Amigos - Giulio Petroni (1968)

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Arkadin
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Amigos - Giulio Petroni (1968)

Beitrag von Arkadin »

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OT: …e per tetto un cielo di stelle

Italien 1968

Regie: Giulio Petroni

Der kleine Gauner Jim (Giuliano Gemma) betrügt den naiven Goldsucher Larry (Mario Adorf) um sein mühsam gefundenes Gold. Wütend macht Larry Jim ausfindig und will ihm das Gold wieder rausprügeln. Doch Jim hat es nicht mehr. Stattdessen verspricht er Larry, dass sie gemeinsam noch mehr Geld machen können, wenn sie zusammenarbeiten. Das geht auch eine Weile gut, doch dann geraten beide ins Fadenkreuz einer brutalen Bande, die mit Jim, der eigentlich Billy heißt, noch eine Rechnung offen hat.

Der deutsche Titel „Amigos – Die (B)Engel lassen grüßen“ lässt zunächst Schlimmes befürchten. Das klingt doch sehr nach einem Bud Spencer/Terence Hill Rip-Off mit Rainer Brand-Synchro. Und immerhin gab Hauptdarsteller Giuliano Gemma ja in „Auch die Engel essen Bohnen“ fünf Jahre später tatsächlich den Aushifs-Terence-Hill. Schaut man auf den sehr viel poetischeren Originaltitel „…e per tetto un cielo di stelle“, was so viel heißt wie „Und als Dach ein Himmel voller Sterne“ ahnt man, dass man hier mehr als einen Blödel-Western erwarten kann.

Zugegeben, das Paar Gemma/Mario Adorf erinnert schon an den Blonden und den Dicken. Doch bei genauerem Hinsehen haben beide individuelle Charakterzüge, die sie stark vom Vorbild unterscheiden. Wie Bud Spencer ist auch Mario Adorf manchmal grummelig, lässt sich von seinem Partner immer wieder übers Ohr hauen und in wilde Abenteuer hineinziehen. Doch Adorf verkörpert den Larry als reinen, gutmütigen Tor. Larry ist naiv und gutgläubig, gerät schon mal in Rage, wenn er übervorteilt wird, hat dies aber ebenso schnell wieder vergessen. Gleichzeitig umweht ihn aber auch eine gewisse Melancholie. Man merkt ihm seine Einsamkeit an, und wie er sich wünscht, nicht allein durchs Leben gehen zu müssen. Im Gegensatz zu den Charakteren, die Bud Spencer spielt, ist Larry kein Einzelgänger, sondern jemand, der sich nur in Gesellschaft richtig wohl fühlt.

Auch Gemma ist weit davon entfernt, eine Terence-Hill-Kopie zu sein. Zwar ist er ein Schlitzohr und strahlt durchaus Selbstsicherheit aus, doch ihm fehlen das lausbübische Grinsen und die kindliche Freude daran, anderen eins auszuwischen. Auch Gemmas Billy macht einen eher traurigen Eindruck. Er ist jemand, der tut, was seiner Meinung nach getan werden muss, und dies durchaus mit viel Raffinesse. Doch nie macht er den Eindruck, dies würde ihm reine Freude bereiten. Und tatsächlich trägt er ein Geheimnis mit sich herum, welches ihn nicht nur in Form der ihn verfolgenden Schurken zu schaffen macht, sondern auch spürbar an seinem Gewissen nagt. Wie Larry ist Billy kein geborener Einzelgänger, sondern sehnt sich nach Gesellschaft, nach einer Aufgabe und dem Abschied von seiner Vergangenheit. So ist einer der schmerzlichsten Momente im Film derjenige, in dem das neu geschaffene, und von Larry mit viel Liebe eingerichtete, Heim der Beiden dem Erdboden gleich gemacht wird.

Überhaupt überrascht der Film durch einige Härten. Wenn sich die Schurken beispielsweise an einem Schaustellerpärchen vergreifen, bleibt einem schon ein Kloß im Hals stecken. Doch dies alles klingt vielleicht zu ernst. Tatsächlich funktioniert „Amigos“ auch als Westernkomödie sehr gut. Vor allem durch das komische Talent Adorfs. Nur eben liegt unter all den Scherzen eine gewisse Traurigkeit, die schon in der Anfangssequenz zu spüren ist, wenn Gemma die Opfer eines brutalen und eiskalten Postkutschenüberfalls begräbt. Erwähnenswert sind noch die wunderbar passende Musik Ennio Morricones und die Darsteller der Schurken. Federico Boido als Roger Pratt und vor allem Anthony Dawson als sein Vater, spielen wirklich erschreckend diabolisch. „Amigos“ ist eine gute, gar nicht alberne Westernkomödie mit einem ernst-melancholischem Unterton und einigen Härten.

Als Extras befinden sich auf der DVD zwei kurze Dokus. In ”Ein Mann der Tat” spricht Filmhistoriker Antonio Tentori über Regisseur Giulio Petroni (09:18) und bei “Und als Dach ein besternter Himmel” (12:04)kommen sowohl Giulio Petroni (per Audioaufnahme), als auch noch einmal Antonio Tentori zu Wort. Allerdings kennt man das alles schon von der „Tepepa“-DVD und so wird z.B. „Amigos“ von Petroni auch mit keinem Wort erwähnt. Ferner gibt es noch drei Trailer (dt./engl/ital.) und den deutschen, sowie den englischen Vorspann.

Screenshots und mehr über die "Koch Media Italowestern-Enzyklopädie No. 1″: http://www.filmforum-bremen.de/2013/04/ ... adie-no-1/
Früher war mehr Lametta
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Re: Amigos - Giulio Petroni (1968)

Beitrag von buxtebrawler »

Ist mutmaßlich am 28.06.2018 bei Koch Media auf Blu-ray und auch noch einmal auf DVD erschienen:

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Onkel Joe hat geschrieben:Die Sicht des Bux muss man verstehen lernen denn dann braucht man einfach viel weniger Maaloxan.
Ein-Mann-Geschmacks-Armee gegen die eingefahrene Italo-Front (4/10 u. 9+)
Diese Filme sind züchisch krank!
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