Blutrache einer Geschändeten - Piero Pierotti (1968)
Moderator: jogiwan
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Blutrache einer Geschändeten - Piero Pierotti (1968)
Originaltitel: Testa o croce
Alternativtitel: Nacht der Rache
Herstellungsland: Italien
Erscheinungsjahr: 1968
Regie: Piero Pierotti
Darsteller: John Ericson, Sheyla Rosin, Daniela Surina, Edwige Fenech, Franco Lautieri, Isarco Ravaioli, Dada Giallotti u.a.
Inhalt:
"Shanda, die tanzende Attraktion des Plata City-Saloons, wird angeklagt, den Bankier Burton ermordet zu haben. Um sie vor dem Lynchen durch die Quäkerfrauen der Gegend zu retten, schickt sie der Sheriff mit zwei Deputies nach Phoenix, wo ihr der Prozess gemacht werden soll. Auf dem Weg dorthin gesellt sich der zwielichtige Bear zu der kleinen Gruppe; die drei Männer vergewaltigen Shanda und lassen sie hilflos in der Wüste zurück.
Der steckbrieflich Gesuchte William Huston, auch Black Talisman genannt, findet Shanda und bringt sie in eine Geisterstadt, wo er sich seit einiger Zeit mit zwei Indianern versteckt hält. Während Shanda gesund wird, verliebt sich William in sie. Sich als Spieler ausgebend, geht William nach Plata City und tötet die beiden Deputies, bevor er sich auf die Suche nach Bear macht..." Quelle: Wikipedia
Kritik:
Ein, für einen Italo-Western relativ, ungewöhnliches Thema soll hier eher mäßig, wenngleich auch hart und brutal umgesetzt sein. Des weiteren "genießt" der Film den Ruf, frauenfeindlich zu sein. Die deutsche Synchro gilt als desaströs. Nichts destotrotz werden Stimmen laut, von Leuten die sich einer deutschen DVD-Veröffentlichung dieses Streifens herbeisehnen.
- sid.vicious
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Re: Blutrache einer Geschändeten - Piero Pierotti (1968)
Regisseur: Piero Pierotti
Kamera: Fausto Zuccoli
Musik: Carlo Savina
Drehbuch: Piero Pierotti
Kamera: Fausto Zuccoli
Musik: Carlo Savina
Drehbuch: Piero Pierotti
Shanda Lee ist das Glanzlicht im Saloon von Plata-City. Dort weiß sie mit betörendem Tanz das anwesende Proletariat zu sich sowie zum einträglichen Alkoholverzehr zu verführen. Eines Tages wird die Tänzerin bewusstlos in ihrem Bett aufgefunden, was generell kein Problem darstellt, allerdings liegt neben ihr die Leiche des Bankiers Burton. Da in Plata-City keine Objektivität gefragt ist und die Ausgangslage (der angesehene Bürger liegt leblos neben der wahrscheinlich betrunkenen Hure) eh keine anderen Schlüsse zulässt, steht für die ehrenwerten Bürgerinnen und Bürger eindeutig fest, dass Chanda den Bankinhaber getötet hat. Da der Mord postwendend eine Woge des Hasses auslöste, rollen Miss Phillips und ihre puritanischen Kamphündinnen an, um die Mörderin - freilich im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat - zu lynchen. In Anbetracht der Penetranz von Gottes engsten Mitarbeiterinnen, schickt Sheriff Serpent seine beiden Deputies, Hold und Red, los, um Chanda nach Phoenix zu bringen, sodass ihr dort, nach sicherer Verwahrung, der Prozess gemacht werden kann. Während ihrer Reise trifft das Trio mit einem unangenehmen Zeitgenossen zusammen, der sich Bear nennt und die Hilfssheriffs davon überzeugt, dass Chanda eh keine Chance besitzt dem Tod durch den Strang zu entkommen. Folglich könne man das Lustobjekt gemeinschaftlich vergewaltigen und anschließend in der Wüste verrecken lassen. Nachdem Chanda die Pein zwangsweise über sich ergehen ließ und anschließend im heißen Wüstensand liegend den erlösenden Tod herbeisehnt, wird sie von dem Outlaw William Huston gefunden, der sie in eine verlassene Stadt bringt, wo das Mädel von zwei Indianern gesund gepflegt wird. Während des Heilungsprozesses verlieben sich Shanda und William ineinander, sodass der Desperado den Entschluss fasst, nach Plata-City zu reiten, um Chanda zu rächen und den wahren Bankiersmörder ausfindig zu machen.
