, unbedarfte jugendliche bzw. adoleszente Aufbruchsstimmung suggerierend. Doch was bereits bei den vorausgegangenen Episoden irritierte, fällt hier besonders auf: Die Geschichte wird nicht bis zu ihrem Ende erzählt, sie scheint abrupt mittendrin zu stoppen. Dies wiederum erweist sich als gewollte Besonderheit des Films, der erst am Ende das Finale aller drei Episoden präsentiert. Dabei wird man dann doch noch Zeuge einer detaillierten, unappetitlichen Gesichtstransplantation, eines animierten Monsters der guten alten Schule und schließlich einer gemeinen Schlusspointe, die die – zugegebenermaßen nicht unbedingt unvorhersehbare – Auflösung des ganzen Spuks bietet.
Stivaletti ist mit „The 3 Faces of Terror“ ein mich positiv überraschender, abwechslungsreicher Genrefilm gelungen, der bei mir als erklärtem Freund des comichaften Episodenhorrors offene Türen einrennt. Seinem zeitweise etwas billigen Look setzt er handwerkliches wie erzählerisches Geschick entgegen, erzeugt eine morbide Grundstimmung, die den Film durchzieht und meistert den Spagat zwischen Hommage und eigenständigem, auch ohne Genrevorkenntnisse gut genießbarem Werk.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
jogiwan hat geschrieben:hui... so positive Worte? Der ist jetzt soeben arg nach vorne gerückt...
Vorsicht, du mochtest ja nicht einmal den "Geschichten aus der Schattenwelt"-Film, und "Creepshow" fiel ja auch in Ungnade. Insofern sortier den ruhig mal wieder ganz am Ende ein.
Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
jogiwan hat geschrieben:hui... so positive Worte? Der ist jetzt soeben arg nach vorne gerückt...
Vorsicht, du mochtest ja nicht einmal den "Geschichten aus der Schattenwelt"-Film, und "Creepshow" fiel ja auch in Ungnade. Insofern sortier den ruhig mal wieder ganz am Ende ein.
Ich wäre da, an deiner Stelle, auch mal eher vorsichtig.
...aber nicht aus dem Grund, daß dir die beiden anderen nicht gefallen haben!
Episodenhorror funzt eh nur in den seltendsten Fällen - was die Sichtung der ersten Staffel von "Tales from the Crypt" auch wieder sehr eindrucksvoll beweist...