Die 7 aus Texas - Joaquín Luis Romero Marchent (1964)

Helden, Halunken, staubige Dollars, Pferde & Colts

Moderator: jogiwan

Antworten
Benutzeravatar
sid.vicious
Beiträge: 2314
Registriert: Sa 26. Jun 2010, 11:16
Wohnort: Bochum

Die 7 aus Texas - Joaquín Luis Romero Marchent (1964)

Beitrag von sid.vicious »

DIE 7 AUS TEXAS

Originaltitel: Antes llega la muerte
Regisseur: Joaquín Luis Romero Marchent
Kamera: Rafael Pacheco, Fausto Zuccoli
Musik: Riz Ortolani
Drehbuch: Federico De Urrutia, Joaquín Luis Romero Marchent, Manuel Sebares
Darsteller: Paul Piaget, Claudio Undari, Fernando Sancho, Gloria Milland, Jesús Puente, Francisco Sanz, Raf Baldassarre, Antonio Gandía, Joe Kamel, Beni Deus, Gregorio Wu, Luis Induni, Gaspar 'Indio' González, Álvaro de Luna, Lorenzo Robledo
antes-llega-la-muerte-german-movie-poster.jpg
antes-llega-la-muerte-german-movie-poster.jpg (287.35 KiB) 232 mal betrachtet
Bob Carey hat vor fünf Jahren einem Mann erschossen, der seine Verlobte Maria belästigte. Die Tat forderte fünf Jahre Zuchthaus. Nachdem er seine Strafe abgesessen hat, kehrt Carey in seine Heimat zurück. Doch die Aussichten im vertrauten Umfeld wieder sesshaft zu werden und gemeinsam mit Maria den Weg in eine rosige Zukunft zu beschreiten, reflektieren spärliche Erfolgsaussichten. Ringo, der Bruder des Mannes, den Bob einst erschoss, wartet ungeduldig darauf, um mit Bob abzurechnen. Und seine große Liebe (Maria) hat den begüterten Farmer Clifford geheiratet. Zudem leidet Maria seit längerem unter starken Kopfschmerzen. Die Diagnose ist niederschmetternd: Ein Gehirntumor. Doch Clifford will seine Gemahlin nicht beunruhigen, verheimlicht ihr den Befund und konzentriert sich stattdessen darauf, so schnell wie möglich zu helfen. Im weit entfernten Laredo praktiziert eine Kapazität auf dem Gebiet der Tumorforschung, ein Spezialist der Maria kurieren könnte. Ergo verkauft Clifford seinen Besitz und engagiert einige gunfighter, um halbwegs sicher durch das Apachengebiet zu kommen. Da sich unter den Begleitern auch Ringo (der Bob töten will) und Bob (der Maria unter allen Umständen zurückgewinnen will) befinden, bedarf es nur einen kleinen Feuerfunken, um das symbolische Pulverfass zum Explodieren zu bringen.

Mit ABRECHNUNG IN VERACRUZ machte dessen Regisseur Joaquín Luis Romero Marchent einen Schritt nach vorn, denn die Inszenierung hat mehr Pferdestärken unter der Haube als es dem Vorgänger DIE DREI UNERBITTLICHEN beschieden ist. Kurze Zeit nach VERACRUZ sollte DIE 7 AUS TEXAS folgen. Ein dito 1964 fertig gestellter Western, der mich positiv überraschen als auch weitestgehend überzeugen konnte. JLR Marchent orientierte sich, was sich simpel aus dem Herstellungsjahr des Films enkodieren lässt, augenfällig am US-Western.

Marchent, der die Story gemeinsam mit Federico De Urrutia konstruierte, thematisiert eine Reise, die durch das Territorium der Apachen führt. Ihr Ziel ist Laredo. Eine Stadt im Bundesstaat Texas, nahe der mexikanischen Grenze. Die Reisevehikel sind zwei Planwagen, die von jeweils vier Pferden gezogen werden, was sich übrigens mit den historischen Aufzeichnungen deckt, denn Planwagen wurden in der Regel von 4, 6 oder 8 Pferden, Mauleseln oder Ochsen gezogen.

Ein von Pferden gezogenes Vehikel, über dem fortwährend die Gefahr eines Apachenangriffs schwebt! Eine solche Konstellation erinnert freilich an John Fords STAGECOACH aka RINGO. Wie STAGECOACH reflektiert DIE 7 AUS TEXAS Bewegungskino. Konkreter gesagt, die Reise von A nach B und die damit verbundenen Bedrohungen. Ford pferchte seine Protagonisten in eine Kutsche, in einen Mikrokosmos, der die unterschiedlichsten Vertreter der amerikanischen Gesellschaft nach dem Sezessionskrieg beherbergte. DIE 7 AUS TEXAS liefert konträr zu Ford und STAGECOACH keinen solchen, derart akribisch konstruieren, Mikrokosmos, in dem sich die Puritanerin, der Alkoholiker, der Spieler, die Prostituierte, der Korrupte, der Gesetzeshüter, der zu Unrecht verurteile Cowboy versammeln, um schlussendlich in kollektive Notlagen zu geraten und den Zuschauern vor wie während und nach den Indianerüberfällen aufschlussreiche Blicke hinter die jeweiligen Fassaden zu gewähren.