„Arizona is waiting“ trällert Raoul in gewohnt hymnenartiger Manier, und versüßt uns mit seinem verzaubernden Gesang den Eintritt in einen, meistenteils negativ bis bestenfalls durchschnittlich rezipierten Western. Die Gründe wurzeln, sofern man sich die negativen Reflektionen zu Gemüte führt, unter anderem in der als schlecht umrissenen deutschen Synchronisation. Meines Erachtens ist die Tonbearbeitung absolut okay, der einzige negative Anteil, den ich bestätigen kann, da er mir einige Motten ins Nervenkostüm hetzte, ist der sächsische Akzent des Barbetreibers. Derartige Sperenzchen haben in einem Italo-Western, es sei denn er ist einem komödiantischen Grundtenor verpflichtet, dann ist erfahrungsgemäß eh Hopfen und Malz verloren, nichts verloren.
„Du Ausgeburt des Bösen! Du hast die Männer vergiftet, mit dem Teufelstrank, dem Glücksspiel und den Nutten, die du dir hältst!“ (Miss Phillips)
Wer der Inszenierung weiterhin negativ ankreidet, dass Frauen zu Lustobjekten degradiert oder - um auch das andere Extrem zu benamsen - als geisteskranke, in Manier der SA wütende Puritanerinnen illustriert werden, die oder der hätte ggf. eine Karriere als Schreiberling für den „Filmdienst“ anvisieren und vermutlich auch realisieren können. Fakt ist, dass sich nun mal exploitative Konstellationen solcherart über das gesamte Filmgenre erstrecken, und sie können gelegentlich auch im Western eine Zwischenstation abhalten. Somit wäre mit der Erwähnung der rüden deutschen Synchronisation und einer sie kontinuierlich begleitenden Misogynie nicht nur einiges über den Film ausgesagt, sondern auch gleichermaßen Warnung wie Anregung ausgesprochen!
Frauen als zentrale Figuren im Italo-Western? Da fallen mir auf Anhieb nur „Frauen, die durch die Hölle gehen“, „Blaue Bohnen für ein Halleluja“, „Mein Körper für ein Pokerspiel“ und freilich Claudia Cardinale als das gesinnungslose Weibsbild, Jill McBain, in „Spiel mir das Lied vom Tod“ ein. „Blutrache einer Geschändeten“ offeriert dem Publikum eine recht stolze Anzahl weiblicher Protagonistinnen, von denen zwei Charaktere eine Zentralisierung erfahren. Shanda Lee, die Geschändete, also das Opfer, welches allerdings mit wachsender Spielzeit zunehmend in die Passivität rückt, was ihre Eigenschaft als Indikator allerdings nicht gefährdet, da sie den Rachefeldzug (womit sie sich von Vergewaltigungsopfern wie beispielsweise Hannie Caulder in Burt Kennedys „In einem Sattel mit dem Tod“ unterscheidet, denn Hannie nutzt die männliche Hilfe zur Selbsthilfe) an den steckbrieflich gesuchten Black Talisman, eigentlich Will(iam) Huston, delegiert. Somit bleibt Shanda fortwährend in ihrer Rolle als Indikator gefangen und überlässt den dominanten Frauenpart der Bankierwitwe Sybille Burton. Ein überaus interessanter, da einerseits optisch anziehend und andererseits moralisch verworfen, Charakter, der sich über das Böse definiert und simultan zum Männermagnet wird. Nebstdem besitzt Sybille Burton eine de Sadesche Färbung respektive Neigung (die Gegenüberstellung von Eros und Thanatos erfährt später ebenfalls, wenn auch nur oberflächlich, ihre Erwähnung), denn während Manuela von der Puritanerin, Miss Phillips, ausgepeitscht wird, kann die Bankierswitwe ihren Blick nicht vom Geschehen abwenden und genießt eine in ihr aufkeimende sexuelle Erregung. Sybille Burton, die man als allegorische Hure Babylon sehen kann, avanciert mit wachsender Spielzeit zu jener zentralen Figur, über die sich schlussendlich auch das Rätsel um Mord, Mörder und dessen Ambition lösen lässt.
Dieses Rätsel ist in äußerst kostengünstige Kulissen bebettet, welche an die Bretterverschläge aus Roberto Bianchi Monteros „Das Rattennest“ und Günter Hendels „Der lange Ritt nach Eden“ erinnern. Im erweiterten Radius dieser grob skizzierten, vergammelten Baracken lässt sich keine Vegetation ausmachen, sodass sich Vergewaltiger, Schlampen sowie die Jungfern SA durch staubige Straßen und kahle Landschaften bewegen. Währenddessen halten sich die Actionmomente (Schießereien, Prügeleien) dezent zurück, und sollten sie dennoch eingesetzt werden, dann lässt sich deren Umsetzung als solide umschreiben. Den Lüstlingen sei gesagt, dass sich in Piero Pierottis Vehikel einige attraktive Darstellerinnen rum treiben, Edwige Fenech, die aller Wahrscheinlichkeit nach Ihr größtes Interesse evoziert, wurde wenig Spielzeit zugestanden.
Fazit: Wenn Frauen von schmutzigen wie verabscheuungswürdigen Mannsbildern geschändet sowie von einer Armada von Puritanerinnen ausgepeitscht, „geteert“ und gefedert werden, dann dokumentieren diese Momente den Einzug exotischer Ingredienzien in die italienischen Westernlichtspiele. Was mithilfe dieser, aus genreübergreifenden Reservoiren entnommenen, Spielarten in letzter Konsequenz zustande kam, ist ein exploitativer, durch und durch frauenfeindlicher, in fortwährende Düsternis gehüllter Western, der mit seiner gut erzählten Story für manch spannende Minuten sorgen kann. Freilich werden viele Rezipienten mit diesen Worten weniger bis gar nicht konform gehen, aber das ist, ohne irgendwem schmeicheln zu wollen, auch gut so, denn, um es mit Jon Savages Worten zu sagen: „Die Geschichte wird von denen gemacht, die Nein sagen!“
https://italo-cinema.de/italo-cinema/it ... chaendeten„Arizona is waiting“ trällert Raoul in gewohnt hymnenartiger Manier, und versüßt uns mit seinem verzaubernden Gesang den Eintritt in einen, meistenteils negativ bis bestenfalls durchschnittlich rezipierten Western. Die Gründe wurzeln, sofern man sich die negativen Reflektionen zu Gemüte führt, unter anderem in der als schlecht umrissenen deutschen Synchronisation. Meines Erachtens ist die Tonbearbeitung absolut okay, der einzige negative Anteil, den ich bestätigen kann, da er mir einige Motten ins Nervenkostüm hetzte, ist der sächsische Akzent des Barbetreibers. Derartige Sperenzchen haben in einem Italo-Western, es sei denn er ist einem komödiantischen Grundtenor verpflichtet, dann ist erfahrungsgemäß eh Hopfen und Malz verloren, nichts verloren.
„Du Ausgeburt des Bösen! Du hast die Männer vergiftet, mit dem Teufelstrank, dem Glücksspiel und den Nutten, die du dir hältst!“ (Miss Phillips)
Wer der Inszenierung weiterhin negativ ankreidet, dass Frauen zu Lustobjekten degradiert oder - um auch das andere Extrem zu benamsen - als geisteskranke, in Manier der SA wütende Puritanerinnen illustriert werden, die oder der hätte ggf. eine Karriere als Schreiberling für den „Filmdienst“ anvisieren und vermutlich auch realisieren können. Fakt ist, dass sich nun mal exploitative Konstellationen solcherart über das gesamte Filmgenre erstrecken, und sie können gelegentlich auch im Western eine Zwischenstation abhalten. Somit wäre mit der Erwähnung der rüden deutschen Synchronisation und einer sie kontinuierlich begleitenden Misogynie nicht nur einiges über den Film ausgesagt, sondern auch gleichermaßen Warnung wie Anregung ausgesprochen!