JLR Marchent besetzt seinen Mikrokosmos folgendermaßen: Die kranke Frau (Maria), ihr Ehemann (Clifford), der Hab und Gut aufgibt, um die geringen Chance auf Marias Heilung zu nutzen. Marias ehemaliger Geliebter, Bob Carey, der 5 Jahre wegen Mordes im Zuchthaus saß. Der Bruder (Ringo) des Ermordeten, der Carey aus Rache töten will. Die symbolischen Taugenichtse, Scometti und Tom, sowie der dubiose Jess und seine Kettenhunde Tom und Donald. Dazu kommen die Hop Sing-Allegorie Lin Chu sowie der erfahrene Westerner Rogers, der für die Rekrutierung der Schutzpatrouille verantwortlich zeichnet. Das es innerhalb einer solchen Zweckgemeinschaft zu Reibereien kommen muss, ist so sicher wie die Akklamationsformel in den Bethäusern.

Die Reise nach Laredo, eine Ortschaft in der - wie Clifford es sagt - die Zivilisation deutlich vorangeschritten ist, führt durch Prärie und Wüste. Man befindet sich in Texas und will nun durch Mexiko reiten, um nach Laredo (Texas) zu kommen. Der Filmdienst schreibt übrigens was von einer Reise durch die Sierra Nevada… Auch wenn das alles geografisch völlig panne klingt, mag mich jetzt nicht daran hochziehen, wie der Dämlack der erstmalig einen Fehler im Aufsatz des Klassenbesten finden konnte. Entscheidend ist schließlich die Reise durch die Prärie und im Besonderen durch die Wüste, dort wo wenig Wasser und viele kriegerische Apachen lokalisierbar sind.

In der realen Geschichte Amerikas bewohnten die Apachenstämme vornehmlich die Wüsten- und Steppengebiete des Südwestens. Sie waren allen anderen Indianerstämmen darin überlegen, dass sie sich den Bedingungen der Wüste anpassen und dort leben konnten, wo selbst Wüstentieren eine minimale Überlegenschance attestiert wurde. Das hatte freilich den Vorteil, dass sie auf diesem Boden den Spaniern als auch den US-Truppen einen erfolgreichen wie zähen Widerstand liefern konnten. Ehrbegriffe waren ihnen angeblich fremd und die Apachen gingen das möglichst geringste Risiko indem sie ihre Feinde (man kann auch Opfer sagen) stets aus dem Hinterhalt attackierten (so besagt es jedenfalls eine meiner zuverlässigen Literaturquellen).

Die Gefahr eines Apachenangriffs schwebt somit stets über der Reisegesellschaft. Zudem brodelt es im Inneren. Denn da ist Ringo, der Bob töten will. Da sind Jess und seine beiden Gefährten, die es auf Clifforts Geld sowie dessen Ehefrau Maria abgesehen haben. Ferner wird Maria trotz ihrer Eheschließung immer noch von Bob Carey begehrt, der seine Verflossene unter allen Umständen zurückgewinnen will. Die damit verbundenen Retardierungen, konnten - mich zumindest - zwar nicht sonderlich überraschen, aber es wird auf ein Finale hingearbeitet, das nicht wirklich den allgemeinen Erwartungen (besonders mit Blick auf den US-Western) entspricht.

Der Cast liest sich für den Genrefan wie Musik und schlussendlich sind die Vorschusslorbeeren auch berechtigt. Robert Hundar und Fernando Sancho sind spitzte und Sanchos Zusammenspiel mit Gregorio Wu, dem chinesischen Koch Lin Chu, ist ebenso köstlich wie die im China-Restaurant vom Not-Drunken Master gezauberte Pekingsuppe. Raf Baldassarre komplettiert mit seinem gerissenen als auch fiesen Spiel das magische Viereck von Almeria. Der eigentliche Hauptcharakter, Bob Carey, bleibt hingegen etwas blass. Paul Piaget, der viermal für JLR Marchent als Darsteller vor der Kamera stand, hat einen guten Einstieg, wird allerdings mit wachsender Spielzeit zur Nebenfigur, da ihm die zuvor genannten Figuren respektive Charaktere die Show stehlen.

Fazit: Joaquín Luis Romero Marchents Inszenierung liefert all das, was man sich von einem italienisch/spanischen Western mit dem Prägesiegel 1964 erhoffen kann. Denn gut konstruierte Retardierungen sowie eine tolle Landschaftsfotografie als auch einige Ruppigkeiten wie Brutalitäten und ein bitter ending sorgen für jene Argumente, welche DIE 7 AUS TEXAS zu einem Highlight im Fundus der frühen IW-Produktionen küren.
https://italo-cinema.de/item/7-aus-texas-die
Bild
Antworten