Frauen als zentrale Figuren im Italo-Western? Da fallen mir auf Anhieb nur „Frauen, die durch die Hölle gehen“, „Blaue Bohnen für ein Halleluja“, „Mein Körper für ein Pokerspiel“ und freilich Claudia Cardinale als das gesinnungslose Weibsbild, Jill McBain, in „Spiel mir das Lied vom Tod“ ein. „Blutrache einer Geschändeten“ offeriert dem Publikum eine recht stolze Anzahl weiblicher Protagonistinnen, von denen zwei Charaktere eine Zentralisierung erfahren. Shanda Lee, die Geschändete, also das Opfer, welches allerdings mit wachsender Spielzeit zunehmend in die Passivität rückt, was ihre Eigenschaft als Indikator allerdings nicht gefährdet, da sie den Rachefeldzug (womit sie sich von Vergewaltigungsopfern wie beispielsweise Hannie Caulder in Burt Kennedys „In einem Sattel mit dem Tod“ unterscheidet, denn Hannie nutzt die männliche Hilfe zur Selbsthilfe) an den steckbrieflich gesuchten Black Talisman, eigentlich Will(iam) Huston, delegiert. Somit bleibt Shanda fortwährend in ihrer Rolle als Indikator gefangen und überlässt den dominanten Frauenpart der Bankierwitwe Sybille Burton. Ein überaus interessanter, da einerseits optisch anziehend und andererseits moralisch verworfen, Charakter, der sich über das Böse definiert und simultan zum Männermagnet wird. Nebstdem besitzt Sybille Burton eine de Sadesche Färbung respektive Neigung (die Gegenüberstellung von Eros und Thanatos erfährt später ebenfalls, wenn auch nur oberflächlich, ihre Erwähnung), denn während Manuela von der Puritanerin, Miss Phillips, ausgepeitscht wird, kann die Bankierswitwe ihren Blick nicht vom Geschehen abwenden und genießt eine in ihr aufkeimende sexuelle Erregung. Sybille Burton, die man als allegorische Hure Babylon sehen kann, avanciert mit wachsender Spielzeit zu jener zentralen Figur, über die sich schlussendlich auch das Rätsel um Mord, Mörder und dessen Ambition lösen lässt.
Dieses Rätsel ist in äußerst kostengünstige Kulissen bebettet, welche an die Bretterverschläge aus Roberto Bianchi Monteros „Das Rattennest“ und Günter Hendels „Der lange Ritt nach Eden“ erinnern. Im erweiterten Radius dieser grob skizzierten, vergammelten Baracken lässt sich keine Vegetation ausmachen, sodass sich Vergewaltiger, Schlampen sowie die Jungfern SA durch staubige Straßen und kahle Landschaften bewegen. Währenddessen halten sich die Actionmomente (Schießereien, Prügeleien) dezent zurück, und sollten sie dennoch eingesetzt werden, dann lässt sich deren Umsetzung als solide umschreiben. Den Lüstlingen sei gesagt, dass sich in Piero Pierottis Vehikel einige attraktive Darstellerinnen rum treiben, Edwige Fenech, die aller Wahrscheinlichkeit nach Ihr größtes Interesse evoziert, wurde wenig Spielzeit zugestanden.
Fazit: Wenn Frauen von schmutzigen wie verabscheuungswürdigen Mannsbildern geschändet sowie von einer Armada von Puritanerinnen ausgepeitscht, „geteert“ und gefedert werden, dann dokumentieren diese Momente den Einzug exotischer Ingredienzien in die italienischen Westernlichtspiele. Was mithilfe dieser, aus genreübergreifenden Reservoiren entnommenen, Spielarten in letzter Konsequenz zustande kam, ist ein exploitativer, durch und durch frauenfeindlicher, in fortwährende Düsternis gehüllter Western, der mit seiner gut erzählten Story für manch spannende Minuten sorgen kann. Freilich werden viele Rezipienten mit diesen Worten weniger bis gar nicht konform gehen, aber das ist, ohne irgendwem schmeicheln zu wollen, auch gut so, denn, um es mit Jon Savages Worten zu sagen: „Die Geschichte wird von denen gemacht, die Nein sagen!“